Der Kicker hat in seiner Montags-Ausgabe ein mehrseitiges Interview mit Unions Trainer Urs Fischer im Angebot (hier gibt es den Teaser). Natürlich haut der Coach hier keinen raus, weil das einfach nicht seine Art ist. Mich hat beim Lesen hingegen schon irritiert, dass wieder der Gegensatz zwischen Fischer-Fußball und Favre-Fußball aufgemacht wird. Das mag vielleicht ein Thema in der Schweiz gewesen sein und für Bundesliga-verwöhnte Augen mag Unions Spielstil nicht attraktiv wirken, aber das ist wirklich in den über 1,5 Jahren von Urs Fischer beim 1. FC Union Berlin nicht mal ansatzweise eine Diskussion, die verfangen hat.
Wie auch? Wir sind alle mächtig zufrieden. Union schlägt sich punktemäßig in der Bundesliga viel besser, als wir es uns in kühnsten Träumen vorgestellt haben. Und vielleicht noch viel höher zu bewerten ist, dass die Mannschaft bisher nur in 3 Spielen vollkommen chancenlos war. Das ist mehr als bemerkenswert.
Mich hätte in dem Zusammenhang eher interessiert, wie Urs Fischer der Mannschaft die Nuancen hinzufügt, die sie weniger ausrechenbar machen, ohne ihre Stärken zu vernachlässigen. Denn das war seine Zielvorgabe bei der spielerischen Entwicklung des Teams in der Winterpause. Wir alle nehmen das Ergebnis wahr. Doch wie macht der Trainer das im Alltag? Die Verpflichtung von Yunus Malli ändert ja nicht plötzlich alles. Aber vielleicht hilft sie anderen Spielern bestimmte Situationen schneller aufzulösen? Das hätte ich schon gerne gewusst.
Oder ich hätte gerne gelesen von der Moderation der Stimmung in der Mannschaft. Das ist schließlich nicht erst seit Sebastian Polters medialer Kritik ein Thema und auch Spieler schauen sicher argwöhnisch auf jede Entscheidung des Trainers und klopfen sie daraufhin ab, ob er sie auch aus ihrer Sicht nur nach sportlichen Kriterien fällt.
Aus meiner Union-Perspektive ist das Kicker-Interview ein bisschen verschenkt, weil es keine aktuelle Diskussion abbildet, sondern nur alte Erzählungen wieder aufbereitet. Andererseits ist vielleicht ein wie auch immer gearteter Fischer-Favre-Gegensatz etwas (auch wenn Urs Fischer ihn klar verneint), was bei Leuten hängen bleibt, die sich sonst nicht mit Union beschäftigen und so für den Kicker Relevanz hat. Ich finde das müßig, weil Favre Spieler zur Verfügung hat, die Union niemals wird verpflichten können. Selbst dann nicht, wenn dafür alle über 35.000 Mitglieder Blut spenden gehen. Wir reden also auch von vollkommen unterschiedlichen Voraussetzungen.
Stattdessen könnte man feststellen, dass Urs Fischer sich in Deutschland in nur 1,5 Jahren einen Namen gemacht hat als seriöser und erfolgreicher Trainer. Das ist, und da fasse ich mir selbst an die Nase, aus deutscher Sicht ganz schön arrogant, dass ein mehrfacher Meister aus der Schweiz hier erst einmal als unbekannter Trainer gilt. Darüber und über seine eigene Karriereplanung als Coach im Ausland könnte man auch mal mit ihm reden.
Hier sind die Vorberichte der Berliner Medien vor dem Spiel heute Abend bei Eintracht Frankfurt:
- Florian Hübner gegen den Papa: Familienfrieden gefährdet! (Kurier)
- Montag-Protest ist Unions Chance (Bild)
- Der Reiz der Statistik (Berliner Zeitung)
- Unions Ryerson ist bereit für seinen Einsatz in Mainhattan (Morgenpost)
- Julian Ryerson ist der König der Abgehängten (Tagesspiegel)
Auf den anderen Plätzen
Trotz dreier Siege in 4 Spielen ist Unions Futsal-Team bei der Regionalmeisterschaft des NOFV nur auf Rang 3 gelandet. Möglich ist das, weil alle Teams von Platz 1 bis 3 mit 9 Punkten die gleiche Zahl aufwiesen und dann nach der Tordifferenz sortiert wurde. Sehr schade für die Union-Frauen. Alle Ergebnisse gibt es hier.
Mit einem 3:0 über den SC Staaken bleibt das zweite Team der Frauen in der Berlin-Liga Tabellenführer Türkiyemspor auf der Spur. Vier Punkte beträgt der Abstand von Platz 2 auf Platz 1.
Nach der Winterpause gelang auch der U19 der Männer ein guter Auftakt in der Bundesliga. 3:1 wurde der Hamburger SV geschlagen und bleibt auf einem hervorragenden 4. Platz. Den kompletten Spielbericht gibt es hier.
Und sonst so?
Bei fcub.de sind mit dem Text von der Auswärtsfahrt nach Bremen alle Berichte dieser Saison wieder vollständig. Ich habe jedenfalls gelernt, dass auf dem Weg in die Hansestadt auch ein Ort namens Egypten liegt. Dieses Wissen werde ich in meinem Gedächtnis neben den schönen brandenburgischen Orten Philadelphia und Boston ablegen.
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„Stattdessen könnte man feststellen, dass Urs Fischer sich in Deutschland in nur 1,5 Jahren einen Namen gemacht hat als seriöser und erfolgreicher Trainer. Das ist, und da fasse ich mir selbst an die Nase, aus deutscher Sicht ganz schön arrogant, dass ein mehrfacher Meister aus der Schweiz hier erst einmal als unbekannter Trainer gilt.“
Ach nö, ist wohl nur das übliche Schubladen-Denken, wo die Schweiz im Fach der Fußballzwerge liegt. Aber die Welt hat sich weiter gedreht und die sind schon sehr lange keine Laufkundschaft mehr.
ich habe sehr aufmerksam urs‘ kurzinterview vor dem spiel gestern gelauscht.
obschon ich nahezu genau wusste, was ich zu erwarten hatte und das der informationsgehalt der aussagen unseres trainergottes nahezu gegen null tendieren würde –
„aus fehlern lernt man und verlieren gehört dazu“ :-) – , suchte ich nach eben genau dieser dosis sedierung in sonorem halbschwyzerdütsch…
denn ich war mir darüber im klaren, dass ein sieg bei der eintracht zu 4×23,5 % den klassenerhalt bedeuten würde.
urs, wir lieben dir!
einen glücklichen eisernen morgen – verbunden mit einem fetten dank an die fleißigen te-ve-macher – an die unionische gemeinde sendet…
mo
@Mo: ????