Blog State of the Union

Den Rausch mitnehmen: Mit selbstbewussten Grinsen nach München

Morgen tritt der 1. FC Union Berlin zum absoluten Spitzenspiel des 22. Bundesliga-Spieltags in München an. Beim FC Bayern, beim Rekordmeister. Und das nicht nur recht spät in der Saison sondern auch punktgleich. Vieles daran ist ziemlich verrückt, ziemlich surreal. Vermutlich ist dabei die tabellarische Ausgangssituation, mit der das Team von Urs Fischer in diese Partie geht, nur das Zweit-Verblüffenste.

Das Unglaubliche ist, mit welchen Gefühl, mit welchen Bildern im Kopf, mit welchen Gemütszustand der ganze Verein mal wieder in ein solches Spiel gehen darf. Im Rauschzustand. Aber eben dennoch nicht kopflos Freude-taumelnd sondern mit einem selbstbewussten Lächeln, welches sich mit einer Erkenntnis verbindet, mit der, ein wieder einmal sehr schöner Text von Stephan Uersfeld endet: „Verlieren können sie dort nicht. Schon ein Punktgewinn aber würde den deutschen Rekordmeister ins Chaos stürzen.“

Christopher Trimmels Grinsen sagt soviel aus

Mit einem Grinsen, das Christopher Trimmel (Alles Gute nachträglich!!!) Donnerstagabend, nicht mehr weit vor Mitternacht aber weit nach Abpfiff, zeigte. Ein glückseliges, euphorisches Grinsen, das soviel vereinte und gleichzeitig soviel erklärte. Erklärte warum das was wir gerade miterleben dürfen, passiert, warum es scheinbar einfach immer so weitergeht.

Nach Rudelbildung und den anschließenden Jubeltänzen stand für die Union-Feldspieler, die gegen Ajax nur wenige oder keine Einsatzminuten bekamen, an diesem historischen Abend eine für Profifußaller wohl eher lästige Aufgabe an. Unter den Argusaugen von Atlethiktrainer Martin Krüger mussten sie Auslaufen. Und alle dazu „verdonnerten“ Spieler taten dies mit einer Akribie, die zu Spielweise passt. Die aber auch dafür spricht, dass Union eine der besten Belastungssteuerungen im deutschen Profifußball hat.

Ein ansteckendes Grinsen, mit dem wirklich alles möglich erscheint, Foto: Matze Koch

Die Szene, das vom Kapitän aufgetragene breite Grinsen, welches durch einen neuen Stadionohrwurm „Damals mit Damir Kreilach noch zweite Liga…Schau auf diese Kurve wie alle toben“ untermalt wurde, zeigte aber noch etwas anderes. Trimbo als einer der Gesichter des Erfolgs, des Aufstiegs von Union, durfte in zwei der größten Spiele der Vereinsgeschichte nur wenige Augenblicke auf den Rasen stehen.

Und trotzdem war nicht ein Funke von persönlicher Enttäuschung darüber zu erkennen. Vielmehr genoss er jeden einzelnen Moment des Auslaufens vor der Waldseite. Saugte jeden Meter der verordneten Fitnesseinheit auf und grinste unaufhörlich in der Gegend rum. An dieser Stelle war für mich ein weiteres Mal klar: Diese Mannschaft ist ein Team, hier freut sich jeder für jeden. Und auch wenn wir davon schon hundertmal geschrieben haben, es wie Kreisliga-Romantik klingt. Darin liegt der Schlüssel für das, was wir nun seit mehreren Jahren miterleben. Dieser Teamgeist, dieser Zusammenhalt trägt den ganzen Verein und wird auch auf den Rängen, wie es Oliver gestern bereits Gänsehaut-artig beschrieb, gelebt.

Verbunden mit dem immer noch vergleichweise niedrigen Anspruchsdenken, mit einer gehörigen Portion Demut, die sich aus der Union-Geschichte ableitet und dem Umstand, dass man halt nicht gewinnen muss, scheint in diesen Tagen kein Gegner zu übermächtig. Daher gibt es wirklich nur eine „einzige Sache, vor der sich die Köpenicker momentan fürchten müssen“ wie es im bereits erwähnten Uersfeld-Artikel absolut treffend formuliert ist. Nämlich vor der totalen emotionalen Erschöpfung, die „am Ende dieses fantastischen Ritts durch die Fußballgeschichte“ möglicherweise warten könnte. Ganz ähnlich beschreibt es auch ein Artikel von Christoph Biermann bei 11Freunde. Dieser ständige Rausch, dieses Aneinanderreihen von Highlights ist auch für unsere Fanherzen nicht immer entspannt.

Morton Thorsby zeigt wofür dieses Team steht: Immer präsent, immer am Mann, Foto: Matze Koch

Umso bemerkenswerter ist daher die Einstellung der Mannschaft zu bewerten. Wie sie Woche um Woche es immer wieder schafft den mentalen Fokus richtig einzustellen und dabei ihr Herz auf dem Platz lässt. Und uns somit weiter im (anstrengendend-schönen) Rauschzustand leben lässt. Ich bin wirklich gespannt wie sehr wir am Ende dieser Saison dem Hauptmann von Köpenick aus der Choreo vom Donnerstag ähneln.

Bis dahin kommen wir wahrscheinlich am besten damit klar, wenn wir es wie Christian Arbeit halten, der in der heutigen Pressekonferenz auf die Frage wie er es denn mit den ganzen großen Namen (dazu im nächsten Abschnitt mehr) hält, wo er doch auch die Niederungen mit Union miterlebt hat, folgendes antwortete:

„Was viele Unioner und zu denen zähle ich auch dann tun ist, wir zählen uns nochmal andere Namen auf: Eberswalde, Anker Wismar, Falkensee-Finkenkrug und so. Und dann kucken wir uns an und freuen uns. Und denken uns, wir müssen das einfach genießen. Auch uns hilft dann so eine normale Woche, wo wir nicht alle drei Tage spielen.“

Das Bayern-Spiel

Einer der Gründe warum wir trotz allen Herzklopfens ganz entspannt in die morgige Partie beim FC Bayern München gehen können, ist diese Ruhe, diese Gelassenheit, die Union-Trainer Urs Fischer auch in diesen Wochen quasi durchgängig ausstrahlt.

Aber halt auch diese Bescheidenheit, die er selbst vorlebt, die sich auf das Team überträgt. Exemplarisch waren dahingehend auch mal wieder die Worte, die Fischer auf der Pressekonferenz fand:

„Ich glaube wir unterscheiden nicht in Namen. Auch das Spiel gegen Schalke war für uns ein spezielles, weil es ein Spiel in der ersten Bundesliga war. Das hat nichts mit den Namen zu tun. Es hat mit der Aufgabe zu tun. Und für uns ist die nächste Aufgabe entscheidend, dieses von Spiel zu Spiel-Denken“, antworte Urs auf die Frage ob die ganzen großen Vereins- und Spielernamen nicht etwas mit ihm machen würden.

Personell kann Urs Fischer bis auf András Schäfer aus den Vollen schöpfen.

Europapokal-Auslosung: Wieder gegen Union

Die wilde Fahrt durch Europa geht also weiter. Und da es Schlag auf Schlag geht, hat das Los gestern bereits entschieden: Im Achtelfinale der Europa League trifft der 1. FC Union Berlin wieder auf Royale Union Saint-Gilloise aus Belgien.

Bereits in der Gruppenphase gab es ja bekanntermaßen dieses Duell. Die beiden sehr engen Ergebnisse (jeweils gewann das Auswärtsteam mit 1:0) als auch die an Union erinnernde Spielweise lassen wieder enge Spiele erwarten.

Diesmal wird die Auswärtspartie allerdings nicht in Leuven sondern in Anderlecht, im Lotto-Park ausgetragen werden. Die internationale Kapazität des Stadions ist mit über 20.000 Plätzen rund doppelt so groß wie das Stadion in Leuven.

Generell waren einige nicht so richtig zufrieden mit dem Los. Egal ob in persönlichen Gesprächen, auf Twitter oder anderen sozialen Netzwerken. Die Freude über den Gegner hielt sich in Grenzen. Ich halte es da mit Daniel aus dem TeVe-Team: „Es ist egal gegen wen Union international spielt, schließlich gehen wir ja zu Union!“

Die Lose für das Hinspiel an der Alten Försterei können übrigens bereits im Zeughaus erworben werden…

Presseschau

Gerade berichten wirklich extrem viele unterschiedliche Medien über Union, seid uns also bitte nicht böse wenn wir etwas übersehen sollten.

Gerade aus dem englischsprachigen Segment gibt es einige Artikel. So kommen bei AFP einige Union-Fans zu Wort und ordnen den Höhenflug ein. Neben Oliver aus unserem Team hat einer der Kiek an-Iniatoren verraten, dass er bei einer Union-Meisterschaft nun doch nicht nackt durch die Alte Försterei rennen würde, sondern sich ein Borat-artiges Kostüm anziehen würde.

Bei Yahoo!Sports wird wiederum die Geschichte des Bayern-Herausforderer Union Berlin nachgezeichnet.

Hier eine nicht auf Vollständigkeit überprüfte Liste von weiteren Artikeln:

Da gibts was auf die Ohren

Besondere Spiele erfordern besondere Anlässe. Und so haben Daniel und Oliver relativ spontan über das Ajax-Spiel, die bevorstehende Partie bei den Bayern und die Europa League-Auslosung gequatscht. Ich selbst habe noch nicht reingehört, werde das aber gleich nachholen. Macht doch einfach mit!

Währenddessen tanzen Taktik&Suff bereits den Achtelfinal-Walzer. Einfach mal mittanzen könnt ihr hier:

Einen weiteren Podcast gibt es zudem hier. Er beschäftigt sich mit Bildern, die Torsten Schlüter zu Union gemalt hat. Aktuell ist die Ausstellung zudem in der “Galleria Balletage” in der Alten Försterei zu sehen. Zeitlich werden die DDR-Geschichte des Vereins bis zum Aufstieg in die Erste Bundesliga beleuchtet.

Und sonst so

Auch die Union-Frauen bestreiten morgen eine wichtige Partie. Sie wollen irgendwie noch den Anschluss an die Tabellenspitze in der Regionalliga Nordost halten und müssen daher morgen in Potsdam beim FSV Babelsberg 74 gewinnen. Anstoß ist um 14 Uhr!

Der Elfmeterschütze vom Dienst und Chef der eisernen Abwehr, Robin Knoche, versteigert sein Bundesliga-Trikot, welches er bei seinem Siegtor gegen Salzburg-Nord getragen hat. Der Erlös kommt den Erdbebenopfern in der Türkei, Syrien und Kurdistan zu Gute. Vielleicht könnt ihr bei dieser super Sache ja mitbieten…

Interessante Einblicke über statistische und finanzielle Parameter sowie einen Vergleich mit anderen Bundesligsten werden auf Youtube bei Sideline Starters gegeben. Gerade der Titel des Videos ist irgendwie einladend…


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2 Kommentare zu “Den Rausch mitnehmen: Mit selbstbewussten Grinsen nach München

  1. Das Spiel ist recht spät in der Saison?

    Wir schreiben Ende Februar, den 5.Spieltag der Rückrunde.

    Wir haben dann noch 12 Spiele in der Liga, mindestens ein Spiel
    im Pokal und mindestens zwei Spiele in der Europaliga.

  2. Ich glaube, die Aussage bezieht sich mehr darauf, dass diese Tabellenkonstellation (Bayern und Union weit oben in der Tabelle) eben nicht zum Beginn der Saison eintritt, sondern tief in der Saison. Zwei Drittel der Saison sind vorüber und es findet ein Spitzenspiel zwischen dem 1. FC „vor 15 Jahren noch gegen Babelsberg, Verl und Emden“ Union Berlin und dem FC Bayern „seit 15 Jahren 12x Meister“ München statt. Surreal.

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