Vom 13.-15. April fand im Berliner Friedrichsstadtpalast die re:publica statt, die jährliche Konferenz über Blogs, soziale Medien und digitale Gesellschaft. Zum zweiten Mal mit einem Fußball-Thema. Zum ersten Mal mit einem Vertreter der DFL.
„Vom Supporter zum Reporter – Fußballwelt im Medienwandel“ lautete das Thema der Diskussionsrunde, die wie auch im vergangenen Jahr Alexander Endl moderierte. Mit Oliver Fritsch und Max-Jacob Ost saßen zwei im Netz publizierende Sportjournalisten mit auf dem Podium, so dass die Relevanzdebatte über Sportblogs, Kommentare und Foren auf den ersten Blick überflüssig erschien. Kommt es darauf an, wo man veröffentlicht, oder ist nicht vielmehr entscheidend, ob man Substantielles beizutragen hat? Hier fehlte die Klarstellung, was mit „Fanreporter“ eigentlich gemeint war.
Fußballfans gelten in der Masse als meinungsstark, aber argumentationsschwach. Warum soll man ihre Äußerungen dennoch berücksichtigen? Weil Meinungsstärke eben auch eine Stärke ist. Es finde online eine andere Art der Öffentlichkeitsarbeit statt, konstatiert der Fanbeauftragte der DFL, Thomas Schneider. Wenn „etwas passiert“, warte auch die DFL nicht auf das Polizeifax, sondern greife auf Blogs und Foren zurück.
Die Pressesprecherin des 1.FC Nürnberg, Kataharina Wildermuth möchte zwar Blogger und Pressevertreter nicht gleichsetzen, sieht sie aber als am Informationskreislauf Beteiligte an. Die Vereine müssten sich öffnen, meint sie. Wenn Blogger verlässliche Partner seien, spräche nichts dagegen, sie als solche zu behandeln und sie einzubeziehen. Eine ähnliche, erstaunlich positive Äußerung fügte Thomas Schneider an. Auch die DFL müsse ihr Akkreditierungswesen überdenken und Bloggern Informationszugang ermöglichen.
Unscharf bleiben dabei doch immer die Begriffe. Ist Jens Weinreich, ist Oliver Fritsch Blogger oder Journalist? Als häufigstes Unterscheidungskriterium wird nicht die Qualität der Beiträge oder die Arbeitsmethodik, sondern die Wirtschaftlichkeit genannt. Der Journalist muss ökonomisch denken. Seine Geschichten müssen sich verkaufen. Davon lebt er. Der Blogger unterliege diesen Beschränkungen nicht. Online kann ohne Rücksicht auf Textlänge publiziert werden. Kein Thema ist so abseitig, dass man nicht darüber schreiben könnte und dennoch Leser findet. Im Grunde liegt genau an dieser Stelle die Chance einer friedlichen Koexistenz, wenn nicht gar einer Kooperation mit den Vereinen und den traditionellen Medien.
Viel interessanter war die umgekehrte Frage, ob sich die Fußballvereine, Trainer und Spieler ihrerseits sozialer Medien bedienen. Auffällig ist dabei, dass es mehrheitlich die kleineren Vereine sind, die in diesem Bereich vorbildliche Arbeit leisten. Ihr Zielpublikum ist oftmals ohnehin schon auf Twitter oder Facebook, es entstehen keine zusätzlichen Kosten für Hard- oder Software, man hat einen direkten Rückkanal und die Kommunikation ist oft sehr persönlich. Je größer die Vereine sind, desto eher bedienen sie sich entweder einer Agentur oder verzichten ganz darauf, soziale Medien zu nutzen. Schwellenangst, nennt Thomas Schneider das. Die Scheu, sich als inkompetent darzustellen. Hinzu kommt aus seiner Sicht, dass sich beispielsweise Trainer fragen, ob sie auf Facebook müssen, weil Felix Magath da auch ist. Ob es ein Maßstab ist, dass das 188.536 Leute gut finden. Die nicht unberechtigte Angst vor Cybermobbing und shitstorms spielt eine Rolle. Dass sich einzelne Spieler mit Hilfe ihrer Sponsoren dort exponiert darstellen, ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Beispielhaft seien Lionel Messi und Cristiano Ronaldo genannt. Man tut als Verein gut daran, nicht die Übersicht zu verlieren.
Auch die DFL hat erkannt, dass die Fans in Sachen Kommunikation den Vereinen weit voraus sind. Die Konsequenz, die Thomas Schneider daraus zieht: Es wird in der kommenden Saison Qualifizierungsmaßnahmen für die Fanbeautragten, die Kommunikationsbeauftragten und die Sicherheitsbeauftragten der DFL-Vereine geben.
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