Manchmal blitzt es plötzlich bei Urs Fischer hervor. Fast so als ob Harry Potter der Tarnumhang verrutscht, sehen wir plötzlich den äußerst ehrgeizigen Profi-Trainer hervorlugen und gar nicht den bedächtigen Schweizer, als der er häufig aufgrund seines langsameren Sprechens auf Hochdeutsch wahrgenommen wird. Auf der Pressekonferenz vor dem Bundesliga-Spiel gegen den VfL Bochum (nachzusehen bei Aftv) war wieder so ein Moment zu beobachten, als Urs Fischer nach dem größten Konkurrenten beim Kampf um einen Champions-League-Platz gefragt wurde.
Also wen sieht er als größten Konkurrenten? Leipzig? Freiburg? Leverkusen? Frankfurt? Eigentlich eine spannende Frage. Welches Team könnte in den verbleibenden sieben Spielen noch mehr punkten als Union? Tabellenrechner raus und durchgespielt. So würden wir das machen. Aber eben nicht Urs Fischer.
Als Cheftrainer darf man nicht ansatzweise den Eindruck erwecken, man würde sich auf irgendetwas verlassen, was die Konkurrenz macht. Gar nicht so sehr als Zeichen an die Öffentlichkeit, sondern als Zeichen an die Mannschaft.
Wen sieht Urs Fischer dann als größten Gegner? „Uns selber. Wir müssen unseren Job erledigen, darum geht’s.“ Es ist eine Frage von Mentalität und der in der Pressekonferenz als Stichwort genannte Begriff Crunch Time gefällt dem Trainer. In dieser Phase kurz vor Schluss einer Liga muss geliefert werden. Fehler können nicht mehr später korrigiert werden.
„Es sind noch sieben Spiele. Da sollte man beginnen zu punkten.“ Ich finde das mehr als bemerkenswert. Denn während sich vielleicht das Gefühl festgesetzt hat, dass Union gerade eine nicht so gute Phase durchlebt, so lässt sich das zumindest bei der Betrachtung der reinen Bundesliga-Ergebnisse nicht belegen. Eine Niederlage gerade in Dortmund. Eine Niederlage beim FC Bayern in München. Dazwischen Unentschieden gegen Köln und Schalke und vor dem BVB-Spiel die Siege gegen Frankfurt und Stuttgart.
Es sind vor allem die Pokalniederlagen gegen Saint-Gille und Frankfurt, die nachwirken. Denn da war Crunchtime im Europa-Pokal und im DFB-Pokal. Und Urs Fischers Team war da nicht bereit. Dass Union bei den Bundesliga-Siegen gegen Frankfurt und Stuttgart viel Glück mit dem Abschlusspech der Gegner hatte kommt dazu. „Sofort im Spiel sein. Nicht wieder eine Halbzeit benötigen, um ins Spiel zu kommen“, forderte deswegen Urs Fischer in der Pressekonferenz.
Zwischen den Zeilen lese ich beim Trainer heraus, dass es vor allem eine Frage der mentalen Qualität sein wird. Bereit sein, wenn man es muss. Das ist es, was Profisportler von sehr guten Amateuren unterscheidet. Und das ist das, was Urs Fischer letztlich von seinen Spielern verlangt, ohne dass er es in das Mikro bei einer Pressekonferenz sagen muss. Vielleicht würde er das seiner Mannschaft so sagen: „Ihr habt die Chance auf die Champions League. Niemand hat euch das je zugetraut. Ergreift diese Chance und zeigt all jenen, die an euch gezweifelt haben, dass ihr Champions League könnt. Ihr träumt von der Hymne? Ihr wollt sie nicht nur einmal beim Training hören? Dann holt sie euch.“
Es geht darum, etwas erreichen zu wollen. Und nicht die Angst aufkommen zu lassen, etwas verlieren zu können. Und das Schöne an diesem mentalen Spiel ist, dass der VfL Bochum kommt, der mit dem Abstiegs-Vorzeichen genau vor derselben Herausforderung steht. Jeder einzelne Zweikampf wird verbissen geführt werden. Manchmal wird er auch drüber sein. Aber es geht darum, sich selbst in diese Partie hineinzukämpfen und zwar von Anfang an.
Das sind die Medienberichte zum Spiel gegen Bochum:
- Champions-League-Hymne in der Alten Försterei: Fischer hat’s „nicht gepasst“ (Berliner Zeitung)
- Darum vermisst Union-Star Juranovic Freundin und Sonne (Bild/BZ)
- Serientäter Fischer erwartet scharfe Bochumer (Kicker)
Denkt bitte an die rechtzeitige Anreise wegen des Schienenersatzverkehrs auf der S3. Mehr dazu auf der Vereinsseite oder im Kurier.
Spitzenspiel für Unions Frauen
Kurz vor dem Spiel der Männer spielen am Sonntag die Frauen in Kreuzberg bei Türkiyemspor. Ein Sieg ist Pflicht für die Mini-Chance auf die Aufstiegsrelegation. Zumindest vorentscheidend für Platz 2 könnte die Partie sein. Durch den Schienenersatzverkehr auf der S3 dürfte es wirklich schwierig werden, sowohl die Partie der Frauen als auch der Männer verfolgen zu können. Aber mit dem Rad sollte es vielleicht klappen. Respekt jedenfalls jetzt schon an diejenigen, die beide Spiel zu besuchen versuchen.
Und sonst so?
Die Initiative „Nüchtern betrachtet …“ bietet Kontakte an für diejenigen, die Suchtprobleme hatten/haben und trotzdem Unionspiele sehen wollen.
Einen Bericht zum Reisekader in Europa findet ihr hier:
Für das Magazin Erlebnis Fußball habe ich über den #Reisekader @fcunion und dessen historische Hintergründe geschrieben. Mit dem Europacupmotto eigneten sich die Fans einen besonderen DDR-Begriff an und führten diesen ad absurdum. Das Heft gibts ab jetzt: https://t.co/TkTLnMkjNG pic.twitter.com/qJuSimxwM7
— Alexander Mereminski (@AMereminski) April 15, 2023
Und wer Union und Literatur zusammen erleben will, wird hier sicher glücklich
Fußballfans, folgt dem @LiteratooorFest: Da werden im Mai unter anderem Unioner @ImranAyata und Herthaner @RJWerthmueller aus ihren Texten lesen und über Fußball diskutieren. Kann also nur gut werden! #fcunion #hahohe https://t.co/khfENbJit4
— Till Oppermann (@tilloppermann) April 14, 2023
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Sehr gut geschrieben und wirklich klasse zusammengefasst. Aber Crunchtime ist nicht so meins. Für mich geht die Meisterschaft eher in die entscheidende Phase. Ich bin als Fußballspieler auch nicht in die Box gegangen, sondern in den Sechszehner (16-Meter-Raum)
Ich weiß, dass dieses Crunchtime in der Presseschau von einem Journalisten in den Raum geworfen wurde, nur geht mir das inflationäre „Verenglischen“ unserer Deutschen Sprache mächtig auf die Eier.
Eisern!
müsstest du dann nicht konsequenterweise J.D. Koks heißen?
Krasse Story. Im Mittelteil hatte sie ein paar Längen, aber hintenraus eine überraschende Wendung.
Wenn UF dass so in der Kabine sagt – wie viele der derzeitigen Spieler wird er damit erreichen? Im Gegensatz zur Hinrunde, wo die meisten Spieler absolut ackerten, weit ueber dem Limit, und alles gaben, ist fuer mich die Frage, ob sie es jz auch noch soo tun, nachdem fuer etliche klar ist dass sie für Union in der nächsten Saison nicht mehr spielen duerfen..und somit auch nicht in der Champions League. Wer also kann dann noch die Chance nutzen die er jz fuer seine Nachfolger rausholt – und das jz auch schon weiß? Gebe ich dann noch absolut alles fuer meinen derzeitigen Arbeitgeber wenn er mir gesagt hat dass er nicht mehr mit mir plant?
Nun ja, hängen lassen können sie sich in diesem System aber auch nicht….sie müssen sich einem eventuell neuem „Arbeitgeber“ als allzeit motiviert anbieten. Nur so Gedanken am Samstagabend…
Mit einem Sieg können wir heute einen riesigen Schritt zur erneuten Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb machen.
Es ist ein ganz wichtiges Spiel, auch wenn man bedenkt welche Gegner mit Freiburg und Leverkusen noch vorbei schauen.
Der Weg ist das Ziel und ich hoffe auch der Rest des Stadions ist genauso heiß auf das Spiel wie ich. Die Stimmung fand ich stellenweise schon ziemlich mau in den letzten Partien trotz der sehr guten Resultate.
Vielleicht sollte das Stadion diesmal die Mannschaft von Beginn an anzünden, damit wir eine optimale erste Halbzeit erleben.
Leite wieder nur auf der Bank…hmmm es darf spekuliert werden.
Bremen führt….traumhaft.
Ansonsten muss das Spiel heute irgendwie hingebogen werden…bin gespannt.
Eisern Union