Dass Rafa? Gikiewicz ehrgeizig und anspruchsvoll ist, ist eine der offensichtlicheren Tatsachen dieser Saison. Sehr deutlich wird wieder einmal in einem Interview, das der Torhüter einem polnischen TV-Sender gegeben hat – und dass uns dankenswerter Weise unser Leser Jacek übersetzt hat (die ganze Übersetzung findet ihr ganz unten im Text).
Gikiewicz spricht darin sehr offen über seine Ziele, in der Bundesliga Stammtorhüter zu werden. Gerade weil er dabei nicht so tut, als sei im Fall des Nicht-Aufstiegs nicht auch ein Wechsel eine Option, kann man ihm glauben, wenn er sagt: „Natürlich will ich in der Bundesliga spielen. Aber am meisten will ich in ihr mit Union spielen – das habe ich zu Beginn der Saison gesagt, als alle über die Ankündigung gelacht haben. Wenn wir nicht aufsteigen sollten… ich sage nicht, es gäbe keine Signale anderer Vereine. Aber ich bin nicht mehr Single. Ich habe eine Frau, zwei Kinder. Eines geht hier schon zur Schule. Ein weiterer Umzug, alles von neuem an einem anderen Ort beginnen, wäre im Hinblick auf die Familie nicht mein Wunsch. Hier habe ich meine Position, bin nahe an Polen, was auch ein Vorteil ist. Diese ganzen Parameter werde ich auch berücksichtigen. Daher möchte ich in diesem Berlin noch 2-3 Jahre wirken… so sage ich es geheimnisvoll.“
Außerdem spricht Gikiewicz darüber, wie zufrieden er mit seinen Leistungen ist: „Wären nicht meine „weißen Westen“, mein Tor, mein Assist, aber auch das gute Abwehrspiel der ganzen Mannschaft, nicht nur von Gikiewicz, wären wir nicht auf Platz 3. Wenn uns das gelingen sollte, wäre die Abwehr die Basis unseres Aufstiegs. Und ich glaube ehrlich, dass ich ihr Gesicht wäre.“ Auch wenn er sein Ziel von zu-null Spielen auf 15 erhöht hat, und dazu noch eins fehlt.
Und Gikiewicz sagt, dass ihm der Aufstieg mit Union mehr bedeuten würde, als der polnische Meistertitel, den er ?l?sk Wroc?aw gewonnen hat, dabei aber nur sechs Spiele im Tor stand (von denen fünf gewonnen wurden, wie Gikiewicz sofort anmerkt). Über die Situation im, in der Union jetzt ist, sagt Gikiewicz in dem Interview (das noch von vor dem Magdeburg-Spiel stammt), dass „wir das letzte Spiel mit einem großen mentalen Komfort angehen können.“
In die Kategorie „Rafa? Gikiewicz ist der beste Typ“ fällt, dass er am Ende des Interviews noch ankündigt, Karten für das Spiel in Bochum, die er über Bedarf geordert hat, an Unioner verschenken zu wollen. Man sollte also Gikiewicz Twitter-Account verfolgen, um das mitzubekommen.
— Rafa? Gikiewicz (@gikiewicz33) May 12, 2019
Die Texte der Berliner Medien heute
- Aufstiegsfieber: Unioner, erspart euch einfach die Relegation (Kurier)
- Union Berlin: Wie Sebastian Bönig Grischa Prömel zu seinem Glück zwang (Kurier)
- Unions Polter fehlt noch ein Tor für die Ewigkeit (Bild/BZ)
- Union-Trainer Fischer lässt dem Team die lange Leine
(Bild/BZ) - Union mit Kampfansage an Paderborn (Morgenpost)
- 11 Gründe für den Aufstieg (RBB)
- Union-Stürmer Sebastian Polter Tore gegen den Frust – und für den Aufstieg (Berliner Zeitung)
- Der 1. FC Union steht weiter unter Druck (Tagesspiegel)
Podcast(s)
Wir haben gestern Abend unseren Podcast zum Spiel gegen Magdeburg aufgenommen, in dem nun sogar Robert die Pfanne heiß hat und vom Aufstieg ausgeht:
Podcast: Wir sind nach dem 3:0 ein bisschen albern. Aber dafür herrscht mehrheitlich die Überzeugung vor, dass der Aufstieg klappt. Außerdem geht es noch um Purzelchen und Prügelei. #fcunion #fcufcm https://t.co/k29Bz6q7Ef
— Textilvergehen (@textilvergehen) May 13, 2019
Natürlich reden wir auch über das Aufreger-Thema des Sonntages, und den Konflikt von Teilen des Gästeblocks mit einer Plexiglasscheibe.
Wer noch mehr Aufstiegsoptimismus hören will, kann das im … Padercast aus Paderborn tun. Auch dort ist man guter Dinge, was die Chancen der eigenen Mannschaft betrifft. Woher das wohl kommt, nach einem 4-1 gegen den HSV? Aber auch Union hat ja gesehen, dass sich der Sieg aus Heimsiegen gegen den HSV, der eh gegen niemanden gewinnt, nicht unbedingt nahtlos übernehmen lässt.
Sichtweisen von anderswo gibt es auch im Nur der FCM-Blog.
Außerdem kann man sich in Podcast-Form auf das letzte Spiel der regulären Saison einstellen, indem man sich im Millernton nach-dem-Spiel Gespräch anhört, wie die Lage in Bochum ist.
Purzelchen
Zum angekündigten Ende des Purzelchen-Stands im Stadion sagte Unions Sprecher Christian Arbeit der BZ: „Es stimmt, dem Betreiber wurde zum Ende der Saison gekündigt. Das ist uns nicht leicht gefallen, aber beim Betrieb der Wagen kam es immer wieder zu Unregelmäßigkeiten. Eine weitere Zusammenarbeit war unter diesen Umständen nicht mehr möglich.“
In der neuen Saison soll es einen neuen Betreiber für ein ähnliches Angebot geben.
Und sonst so
Alles Gute an Andreas Hawa:
60 Jahre jung! Herzlichen Glückwunsch, Andreas „Appel“ Hawa ? #fcunion #eisern #geburtstagskind ?? pic.twitter.com/e01IAqcIca
— 1. FC Union Berlin (@fcunion) May 14, 2019
Der langjährige Union-Torhüter kommt übrigens auch in der letzten Folge unseres Geschichts-Podcast Und Niemals Vergessen vor.
Die Übersetzung des Interviews von Rafal Gikiewicz bei tvpsport.pl
Patryk Prokulski, TVPSPORT.PL: – Vor einigen Monaten hast Du im Gespräch mit einem meiner Redaktionskollegen gesagt, dass Du davon träumst, dass Dein Tor gegen Heidenheim über den Aufstieg mitentscheidet. Jetzt, zwei Spieltage vor Schluss, ist dieses Szenario sehr gut möglich.
Rafa? Gikiewicz, Torwart Union Berlin: – Ohne dieses Remis wären wir schon hinter Hamburg. Jetzt haben wir genauso viele Punkte, aber überholen sie wegen des besseren Torverhältnisses. Die beiden letzten Spiele gewinnen, im schlechtesten Fall haben wir den dritten Platz, und damit die Relegationsspiele.
– Gut darauf hinzuweisen, dass Heidenheim jetzt vier Punkte hinter euch liegt. Wenn Du nicht getroffen hättest, wären sie auch ein Konkurrent im Endspurt.
– Das stimmt. Grundsätzlich ist die 2. Bundesliga verrückt – schauen wir auf den letzten Spieltag als der FC Köln als einzige aus den ersten acht ihr Spiel gewonnen haben. Wenn Heidenheim oder St. Pauli gewonnen hätten, würden sie ebenfalls um den Aufstieg mitkämpfen. Berücksichtigt man, dass wir in Darmstadt verloren haben, hatten wir viel Glück, dass der letzte Spieltag so ausgegangen ist.
Zurück zu meinem im Herbst erzielten Tor – ich habe die ganze Saison wiederholt, dass sich erst am Ende herausstellen wird, wie viel jeder Punkt wert ist. Daher kann uns tatsächlich vielleicht dieses Remis etwas bringen. Allerdings wäre mir lieber wenn man sich auch daran erinnert, wie viele Spiele ich mit meinen Paraden gerettet habe und wie viele Spiele ich zu Null gespielt habe, weil wir ohne das jetzt nicht da stehen würden, wo wir heute stehen.
– Ich denke mir, dass nach dem letzten Spieltag in der Mannschaft viel Verbitterung herrschte. Die Rivalen haben vor euch den roten Teppich zum zweiten Platz ausgerollt, aber ihr habt die Chance vergeigt…
– Ich wiederhole, was ich seit einigen Wochen sage – wir haben immer noch alles in den eigenen Händen. Aber Fakt ist, wir hätten ein wenig Abstand schaffen und uns einen psychologischen Vorteil vor den letzten Spielen verschaffen können. Das optimistische Ziel des Vereins vor der Saison war der dritte Platz. Alles darüber ist schon ein Extrabonus. Der zweite Platz ist realistisch, aber vor allem müssen wir am Sonntag gegen Magdeburg gewinnen – das ist schon der Schlüssel für einen schönen Saisonabschluss am letzten Spieltag in Bochum.
– Der „Kicker“ nannte den Aufstiegskampf letztens ein „Schneckenrennen“. Schwer, sich nicht darauf zu einigen?
– Ich würde in die andere Richtung gehen und sagen, dass es in den letzten 3-4 Jahren keine so starken Mannschaften auf den Plätzen, sagen wir 5-10, gegeben hat. Ich bin das fünfte Jahr in Deutschland, von denen ich drei in der zweiten Liga verbracht habe, und kann somit vergleichen. Schauen wir uns die Spiele solcher Mannschaften wie St. Pauli, Arminia Bielefeld oder sogar Sandhausen an, die derzeit einen super Lauf haben. Mir scheint, dass die 2. Bundesliga sehr unterschätzt wird, aber in diesem Jahr sind selbst die Mannschaften, die nicht um den Aufstieg mitspielen, stark. Das zeigen auch unsere Ergebnisse. Wir haben zuhause gegen Kiel, Köln und HSV gewonnen, aber Punkte gegen Mannschaften auf den Plätzen 6-10 liegen gelassen. Und das sind Punkte, die am Ende der Saison sehr wichtig sein können.
– Vor der Saison hast du in einem Interview gesagt, dass du dir ein Ziel gesetzt hast: 12 weiße Westen in der Liga. Im Moment hast du schon 13…
– … und ich habe das Ziel auf 15 erhöht! Es wäre sehr gut, die beiden letzten Spiele ohne Gegentore zu beenden. Aber fangen wir von vorne an. Das Ziel von 12 weißen Westen war kein Zufall – das war bis dato mein Rekord, den ich bei Eintracht Braunschweig erreicht habe. Diesmal ist es mir gelungen, diesen erst zu egalisieren und im Match gegen Hamburg zu schlagen. Ich würde gerne auf die 15 kommen. Ich habe zuhause auf dem Kühlschrank einen Zettel mit den Zielen des ersten Halbjahres. 15 weiße Westen ist eines davon, also bin ich noch nicht zufrieden. Ich habe mit dem Zu-Null gegen Darmstadt gerechnet, was nicht gelungen ist, jetzt zähle ich darauf, im Spiel gegen Magdeburg eines hinzuzufügen.
– Woher kommt eure schwächere Form der letzten Wochen ? Ich schaue auf die Ergebnisse der letzten sieben Partien und vor dem Sieg gegen den HSV habt ihr zwei verloren und viermal unentschieden gespielt.
– Unser Hauptproblem ist, dass wir keine Tore schießen. Die Partie mit Heidenheim haben wir trotz großer Überlegenheit 1:2 verloren. Jetzt in Darmstadt hatten wir 24 Torschüsse, sie acht, und trotzdem haben wir das Match verloren. Weißt Du, man kann von Pech reden, aber in diesem Fall ist es auch etwas Unvermögen… und mir scheint, dass einige dem psychischen Druck nicht gewachsen sind. Das ist es was uns in den letzten Wochen gefehlt hat – mentale Kraft, um das I-Tüpfelchen aufzusetzen. Es ist sehr belastend, wenn es bis zum Ende um viel geht. Für die Hälfte der Liga geht es um nichts mehr. Wie der VfL Bochum, gegen die wir das letzte Saisonspiel haben, der trainiert seit Wochen unbeschwert. Ihnen droht kein Abstieg, eine Chance auf den Aufstieg haben sie nicht – totaler psychischer Komfort.
Für uns bereitet der Verein seit einiger Zeit Aktivitäten außerhalb des Trainings vor. In der letzten Woche waren wir grillen, jetzt Gokart fahren – alles dafür, um unseren Kopf von den Gedanken über das Saisonfinale freizuhalten. Man muss auch sagen, dass diese Mannschaft in der letzten Saison lange gegen den Abstieg gekämpft hat. Jetzt sind einige neue Spieler dazugekommen, aber der Kern ist im Wesentlichen der gleiche geblieben. Einigen fällt es schwer, sich Saison für Saison mental zwischen sicherem Klassenerhalt und Aufstiegskampf umzustellen. Die Mannschaft braucht Zeit, muss reifen und das lernen. Wenn wir jetzt so wie in der Hinrunde spielen würden, hätten wir den Aufstieg längst klar gemacht, und zwar als Erster. Natürlich kann man Pech haben… aber man kann nicht so viele Wochen in Folge Pech haben.
– Individuell sammelst Du viel gute Noten. Der Durchschnitt beim „Kicker“ liegt bei 2,64 – der zweitbeste Wert der Liga. Über die weißen Westen haben wir schon gesprochen. Hast Du Dir etwas vorzuwerfen ?
– In der Hinrunde haben wir gegen Duisburg wegen meines Fehlers remis gespielt. Wenn ich mir die letzten Ergebnisse anschaue, glaube ich, dass ich mich bei einem der Tore von Heidenheim anders verhalten würde als im Spiel. Niemand wirft mir vor, ein Tor verschuldet zu haben, aber ich bin Perfektionist und weiß, dass ich mich besser hätte verhalten können. Ähnlich wie bei den Toren in Fürth. Tore bei Standardsituationen tuen immer weh, weil du glaubst, dass du mehr hättest machen können, aggressiver auftreten können. Ich will auch nicht sagen, dass mich alle loben, und ich mir selber den „Kopf abreiße“.
Als ich nach zwei Jahren in Freiburg hierher gekommen bin habe ich das von mir verlangt, was ich jetzt zeige, oder noch mehr. Und ich es verberge nicht, ich wusste, dass ich herausstechen will. Nach dem was ich in Freiburg gelernt hatte, musste es so sein. Der dortige Torwarttrainer ist für mich wie David Copperfield. Ich habe viel aus dieser Zeit gezogen. Seine Worte haben mich viel aufgebaut, dass ich seiner Meinung nach mehr von Roman Bürki und Oliver Baumann gelernt habe. Natürlich spreche ich nicht vom Potential, nur vom Lernfaktor, dem Wissen, das er vermittelt hat. Fakt ist, dass mich die fehlende Spielpraxis sehr genervt hat, und die die mich kennen, wundern sich wie ich es zwei Jahre ausgehalten habe. Aber jetzt bringt das Ergebnisse wie die Statistik zeigt.
– Wenn Du den eventuellen Aufstieg in die Bundesliga mit der Meisterschaft in Polen mit ?l?sk Wroc?aw vergleichen müsstest – was würdest du höher einschätzen? In der Saison hast du mit ?l?sk nur sechs Ligaspiele absolviert…
– …und davon fünf siegreiche!
– Hier wirst Du nicht mehr Meister, aber bist einer der Hauptarchitekten des Erfolgs.
– Definitiv bedeutet mir der Aufstieg mehr. Gott helfe, dass nichts Schlimmes passiert. Vor allem wäre es der erste Aufstieg von Union in die Bundesliga, also können wir uns in die Geschichtsbücher des Vereins eintragen. Daher glaube ich, was ich schon den lokalen Medien gesagt habe, dass wir für die Fans die nächsten 50, 60 oder 100 Jahre die Könige sein werden. Wären nicht meine „weißen Westen“, mein Tor, mein Assist, aber auch das gute Abwehrspiel der ganzen Mannschaft, nicht nur von Gikiewicz, wären wir nicht auf Platz 3. Wenn uns das gelingen sollte, wäre die Abwehr die Basis unseres Aufstiegs. Und ich glaube ehrlich, dass ich ihr Gesicht wäre.
– Wenn es aber doch nicht gelingt – alles zu tun, um nach einer solchen gelungenen Saison in die Bundesliga aufzusteigen, wirst du in Berlin bleiben wollen ?
– Ich habe noch ein Jahr Vertrag, sollten wir also – Gott bewahre – nicht aufsteigen, könnte ich im Winter bei einem anderen Verein unterschreiben und im Juni 2020 ablösefrei wechseln. Auf der anderen Seite weiß die Vereinsführung, dass jetzt die letzte Gelegenheit sein könnte, an mir zu verdienen. Wir hatten schon einige Treffen mit der Geschäftsführung von Union, aber da ist aufgrund der Tabellensituation nicht viel bei raus gekommen.
Wir hatten ein Gespräch, haben vereinbart einige Wochen zu warten und zu schauen, wie sich die Situation in der Liga entwickelt. Wir trafen uns wieder, aber das Los von Union war immer noch unklar. Nach dem Spiel gegen Hamburg hat der Sportdirektor meinem Berater gesagt, dass wir nach einem Sieg gegen Darmstadt über meine Zukunft sprechen… und wir haben nicht gewonnen !
Der Sportdirektor sagte meinem Berater, dass es schwierig ist konkret zu werden, wenn wir die Saison mit leeren Händen als Vierter beenden können oder uns über den Aufstieg freuen können. Natürlich will ich in der Bundesliga spielen. Aber am meisten will ich in ihr mit Union spielen – das habe ich zu Beginn der Saison gesagt, als alle über die Ankündigung gelacht haben. Wenn wir nicht aufsteigen sollten… ich sage nicht, es gäbe keine Signale anderer Vereine. Aber ich bin nicht mehr Single. Ich habe eine Frau, zwei Kinder. Eines geht hier schon zur Schule. Ein weiterer Umzug, alles von neuem an einem anderen Ort beginnen, wäre im Hinblick auf die Familie nicht mein Wunsch. Hier habe ich meine Position, bin nahe an Polen, was auch ein Vorteil ist. Diese ganzen Parameter werde ich auch berücksichtigen. Daher möchte ich in diesem Berlin noch 2-3 Jahre wirken… so sage ich es geheimnisvoll.
– Wie sieht die Fanverteilung in Berlin aus ? Ist Union ein Verein bestimmter Stadtteil?
– Das habe ich letztens selbst unseren Physiotherapeuten gefragt, weil mich interessiert was in der Stadt passieren würde, sollten wir aufsteigen. Da ist viel Wahrheit drin, dass Hertha Anhänger hat, die wegen des konkreten Gegners ins Stadion kommen. Leute, die keine Dauerkarte kaufen, aber zu Bayern oder Borussia vorbeikommen. Deswegen unterstützen sie viele, dass sie in der Bundesliga spielen. Zweitens, sie haben natürlich das größere Stadion, auch wenn dort nicht die beste Stimmung herrscht. Unser Stadion hat Platz für 22-23 Tausend und schon jetzt ist es so, dass es nicht allen Interessenten gelingt, eines der begehrten Tickets zu ergattern. Ich denke auch, dass im Falle unseres Aufstiegs ein Teil der „Sonntagsfans“ von Hertha wird sehen wollen, wie das bei uns ausschaut.
Was die territoriale Aufteilung anbetrifft, wo wir gerade sprechen – das ist Union Gebiet. Wenn ich hier durch die Straßen gehe, erkennen mich einige Leute, obwohl ich das nicht mit Freiburg oder Braunschweig vergleichen würde. Beide Städte haben 250-300 Tausend Einwohner und dort leben alle für den Fussball. Alle Zeitungsleser drehen die Zeitung auf die letzte Seite und lesen zuerst den Sportteil. Wenn sie also einige Male dein Gesicht gesehen haben, erkennen sie dich wieder. In der Vier-Millionen-Stadt Berlin ist die Identifikation mit der Mannschaft nicht so stark. Selbst im Bezirk deines Vereins. Darauf hat auch Einfluss, dass es Eishockey-Clubs, Basketball, Handball… gibt, quasi in jeder populären Sportart hat Berlin eine Vertretung in der höchsten Spielklasse. Also interessiert sich nur ein bestimmter Prozentsatz für Fussball.
– Zur gleichen Zeit mit eurem Spiel gegen Magdeburg wird das wichtige Spiel von Paderborn gegen Hamburg ausgetragen. Werdet ihr den Spielverlauf im anderen Stadion verfolgen oder schaltet ihr das bis zum Schlusspfiff komplett aus?
– Ich habe mir heute die Pressekonferenz unseres Trainers angeschaut und diese Frage wurde gestellt. Urs sagte, dass man dem nicht entkommen kann, weil davon abhängt, wie wir spielen sollen. Ich bin sicher, dass auch dort heiß verfolgt werden wird, was bei uns passiert. Also werden wir uns gegenseitig belauschen. Man muss zugeben, dass der Spielplan sich für uns sehr glücklich fügt, dass so ein Duell unserer direkten Konkurrenten am vorletzten Spieltag stattfindet. Ich bin der Meinung, dass es besser ist, wenn Paderborn gewinnt, weil – wenn wir ebenfalls drei Punkte holen – wir den dritten Platz vor dem letzten Spiel sicher haben werden. Daher würden wir das letzte Spiel mit einem großen mentalen Komfort angehen können. Das würde etwas Druck von uns nehmen. Darüber hinaus kommt es mir so vor, dass Paderborn am letzten Spieltag Punkte in Dresden verlieren könnte.
Der Trainer von Dresden war mal hier und hat angekündigt, alles zu tun um uns zu helfen. Natürlich sind unsere eigenen Siege das Wichtigste. Ohne diese wird jegliche Analyse wertlos sein. Ich habe auch gehört, dass – sollte es bei unserem Spiel am letzten Spieltag in Bochum um den Aufstieg gehen – die Vereine vereinbaren werden, dass im Stadion mehr als 6000 Fans dabei sein werden. Als wir uns in der Kabine über mögliche Szenarien unterhalten haben, habe ich deshalb gesagt, dass es vielleicht sogar gut ist, dass wir gegen Darmstadt verloren haben. Den Aufstieg am letzten Spieltag klarzumachen wäre doppelt süß.
– Ich verstehe, dass du nach der Episode in Freiburg überhaupt nicht in Erwägung ziehst, zu einem stärkeren Verein zu gehen und dort eine Rolle zu spielen wie Jerzy Dudka bei Real – guter zweiter Torwart, der wenig Chancen im Vergleich zur Nummer Eins hat, aber wenn er eingewechselt wird, auf einem guten Niveau spielen kann ?
– Ausgeschlossen, dass ich so einen Schritt machen würde. Selbstverständlich garantiert dir nirgendwo jemand den Stammplatz im Tor… aber schon anhand des Gehaltsangebots, das dir unterbreitet wird, kannst du einschätzen ob Du ein Fußballer in der Stammformation sein wirst. Union hat mich nach den zwei Jahren ohne Spiel gelockt, aber ich wusste, dass sie mich in der Rolle in der Startelf sehen. Natürlich haben sie sich abgesichert – und Prämien in Abhängigkeit der absolvierten Spiele vereinbart. Bestimmt dachten sie: „Mist, was passiert, wenn er sich als Niete [Original: „Gurke“] herausstellt und wir müssen ihn bezahlen.“ Aber es ist bekannt, dass sie sich einen Überblick verschafft haben.
Was das eventuelle Interesse anderer Vereine betrifft – wie gesagt – denke ich an Bundesliga mit Union. Aber wenn das nicht gelingt und es gibt ein Angebot, möchte ich keine Gespräche führen bei der die andere Seite mir sagt: „lieber Giki, wir wollen dich bei uns, aber jemand anderes startet als erster Torwart und du sollst ihm auf die Füße treten.“ Ich bin nicht 25 Jahre, um solche Spielchen zu spielen. Was anderes, wenn ich höre: „wir wollen, dass du erster Torwart bist, aber du musst kämpfen, um diese Position zu halten.“
– Das heißt, die Ekstraklasa kommt nicht in Frage? Wie viel Wahrheit steckt in den Gerüchten, die im Februar kursierten, dass Lech Pozna? an dir interessiert ist?
– Da ist gar nichts dran. Ich habe bei Kech angerufen, weil ich Tickets gegen Legia haben wollte, ich bin Adam Nawa?ka im Urlaub begegnet– und das reichte offensichtlich für die Gerüchte. Vor allem glaube ich, dass Lech sich mich nicht leisten könnte. Die Transferrealität sieht ganz anders aus. Ich glaube auch nicht, dass für mich eine Rückkehr in die Ekstraklasa ein guter Schritt wäre. Hier fühle ich mich wohl, ebenso die Familie. Der ältere Sohn lernt die Sprache, der jüngere wurde in Deutschland geboren. Ich schaue nicht nur auf meine eigene Nase.
– Vielleicht gehst Du zum Ende Deiner Karriere in ein exotischeres Ziel, wie Dein Bruder ?ukasz, der in Saudi-Arabien spielt ?
– Tatsächlich gibt es derzeit diese Tendenz, dass ältere Spieler in wärmere Gefilde entschwinden und Urlaub mit dem Geld verdienen. Ich würde mich lieber auf einem soliden Niveau halten wollen. Ich schaue auf die Torhüter von Kiel oder Regensburg, die 33, 34 alt sind und im Tor stehen. Ich habe die Hoffnung, wenn ich in drei Jahren dem Alter bin, dass meine Form immer noch so solide sein wird, dass ich nicht in warme Länder fahren muss, sondern um meinen Platz in einer guten europäischen Liga kämpfen kann.
– Und wie schätzt er das Spiel in Saudi-Arabien ein ?
– Jetzt spielt er weniger und ist deshalb unzufriedener. Aber general lernt er verschiedene Kulturen kennen, kann über das Wetter nicht klagen. Er hat tolle Länder erlebt, bestimmt verdient er nicht schlechter als er in Polen würde. Ich werde es nicht beurteilen, ob sein Weg gut oder schlecht ist, aber es war seine eigene Entscheidung. Ich denke, dass viele Leute gerne mit ihm tauschen wollen würden.
– Du bist einer der Aktivisten polnischen Fußballspieler auf Twitter. Kann man von einer leichten Sucht sprechen oder kontrollierst Du die Situation ?
– Ich äußere mich, wenn mich etwas interessiert, vor allem wenn es um deutschen Fußball geht. Ich äußere mich z.B. nicht in Bezug auf die Nationalmannschaft, weil ich in ihr nicht spiele, also ist es für mich nicht opportun, hier zu „klugscheißern“. Ich verfolge das, was die 1. Und 2. Bundesliga betrifft sowie das „polnische“ Twitter weil es mich interessiert. Besonders polnische Accounts nehme ich als gute Quelle, um mich auf dem laufenden zu halten was in Polen passiert. Zwangsläufig habe ich nicht immer Zeit, mir online eine polnische Zeitung zu kaufen, daher mache ich die App an und informiere mich schnell über die wichtigsten sportlichen Ereignisse. Ich sage Dir noch mehr: in meinem Smartphone habe ich den Datentransfer für Twitter und Instagram ausgeschaltet, um darauf nicht zu viel Zeit zu verschwenden.
Das war meine Initiative – diese beiden Apps verbinde ich nur über WLAN zuhause oder im Hotel. Ich sehe meine jüngeren Kollegen in der Kabine, die ununterbrochen ihren Blick auf das Telefon richten und nicht aufhören rumzuscrollen. Als Familienmensch könnte ich nicht so viel Zeit auf das Telefon verschwenden, obwohl meine Frau sagt, dass ich das trotzdem sehr oft mache.
Aber weißt Du, ich bin bei Whatsapp, habe Kontakt zu meinem Berater, Waldek Sobota, mit anderen Spielern – es gehört dazu. Ich denke, Profifußballer ist man nicht drei mal drei Stunden in der Woche, sondern rund um die Uhr. Daher muss ich mir nach dem Training den nächsten Gegner anschauen. Daher muss ich Liverpool gegen Barcelona, Ajax gegen Tottenham oder Frankfurt gegen Chelsea anschauen, weil das schöner Fußball ist, der motiviert und bewirkt, dass ich mir denke: „Mensch, wir müssen nur mit einem Tor gegen Magdeburg gewinnen. Du musst nicht drei Tore aufholen, und gegenüber steht nicht Barcelona oder Ajax Amsterdam. Schwer davon wegzulaufen, selbst wenn du es teilweise versuchst einzugrenzen „.
Ich denke es ist wichtig, den Leuten auch diese menschliche Seite zu zeigen – unabhängig davon ob du Fußballer bist, anderer Sportler oder Nachrichtensprecher. Deshalb schreibe ich manchmal auf Twitter, dass ich Karten für ein Spiel habe und diese weggebe. Für das Spiel gegen Bochum habe ich eine größere Zahl Tickets bestellt weil ich die Hoffnung habe, dass es um was geht. Vermutlich brauche ich nicht so viele wie bestellt. Unter den Anhänger von Union gibt es eine enorme Nachfrage. In diesem Moment weiß man, dass uns 6000 Fans unterstützen werden. Daher habe ich vor, meine bestellten Tickets zu verteilen. Ich werde nicht verarmen, wenn ich einige Tickets mehr für 20 Euro kaufe, aber für irgendjemanden wird das ein Megaerlebnis.
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Rafa? ist auch einer der Spieler, der Kampfgeist, niemals aufgeben und höchste Einsatzbereitschaft regelrecht vor sich herträgt. So muss das sein und daher ist er für mich im Ranking Unioner des Jahres/der Saison ganz weit vorn, wenn nicht sogar die Nummer 1!
wenn Union aufsteigt würde ich als eine der ersten Maßnahmen danach mit Rafal über eine Vertragsverlängerung reden.
Wirklich eine geile Type! Wer hat denn da das Profilbild für seinen Twitter-Account geknipst? ;o)
Grandioses Interview mit Rafal Gikiewicz.
Danke mal wieder für den gesamten Lesegenuss!
ich scheu mich ja Spieler hervorzuheben (und erst recht negativ abzuwerten) ABER ich finde auch dass Rafa? Gikiewicz ein Gewinn für uns ist, echt super der Typ!! Hoffen wir dass er uns weiter erhalten bleibt. Ansonsten: #Pfanne Heiß!!
Lese nur ich das so, das da für Rafal durchaus ein Wechsel zu Hertha im Raum steht?
das kann man so lesen. Andererseits hat Hertha für die kommende Saison schon 4 Torhüter (aktuell sogar 5) unter Vertrag. Die Entscheidung wird am Ende eh davon abhängen, ob Union aufsteigt oder nicht.
dziekuje Jacek.
Ich würde da ehrlich gesagt keinen konkreten Zusammenhang mit Hertha reinlesen. Rafal ist zufrieden mit der Situation in Berlin – bei und mit Union – und wegen der Rahmenbedingungen für seine Familie. Aber der Bezug zu Hertha ist einzig Berlin als Ort und die erste Liga. Die Einordnung der Aussagen zu den Herthafans spricht ja nicht unbedingt für große Sympathie. Aber klar, wenn Union nicht aufsteigen würde, Hertha ihm ein Angebot als Stammtorhüter unterbreitet und er deswegen in Berlin bleiben kann, wer weiß…