Blog State of the Union

Warum Union auch Spieler aus der Zweiten Liga verpflichtet

Sollte Kevin Behrens in den ersten Saisonspielen ein Tor schießen, dürfte die Geschichte jetzt schon geschrieben sein (die natürlich nur der Fußball so schreibt …). „Vor vier Jahren war ich noch in der Regionalliga“, sagte der Angreifer den Reportern im Trainingslager in Bad Saarow (BZ/Bild, Kurier, Kicker, Tagesspiegel). Nun also Bundesliga und damit eine ähnliche Geschichte wie Marius Bülter. Nur kommt Behrens nicht über Rödinghausen und Magdeburg zu Union, sondern über Saarbrücken und Sandhausen.

Kevin Behrens arbeitet daran, mit 30 Jahren sein Bundesliga-Debüt zu geben, Foto: Matze Koch

Ich hätte nichts gegen diese Art der Erzählung, auch wenn Unions größtes Aushängeschild für die Entwicklung eines Zweitligaspielers zum gestandenen Bundesliga-Profi eindeutig Robert Andrich ist. Union bedient sich da durchaus einer Nische in der Bundesliga, denn es gibt nur wenige Clubs, die zielgerichtet in der Zweiten Liga scouten. Mir ist nicht ganz klar, warum das der Fall ist, denn naturgemäß müssen dort auch Profis spielen, die vom Niveau mindestens zwischen den Ligen anzusiedeln sind. Und für diese in der Bundesliga der erste Ansprechpartner zu sein, kann sich nicht nur mit Hinblick auf die Leistung lohnen, sondern auch bei einer möglichen Ablöse bei Weiterverkauf. Mit Fürth, Bielefeld und Bochum dürften sich mittlerweile aber auch andere Clubs in dem Segment tummeln.

Nun ist es natürlich nicht so, dass niemand in der Bundesliga das geblickt hätte. Es gibt ein paar Risikofaktoren, ob sich Zweitligaspieler in der obersten Spielklasse ebenso behaupten. Außerdem dürften 6 bis 10 Teams der Bundesliga vom Niveau so weit weg sein, dass sie tatsächlich nicht in der Zweiten Liga scouten müssen.

Verteidiger Paul Jaeckel kam im Sommer von der Spielvereinigung Greuther Fürth, Foto: Matze Koch

Die Spielweise in der ersten Liga ist definitiv eine andere, wie wir selbst in den vergangenen zwei Jahren feststellen durften. Scouting nach Fähigkeiten der Spieler, die zu der Spielweise einer Mannschaft passen, hilft ein bisschen gegen das Risiko. Ich kann mir auch vorstellen, dass Kaderplaner eher nicht ins Risiko gehen und lieber einen Spieler holen, der ihnen mehr Sicherheit gibt, in die Bundesliga zu passen, indem er beispielsweise dort schon gespielt hat.

Für Unions Weg des Zweitliga-Scoutings, bei dem ich auch nicht so weit gehen würde, ihn als Strategie zu bezeichnen, spricht vor allem die finanzielle Situation des Vereins. Einen solch großen Umbruch von einem Zweitliga-Team hin zu einer Bundesliga-Mannschaft ohne Einsatz zusätzlicher finanzieller Mittel (jedenfalls, soweit wir wissen) in der Coronakrise lässt auch nicht viele andere Optionen.

Vorbild: Im Gegensatz zu Suleiman Abdullahi (rechts), hat sich Robert Andrich fest als Bundesliga-Spieler etabliert, Foto: Matze Koch

Alleine über viele Leihen wie in der vergangenen Saison wird das nicht funktionieren, weil diese hohe Fluktuation auf Dauer nicht gut für so etwas wie Mannschaftsgeist ist, auch wenn sie ein gutes Mittel für eine Übergangszeit ist. Eintracht Frankfurt ist diesen Weg auf einem anderen Niveau auch schon gegangen. Außerdem waren Leihen in der Coronakrise ein veritables Mittel für andere Clubs, ihre Ausgabenseite schnell reduzieren zu können, weil der Transfermarkt eingebrochen war.

Ein weiterer Vorteil bei der Verpflichtung von Zweitligaspielern dürfte neben der Kostenfaktoren (Gehalt, Ablösen, Handgeld) auch sein, dass diese im Falle eines Abstiegs auch weiter dabei sein dürften und man mit einem bestehenden Kadergerüst auch eine Liga tiefer spielen könnte. Ich kann mir nämlich ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass Union weiter darauf pochen kann, dass die Verträge aller Spieler für die Bundesliga und Zweite Liga gültig sind, wie das vor einiger Zeit noch der Fall war (Kicker vom Januar 2020). Damals sagte Manager Oliver Ruhnert, es werde „keinen Spieler bei uns geben, der keinen Vertrag für die 1. und die 2. Liga unterschreibt.“

Unions besondere Sturm-Situation

Trainingslagerzeit ist auch Kennenlernzeit für neue Spieler. Über Timo Baumgartl schreiben Morgenpost und Berliner Zeitung ausführlicher. Die Morgenpost befasst sich heute aber vor allem mit dem Thema Angriff beim 1. FC Union, wo es nicht nur ein paar Fragezeichen gibt (Leon Dajaku, Anthony Ujah), sondern mit Max Kruse und Cedric Teuchert auch zwei Olympioniken. Vielleicht die Chance für neue Spieler wie Kevin Behrens und Andreas Voglsammer, sich zu etablieren …

Haben zu  Saisonbeginn eine große Chance im Angriff: Andreas Voglsammer und Kevin Behrens, Foto: Matze Koch

Max Kruse bekommt noch ein Auto

Der Kurier schreibt, dass zwei Unionfans Max Kruse im Trainingslager ein Modell-Auto geschenkt haben. Anlass war eine Geschichte, bei der sich der Union-Angreifer von einem Autohaus bei der Suche nach einem neuen Sportwagen nicht ernstgenommen gefühlt hat.

Apropos Max Kruse: Seit Manuel Schmiedebachs Anrufversuch bei Tim Walter auf der Aufstiegsfeier habe ich eine kleine Schwäche für solche Aktionen. Deswegen mochte ich auch diese Aktion, selbst wenn da nicht Kevin-Prince Boateng  am anderen Ende gewesen sein sollte. Es war auf jeden Fall eine schlagfertige Antwort auf dieses Video vom Prince.

Max Kruses Telefon-Aktion im Trainingslager Max Kruses Telefon-Aktion im Trainingslager via Instagram

Und sonst so?

Wer nächstes Wochenende zu den 2000 Glücklichen gehören will, die zum Testspiel gegen Dukla Prag dürfen, hat nur noch heute die Chance auf einen Los-Erwerb.


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8 Kommentare zu “Warum Union auch Spieler aus der Zweiten Liga verpflichtet

  1. Musiclover

    Hat jemand eine Statistik zur Hand, die die Anzahl unserer Zweitliga-Verpflichtungen in den letzten Jahren enthält und das Verhältnis in Bezug auf alle Neuzugänge?

    • @musiclover Muss ich mal genau schauen. Vermute, dass es höchstens 20 Prozent sind. Deswegen würde ich auch nicht schreiben, dass es die einzige Strategie von Union ist.

    • @musiclover Je nach Zählweise sind das seit 2019 10-12 Spieler von (wiederum je nach Zählweise) bis zu 48 Zugängen (da sind aber Jugendspieler, Leihspieler und gezogene Kaufoptionen inklusive). Macht maximal 25 Prozent.

  2. Musiclover

    Danke für die Ergänzung. ?

    Die Jugendspieler würde ich wegen der LP-Regelung nicht mit in die Statistik reinnehmen.

  3. Maria Draghi

    „Damals sagte Manager Oliver Ruhnert, es werde “keinen Spieler bei uns geben, der keinen Vertrag für die 1. und die 2. Liga unterschreibt.”

    Eine solche Aussage kann sogar richtig sein, aber trotzdem Vakanzen eröffnen. In Köln beispielsweise hatten angeblich am Ende der vorigen Saison zwar fast alle Spieler nominell einen Vertrag für die 2. Liga, zugleich hatten sie aber auch Ausstiegsklauseln mit niedrigen Ablösesummen. Sie hatten also sozusagen Verträge für die 2. Liga, die leicht auszuhebeln waren, d.h., keine „richtigen“ Verträge für Liga 2.

  4. Jo,
    Wir müssen bei so einer hohen Fluktuation üschon aufpassen, wegen der Identifikation. Im Moment hat sich mein Gefühl bestärkt, dass wir immer mehr eine Söldnertruppe betreiben. Hoffe das geht gut und verändert sich bald.
    Eisern

  5. Ich erkenne hier keinen 1. FC Union mehr.
    Ich sehe hier nur noch einen Fussball***markt, an dem sich mein Verein bedient, um langfristig das große Geld zu machen. Schlussendlich geht’s dann nur noch darum, dass sich irgendwelche Gestalten in ihren Logen sonnen. Schon die Schönsprecherei der Conference League dieser verfuckten UEFA, die Pandemie zwecks Gewinnmaximierung ignoriert, spricht Bände!
    Wo bleiben die Nachwuchskicker aus Köpenick? Wo bleibt unser Frauenteam? Wo wollen wir eigentlich wirklich hin? Und sind wir dann immer noch Union?

    • @ultramatze Ich habe mal das eine Wort in deinem Kommentar entschärft. Wäre schön, wenn wir hier nicht vulgär werden.

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