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„Siegen tut gut.“

Im Gegensatz zu den als Testspiel deklarierten Aufeinandertreffen in der Vorbereitung gegen hochkrätige Mannschaften war der 1:3 Sieg am Freitag im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion gegen den Drittligisten SV Babelsberg 03 ein echter Test. Während Bauarbeiter auf der Tribüne des kleinen Stadions mit den einknickbaren Flutlichtmasten bohrten und hämmerten, schraubte auch Uwe Neuhaus an seiner Startelf. Zu statisch und ausrechenbar war in den ersten drei Pflichtspielen der Saison der Spielaufbau. Und echte Spielkontrolle, wie sie der Trainer fordert, konnte auch nicht gewonnen werden. So ging es vor allem um Selbstvertrauen oder wie Neuhaus es nach dem Spiel zusammenfasste: „Siegen tut gut.“

Für den rückengeplagten Daniel Göhlert rückte Bernd Rauw in die Innenverteidigung. Auf die linke Außenverteidigerposition rückte die Allzweckwaffe Christoph Menz und auf der rechten Position spielte erstmals seit mehr als einem halben Jahr wieder Paul Thomik, der sich zuletzt bei Unions U23 in der Oberliga Wettkampfpraxis holte. Auf die Sechserposition rückte Dominic Peitz und davor standen Mattuschka, Kolk und Quiring. Im Sturm stand die von vielen geforderte Doppelspitze mit Savran und Benyamina.

Für die Spieler ging es darum, sich für einen Platz in der Startformation gegen Paderborn zu empfehlen. Aus dieser Sicht wird sich Karim Benyamina ärgern. Zu lässig wollte er den von Savran von links hineingebrachten Ball aus fünf Meter Entfernung ins Tor schieben. So konnte der Ball auf der Linie von einem Verteidiger geklärt werden. Savran hingegen nahm seine Chance an und erzielte zwei Tore. Eins aus abseitsverdächtiger Position nach einem langen Freistoß von Mattuschka, den Madouni Peitz durchließ. Das zweite nach einem schönen Pass von Kolk auf Benyamina, der zwar etwas zu sehr nach rechts abgedrängt wurde, um selbst zum Torschuss zu kommen, aber auf Savran ablegte. Das zwischenzeitliche 2:0 besorgte Ahmed Madouni wiederum nach einem langen Freistoß von Mattuschka, als er am langen Pfosten den Ball im Springen über die Torlinie bugsierte.

Vom Ergebnis abgesehen, war das Spiel auch in anderer Hinsicht ein gelungener Test. Die Abwehr stand hinten meistens sicher, was aber auch am harmlosen Angriff der Babelsberger lag. Allein bei Eckbällen und hohen Flanken geht die Orientierung verloren. Bei fast jeder Ecke kam Babelsberg zum Schuß. Interessant zu sehen, dass bei Ballbesitz Union die beiden Außenverteidiger Menz und Thomik das Mittelfeld überliefen, um vorne ein Überzahlspiel zu generieren. Hinten rückten dann Rauw und Madouni auf die Außenpositionen. Peitz ließ sich in die Mitte zurückfallen und machte dann die Dreierkette perfekt. Wie diese Verteidigung bei einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung reagiert hätte, konnte man nicht sehen, da Babelsberg Kontersituationen im Prinzip nicht ausspielte.

Zum Spielbeginn gab es Diskussionen darum, ob Neuhaus im Mittelfeld eine Raute mit Peitz als defensivem Part oder einem Dreier-Mittelfeld spielen ließ. Die Antwort lautet: sowohl als auch. In der Vorwärtsbewegung stand Kolk vor den beiden Außenspielern Mattuschka und Quiring. In der Rückwärtsbewegung war häufig der Versuch zu beobachten, die Linie zu halten. Letzten Endes ist es aufgrund der Ähnlichkeit müßig, darüber zu diskutieren, ob Neuhaus die Mannschaft mit der Formation 4-1-3-2 oder 4-4-2 auf das Feld geschickt hat. Zu sehen war, dass sich im Spielaufbau deutlich mehr Anspielpositionen anboten und die Mannschaft dieses System deutlich mehr verinnerlicht hat als das vorher so magere 4-2-3-1. Uwe Neuhaus spielte den Systemwechsel danach allerdings runter „Das hat man sofort bei den beiden Standardsituationen gesehen, dass zwei Stürmer wirkungsvoller sind. – Aber natürlich hat sich Benyamina so wohler gefühlt.“

Als Gewinner des Spiels darf sich ohne Zweifel Halil Savran sehen, der von Uwe Neuhaus danach auch für seine Robustheit in den Zweikämpfen gelobt wurde: „Da ist jeder Verteidiger auf der Hut, weil er anderen auch weh tun kann. Er hat seinen Torinstinkt bewiesen und war gerade auch hinten heraus konditionell ganz gut dabei. Das war schon ein gutes Spiel von ihm.“ Neben Thomik, der konditionell nicht nicht ganz auf der Höhe ist, gab es noch einen zweiten Langzeitverletzten, der sein erstes Spiel bestritt. Michael Parensen kam in der zweiten Halbzeit für Christoph Menz. Bei den Gesprächen nach dem Spiel kam dieser nicht mehr aus dem Grinsen heraus: „Das ist schön. Dafür habe ich ein halbes Jahr alleine trainiert, war im Wald und mit dem Fitness-Coach im Kraftraum. Jetzt bin ich einfach glücklich, das ich wieder auf dem Platz stehen kann mit den anderen zusammen. Und da ist es relativ egal, wie es für mich gelaufen ist. Wichtig ist, einfach wieder dabei gewesen zu sein und den Rasen zu schnuppern.“

Bei so vielen glücklichen Gesichtern gab es auch Spieler, für die es nicht so gut gelaufen ist. Marcel Höttecke als zweiter Torhüter bekam keine erneute Chance, und der in Spielen zuvor glücklos agierende John-Jairo Mosquera wurde nicht einmal eingewechselt.

Bilder: Stefanie Lamm

6 Kommentare zu “„Siegen tut gut.“

  1. Meine Fresse, det nenn ick mal nen spielbericht, danke!lange müsst ihr nicht mehr warten und ihr schreibt für ne Berliner Zeitung, da bin ick mir sicher!vorrausgesetzt die wollen ihren Lesern mal wat bieten.unterhaltender Sport!herzlichst und eisern von unterwegs, der meester

  2. Wieso spielt UN in dem Kommentar das System runter?

  3. Rudi Radlos

    Gratulieren will ich Union zum Sieg im Testspiel.
    Gratulation auch an den Reporter Michael Färber, der den Spielbericht in der B. Morgenpost schrieb unter dem Titel: „Savran gibt dem Angriffsspiel des 1. FC Union die richtige Würze.“

  4. hackelschorsch

    Mensch das ist ja mehr Analyse als in den Kicker-Artikeln. Gibts den Service auch zu den Punktspielen? Zum Thema Formationen-Streit sei der große Jenenser Trainer Hans Meyer zitiert. Der da nämlich sinngemäß sagte das taktische Formationen einen Fußballtrainer herzlich wenig interessieren und nur dazu da sind Journalisten zu verunsichern. Scheint den Uwe ja gelungen zu sein, oder?

  5. @sohle Ich vermute ganz einfach, dass er nicht sagen wollte, das vorher gespielte System sei falsch. Und das wäre auch nicht richtig, das so auszudrücken. Denn es gibt kein modernes System, das erfolgversprechend aus sich heraus ist. Es kommt darauf an, dass die elf Spieler auf dem Platz sich auch in dem System bewegen können.

    @rudi Dir sei der Artikel von Mathias Bunkus an das Herz gelegt. da wirst Du sicherlich auch viel Freude daran haben.

    @hackelschorsch Ob es den Service auch zu Punktspielen gibt? Sicher nicht zu jedem Spiel. Das bringen wir meist in den Podcasts unter. In dem Fall lag es aber auf der Hand, da ein Systemwechsel zum Babelsbergspiel erwartet wurde. Und es waren ja mindestens genausoviele Journalisten der Berliner Zeitungen da, wie zu einem Punktspiel, um die Experimente von Uwe Neuhaus zu begutachten. Eine Zeitung, die wir nur noch die „Zeitung“ nennen, hat sich das natürlich geklemmt…

  6. […] sowohl verbal als auch grafisch zu Papier zu bringen. Beim Textilvergehen tat man das wörtlich (zu Papier bringen), in verschiedenen anderen Blogs unter technischen und grafischen Gesichtspunkten zunehmend […]

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