Die Trainingsfotos von gestern früh sehen aus wie die von vorgestern, übermorgen und in drei Wochen. Waldlauf in Köpenick bei Wetter in Köpenick. Immer fünf Grad kälter als im Rest von Berlin. Eine Gruppe von Spielern läuft durch den Wald. Gewohntes Bild für die Leute, die dort mit ihren Hunden spazierengehen.
Gestern fanden sich mehr Medienvertreter als üblich am Rande des Trainingsplatzes ein. Nachdem die Berliner Zeitung als erste darüber berichtete, dass Björn Brunnemann in den Wettskandal, der derzeit in Bochum untersucht wird, involviert sei, war das Thema in den Berliner Sportredaktionen unumgänglich. Zwar war durchaus allen Journalisten klar, dass sich in einem laufenden Verfahren niemand zur Sache äußern würde. Trotzdem hoffte man auf ein wie auch immer geartetes Statement durch den Verein. Oder darauf, dass sich jemand verplappert.
Das ist widersinnig und doch logisch. Logisch, weil ein öffentliches Interesse besteht. Man kann es an der Diskussion im Forum ablesen. Der Wunsch, den Namen des Spielers von Vorwürfen reingewaschen zu sehen, ist Ausdruck dieses Interesses. Der Widersinn liegt darin, dass eine solche entlastende Aussage gestern nicht möglich war. Wenn Ermittlungen laufen, weiß zu diesem Zeitpunkt nicht einmal die Staatsanwaltschaft selbst, ob Anklage erhoben wird. Es liegt nicht mehr als ein Verdacht vor. Ein Verdacht genügt, um zu diskreditieren. Ein Verdacht ist nicht ausreichend, um zu verurteilen. Das öffnet viel Raum für Meinung und Spekulation.
Als Uwe Neuhaus sich den Journalisten zuwandte, wusste er genau, was die ihn gleich fragen würden. Nichts mit Torhütern, leider, sondern die andere, unbeantwortbare Frage. Björn Brunnemann. Ein Trainer ersetzt nun einem Spieler vielleicht Mutter und Vater, selten aber den Rechtsbeistand. Weil das allen, die ihm gegenüber standen, bewusst war, mochte niemand derjenige sein, der die Sprache auf Brunnemann bringt. Man wird nicht gerne von des Trainers Zorn getroffen. Denn natürlich ist der Dialog „Was sagen Sie zur causa Brunnemann?“ – „Dazu sage ich gar nichts.“ Zeitverschwendung und für beide Seiten unbefriedigend. Und selbstverständlich wurde derjenige, der die Frage trotzdem stellte, augenblicklich von des Trainers Zorn getroffen. Ungerechter Weise insofern, als er nur formulierte, was ohnehin im Raum stand, und damit zum Blitzableiter für seine Kollegen wurde. Dass auch Journalisten hier ihrem Beruf nachgehen, kam offenbar niemandem in den Sinn. Die konnten zwischen zwei Übeln wählen. Ärger mit der Redaktion oder Ärger mit Uwe Neuhaus. Pest oder Cholera.
Die Situation ist ungemütlich für Verein und Presse, der Umgang miteinander belastet. Man steht sich gegenseitig auf den Füßen. Auch wenn Karim Benyamina anschließend entspannt in Badeschlappen zum Gespräch antrat -immerhin was für´s Auge- so macht Arbeit keinen Spaß.
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Im grossen und ganzen richtig.
Aber wie sollte es anders gehen, wenn jeder in seiner Mühle steckt.
Die Journalisten müssen auch die überflüssigste Frage stellen, obwohl sie jeder schon vor der Fragestellung den Inhalt der Antwort niederschreiben könnten. Bleibt dem Journalisten ja nur zu hoffen, dass der Trainer sich ein wenig im Satzbau verheddert und damit Raum gibt für Spekulationen.
Der Trainer reagiert gereizt auf die Unsinnigkeit der Frage und weiß dabei genau, dass er sich hier keinen Versprecher erlauben sollte.
Vielleicht lässt sich die Situation ja so auflösen, dass der Trainer am Beginn der Pressekonferenz sagt:
Thema a: sag ich nichts zu
Thema b: kann ich auch nichts sagen
Kommen wir zu den Themen die wir besprechen können.
Oder aber, dass der Trainer nun mal erkennt, dass nicht die Fragesteller den Anlass zu der unangenehmen Situation kreiert haben, sondern eben ofenbar einer seiner jetzigen Kicker. Warum also jemandem zürnen, der auch nur seinen Job macht?
Er könnte auch etwas sagen zum Thema Torwart. Aber auch zieht er es vor zu schweigen.
Er könnte etwas zur Aufstellung sagen am Sonntag in Fürth. Die Antwort siehe oben.
Zur Frage nach den Neuverpflichtungen könnte er bestimmt auch was sagen. Aber die werden bei Union ja traditionell erst bekannt gegeben, wenn sie den Verein schon wieder verlassen haben.
@jan ich weiß nicht, wie man es entschärfen kann. was nutzt es, wenn man zu top 1 nichts sagt, und statt dessen etwas anbietet, das in dem moment einfach niemand wissen will? ich habe zB heute wirklich desinteressiert Bild gelesen, die als einzige Mosquera gebracht haben, und nichts zu brunne. ich glaube nicht, dass es sensationslust ist. ich würde nämlich wirklich gerne lesen, dass ihm nichts vorzuwerfen ist und seiner vertragverlängerung nichts im wege steht. ich glaube aber, dass den meisten Journalisten mit einem klaren satz geholfen gewesen wäre – selbst wenn der lautet, dass es keine neuen erkenntnisse gibt, der spieler wie gewohnt trainiert und es vorläufig keinen grund gibt, an ihm zu zweifeln.
Mr wäre nur ein bisschen wichtig, und das meine ich ernst, dass derjenige, der letztendlich frug, die Frage nicht kerneresk mit „Ich muss das jetzt fragen:“ einleitete.
Am Thema vorbei, sorry.
@heinzkamke
Es ist aber zu befürchten, dass eben dies passierte. Da in diesem Fall, ein uns in der Hauptstadt nicht allen ganz unbekannter Fragesteller, die hohe Schule der Diplomatie in seiner Fragestellung nicht mal ansatzweise verwendet Da braucht es dann immer wieder Umwege, um den Befragten auf Normalnull zu kriegen. *seufz*
@heinzkamke nein, im gegenteil: mitten aufs schlimme :)