„Europapokal, Europapo. Europapokal, Europapo …“, wurde nach Spielabpfiff in der Kneipe im Prenzlauer Berg gesungen. Das kann man irre und größenwahnsinnig nennen nach einem 1:0 des 1. FC Union Berlin in Hoffenheim. Zumal die Betriebssportgruppe von Dietmar Hopp keineswegs an die Wand gespielt wurde. Aber man kann die Gesänge auch als das verstehen, was sie waren: Ausdruck einer Erleichterung. Denn nach vielen Wochen und Monaten voller Abstiegsangst und negativer Erlebnisse hat das Team von Nenad Bjelica Luft zwischen sich und den letzten 3 Tabellenplätzen gebracht. Und damit uns allen die Chance gegeben, einfach loszulassen. „Europapokal, Europapo. Europapokal, Europapo …“
Bis zur Feier war es aber anstrengend. Auf dem Platz und für uns beim Zuschauen. Denn kaum war die Partie im Hoffenheimer Hexenkessel (nie im Leben waren das 19.000 Zuschauer) angepfiffen, musste Frederik Rönnow eingreifen und dann klatschte der Ball an den Pfosten. In derselben Szene verletzte sich Rani Khedira durch einen Tritt von hinten so schwer, dass er kurze Zeit später ausgewechselt werden musste. Es war nur eine von vielen Szenen, in denen Schiedsrichter Robert Hartmann nicht auf der Höhe war.
Lucas Tousart zeigt sein bisher bestes Union-Spiel
Union kam selbst besser ins Spiel und zeigte etwas, womit die Mannschaft zuletzt etwas gegeizt hatte. Nämlich Torchancen. Benedict Hollerbach mit einem Pfostentreffer nach schöner Vorarbeit von Volland. Robin Gosens mit einem Treffer, der nach Abseitsstellung von Hollerbach zurecht wieder zurückgenommen wurde. Das hat mir tatsächlich gut gefallen. Nenad Bjelica hatte ein in Zweikämpfen griffiges Team auf dem Platz, das wusste, wie es nach vorne kommen will.
Und ich möchte sagen, dass es nach einer guten Partie gegen Wolfsburg vielleicht das beste Spiel von Lucas Tousart im Union-Trikot war (bisher hatte ich in der Kategorie das Heimspiel gegen Braga abgespeichert), sehr gut in den Zweikämpfen und gute Pässe. Vielleicht ist das ein Zeichen des Trends, dass wir langsam mehr und mehr Spieler nennen können, denen wir eine gute Form attestieren. Das fing im vergangenen Jahr ganz hinten mit Rönnow an (schon wieder zu null gespielt) und schiebt sich langsam nach vorne durch die Mannschaftsteile.
Schiedsrichter stellt Volland zu Unrecht vom Platz
Dann gab es die Zusammenstöße zwischen Stanley Nsoki und Kevin Volland, in denen der Referee keine gute Figur abgab. Als Nsoki den Unionstürmer zu Boden wirft gibt er beiden Spielern Gelb, was vielleicht salomonisch rüberkommen sollte, aber einfach eine komplette Missachtung dessen war, was auf dem Platz passiert ist. Danach lässt er Provokationen von Nsoki durchgehen, spricht beide Spieler noch einmal final an. Während Volland Nsoki vor dem Schiedsrichter die Hand geben will, greift ihm Nsoki ins Gesicht. Und der Schiedsrichter? Macht nichts.
Aber dann in einem eher normalen Zweikampf, in dem Nsoki den Arm aber leicht in Gesichtshöhe von Volland hält, schickt Robert Hartmann den Hoffenheimer vom Platz. Und kurze Zeit später fällt der Unparteiische auf eine lächerliche Schwalbe von Andrej Kramaric rein und schickt Volland zum Duschen. Nenad Bjelica bezeichnet den Platzverweis in der Pressekonferenz danach (AFTV, Bild) als „lächerlich“. Und die Bilder geben dem Trainer recht.
Wäre Robert Hartmann in seiner ersten Bundesliga-Saison würde ich ihm nachsehen, dass er noch kein Gespür für Situationen hat. Dann lässt man Dinge durchgehen wie das Greifen ins Gesicht nach einer letzten Ermahnung. Gleichzeitig bestraft man eher kleine Vergehen überhart. Mein Kind kam mal nach einer Vertretungsstunde bei einem Referendar mit einem Tadel nach Hause. Stellte sich heraus, dass in diesen 45 Minuten insgesamt sieben Kinder einen Tadel erhielten, weil sich der Referendar nicht anders zu helfen wusste. Geschenkt.
Aber Robert Hartmann ist genauso alt wie ich und seit 2011 Bundesliga-Schiedsrichter. Das ist wirklich peinlich. Ich habe mir am Abend noch die Zweitliga-Partie zwischen Karlsruhe und Düsseldorf angesehen und Marco Fritz als Schiedsrichter gesehen, der die Partie ganz anders geregelt hat.
Nenad Bjelica zockt und gewinnt
Die zweite Halbzeit kann man im Nachhinein als gutes Zocken von Nenad Bjelica interpretieren, auch wenn weder ich noch alle in der Kneipe in dem Moment die Genialität des Trainers wahrnehmen wollten. Denn Union ließ sich von Hoffenheim hinten reindrücken, und kam kaum zu irgendwelchen eigenen Offensivaktionen. Aber die drückende Überlegenheit von Hoffenheim zeigte sich kaum in großen Tormöglichkeiten.
Wenn das Bjelicas Rechnung war, dass sich der Gegner aufreibt und Union sich endlich wieder auf eine gute Strafraumverteidigung verlassen kann, dann ist das komplett aufgegangen. Dazu passte, dass der Treffer durch drei Einwechselspieler zustande kam. Roussillon nimmt einen abgefälschten Ball auf links auf, schickt Yorbe Vertessen, der von Grundlinie auf Brenden Aaronson zurücklegt. Der Amerikaner wackelt kurz und trifft. Auch weil Alex Kral beim Kreuzen einen Verteidiger bindet, der sonst Zugriff auf Aaronson gehabt hätte. Top Spielzug. Top ausgeführt.
Zwar hatte Union insgesamt etwas Spielglück, aber der Sieg war nicht glücklich. Die Chancen waren insgesamt da, sie waren zahlreicher als die von Hoffenheim und sie hatten eine höhere Qualität. Gerade wenn man noch an den Pfostentreffer von Juranovic kurz vor Ende denkt.
Können wir uns jetzt also entspannen und den Abstiegskampf vergessen? Auf keinen Fall. Denn erstens werden die Teams unten drin nicht weiter durchgängig so verlieren, weshalb es wichtig ist, so viel wie möglich Abstand auf diese Plätze zu schaffen. Gleichzeitig werden andere Teams durch Unions Erfolge unter Druck gesetzt. Ja, ich schaue Richtung Augsburg, Wolfsburg, Mönchengladbach und Bochum. Das Heimspiel in der nächsten Woche gegen Heidenheim kann da wirklich ein Meilenstein werden.
Wenn man entspannen aber so versteht, dass Union nicht mehr in jedem Spiel das Gefühl haben muss, dass ein Misserfolg quasi existenzielle Auswirkungen hat, dann ist das sicher richtig. Wenn die Angst vor Fehlern nicht mehr lähmt, wächst der Mut. Es war wirklich sehr häufig nicht gut anzuschauen bisher, wie die Mannschaft unter Nenad Bjelica gespielt hat. Aber die Punkte sprechen eindeutig für den Trainer. Und das ist erst einmal entscheidend. Die Mannschaft bekommt ihr Selbstvertrauen zurück. Die Gegner wissen wieder, dass ein ein Tor für Union bereits spielentscheidend sein kann. Der Terrorfußball ist zurück. Mir gefällt das.
Respekt an den Gästeblock übrigens für den dauerhaften Gesang nach Spielende. Zusammen mit der Tennisball-Unterbrechung sorgte das für einige Überstunden beim Stadionpersonal (hier bei YouTube).
Ich habe vom neuen Lied jedenfalls einen Ohrwurm. Falls ihr nachher in der Uckermark jemanden auf dem Rad an euch vorbeifahren seht, der Chris Norman singt, dann bin ich das.
Auf den anderen Plätzen
Heute um 14 Uhr startet für das Team der Union-Frauen das nächste Testspiel. Zu Gast am Trainingszentrum Oberspree (die Abkürzung TZO fällt mir noch schwer, weil ich dann sofort an die unendliche Geschichte der TVO denke) wird der ATS Buntentor aus der Regionalliga Nord sein (Vereinsmitteilung). Der Eintritt ist frei.
Die U19-Junioren spielten in der Bundesliga auswärts bei Rasenballsport 1:1. Der Ausgleich für Leipzig fiel unglücklicherweise erst in der 90. Minute (Spielbericht auf der Vereinswebsite). Das Uniontor erzielte Tim Schleinitz, der gegen Wolfsburg im Bundesliga-Kader stand.
Es gab noch zwei Themen unter der Woche, die ich kurz hier erwähnen möchte. Robin Gosens schrieb einen Text auf Linkedin über einen Union-Fan, der nach dem Sieg über Wolfsburg ein Foto mit ihm machen wollte. Erst danach sei dem Spieler aufgefallen, dass dieser Fan ihm auf Social Media nach der Mainz-Partie den Tod gewünscht habe. Gosens lässt uns daran teilhaben, was solche Kommentare mit Spielern machen. Dieses auf Social-Media von Gosens veröffentlichte Thema wurde medial aufgegriffen (Tagesspiegel, Bild, T-Online und viele mehr), so wie nach dem Wolfsburgspiel der Post von Steffani Jenz (darüber hatten wir im vergangenen State of the Union geschrieben).
Dann gab es noch eine Medienrunde mit Oliver Ruhnert. Doch der Manager sorgte da nicht für eine Klärung der eigenen Personalie. Medial wird seit einiger Zeit darüber diskutiert, er würde Union vielleicht im Sommer verlassen. Als Ziele werden dann Schalke oder Sahra Wagenknecht genannt. „Es ist so, wie wir es immer gesagt haben: Wir machen eine Saison und sprechen dann weiter. Das war noch nie anders“, sagte der Manager dazu. Das kann alles bedeuten.
Die Zeichen bei Union sahen von außen betrachtet zuletzt eher nach Abschied aus. Aber genau wissen das wohl nur die direkt Beteiligten. Sollte Ruhnert gehen, müsste sich wohl Michael Parensen bekennen, ob er die zeitlich enorm aufwendige und aufreibende Rolle als Geschäftsführer Profifußball übernehmen kann und will. Vielleicht passt die Aufgabenverteilung aktuell aber gut zwischen beiden. Ruhnert kann sich mehr Spieler und Spiele ansehen und Parensen vor Ort in Berlin mehr präsent sein. Es muss nicht immer ein entweder oder sein, sondern Führung kann sich auch geteilt werden.
Was wir durch den Trainerwechsel im Herbst erleben, könnte eine Art Paradigmenwechsel für Ruhnert seit seinem Start als Manager bei Union sein. Denn durch den rasanten sportlichen Aufstieg muss Union permanent den Kader an die neuen Herausforderungen anpassen und andererseits wurde durch die Konstanz auf der Trainerposition die Spielerfluktuation hochgehalten, um ständig Anreize im Team zu schaffen.
Ruhnert sagt zum Kader-Thema: „Wenn wir uns den Kader anschauen, haben wir einen guten Stamm für die neue Saison. Wir haben viele Stammspieler unter Vertrag. Es gibt gute Optionen, diesen Kader weiterzuentwickeln.“ Das kann natürlich bedeuten, dass er einem möglichen Nachfolger keine Baustelle hinterlässt. Aber es kann ebenso bedeuten, dass möglicherweise diese riesige Fluktuation ein Ende findet.
Vielleicht ein Thema für die nächste Woche: Wie sieht eigentlich nach dem Weggang von Sheraldo Becker die Reihenfolge bei den Kapitänen aus? Darüber sollte nach dem Wolfsburgspiel gesprochen werden. Wenn wir nur schauen, was auf dem Platz passiert ist, dann liegt nahe, dass Frederik Rönnow die Rolle von Becker übernommen hat. Denn als Kapitän lief weiter Christopher Trimmel auf. Bei seiner Auswechslung übergab er die Kapitänsbinde an den Keeper und nicht an Jerome Roussillon, der zeitgleich mit Trimmels Auswechslung auf den Platz kam.
Der nächste State of the Union erscheint am Dienstag.
Wir haben übrigens bis auf Weiteres die Kommentarfunktion im Blog abgeschaltet. Mir ist es während der Arbeit zu anstrengend, hier moderierend einzugreifen. Dazu bin ich allerdings rechtlich verpflichtet. Kommentiert werden kann natürlich weiter woanders, zum Beispiel bei Facebook, Instagram, Threads, Bluesky oder Mastodon. Ihr könnt uns natürlich weiterhin E-Mails schicken.
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„Europapokal, Europapo. Europapokal, Europapo …“, wurde nach Spielabpfiff in der Kneipe im Prenzlauer Berg gesungen. Das kann man irre und größenwahnsinnig nennen nach einem 1:0 des 1. FC Union Berlin in Hoffenheim. Zumal die Betriebssportgruppe von Dietmar Hopp keineswegs an die Wand gespielt wurde. Aber man kann die Gesänge auch als das verstehen, was sie waren: Ausdruck einer Erleichterung. Denn nach vielen Wochen und Monaten voller Abstiegsangst und negativer Erlebnisse hat das Team von Nenad Bjelica Luft zwischen sich und den letzten 3 Tabellenplätzen gebracht. Und damit uns allen die Chance gegeben, einfach loszulassen. „Europapokal, Europapo. Europapokal, Europapo …“
Bis zur Feier war es aber anstrengend. Auf dem Platz und für uns beim Zuschauen. Denn kaum war die Partie im Hoffenheimer Hexenkessel (nie im Leben waren das 19.000 Zuschauer) angepfiffen, musste Frederik Rönnow eingreifen und dann klatschte der Ball an den Pfosten. In derselben Szene verletzte sich Rani Khedira durch einen Tritt von hinten so schwer, dass er kurze Zeit später ausgewechselt werden musste. Es war nur eine von vielen Szenen, in denen Schiedsrichter Robert Hartmann nicht auf der Höhe war.
Lucas Tousart zeigt sein bisher bestes Union-Spiel
Union kam selbst besser ins Spiel und zeigte etwas, womit die Mannschaft zuletzt etwas gegeizt hatte. Nämlich Torchancen. Benedict Hollerbach mit einem Pfostentreffer nach schöner Vorarbeit von Volland. Robin Gosens mit einem Treffer, der nach Abseitsstellung von Hollerbach zurecht wieder zurückgenommen wurde. Das hat mir tatsächlich gut gefallen. Nenad Bjelica hatte ein in Zweikämpfen griffiges Team auf dem Platz, das wusste, wie es nach vorne kommen will.
Und ich möchte sagen, dass es nach einer guten Partie gegen Wolfsburg vielleicht das beste Spiel von Lucas Tousart im Union-Trikot war (bisher hatte ich in der Kategorie das Heimspiel gegen Braga abgespeichert), sehr gut in den Zweikämpfen und gute Pässe. Vielleicht ist das ein Zeichen des Trends, dass wir langsam mehr und mehr Spieler nennen können, denen wir eine gute Form attestieren. Das fing im vergangenen Jahr ganz hinten mit Rönnow an (schon wieder zu null gespielt) und schiebt sich langsam nach vorne durch die Mannschaftsteile.
Schiedsrichter stellt Volland zu Unrecht vom Platz
Dann gab es die Zusammenstöße zwischen Stanley Nsoki und Kevin Volland, in denen der Referee keine gute Figur abgab. Als Nsoki den Unionstürmer zu Boden wirft gibt er beiden Spielern Gelb, was vielleicht salomonisch rüberkommen sollte, aber einfach eine komplette Missachtung dessen war, was auf dem Platz passiert ist. Danach lässt er Provokationen von Nsoki durchgehen, spricht beide Spieler noch einmal final an. Während Volland Nsoki vor dem Schiedsrichter die Hand geben will, greift ihm Nsoki ins Gesicht. Und der Schiedsrichter? Macht nichts.
Aber dann in einem eher normalen Zweikampf, in dem Nsoki den Arm aber leicht in Gesichtshöhe von Volland hält, schickt Robert Hartmann den Hoffenheimer vom Platz. Und kurze Zeit später fällt der Unparteiische auf eine lächerliche Schwalbe von Andrej Kramaric rein und schickt Volland zum Duschen. Nenad Bjelica bezeichnet den Platzverweis in der Pressekonferenz danach (AFTV, Bild) als „lächerlich“. Und die Bilder geben dem Trainer recht.
Wäre Robert Hartmann in seiner ersten Bundesliga-Saison würde ich ihm nachsehen, dass er noch kein Gespür für Situationen hat. Dann lässt man Dinge durchgehen wie das Greifen ins Gesicht nach einer letzten Ermahnung. Gleichzeitig bestraft man eher kleine Vergehen überhart. Mein Kind kam mal nach einer Vertretungsstunde bei einem Referendar mit einem Tadel nach Hause. Stellte sich heraus, dass in diesen 45 Minuten insgesamt sieben Kinder einen Tadel erhielten, weil sich der Referendar nicht anders zu helfen wusste. Geschenkt.
Aber Robert Hartmann ist genauso alt wie ich und seit 2011 Bundesliga-Schiedsrichter. Das ist wirklich peinlich. Ich habe mir am Abend noch die Zweitliga-Partie zwischen Karlsruhe und Düsseldorf angesehen und Marco Fritz als Schiedsrichter gesehen, der die Partie ganz anders geregelt hat.
Nenad Bjelica zockt und gewinnt
Die zweite Halbzeit kann man im Nachhinein als gutes Zocken von Nenad Bjelica interpretieren, auch wenn weder ich noch alle in der Kneipe in dem Moment die Genialität des Trainers wahrnehmen wollten. Denn Union ließ sich von Hoffenheim hinten reindrücken, und kam kaum zu irgendwelchen eigenen Offensivaktionen. Aber die drückende Überlegenheit von Hoffenheim zeigte sich kaum in großen Tormöglichkeiten.
Wenn das Bjelicas Rechnung war, dass sich der Gegner aufreibt und Union sich endlich wieder auf eine gute Strafraumverteidigung verlassen kann, dann ist das komplett aufgegangen. Dazu passte, dass der Treffer durch drei Einwechselspieler zustande kam. Roussillon nimmt einen abgefälschten Ball auf links auf, schickt Yorbe Vertessen, der von Grundlinie auf Brenden Aaronson zurücklegt. Der Amerikaner wackelt kurz und trifft. Auch weil Alex Kral beim Kreuzen einen Verteidiger bindet, der sonst Zugriff auf Aaronson gehabt hätte. Top Spielzug. Top ausgeführt.
Zwar hatte Union insgesamt etwas Spielglück, aber der Sieg war nicht glücklich. Die Chancen waren insgesamt da, sie waren zahlreicher als die von Hoffenheim und sie hatten eine höhere Qualität. Gerade wenn man noch an den Pfostentreffer von Juranovic kurz vor Ende denkt.
Können wir uns jetzt also entspannen und den Abstiegskampf vergessen? Auf keinen Fall. Denn erstens werden die Teams unten drin nicht weiter durchgängig so verlieren, weshalb es wichtig ist, so viel wie möglich Abstand auf diese Plätze zu schaffen. Gleichzeitig werden andere Teams durch Unions Erfolge unter Druck gesetzt. Ja, ich schaue Richtung Augsburg, Wolfsburg, Mönchengladbach und Bochum. Das Heimspiel in der nächsten Woche gegen Heidenheim kann da wirklich ein Meilenstein werden.
Wenn man entspannen aber so versteht, dass Union nicht mehr in jedem Spiel das Gefühl haben muss, dass ein Misserfolg quasi existenzielle Auswirkungen hat, dann ist das sicher richtig. Wenn die Angst vor Fehlern nicht mehr lähmt, wächst der Mut. Es war wirklich sehr häufig nicht gut anzuschauen bisher, wie die Mannschaft unter Nenad Bjelica gespielt hat. Aber die Punkte sprechen eindeutig für den Trainer. Und das ist erst einmal entscheidend. Die Mannschaft bekommt ihr Selbstvertrauen zurück. Die Gegner wissen wieder, dass ein ein Tor für Union bereits spielentscheidend sein kann. Der Terrorfußball ist zurück. Mir gefällt das.
Das sind die Spielberichte der Berliner Medien:
Respekt an den Gästeblock übrigens für den dauerhaften Gesang nach Spielende. Zusammen mit der Tennisball-Unterbrechung sorgte das für einige Überstunden beim Stadionpersonal (hier bei YouTube).
Ich habe vom neuen Lied jedenfalls einen Ohrwurm. Falls ihr nachher in der Uckermark jemanden auf dem Rad an euch vorbeifahren seht, der Chris Norman singt, dann bin ich das.
Auf den anderen Plätzen
Heute um 14 Uhr startet für das Team der Union-Frauen das nächste Testspiel. Zu Gast am Trainingszentrum Oberspree (die Abkürzung TZO fällt mir noch schwer, weil ich dann sofort an die unendliche Geschichte der TVO denke) wird der ATS Buntentor aus der Regionalliga Nord sein (Vereinsmitteilung). Der Eintritt ist frei.
Die U19-Junioren spielten in der Bundesliga auswärts bei Rasenballsport 1:1. Der Ausgleich für Leipzig fiel unglücklicherweise erst in der 90. Minute (Spielbericht auf der Vereinswebsite). Das Uniontor erzielte Tim Schleinitz, der gegen Wolfsburg im Bundesliga-Kader stand.
Die U17-Junioren verloren gegen Blumenthal mit 0:1 (Spielbericht auf der Vereinswebsite).
Und sonst so?
Es gab noch zwei Themen unter der Woche, die ich kurz hier erwähnen möchte. Robin Gosens schrieb einen Text auf Linkedin über einen Union-Fan, der nach dem Sieg über Wolfsburg ein Foto mit ihm machen wollte. Erst danach sei dem Spieler aufgefallen, dass dieser Fan ihm auf Social Media nach der Mainz-Partie den Tod gewünscht habe. Gosens lässt uns daran teilhaben, was solche Kommentare mit Spielern machen. Dieses auf Social-Media von Gosens veröffentlichte Thema wurde medial aufgegriffen (Tagesspiegel, Bild, T-Online und viele mehr), so wie nach dem Wolfsburgspiel der Post von Steffani Jenz (darüber hatten wir im vergangenen State of the Union geschrieben).
Dann gab es noch eine Medienrunde mit Oliver Ruhnert. Doch der Manager sorgte da nicht für eine Klärung der eigenen Personalie. Medial wird seit einiger Zeit darüber diskutiert, er würde Union vielleicht im Sommer verlassen. Als Ziele werden dann Schalke oder Sahra Wagenknecht genannt. „Es ist so, wie wir es immer gesagt haben: Wir machen eine Saison und sprechen dann weiter. Das war noch nie anders“, sagte der Manager dazu. Das kann alles bedeuten.
Die Zeichen bei Union sahen von außen betrachtet zuletzt eher nach Abschied aus. Aber genau wissen das wohl nur die direkt Beteiligten. Sollte Ruhnert gehen, müsste sich wohl Michael Parensen bekennen, ob er die zeitlich enorm aufwendige und aufreibende Rolle als Geschäftsführer Profifußball übernehmen kann und will. Vielleicht passt die Aufgabenverteilung aktuell aber gut zwischen beiden. Ruhnert kann sich mehr Spieler und Spiele ansehen und Parensen vor Ort in Berlin mehr präsent sein. Es muss nicht immer ein entweder oder sein, sondern Führung kann sich auch geteilt werden.
Was wir durch den Trainerwechsel im Herbst erleben, könnte eine Art Paradigmenwechsel für Ruhnert seit seinem Start als Manager bei Union sein. Denn durch den rasanten sportlichen Aufstieg muss Union permanent den Kader an die neuen Herausforderungen anpassen und andererseits wurde durch die Konstanz auf der Trainerposition die Spielerfluktuation hochgehalten, um ständig Anreize im Team zu schaffen.
Ruhnert sagt zum Kader-Thema: „Wenn wir uns den Kader anschauen, haben wir einen guten Stamm für die neue Saison. Wir haben viele Stammspieler unter Vertrag. Es gibt gute Optionen, diesen Kader weiterzuentwickeln.“ Das kann natürlich bedeuten, dass er einem möglichen Nachfolger keine Baustelle hinterlässt. Aber es kann ebenso bedeuten, dass möglicherweise diese riesige Fluktuation ein Ende findet.
Über das Mediengespräch mit Oliver Ruhnert schrieben unter anderem Berliner Zeitung, Bild, Morgenpost+, Kicker.
Vielleicht ein Thema für die nächste Woche: Wie sieht eigentlich nach dem Weggang von Sheraldo Becker die Reihenfolge bei den Kapitänen aus? Darüber sollte nach dem Wolfsburgspiel gesprochen werden. Wenn wir nur schauen, was auf dem Platz passiert ist, dann liegt nahe, dass Frederik Rönnow die Rolle von Becker übernommen hat. Denn als Kapitän lief weiter Christopher Trimmel auf. Bei seiner Auswechslung übergab er die Kapitänsbinde an den Keeper und nicht an Jerome Roussillon, der zeitgleich mit Trimmels Auswechslung auf den Platz kam.
Der nächste State of the Union erscheint am Dienstag.
Wir haben übrigens bis auf Weiteres die Kommentarfunktion im Blog abgeschaltet. Mir ist es während der Arbeit zu anstrengend, hier moderierend einzugreifen. Dazu bin ich allerdings rechtlich verpflichtet. Kommentiert werden kann natürlich weiter woanders, zum Beispiel bei Facebook, Instagram, Threads, Bluesky oder Mastodon. Ihr könnt uns natürlich weiterhin E-Mails schicken.
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