Blog State of the Union

Ein Sieg heute gegen Hertha und Union hätte schon das eigene Saisonziel erreicht

Heute um 18 Uhr ist es soweit: Der 1. FC Union Berlin empfängt Hertha BSC. Das Berliner Derby. Stadtduell. Kampf um die Stadtmeisterschaft. Nennt es, wie es euch gefällt. Denn darum geht es heute nicht. Wir brauchen keine Fähnchen oder Sticker von McDonald’s um zu verstehen, worum es geht. Und wir brauchen heute auch kein Fackelspalier, um der Mannschaft zu verstehen zu geben, worum es geht. Denn für Union geht es heute nur um die 40 Punkte.

Ich will, dass endlich der Deckel drauf ist auf der Saison und das Team dann befreit schauen kann, was in den restlichen Spielen noch geht. Nicht munter auslaufen, sondern eher die Schönheit der Chance sehen und die Möglichkeit ergreifen, die sich vielleicht einmalig in unserer Vereinsgeschichte bietet.

Aber das ist der zweite Schritt vor dem ersten. Die Konzentration liegt auf dem Überschreiten der 40-Punkte-Marke. Und bitte erklärt mir nicht, dass die in dieser Saison nicht nötig sein werden für den Klassenerhalt. Darum geht es nicht. Es geht darum, dass diese Zahl überschritten wird und Union dann nach dem 27. Spieltag genau so gut dastehen würde, wie in der vergangenen Saison nach 34 Spielen.

Klassenerhalts-Party in der ersten Bundesliga-Saison: Marvin Friedrich und Grischa Prömel machen auch mit Bier in der Hand eine gute Figur, Foto: Matze Koch
Klassenerhalts-Party in der ersten Bundesliga-Saison: Marvin Friedrich und Grischa Prömel machen auch mit Bier in der Hand eine gute Figur, Foto: Matze Koch

Renne ich deswegen zum Spiel? Nein. Auch wenn der Wille dazu in mir minütlich wächst. Dem kann ich widerstehen. Aber noch einmal alleine auf dem Balkon den Klassenerhalt feiern wie im vergangenen Jahr? Das halte ich nicht durch. Es könnte sein, dass ich nach geglücktem Klassenerhalt meine tägliche Spazierroute ändere und zufällig am Stadion vorbeikomme. (Ja, unter Einhaltung der Pandemieregeln. Das geht schon zusammen. Bitte abregen, wer gerade schon heftig in die Tasten hauen wollte.)

Und natürlich kann ich mir nichts besseres vorstellen, das Erreichen das Saisonziels ausgerechnet gegen Hertha zu feiern, die dann gerne noch einmal überlegen darf, was ihr ursprüngliches Saisonziel war. Denn ich will das Derby nicht kleinreden. Und deswegen fand ich die Aktion der Fanclubs Sachsenadler/HalleS , die Schärfsten und FSC Känguruh vor dem Olympiastadion auch witzig, die Hertha an eins ihrer Saisonziele erinnerten.

Erinnerung an große Worte in dieser Saison, Foto: Fanclubs
Erinnerung an große Worte in dieser Saison, Foto: Fanclubs Sachsenadler/HalleS , die Schärfsten und FSC Känguruh

Max-Kruse-Besessenheit

Zum Thema, wie Union gegen Hertha auftreten will, hat Daniel gestern bereits alles geschrieben. Vielleicht noch so viel, weil aktuell wieder sehr viel über Max Kruse geschrieben wird (Bild, Berliner Zeitung und Morgenpost, wobei ich letzterer sagen möchte, dass nicht Jacek Mencel mit 66 Treffern Unions Rekordtorschütze ist. Diese Ehre gehört Karim Benyamina mit seinen 87 Toren für Union).

Max Kruse ist ein hervorragender Spieler, aber Fußball ist ein Mannschaftssport. Da kann Max Kruse hervorragende Aktionen bringen und Tore schießen, aber wenn das Team nicht als Ganzes die Strategie verfolgt wie beispielsweise beim 2:5 in Frankfurt oder wenig Glück beim Abschluss hat, können wir uns ein Ei darauf pellen.

Ich freue mich über jede gelungene Aktion von Max Kruse und vor allem bin ich unfassbar froh, dass er sich wohl fühlt bei Union. Aber es gibt schon eine gewisse „Max-Kruse-Besessenheit“ (um mal ein Wort von Unions Pressesprecher Christian Arbeit zu zitieren) einiger Medien, die mir etwas drüber ist. Max Kruse fühlt sich in Berlin wohl, weil er hier einfach sein kann, wie er will. Das ist das Besondere und einzigartige an dieser Stadt. Wäre schön, wenn das so bliebe.

Und ja, ich weiß, dass das nur daher kommt, weil neben dem Sport gerade wenig sichtbar passiert. Auch die Medien benötigen die Zuschauer und ihre öffentlichen Reaktionen für Geschichten, die diesen Sport antreiben. Das gilt nicht nur für das Berliner Derby. Was wäre wohl auf Schalke mit Zuschauern los? Oder in Stuttgart? Oder in München (Stichwort Rassismus im eigenen Nachwuchsleistungszentrum, Stichwort Champions-League-Reform, Stichwort Katar)?

Okay, es gibt ein Medium, das wohl keine Zuschauer benötigt und lieber aseptischen Sport bevorzugt. Lest gerne diesen Kommentar in der FAZ, falls ihr noch Erregungspotenzial in euch spürt.

Das sind die weiteren Derby-Vorberichte:

Wie der Wind und das Meer

Ich lese gerade viel über die Geschichte des Fußballs in Berlin und vor allem über Kontakte über die Berliner Mauer hinweg (mich irritiert bis heute das Paradoxon, dass die eigentlich Eingesperrten freier waren, als diejenigen um die Mauer drumherum). Es wurde bei vergangen Derbys zwischen Union und Hertha öfter einmal bedauert, dass dieses Gefühl des Zusammenhalts zwischen beiden Clubs mittlerweile weg sei.

Dabei ist vor allem die Ursache dieser Solidarität weg, die Mauer. Und die sportliche Konkurrenz überlagert den Zusammenhalt. Dass es den aber ohne weiteres unter den Fans gibt, zeigen viele kleine Aktionen. Sei es beim Sammeln für die Hinterbliebenen des erstochenen Union-Fans Karl oder jetzt aktueller beim Sammeln für die Union-Kneipe Panenka (RBB). Die Herkunft der Spende erkennt man oft einfach am Betrag (18,92 Euro oder 19,66 Euro), aber der Zweck eint.

Immerunioner

Mal wieder etwas für die herzerwärmende Rubrik „Immerunioner“ hält die Sportschau für uns bereit. Denn der frühere Union-Kapitän Felix Kroos wurde mit einem Tor für das Tor des Monats März nominiert. Ein hervorragender direkter Freistoß in das linke obere Eck, der zudem noch schön an das Gestänge klatscht (hier gibt es das Video dazu). Besser geht es nicht. Stimmt hier für ihn ab! Selbst der Bruder von Felix Kroos ruft dazu auf.

Apropos Felix Kroos. Im letzten Podcast mit seinem Bruder ließ er durchblicken, dass Urs Fischer ihn gerne noch behalten hätte. Bei der verletzungsbedingten angespannten Situation im zentralen Mittelfeld, die wir zwischendurch hatten, kann ich das nachvollziehen. Aber so ist das in dem Geschäft: Auch im Sport gibt es Diskussionen, die nicht einstimmig entschieden werden.

Und im Zweifel sind auch nicht alles rein sportliche Entscheidungen. Union sah sich vor dieser Saison ja in der Situation, den Etat für die Lizenzspielermannschaft nicht signifikant wachsen lassen zu dürfen, da die Corona-Pandemie weiter für Einnahme-Ausfälle sorgt.

Und sonst so?

Vielen Dank an die Unionfans, die Joe für seinen Lego-Nachbau des Stadions an der Alten Försterei die wichtigen Steine für das richtige Ergebnis auf der Anzeigetafel geschickt haben. Derby und so, ihr wisst schon …


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3 Kommentare zu “Ein Sieg heute gegen Hertha und Union hätte schon das eigene Saisonziel erreicht

  1. Danke.

    Endlich mal ein Statement gegen die Stadtmeisterschaft. Ganz in meinem Sinne.

    Wichtig sind die 40 Punkte. Wo Hertha dann steht, egal.

    Zum Thema Felix.
    Deine Worte könnte man so interpretieren, das er zu teuer war für uns.

    Glaube ich weniger. Sportlich hat es nicht mehr gereicht in meinen Augen. Als Ersatzspieler hätte ich ihn dennoch behalten wollen. Trotzdem gönne ich ihm jeden Erfolg und habe gestern schon für ihn gestimmt.

    Dieser ganze Medienhype ums Derby wird mir langsam zuviel.

  2. silberhacke

    ich verstehe, dass man des derby-hypes überdrüssig sein kann. wenn es allerdings nur noch um die anzahl der punkte und nicht mehr um sportlich ausgetragene lokale rivalität geht, weiß ich nicht mehr, wofür das ganze gebolze gut sein soll. wem gegenüber grenzt man sich denn mit der neuen punktemarke ab, nur noch sich selbst und der in der vorsaison gezeigten leistung? dieser ansatz macht alles noch viel öder als geisterfußball ohnehin schon ist.
    in der liga wird zwar gespielt, aber der dortige lockdown ist schärfer als alles, was wir als fußvolk bisher kennenlernen durften. es ist ein trauerspiel.

  3. @ Basti
    gut geschrieben, danke! U.N.V.E.U.!

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