Der alte Titel der Übersetzung von Dostojewskis Roman trifft den Film des niederländischen Regisseurs Johan Kramer viel besser als „Johan Primero“. Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein Mann, der sich selbst nur Johan nennt, fährt täglich mit einer Ente 50 Mal um das Stadion Camp Nou des FC Barcelona. Der ganze Tagesablauf ist von dieser Fahrt im Citroen 2CV strukturiert. Johan sitzt im ganzen Film im Auto. Der Kaffee wird jeden Tag zu ihm auf die Straße gebracht, ebenso die Pizza Funghi und die Lollis. Ein Mann, ein Auto, ein Fußballstadion.
Für eine echte Geschichte wäre das zu schlicht. Und so kommt nach der Einführung der ständigen Rituale heraus, dass Johan gar nicht Johan heißt. Er nennt sich selbst so. „Wie Johan Cruyff?“, fragt die Scheibenputzerin an der Ampel. „Nein! Wie Johan Neeskens! Der müsste Johann I. sein!“, ruft Johan entrüstet. Stück für Stück kommt der Zuschauer diesem Kauz immer näher und erfährt schließlich, warum er so manisch, um das Stadion fährt. Sein Vater ist immer am Wochenende mit ihm eine Runde in dem Auto um Barcas Heimstätte gefahren. Ein Ritual. Mehr bekam Johan von seinem Vater nicht mit. Ein Ritual, damit Barca gewinnt. Einmal verweigert Johan als bockiges Kind die Fahrt. Barca verliert. Johan verliert seinen Vater.
Aus dieser Neurose, für seinen Vater weiter und mehr zu fahren, kommt alleine Johan nicht heraus. Der Vater allerdings auch nicht. Die Urne mit der Asche steht angeschnallt auf dem Beifahrersitz. Die Prinzessin auf dem weißen Pferd ist Paquita, die Scheibenputzerin von der Ampelkreuzung.
„Johan Primero“ zeigt den Zauber und die Manie, die Fußball ausüben kann. Und das, ohne eine einzige Spielszene zu zeigen. Johan selbst kann nämlich auch nicht zusehen, wie Barca spielt. Er sitzt im Auto auf der Straße, seine Mutter hält immer ein Schild mit dem aktuellen Spielstand heraus. Ein Märchen, das sehr liebevoll und behutsam mit den wenigen auftauchenden Figuren umgeht und sie nie der Lächerlichkeit preisgibt.
Der Film „Johan Primero“ wurde auf dem 11mm-Fußballfilmfestival im Berliner Kino Babylon gezeigt. Das Festival wird auch dieses Jahr wieder auf Tour gehen. Folgende Städte sind im Programm: Augsburg, Bochum, Dresden, Frankfurt, Leverkusen, Mönchengladbach, Sinsheim und Wolfsburg.
Entdecke mehr von Textilvergehen
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Der Trailer macht auf alle Fälle Lust auf mehr. Ist es denn geplant den Film auch regulär im Kino laufen zu lassen?
meist laufen die nur im rahmen des 11mm-festivals. ist special interest …