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„Mundialito“ – Die „kleine Weltmeisterschaft“

Copa de Oro de Campeones Mundiales, der Gold Cup der Weltmeister, fand von Dezember 1980 bis Januar 1981 in Uruguay statt. Die sportliche Idee: 50 Jahre nach der 1. Fußball-Weltmeisterschaft sollten alle sechs Nationen, denen ein Titelgewinn gelungen war, nach Montevideo, dem Ort des ersten WM Finales, zurückkehren und ein „kleines Weltmeister-Turnier“ austragen. Neben Uruguay, das den Titel 1930 und 1950 gewinnen konnte, folgten die Nationalmannschaften von Brasilien (’58, ’62, ’70), Italien (’34, ’38), Deutschland (’54, ’74) und Argentinien (’78) der Einladung. Lediglich der Weltmeister von 1966 war dem Turnier ferngeblieben und so ersetzte die Nationalmannschaft der Niederlande das englische Team. Wieso jedoch hatte England die Teilnahme abgelehnt?

Bei „Mundialito“ handelt es sich um eine Dokumentation aus dem Jahr 2010, aufgeführt beim diesjährigen 11mm Fußballfilmfestival. 30 Jahre nach dem Turnier kommen Zeitzeugen zu Wort: Spieler, Funktionäre, Geldgeber – sie alle entwerfen das Bild eines heute fast in Vergessenheit geratenen sportlichen Großereignisses. Gewonnen hat am Ende Uruguay, welches im Finale den Coup der WM 1950 wiederholen konnte und die favorisierten Brasilianer mit 2:1 niederrang. Jedoch ist das Turnier selbst im Land des strahlenden Siegers heute nur noch eine Randnotiz, der eigentliche Fokus lag und liegt auf anderen Ereignissen.

Bereits im Jahr 1973 hatte das Militär nach einem erfolgreichen Putsch die Regierung im Land übernommen und in den folgenden Jahren mit Gewalt jegliche Opposition unterdrückt. Und so kommen in „Mundialito“ nicht nur die sportlichen, sondern auch politische Akteure zu Wort. Im Verlauf des Filmes durchmischen sich die Kommentare von Fußballern und ehemals politischen Gefangenen, von Sportfunktionären und Militärs, von normalen Bürgern und Financiers. „Er sei nicht hier, um Politik zu machen, sondern um ein Fußballturnier zu veranstalten“, bellt ein kurz angebundener João Havelange während des Turniers in die Kamera. Nun ja, das sah die Militärjunta definitiv anders. Wie so oft in der Geschichte sollte aus dem Sportereignis sehr wohl politisches Kapital geschlagen werden. In einer Großkampagne sollten die sportlich patriotischen Gefühle der Bürger genutzt werden, um in einem Referendum eine Verfassungsänderung herbeizuführen – und die Führungsrolle des Militärs auf Dauer festzuschreiben. Der Versuch scheiterte, inwiefern jedoch der Gold Cup tatsächlich Einfluss auf das Wahlverhalten der Bürger genommen hatte, kann auch der Film nicht abschließend aufklären.

Es ist nicht klar, ob England seine Turnier-Teilnahme aus sportlichen oder aus politischen Gründen absagte. Weder finden sich im Internet entsprechende Informationen, noch gibt die Dokumentation selbst Aufschluss über diese Frage. Schade, hier hätte man durch gezieltes Nachhaken im Mutterland des Fußballs ein interessantes Zeitzeugnis noch abrunden können. Was nach 75 Filmminuten bleibt, sind schöne Eindrücke begeisterter uruguayischer Fußballfans, die zu zehntausenden die Nächte durchfeierten und die erstaunliche Aussage eines politisch Inhaftierten, welcher von einer gemeinsamen Siegesfeier der Gefängnis-Insassen mit ihren Bewachern berichtet. Eindrücke von einem Land, das sich (ob mit oder ohne Fußball) erfolgreich gegen ein Militär-Regime zur Wehr gesetzt hat – und von einem Militär-Regime, das allen Ernstes ein Referendum nicht nur in geheimer Abstimmung durchführen ließ, sondern letztlich auch noch auf Wahlmanipulation verzichtet hatte! Und nicht zuletzt – wir befinden uns zeitlich am Übergang der 70er zu den 80ern – Eindrücke von Frisuren weit jenseits der Schmerzgrenze.

Im Februar 1985 übergab die Militärregierung die Macht an eine gewählte Zivilregierung. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Welt die „kleine Weltmeisterschaft“ schon längst wieder vergessen.


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