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Liebling, ich habe den Fernsehturm geschrumpft

Nicht nur das Maskottchen Greifi war beim 1:0-Sieg des 1. FC Union Berlin beim Greifswalder FC im DFB-Pokal der Männer auffällig. Auch die gelben Ausweichtrikots waren bemerkenswert. Nicht weil Christopher Trimmel unverschämterweise auch darin extrem gut aussieht, sondern weil der Fernsehturm auf der Brust kleiner ist als in den vorangegangenen Testspielen, in denen das Ausweichtrikot getragen wurde.

Auf der Brust von Robin Gosens war in Greifswald der geschrumpfte Fernsehturm zu sehen, Foto: Sebastian Räppold / Matthias Koch

Der Grund dafür liegt nicht darin, dass die Trikots zu heiß gewaschen wurden, sondern weil im Pokal und in der Bundesliga auf den Quadratzentimeter genaue Vorschriften gelten, wie groß die Werbefläche auf dem Trikot sein darf. Das gilt auch für Eigenwerbung wie den Berlin-Schriftzug. So schreibt die DFL in Paragraph 18 von Anhang IV der Lizenzierungsordnung: „Die Gesamtfläche für die Sponsorwerbung auf der Vorderseite des Trikots im Brustbereich darf höchstens 200 cm² betragen.“

Diese Fläche wird durch den großen Fernsehturm überschritten, also musste er geschrumpft werden. Aber wussten die Leute bei Union das nicht vorher? Ja, schon. Das ist keine neue Regel. Aber man ist tatsächlich davon ausgegangen, dass zum Pflichtspielstart ein Trikotsponsor präsentiert werden kann. Diese Werbeform stellt allerdings schon seit Jahren die meisten Profiklubs vor Probleme und führte entweder zur Verramschung der Werbefläche, zum unkritischen Annehmen von zweifelhaften Deals (Grüße an die Krypto- oder Wett-Branche) oder zu werbefreien Trikotbrüsten.

Im Testspiel gegen Lyon war der Fernsehturm auf dem Trikot von Robin Gosens noch größer, Foto: Matthias Koch

Was für Fans ein echter Deal ist, führt bei den Vereinen tatsächlich zu Kopfzerbrechen. Denn erhöhte Trikotverkäufe werden den fehlende Sponsor bei Union nicht ausgleichen. Der Stern berichtete, dass Union einen möglichen Deal mit Kleinanzeigen für diese Saison gestoppt habe. Wir können also davon ausgehen, dass mindestens die Spieltage 1 und 2 noch ohne Werbung laufen werden. Mein Gefühl ist, dass Union sich des Wertes der eigenen Marke sehr bewusst ist und zwar im geforderten Preis runtergehen, aber vielleicht nicht für die lokale Autowaschanlage aus Köpenick den Schriftzug auf dem Trikot tragen würde, wenn man im Stadion des FC Bayern aufläuft.

Die Ruhe und Gelassenheit, die nach außen dargestellt werden (beispielsweise in dieser Meldung von Anfang Juli), kann man glauben oder nicht. Ich habe mich für oder nicht entschieden und gehe davon aus, dass der Druck auf dem Marketing bzw. dem Vermarkter schon recht hoch ist. Vor allem aber sollte nach den Wechseln der vergangenen zwei Jahre (We Fox ging nach einem Jahr wieder und auch Paramount+ ging nach einer Saison) wieder eine langfristige Partnerschaft aufgebaut werden. So würde die Werbeform für das werbende Unternehmen mehr Sinn ergeben und auch für Union besser planbar sein.

Was bedeutet all das jetzt für uns, die wir vielleicht schon den großen Fernsehturm auf der Brust tragen? Die Antwort lautet: nichts. Die Trikots, die an die Fans verkauft werden, unterliegen nicht den DFB- oder DFL-Bestimmungen, deshalb bleibt der Fernsehturm dort so groß wie bisher.

Was ist von der Leistung im Pokal zu halten?

Die große sportliche Frage nach dem mühsamen Sieg im DFB-Pokal lautet: Was bedeutet das für die Bundesliga-Saison? Bo Svensson hatte in der Pressekonferenz nach dem Spiel erwähnt (AFTV), dass er so eine Leistung nicht erwartet hatte, da der letzte Test gegen Real Sociedad (da auch schon mit kleinem Fernsehturm auf der Brust, aber mir war das zu dem Zeitpunkt noch nicht aufgefallen) sehr gut gewesen sei. Der Trainer sprach davon, dass man kritisch damit umgehen werde, die Szenen sich anschauen und mit den Spielern darüber sprechen werde. „Es geht darum, schnell viel besser zu werden, als das, was wir gezeigt haben“, sagte er in Greifswald. Und dass er so eine Leistung nicht erwartet habe.

Trainer Bo Svensson (links: Co-Trainer Babak Keyhanfar) beschönigte nichts nach dem Spiel, Foto: Matthias Koch

Wie will Union offensiv zusammenspielen? Wie können die Angreifereingebunden werden, wenn es darum geht, diese in Abschlusspositionen zu bringen? Vielleicht auch: Muss Union für die Offensive noch einmal auf dem Transfermarkt tätig werden?

Ich bin weit davon entfernt, schwarz zu sehen. Die Partie war schlecht von Union, besonders die erste Halbzeit war enttäuschend. Aber ich gehe davon aus, dass mit dem Wettkampfrhythmus sich eine erste Elf und ein besseres Zusammenspiel finden wird. Auch mit dem aktuellen Kader. Allerdings sollten die Signale von den Spielern wahrgenommen werden. Die Statements der Profis lassen darauf schließen.

Ich kann jedenfalls weder denjenigen folgen, die jetzt komplett schwarzsehen, noch denjenigen, die sagen, es würde nur das Weiterkommen zählen. Der Auftritt hat Fragen aufgeworfen, die nur die Mannschaft in den kommenden Spielen beantworten kann.

Medial wird das Thema auch aufgegriffen: BZ, Kicker, Morgenpost (Bezahl-Artikel)

Zum Spiel haben wir eine Podcast-Episode über die Auswärtsfahrt nach Greifswald veröffentlicht, während die Kollegen von Taktik&Suff in ihrer Ausgabe deutlich mehr das Spiel analysieren. Wie immer hörenswert und unterhaltsam.

Wer in Greifswald dabei sein durfte, hat die Möglichkeit, sich an der Spieltagsumfrage der Fan- und Mitgliederabteilung zu beteiligen. Diese Umfrage gibt es ab dieser Saison übrigens auch für die Spiele des Profiteams der Frauen.

Saisonauftakt in Gütersloh

Das bringt mich zum Pflichtspielstart der Profis Frauen am Dienstag um 18.30 Uhr beim Zweitliga-Konkurrenten FSV Gütersloh 2009. Ein bisschen was zur Geschichte des Gegners hat Holger vor ein paar Tagen hier in den Kommentaren zusammengetragen. Einige Hintergründe zur geplanten Fusion des FSV Gütersloh mit dem FC Gütersloh, die sich erst vor 15 Jahren trennten, gibt es im Lokalblatt Die Glocke. Das Pokalspiel am Dienstag wird auch bei Sky übertragen. Da es auch für das Profiteam der Frauen das erste Pflichtspiel der Saison werden wird, bin ich sehr gespannt auf den Auftritt.

Spätestens am Sonnabend um 13 Uhr können wir uns gegen den Hamburger SV im Stadion an der Alten Försterei selbst ein Bild davon machen. Der Dauerkartenverkauf wurde noch verlängert (Vereinsmitteilung). Und was die Altersstruktur bei den Eintrittspreisen betrifft gibt es einen Unterschied zu den Männerspielen. Denn Kinder zahlen bis zum 17. Lebensjahr den ermäßigten Preis von 5 Euro für die Partie.

Ich habe mir für diese Saison vorgenommen, mich bei den Profis Frauen mehr über die gegnerischen Teams und Geschichten aus der Liga zu informieren. Nun die alles entscheidende Frage: Habt ihr Tipps für Medien, in denen ich dazu lesen kann? Ich würde mich über Hinweise freuen. Soccerdonna ist als Überblick für Zahlen und Fakten schon super, aber vielleicht gibt es noch mehr, was ihr empfehlen könnt.


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2 Kommentare zu “Liebling, ich habe den Fernsehturm geschrumpft

  1. Vorausblickend zum Pokalspiel der Frauen beim FSV Gütersloh ein paar Worte aus meiner Sicht als Fan.
    Das Spiel findet im Ohlendorf Stadion im Heidewald und nicht in der Tönnies Arena statt, dem eigentlichen zu Hause des FSV Gütersloh. Somit wird auf echtem Rasen gespielt.
    Der FSV hat ein neues Trainerteam mit Daniel Fröhlich an der Spitze, nachdem seine Vorgängerin Britta Hainke schon länger ihren Rücktritt verkündet hatte.
    In der Vorbereitung hat der FSV den STEKA-Cup gewonnen und dabei jeweils auch die Konkurrentinnen aus der 2. Liga SG Andernach und SC Sand besiegt.

    Vor einigen Wochen wurde der Aufstieg in die Bundesliga als Saisonziel ausgegeben. Michael Horstkötter als Geschäftsführer des FSV spricht über die Aufstockung der Bundesliga mit drei Aufsteigern in dieser Saison (Zitat vom Interview auf dem Youtube Kanal des FSV) „Das ist nicht die große, aber eine kleine Chance für den FSV“.
    Unsere Frauen vom 1. FC Union werden in Gütersloh stark geredet und vor dem Pokalspiel als Aufstiegsfavoriten bezeichnet, zugleich aber wird von acht, neun Teams gesprochen, die Chancen auf einen der ersten drei Plätze haben.

    Für unsere Frauen wird das Spiel am Dienstag aus meiner Sicht ein echter Gradmesser. Vor Ort wird es eine Tageskasse geben.

    Anm.: Medien mit Infos zum Fußball der Frauen sind aus meiner Sicht rar. Informationen findet man öfters bei 90min.de, sonst auf den vereinseigenen Portalen und bei den Klubs im Westen auf Reviersport.de. Ansonsten sind oft Fanforen ganz informativ, finde ich.

  2. Zum Sponsorenthema: Da habe wurde mir von einem Bekannten, der beim Sponsorentreffen war erzählt, dass man beim Verein davon ausgeht, noch bis Ende dieses Jahres mit dem Berlin Schriftzug auf der Brust aufzulaufen. Wenn das so ist, muss ich sagen, dass ich nicht verstehe, warum man das das kolportierte Angebot von Kleinanzeigen über 5mio abgelehnt hat. Wir spielen eben nicht mehr international und werden uns wahrscheinlich auch in dieser Saison wieder im unteren Tabellenndrittel bewegen. Da nochmal auf ein Angebot in der Höhe von Paramount (6,5mio) zu warten, halte ich leider nicht für realistisch. Aber schauen wir mal, was wird.
    Zum Sportlichen: Ich denke tatsächlich, wir brauchen noch einen zentralen Stürmer und sollten dafür auch etwas Geld in die Hand nehmen. Es gibt nach wie vor niemanden im Kader, der wirklich konstant Torgefahr ausstrahlt. Klar haben Vertessen oder auch Hollerbach immer wieder mal starke Aktionen wie auch jetzt im Pokal. Aber das wird in der Bundesliga auf Dauer nicht reichen, da beide auch einfach keine klassischen Stürmer/Vollstrecker sind.

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