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Das ist meine Biographie.

Der Aufruhr um den dreijährigen Wehrdienst von Unions Präsident Dirk Zingler beim Wachregiment des MfS in Berlin war groß. Sowohl medial als auch unter den Fans. Am Dienstag Abend stellte sich der Präsident beim monatlichen Fantreffen im General Dealer Club in Oberschöneweide den Fragen der Anhänger und zeigte seine Sicht auf Ereignisse der letzten Wochen und seinen fast 30 Jahre zurückliegenden Wehrdienst.

Vor Beginn saß Dirk Zingler alleine auf dem Rand der Bühne. In sich gekehrt. Es schien, als ob er selbst nicht genau wusste, wie ihm die rund 300 anwesenden Unionfans begegnen würden. Die vorher in Foren verlaufene Diskussion war kontrovers. Nicht jeder Vereinspräsident würde sich auf solch ein Risiko einlassen. Doch Zingler, und das wird schon in den ersten Minuten klar, treibt ein inneres Bedürfnis an. Er ist zuerst Fan und als zweites Präsident. Deswegen haben ihn die Ereignisse der letzten Wochen getroffen: „Vor allem hat mich der Zusammenhang, der zwischen meinen Wehrdienst und meiner Eigenschaft als Unionfan und Unionpräsident gezogen wurde, gestört. Ich wurde als Fan auf den Rängen geprägt. Das hatte nichts mit meiner Wehrdienstentscheidung zu tun.“

Das Mikrofon hält Dirk Zingler mit beiden Händen fest. Er sucht den Blickkontakt zu den Fans, die dicht gedrängt im Raum stehen. Viel Schärfe nimmt er schon dadurch aus der Veranstaltung, dass er keineswegs versucht, sich herauszuwinden. Er war kein Widerstandskämpfer in der DDR. Das ist klar. Sein Leben in der DDR war nichts besonderes und deshalb sagt er: „Ich kann nur mit meiner Biographie antworten. Die ist, wie sie ist. Dem einen gefällt sie, dem anderen nicht. Aber ich kann sie nicht ändern.“ So spricht jemand, der offensichtlich mit sich im Reinen ist.

Zingler erzählt, wie er als 17-Jähriger zu Hause ausgezogen ist und in Berlin alleine gewohnt hat. Angesichts des grassierenden Wohnungsmangels in der DDR etwas besonderes. Etwas, das den Satz: „Ich habe früh sehr viel Freiheit genossen“, glaubhaft unterstreicht. Deshalb habe er sich bei seiner Musterung zu drei Jahren Wehrdienst bereit erklärt, wenn er in Berlin bleiben könne. Ob er beim MfS-Wachregiment dienen wolle, wurde er dort nicht gefragt. Die Frage stellten ihm zwei Männer von der Staatssicherheit, nachdem er aus dem Unterricht in der Berufsschule herausgeholt wurde. Der Handel war laut Zingler: 3 Jahre beim Wachregiment in Berlin und er könne seine Lehrzeit um ein halbes Jahr verkürzen. „Für mich war entscheidend, was ich wo tun muss. Aber mir war egal, ob das Ministerium Erich Mielke, Erich Honecker oder dem Papst unterstand.“ Letztlich stand Dirk Zingler 183 Mal vor dem Regierungskrankenhaus Wache.

Die überwiegende Zahl der Fans teilt Zinglers Einschätzung. Doch, dass sie den Teil der Biographie aus der Zeitung erfahren mussten, hat sie verwundbar werden lassen. Sie haben Angst, noch mehr erfahren zu müssen. Ein Fan bringt das Gefühl auf den Punkt: „Dirk, war nach dem Wehrdienst noch etwas mit der Stasi? Ja oder nein?“ Zingler verneint: „Ich habe im März 1986 meine Armeezeit beendet. Seitdem hatte ich keinen Kontakt mehr zum Ministerium.“ Stasi und Union, das passe nicht zusammen, hat Zingler erzählt. Das war, als der Vertrag mit dem Investor ISP gekündigt wurde, weil der Geschäftsführer hauptamtlicher MfS-Mitarbeiter war. Ein Widerspruch? Nein, der Präsident steht auch heute noch dazu. Allerdings hätte man schon zeitiger öffentlich differenzieren müssen zwischen Wehrdienstleistenden beim MfS und IMs beziehungsweise Stasi-Angestellten. „Vielleicht war das eine vergebene Chance“, räumt er ein.

Die aufgeladene Bedeutung seines Wehrdienstes beim MfS sieht Zingler kritisch. Natürlich wisse er im Nachhinein mehr. Doch dass alle MfS-Wachsoldaten sogenannte „Hundertprozentige“ gewesen seien, will er nicht bestätigen: „In meiner Wahrnehmung waren das alles ganz normale Leute.“ Auch seine Familie sei nicht einfach systemtreu gewesen. Dann sagt Zingler einen Satz, der im Prinzip über jeder DDR-Biographie stehen kann: „Das Leben ist halt nicht so, wie es sich häufig von außen darstellt. Die Vielfältigkeit deutscher Biographien findet sich auch in meiner Familie.“

Es ist ihm immer noch anzumerken, wie unangenehm ihm der Fokus ist, in dem er steht. Aber er redet mit Verve, weil es ihm wichtig ist, bestimmte einfache Sichtweisen aufzubrechen. Der Vater war Betriebsdirektor, die Tante aber stellte einen Ausreiseantrag und konnte die DDR verlassen. Zingler selbst hat sich für drei Jahre als Zeitsoldat verpflichtet, sein Bruder aber hat den Dienst an der Waffe komplett verweigert und wurde Spatensoldat. Ein Stigma im sozialistischen Lebenslauf. Doch Zingler schmunzelt: „Der hat sich noch einen Gaudi daraus gemacht, zu meiner Vereidigung zu kommen.  In seiner Uniform mit dem Spaten darauf.“ Aus heutiger Sicht ist diese Familiengeschichte vielleicht ein Widerspruch. In der DDR war sie Realität und Zingler stellt nicht ohne Stolz fest: „Aber trotzdem sind wir eine Familie und reden miteinander.“ Ein Satz, der auch ohne weiteres auf Union zutreffen könnte.

Bei den Fragen und Statements der Fans hört Zingler aufmerksam zu. Die könnten unterschiedlicher kaum sein und werden teils hitzig vorgetragen. Vor allem, wenn es um die Rolle der Medien in dem Fall oder das Verhältnis zum BFC Dynamo geht. Doch Zingler bleibt immer ruhig. Ob er seine MfS-Akte schon gelesen habe, möchte ein Fan von ihm wissen. Der Präsident verneint vehement: „Es interessiert mich nicht, wie mich Stasi-Offiziere vor 30 Jahren eingeschätzt haben. Da soll sogar drin stehen, dass ich 73 Kilo gewogen habe. Meine Frau wollte das nicht glauben.“

Zum Schluss steigt Zingler im von der Menschenmenge aufgeheizten Saal von der Bühne. Mit einem Bier in der Hand steht er danach dort, wo er sich selbst viel lieber sieht. Bei den Fans.

Fotos: Robert Schmidl

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19 Kommentare zu “Das ist meine Biographie.

  1. Und heute nun „Nachtreten ohne Ball“ in der FAZ: http://www.faz.net/artikel/C30127/union-berlin-linientreu-oder-unpolitisch-30482757.html

    Schade, ich hatte gestern die „Wackersteine“ für den Wolf dabei.

  2. Irgendetwas stinkt an der Sache gaaanz gewaltig! Du wirst nicht so ohne weiteres von dem MfS auserwählt…

  3. @Latte
    Ich finde das Wort „auserwählt“ ein wenig provokativ. Wenn ein Wehrdienstleistender in der DDR angegeben hat, er wolle in Berlin dienen, dann gab es nicht allzu viele Möglichkeiten, denn die NVA hatte in Berlin so gut wie keine Einheiten. Diese befanden sich im Umland bzw. das Ministerium für Verteidigung in Strausberg. Wenn also das Ziel Berlin heissen sollte, dann gab es eigentlich nur den Dienst im Wachregiment. Die Aufgaben des Wachregimentes waren die gleichen, wie schon bei den „langen Kerle“ des alten Kaisers Willhelm, nämlich vor irgendwelchen repräsentativen rumstehen und bei Paraden vornweg marschieren um Eindruck zu schinden. Das Wachregiment stand auch vor dem Denkmal für den unbekannten Soldaten und ähnlichen Mahn- und Gedenkstätten. Wenn also jemand sagte, er wolle in Berlin bleiben, wurde er zuerst auf auffällige Biografiepunkte überprüft und dann kontaktiert.
    Ein „normaler“ Armeedienst bei der NVA in Berlin war fast unmöglich, da sich aus besatzerrechtlichen Gründen aus Berlin heraushlten musste. Es gb in Berlin nur einige Versorgungseinheiten, Transporteinheiten und das Musikcorp. Darüber hinaus gab es nur noch die Grenztruppen und die waren für Dirk Zingler ganz sicher auch keine Alternative. Mit einer Tante mit Ausreiseantrag stellte sich die Frage der Grenztruppen auch nicht.

  4. […] 11. UdL Digital(Potsdam/1047) 12. Neues aus H.(Hohenfinow/1166) 13. Basedow1764(Potsdam/1186) 14. textilvergehen (Bad Freienwalde/1206) 15. CDU-POLITIK.DE(Nuthetal/1215) 16.Frau Indica (Frankfurt/Oder(1318) 17. […]

  5. Die haben, wie Gerald ausdrückte, ab einer gewissen Zeit die Augen zugedrückt weil sie sonst nicht auf ihre Sollstärke gekommen wären.
    Wichtig war für mich die Antwort Zinglers auf die zeitlich gut getimte Frage von MalerMario zum Zeitpunkt des SED-Austrittes, MM Intention, Zingler als Wendehals dastehen zu lassen ging gründlich ins Leere, da Zingler 1988 die SED verließ.
    Das schlimme ist, dass der Herr Wolf unbedingt weitermachen will – er hört einfach nicht auf.
    Und dann stellt sich eben irgendwann die Frage nach dem beruflichen Ethos eines Journalisten. Welche Motivation hat der Mann, Anteile bei ISP etwa, oder gute Beziehungen zu Herrn Czelinski?
    Herr Wolf diskreditiert sich, er verboernert…

  6. MontiBurns

    Es werden immer noch nicht die richtigen Fragen gestellt.. wenn DZ so Linientreu gewesen wäre, warum ist KEIN IM und kein offizieller Mitarbeiter geworden?? Warum ist er VOR der Wende aus der SED ausgetreten… das sind die entscheidenden Fakten und nicht was ein 17-jährigen hätte wissen können, sollen oder müssen. Als ob man als 17-jähriger die persönlichen Motive mit ethisch-moralischen Wertmaßstäben reflektieren würde…jeder der was anderes behauptet hat wahrscheinlich Sandalen an und geht übers Wasser…. Falsche Behauptungen und tendenziöse Berichterstattung werden nicht richtiger, blos weil Sie ein freiher Journalist mehrfach wiederholt… so langsam ist der Drops wirklich gelutscht… DZ passt nicht trotz seiner Biografie, sondern gerade wegen ihr perfekt zu uns..

  7. Ich persönlich habe ein ganz großes Problem mit dem Durchleuchten von Lebensläufen, kenne ich doch kaum jemand, der keine Brüche hat. Diese Versessenheit auf durch und durch glatte Lebensläufe kann ich nicht teilen. Als ob sich im Laufe eines Lebens nicht die Wertmaßstäbe ändern würden. Es muss ja nicht solch ein krasser Bruch wie 1989 sein. Außerdem gibt es im Leben auch so etwas wie eine Persönlichkeitsentwicklung.
    Natürlich wäre es Dirk Zingler wohl lieber gewesen, im Wachregiment „Friedrich Engels“ zu dienen. Doch soweit ich das aus vielen Statements und Geschichten herauslesen kann, war der Dienst an der Waffe in der DDR kein Wunschkonzert. Und von Mauerfall und Umwertung bestimmter Tätigkeiten war 1983 auch eher nicht die Rede.
    Zurück zu den glatten Lebensläufen. Es gibt Punkte, auf die man nicht stolz sein kann. Da gehört der Wehrdienst beim MfS für Dirk Zingler sicher dazu. Damit würde ich auch nicht hausieren gehen.
    Das sage ich als jemand, der mit einer lächerlichen zweiseitigen Begründung den Kriegsdienst verweigern konnte und einen gesellschaftlich akzeptierten Ersatzdienst geleistet hat.

  8. Frank Börner

    „Herr Wolf diskreditiert sich, er verboernert…“

    Eine Unverschämtheit von honeypie mir gegenüber. Und den Namen Börner ganz allgemein in den Dreck zu ziehen, durch eine solche Adjektivisierung in diesem Zusammenhang ist auch nicht in Ordnung. Ich handle vollkommen unabhängig, in keines anderen Menschen Auftrag und auch nicht um mir damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich habe mit allen Personen, die ich kritisiert habe, persönlich gesprochen, offen und aufrichtig meine Meinung gesagt und Fragengesellt, die ich für richtig halte, sofern sie für mich nicht anonym bleiben. Vielleicht erklärt mir honeypie mal, warum ich mich selbst diskreditiere (an obige mail-Adresse: boerner@beuth-hochschule.de) oder er stellt sich einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht.

    EISERN UNION
    Frank Börner

  9. skorpio against wolf

    Nun hatten wir die Stasi und das Wachregiment, alles wurde nach der wende von den Behörden geprüft. Wenn die so schlimme Sachen gemacht haben, wäre Zingler doch verhaftet worden. Also alles bitte mit Stil. Mit der Stasi-Vergangenheit von Zingler können wir leben. Wir sollten unsere Geschichte überdenken und mit dem BFC nun normal umgehen. Es gibt kein schwarz und kein weiß

  10. @Börner, du kanns mit Ausdrücken wie „Unverschämtheit“ und „in den Dreck ziehen“ zu Hause bleiben. Deine Schnitzler und Goebbelsnummern in Richtung Programmierer sind union-weit bekannt. Laut und affektiert genug hast du deine Zustände ausgebreitet und im Beleidigen alles getoppt, was ich im Unionforum bisher gelesen hatte.
    Und nun springst du im Kreis, weil jemand „verbörnert“ sagt?

    Und was ist „skorpio against Wolf“ für ein Troll? Reichen die großen Foren nicht mehr aus zum Stänkern?

  11. oh man, irgendwann ist das vorbei.

  12. Altunioner

    Danke Herr Börner, dass Sie einigen Leuten im Verein und im Umfeld den Spiegel vorgehalten haben.
    Tausende alte Unioner haben sich bei der Rede des Herrn Arbeit und beim Lesen des Programmheftes in Grund und Boden geschämt!

    MfG

    Altunioner

  13. Herr DZ paßt sehr gut in den heute modischen nachträglichen Pfeifdraufismus. An dem prallt alles ab, wie Wattebällchen am fettigen Schwamm. Das kann er bei seiner Betonbude gerne so halten, aber nicht als Präsident eines so politisch, religös, sozial derartig vielschichtigen Vereins wie dem 1.FC Union Berlin e.V..

  14. Hilfe! ich geh wieder in Wald

  15. Liebe alle,

    das Thema brennt, das ist klar. Aber vielleicht ist es besser, das besser nicht anhand von bestimmten Personalien diskutieren, sondern in der Sache. Die Bewertung von Tatsachen hängt natürlich vom persönlichen Standpunkt und von persönlichen Erfahrungen ab.

    Am besten würde es mir gefallen, wenn auch hier die verschiedenen Standpunkte respektiert werden. Man muss ja nicht einer Meinung sein, aber es geht auch ohne persönliche Angriffe. Über Union in der DDR kann ich fast nichts sagen, da ich dazu kaum neutrale Literatur kenne. Erlebt habe ich die Zeit nicht.

  16. @schultheiss, @altunioner
    bisher wussten sich die disputanten in diesem raum recht vernünftig und gewählt auszudrücken, selbst der angegriffene herr börner hat in seiner für ihn berechtigten wut eine angemessene form gefunden. ich finde es würde die qualität dieser diskussion erhöhen wenn sie sich entschließen könnten nicht so zu poltern und damit aufhören würden mit dem sprichwörtlichen schuh aufs pult zu klopfen…

  17. @honeypie Danke! Eben darauf zielte auch Sebastians letzter Kommentar. Da das aber offensichtlich nicht alle verstanden haben: Wer andere beleidigt, fliegt raus! Steht so im Impressum, machen wir schon immer so. Einige Beiträge habe ich genau deshalb gerade eben entfernt. Ich erwarte dafür kein Verständnis und lege keinen Wert auf eine Zensurdebatte.

  18. @Altunioner- Nur so am Rande und für den Fall, daß sie es ehrlich meinen. Es gibt bei Union einen Fanclub, der sich „Altunioner“ nennt.
    Das ist für sie wirklich ein unglücklicher Nick in so einer Plattform, da die „Altunioner“ ganz sicher Wert darauf legen, nicht namentlich mißbraucht zu werden.
    „Danke Herr Börner“ und „Tausende alte Unioner“ im Namen von Altunioner zu posten zeugt von „Keine Ahnung, worums geht, aber mal rein in die Kerbe, die soviel Spaß bringt“.
    Allerdings haben sie im Namen der Altunioner Herrn Börner mit Sie angesprochen. Das muß erst mal jemand bringen. Dafür brauchts echte Gründe und jede Menge Abstand zu uns und zum Thema.

  19. Wir schließen für diesen Beitrag die Kommentare, da offensichtlich nicht mehr das Thema des Beitrags, sondern persönliche Befindlichkeiten diskutiert werden. Dafür ist das hier nicht der richtige Platz. Zudem sind wir einigermaßen stolz darauf, dass beim Textilvergehen eine Diskussionskultur auf einem bestimmten Niveau stattfindet. Das lassen wir uns nicht von einigen wenigen kaputtmachen.

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