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Sven Michel: „Ich muss Gas geben“

Sky hat sich gut eine halbe Stunde mit Sven Michel unterhalten. Nun ist der Union-Angreifer nicht derjenige, der schlagzeilenträchtige Sprüche raushaut. Aber dafür habe ich das Gefühl, dass er jeden Satz exakt so meint, wie er ihn sagt. Da fällt kein Satz, um Fans zu gefallen. Da gibt es keine falsche Bescheidenheit. Sven Michel spricht viel von Gas geben. Bis auf Robert Habeck dürfte es aktuell kaum jemanden geben, der mehr von Gas geben spricht als Sven Michel.

Sven Michel im Interview mit Sky, Screenshot: Sky
Sven Michel im Interview mit Sky, Screenshot: Sky

Ein großes Thema im Gespräch mit Sky sind seine Einsatzzeiten bei Union. Darüber sagt Sven Michel: „Hier ist der Konkurrenzkampf sehr ausgeglichen. Jeder kann sich jede Woche beweisen. Ich mache mir keine Gedanken, sondern immer mein Spiel weiter. Wenn der Trainer mich braucht, bin ich da. Von mir wird er immer 100% kriegen. Ich werde immer alles reinhauen.“ Und etwas später noch: „Ich würde gerne mehr Einsatzzeiten haben. Aber das liegt an mir. Ich muss Gas geben.“

Die natürliche Unzufriedenheit eines Fußballprofis

Sehr spannend finde ich manchmal Momente, in denen Leistungssportler und Nicht-Leistungssportler sich gegenüber stehen, von denselben Situationen sprechen und sich doch nicht verstehen. Die Frage nach der Unzufriedenheit, wenn man als Profifußballer nicht spielt, war so eine Situation. Denn für Sven Michel war gar nicht die Frage, ob man unzufrieden ist oder nicht. Er ging ganz offensichtlich davon aus, dass man dann unzufrieden ist. Für ihn scheint es eher die Frage zu sein, wie man die Unzufriedenheit kanalisiert, ob man nach vorne schaut, auf die eigene Chance lauert. Unzufriedenheit ist da nichts Negatives.

„Jeder der reinkommt, brennt und will etwas bewegen. Ich glaube, dass es aber auch dazu gehört so eine kleine Galligkeit, dass man ein wenig angefressen ist, wenn man nicht spielt. Ich glaube, das ist gar nicht verkehrt.“

Sven Michel findet es gut, wenn man etwas angefressen ist, weil man nicht spielt, Foto: Sebastian Räppold / Matthias Koch

Sven Michel hat noch Vertrag bis 2024 bei Union

Zu Fragen nach der Zukunft von Spielern habe ich keine große emotionale Beziehung mehr. In einem Moment glaubt man, dass ein Spieler die nächste Vereinslegende werden kann. Und im nächsten Moment ist Julian Ryerson in Dortmund und auf seinem Instagram-Account verschwinden alle Bilder mit Union-Bezug.

Sven Michel zeigte dazu eine große Klarheit. Sein Vertrag bei Union läuft noch bis 2024. Wer weiß, was im Sommer passiert. Er kann dazu nichts sagen. Champions League wäre toll. Aber er will spielen. Schließlich sei er schon 32 Jahre alt. Was nutzt einem Spieler schon Champions League, wenn man da vielleicht nicht spielt? In dem Zusammenhang: Hat schon mal jemand Milos Pantovic gefragt, wie er die Europa-League-Saison wahrgenommen hat?

Im Interview mit Sky lobt Sven Michel den Zusammenhalt im Team, Foto: Sebastian Räppold / Matthias Koch

Die unheimliche Stärke der Union-Mannschaft

Es gibt eine Sache, die mir bei der Union-Mannschaft mittlerweile fast schon Angst macht. Und das meine ich zu hundert Prozent ehrfürchtig. Es ist diese Mischung aus Willensstärke, Ehrgeiz und Fokus. Mit dieser kollektiven Eigenschaft wäre uns 2019 der langsamste Aufstiegskampf aller Zeiten, das Zitterspiel in Bochum und damit die Relegation erspart geblieben. Weil die Mannschaft Enttäuschung abhaken kann. Den Fokus nicht auf irgendwas Entferntes richtet, sondern immer nur auf das, was sie gerade beeinflussen kann. Das ist das nächste Spiel.

Sven Michel sagte dazu: „Ich glaube, dass wir wieder Rückschläge werden wegstecken müssen. Auch in den letzten 9 Spielen noch. Das ist so. Wir werden keine 9 Spiele gewinnen. Davon gehe ich mal stark aus. Da heißt es trotzdem: Wegstecken. Weiter Gas geben. Dann glaube ich, dass wir sehr, sehr gute Karten für die internationalen Plätze haben.“

Normale Menschen sehen auf diesem Foto Kevin Behrens und Sven Michel, Unionfans nur zwei Truthähne, Foto: Matthias Koch

Und für alle die etwas unter Happiness Fatigue leiden, hat der Angreifer noch etwas parat: „Wir sollten einfach nur zufrieden sein. Wir waren im Achtelfinale der Europa League. Wir sind noch im DFB-Pokal drin. Und wir sind Dritter in der Bundesliga. Als Union Berlin, was willst du mehr?“ Gebt dem Mann ein Megafon. Ich glaube, dass ich sofort bereit bin, Gas zu geben, wenn Sven Michel mich anbrüllt. 100 Prozent. Und kein bisschen weniger.

Das sind die Berichte der Berliner Medien

Und sonst so?

Für den Hype reicht manchmal nur ein kleines bisschen. Deshalb hier ein Screenshot aus der gestrigen Instagram-Story von Boniface:

Instagram: Boniface
Instagram: Boniface

Außerdem gab es anlässlich der Diskussionen um einen Einstieg eines Investors in die Bundesliga ein Themenfrühstück bei 11Freunde mit Christoph Biermann. Anlass dazu war der Artikel „Dickes Ding“ im aktuellen Heft (hier als Bezahlartikel). Nun finden wir als Unionfans Investorengeschäfte im Fußball traditionell eher schwierig, leben aber damit, dass Union dank des Geldes von Michael Kölmel bereits über ein Vierteljahrhundert einen Investor hat, der seit 2019 Ehrenmitglied ist. Das Investoren-Modell der DFL klingt ähnlich Old School. Über einen bestimmten Zeitraum in die Zukunft soll ein bestimmter Prozentsatz der Medienerlöse verkauft werden. Dieses vorzeitig eingenommene Geld wird dann an DFL-Clubs verteilt bzw. fließt in strategische DFL-Geschäfte.

Bevor wir mögliches Investorengeld rundherum ablehnen, vielleicht ein Satz aus dem Artikel: „Der 1. FC Union Berlin hingegen würde sich freuen, wenn er einen Teil des Umbaus der Alten Försterei über die Liga günstig finanzieren könnte.“

Wie stehen wir also angesichts steigender Baustoffpreise bzw. der schlechten Kalkulierbarkeit von Baustoffpreisen und steigender Zinsen dann zu diesem groben Plan der DFL-Clubs? Finden wir das schlimm, weil das der endgültige Start in den Ausverkauf der Bundesliga ist, die sich damit vielleicht der Handlungsfähigkeit in der Zukunft beraubt? Oder finden wir das gut, weil eine sinnvolle Investition bei Union damit ermöglicht wird, die die Handlungsfähigkeit von Union in der Zukunft stärkt? Oder sagen wir dazu, dass alles nichts wird, weil dem Fußball grundsätzlich mehr Geld noch nie geholfen hat, weil es am Ende nur in Gehälter gesteckt wird und der Fußball ein Rattenrennen war, ist und bleiben wird?


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12 Kommentare zu “Sven Michel: „Ich muss Gas geben“

  1. Haben es selbst gerade in Anderlecht erlebt: Geld schießt keine Tore. Unser Kader ist mehr als doppelt so teuer, wie der von RUSG, aber wir sind drei zu null raus. Ja, mehr Geld im Fußball feuert einzig das Ratenrennen an. Etwas mehr finanzielle Demut täte der Sache gut.

    Ja und um mir gleich selbst zu widersprechen: Boniface!? WAT!? Wie geil!

    • Du hast durchaus recht. Aber: woher stammen diese Kaderwerte? Ich denke, es liegt eher an der im Vergleich unattraktiveren belgischen Liga, dass die Marktwerte der RSG-Spieler vergleichsweise so niedrig sind. Was ja auch ein bisschen das Konzept der Investoren ist. Unbewertete Spieler holen, besser machen, entweder zur nächsten Filiale schicken oder direkt teuer verkaufen. Deniz Undav ist da ein gutes Beispiel für, auch wenn der Plan in Brighton noch nicht so ganz aufging. Kaderwertvergleiche innerhalb einer Liga mögen Sinn machen, international finde ich das schwierig bzw kann daraus eigentlich gar nichts ableiten.

    • Honeypie

      Das Foto scheint aber in Schöneberg oder Charlottenburg gemacht worden zu sein … ;-)

  2. >>Der 1. FC Union Berlin hingegen würde sich freuen, wenn er einen Teil des Umbaus der Alten Försterei über die Liga günstig finanzieren könnte.<<

    Wird die Liga dann eine Bank? Die Liga sowas mit-finanziert entstehen doch Abhängigkeiten, die keiner haben möchte. Man stelle sich vor, Vereine mit solchen Finanzierungen droht der Abstieg oder es fehlt nur ein Törchen für die finanziell fest eingeplante Europapokalteilnahme…

    Meiner Meinung nach wird Fussball ein Rattenrennen bleiben wenn man sich nicht auf Regeln einigt, die entweder die "Investorenvereine" (ob nun Scheichs, Fonds oder DAX Unternehmen da investieren läuft auf ziemlich das gleiche hinaus) in eine Superleague ausgliedert, oder indem Beteiligungen auch international der 50+1 Regel unterliegen und es ein echtes FInancial Fair Play geben würde.

    Letzteres wird nicht mehr passieren, dafür ist es zu spät. Ersteres wird vielleicht passieren, aber wohl nicht weil die Ligen das aus Eigenschutz umsetzen, sondern weil die Investoren der kapitalkräftigen Vereine Fakten schaffen werden.

    Es ist also wie immer. Geniessen wir den Moment ;-)

  3. Der Sepp

    Was ihr immer alle gegen Ratten habt. Ratten sind doch cool: https://youtu.be/72KsjWUCUJQ
    :-)

    Ansonsten habe ich zu dem Thema Investoren und Fußball eh alle Hoffnung aufgegeben.

  4. BlnMeandor

    zur DFL: Grundlegend finde ich die Idee nicht schlecht, allein die Auslandsvermarktung für eine Summe x für y Jahre abzugeben. Würde die DFL beispielsweise für 5 Jahre die Vermarktungsrechte im Ausland für insgesamt 5 Milliarden abgeben, könnte einerseits die DFL vom Geld direkt und vom Knowhow indirekt profitieren. Dabei muss aber klar definiert sein, was für Rechte damit verbunden sind. Ich will dann keine 9 Anstoßzeiten sehen. Die Gelder müssen dann nur an die 36 Vereine fließen. Nach welchem Schlüssel? Das kann man gern diskutieren. Da gibt es ja genügend Modelle.
    Warum finde ich das nicht schlimm? Bereits jetzt werden Paarungen durch die DFL schon so terminiert, dass die besonders starken Zuschauerzahlen Einzelspiele erhalten und VW, Bayer, SAP und andere Teilnehmer eher in die Konferenz geschoben werden. Da kann ich mir kaum vorstellen, dass es – auch weil das aktuelle Rechtepaket für die BuLi auf Landesebene noch läuft – zu Veränderungen kommt. Und mir ist es egal, ob im Ausland 1 Mio oder 100 Mio die BuLi schauen. Und ja, mit dem Extrageld würde sich ein Stadion besser finanzieren lassen.
    50+1 wird dadurch sowieso nicht berührt.

    • Du vergisst dabei allerdings, dass die DFL nicht aus feststehenden 36 Clubs besteht, sondern einem jährlichen Wechsel mit 2 oder 3 neuen Mitgliedern unterworfen ist. Allein diese Tatsache müsste mE dazu führen, dass die Erlöse aus dem Anteilsverkauf nicht ohne Weiteres an die aktuellen 36 Clubs ausgekehrt werden dürfen.

  5. Denke der Ausverkauf ist doch schon schleichend bei uns da. Ich darf mir jetzt in der Halbzeitpause Werbespots auf der Punkteleinwand ankucken.alle um mich herum meinten, ist doch zum Glück leise. Kenn ik ehrlich gesagt in der alten Försterei nicht. Als nächstes kommt Werbung zur Ecke und die Tore +nur von unserer Truppe) werden mir nicht noch mal gezeigt. Fand den Bundesliga Traum toller als die Realität manchmal ist.
    PS
    Danke euch für die tollen Beiträge

    • Senfbeilage

      Die Werbespots laufen je nach Wettbewerb und Spieltag schon wirklich länger in der Halbzeitpause. Europa League, DFB Pokal und Sonntags DAZN sind die Werbespots festgeschrieben für die Partner. Bei allen anderen Heimspielen kann ich mich ehrlich gesagt nur an Berliner Pilsner erinnern, der durchaus erträglich ist.

    • Senfbeilage

      P.S. Welche Änderungen haben sich für dich ansonsten konkret noch ergeben seit dem Ligawechsel?

    • Senfbeilage

      *festgeschrieben für die Partner der UEFA, des DFB und DAZN meinte ich übrigens. Da hat Union also kein Bestimmungsrecht…LEIDER!

  6. Wat war denn inna story von dem zu sehen? War er betrunken (weil falschrum) oder wird er geruhnert? Thx

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