Vor dem Spiel gegen Mainz am Freitag ist es durchaus ganz witzig, dass Union im Vergleich zum letzten Heimspiel gegen Augsburg mit Taiwo Awoniyi und Loris Karius nicht nur zwei neue Leihspieler im Kader hat und beide aus Liverpool zu Union kommen, sondern dass beide auch schon bei Mainz gespielt haben (Morgenpost, BZ, Kicker). Die Berliner Zeitung macht daraus, dass Taiwo Awoniyi das Gegenstück zum extrovertierten Loris Karius sei.
Das ist schon möglich, denn ich kann mir Loris Karius nicht so fromm wie Awoniyi vorstellen oder dass er wie der Angreifer abends bei Anthony Ujah zum Kochen vorbeikommt. Aber ehrlich gesagt ist mir das auch recht egal. Denn mir ist vor allem wichtig, wie Spieler im Team funktionieren. Ob sie sich in ihrer Freizeit eine Twitch-Höhle bauen wie Max Kruse, Tattoos stechen wie Christopher Trimmel oder als Styler durch Berlin laufen wie Robert Andrich ist für mich unwichtig. Das ist unterhaltsam, aber dafür gehe ich nicht ins Stadion. Und hier hoffe ich vor dem Spiel gegen Mainz, dass wir da Fortschritte sehen werden und beispielsweise die letzten Pässe vor dem Torabschluss besser gespielt werden.
In der Spieltagspressekonferenz mit Trainer Urs Fischer (13 Uhr live auf AFTV) interessieren mich zwei Dinge: Wie moderiert Urs Fischer den Zweikampf im Tor zwischen Loris Karius und Andreas Luthe? Und vor allem: Wird Karius schon am Freitag zwischen den Pfosten stehen?
Unions Strategie bei der Kaderzusammenstellung
Ich finde Unions Transferstrategie ganz interessant, denn sie entspricht so gar nicht dem landläufigen Gefühl, wie das zu laufen habe in einer Krise. Wieso kann Union Spieler wie Robin Knoche, Max Kruse und Loris Karius verpflichten und sich jetzt noch für Joel Pohjanpalo interessieren (Bild/BZ, Kicker), während andere Clubs massiv mit den finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben?
@JPohjanpalo @fcunion
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Der finnische Nationalspieler kommt von @bayer04fussball an die Spree ? Zur Meldung: https://t.co/fcGovZpiNQ#fcunion #unveu ??? pic.twitter.com/6hpbJEdWU3— 1. FC Union Berlin (@fcunion) September 30, 2020
Meine erste Antwort wäre die, dass Union eher wenig nach außen bekanntgibt, wie sehr der Verein von der Pandemie wirtschaftlich getroffen ist. Bis auf die Aussage von Dirk Zingler, dass die Rückrunde der vergangen Saison und die aktuelle Hinrunde, wenn sie durchgespielt ist, zusammen einen zweistelligen Millionenverlust bedeuten. Ansonsten erfahren wir da nichts. Wir wissen auch nicht, ob das Einnahmeverluste sind, wobei die Wahrscheinlichkeit dafür hoch ist. Wir wissen nicht, wie und ob Union bestimmte Krisen-Instrumente (Kurzarbeit, Lohnstundungen, Lohnverzicht, Überbrückungskrediten) eingesetzt hat. Und wir wissen auch nicht, ob Union irgendwoher sich frisches Geld geholt hat.
Aber wir können trotzdem beurteilen, welche Strategie Union fährt. Denn es ist eher der Weg, bei fallenden Kursen Aktien zu kaufen, weil sie günstig sind und davon auszugehen, dass sie wieder steigen werden.
Dazu passt ein Kommentar von Maria Draghi unter unserem gestrigen Artikel:
[…] Gleichwohl geht Union finanziell (wieder mal) voll ins Risiko und ich kann nicht mal sagen, dass das völlig unplausibel ist. In Köln, Schalke oder Mainz ist jetzt schon große Unruhe (ausgerechnet kurz vor Ende der Transferfrist, obwohl in allen drei Fällen der Kader wohl noch nicht „komplett“ ist). Union hat also durchaus Chancen auf einen erneuten Klassenerhalt. Aber ein qualitativ guter, „aufgepimpter“ Kader ist dafür eben auch notwendig – allein schon aufgrund des engen Spielplans. Siehe vorige Saison MSV Duisburg, die vor Corona quasi sicherer Aufsteiger waren und nach dem Restart wegen zu schlankem Kader komplett einbrachen (Braunschweig genau entgegengesetzt).
Fazit: Union rüstet für den Klassenerhalt und ich sehe das noch nicht mal als per se negativ. Wenn der Plan aufgeht, wird sich das auch rechnen und niemand was dagegen haben. Die spannende – und hoffentlich nie beantwortet werden müssende – Frage ist, wie stabil unser Konstrukt bei exogenen Schocks ist. Die meisten im Unionumfeld haben diese Frage immer als hypothetisch abgetan. Corona hat aber gezeigt, dass es jederzeit alle möglichen „schwarze Schwäne“ geben kann und die Frage – wie solide und flexibel sind wir finanziell wirklich aufgestellt – früher oder später für uns real werden wird.
Und auch ein paar Antworten von Dirk Zingler aus dem vierseitigen Interview in der Montagsausgabe des Kickers passen dazu:
Mit dem Verkauf von Sebastian Andersson nimmt Union rund sechs Millionen Euro ein. Muss aus wirtschaftlichen Gründen noch ein weiterer Leistungsträger abgegeben werden?
Wir haben Seb nicht wegen der Pandemie-Verluste abgegeben, und wir werden auch keine anderen Spieler aus diesem Grund abgeben. Alles, was unsere sportliche Wettbewerbsfähigkeit schwächt, verschlechtert auch die wirtschaftliche Situation des Vereins. Du freust dich dann vielleicht einige Monate über den eingenommenen Geldbetrag, aber dann ist das Geld ausgegeben und du bist obendrein sportlich schwächer. Die Aufgabe ist deshalb jedes Jahr die gleiche: sportliche Konkurrenzfähigkeit anstreben und wirtschaftliche Stabilität aufrechterhalten.
Sie sagten während Corona, Union sei keine Bank. Vorhandene finanzielle Mittel werden deshalb in den sportlichen Bereich investiert. An diesem Ansatz ändert auch die Pandemie nichts?
Das ist richtig.
Unions Vorteil könnte hier sein, dass es zurecht den Glauben gibt, Union könne sich in der Bundesliga weiter entwickeln. Jedes Jahr der Zugehörigkeit zur Liga sichert mehr Anteile an den TV-Erlösen (hier steht Union erst an 17. Stelle von 18 möglichen Plätzen), der Ausbau des Stadions wird vorangetrieben (wenn auch bis jetzt nur in der Planung) und auch bei den Sponsoren gibt es im Ligavergleich sicher Entwicklungspotential. Die Investitionskosten, um in der Liga zu bleiben, sind auch besser zu kalkulieren als die für einen Aufstieg. Wer wüsste das nicht besser als Union mit seiner Geschichte aus vielen vergeblichen Aufstiegsversuchen.
Die einzige unbekannte Variable ist: Wo kommt das Geld her? Und daraus ergibt sich eine weitere Frage: Wie sehr könnte das Unions Zukunft belasten, falls das mit dem Klassenerhalt schiefgeht?
Mit dem Fahrrad zu Union
Sebastian Griesbeck, der als 16-jähriger VfB-Fan noch Christian Gentner bei der Meisterschaft zugejubelt hat, wird bei AFTV ein bisschen über seinen Werdegang ausgefragt. Dass er immer mit dem Fahrrad ins Stadion fährt, finde ich sehr sympathisch. Auch wenn er sicher nicht wie ich von Pankow nach Köpenick fährt. Aber dafür hat er den Weg täglich und nicht wie ich (hoffentlich) alle 14 Tage.
Und sonst so?
Bild (Bezahl-Link) und Kurier tragen Details zu Loris Karius zusammen.
Die Unionstiftung ruft zur Bach-Reinigung auf. Bis zu 50 Unionfans können bei der Säuberung an der Wuhle mithelfen, wenn sie sich vorher anmelden.
Kapitän Christopher Trimmel wurde zur österreichischen Nationalmannschaft berufen.
https://t.co/LUlQ2Agb8Q pic.twitter.com/TS3JIFyrOw
— ÖFB – oefb.at (@oefb1904) September 29, 2020
Und irgendwer hat mal wieder Unions Training mitgefilmt:
Zum Schluss noch zwei Podcast-Hinweise:
Bei Drübergehalten ist Ilja Behnisch zu Gast, der vergangene Saison für Radioeins die Liveticker zu Union geschrieben hat. Allerdings erfahren wir über Union nicht mehr, als wir schon wussten. Da müssen wir uns noch etwas gedulden, bis wir das Buch von Christoph Biermann über die vergangene Saison in den Händen halten.
Und bei Plattsport ist Stephanie Baczyk zu Gast, die Union für den RBB und die Sportschau begleitet.
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Hmm, man könnte natürlich in einem Interview auch mal nachfragen um die Problematik Umsatzeinbußen oder wirklicher Verlust zu präzisieren.
Was die Investitionen in den Kader betrifft, da darf man aber auch nicht vergessen das auch eine Menge Spieler gegangen sind die jetzt nicht mehr auf der Gehaltsliste stehen. Und was die Leihspieler aus Liverpool unter dem Stich Union wirklich kosten weiß halt ausser den Beteiligten keiner, aber in Liverpool können sie sicher auch rechnen und die Chance nach einer erfolgreichen Saison bei Union noch eine Ablöse zu generieren ist sicher höher als wenn sie dort auf der Bank oder Tribüne sitzen.
Wenn ich mir die Kaderentwicklung von Union. ,gegenüber dem Vorjahr ansehen.
So sehe ich einen schlanken, auch viel billigeren Kader.
Und dazu die für den Verein nötigen Transfererlöse.
Eigentlich alle Neuzugänge und Leihen ,sind hier wegen der Chance die sich daraus für sie persönlich sportlich ergibt.
Dazu kommt noch das sie statt viel Geld einen extrem coole und sie verehrende Fanszene erhalten.
Jo, ganz bestimmt ist die Zusammenstellung des Profikaders eine Mischkalkulation.
Der Verein will und muss wachsen, wenn wir unterstellen, dass die 1. Liga das erklärte dauerhafte sportliche Ziel ist. Deshalb kann man dem Kommentar von M. Draghi gut folgen.
Verpflichtungen wie die hier genannten strahlen ab in die Branche und sind imagebildend… freuen wir uns auf die Saison.
Pohjanpalo ist nun auch bestätigt. Wird langsam eng in der Offensive. Bin gespannt, wie Urs das moderiert bekommt.
Ich denke durch die weiterhin möglichen 5 Wechsel pro Spiel und die sehr eng getaktete Saison ist es gut möglich, die meisten Spieler motiviert und glücklich zu halten.
Selbst Bayern scheint jetzt noch auf Leih-Jagd gehen zu müssen, um den Kader breiter aufzustellen, damit man die Corona-Saison überdauern kann.
Ich habe das bei der versuchten Verpflichtung von Hofmann herausgelesen, daß Ruhnert nicht alles bezahlt,also nur das macht was geht. Er bewegt sich in dem finanziellen Rahmen der gesund ist. Das ist alles auf den gegebenen Verhältnissen angepasst, mal Win Win und mal kann man sich diesen Spieler auch leisten. Alle Spieler die gekommen sind, passen charakterlich,mit allen ihren Ecken und Kanten zu Union und werden auch in unserer Welt Leistung bringen und sich in den Dienst der Mannschaft stellen.
Eisern und Stolz wie Bolle.
[…] stellen sich dabei die finanziellen Fragen an Unions Investements, auf die wir hier gestern eingegangen […]