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Unions Vorschläge zur Veränderung des Profifußballs: Wer nicht kämpft, hat schon verloren

Union hat seine Thesen und Vorschläge zu einer Veränderung am Tag der Deutschen Einheit veröffentlicht und die können nun alle auf der Vereinswebsite lesen. Das hier sind die Thesen:

a) Ein stufenloser nationaler Wettbewerb aller deutschen Profivereine erhält die Popularität des Fußballs in Deutschland und stärkt seine internationale Wettbewerbsfähigkeit.

b) Viele verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Interessen tragen zur Faszination des Fußballs bei und verleihen ihm gesellschaftliche Relevanz. Teilhabe und Mitbestimmung aller Akteure im Fußball sichern die angemessene Wertschätzung und Berücksichtigung der verschiedenen Positionen

Für den Erhalt der Popularität des Fußballs und die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit schlägt Union diese 7 Maßnahmen vor:

  1. Die Organisation und Vermarktung aller Profiligen, also auch der 3. Liga, unter dem Dach der DFL
  2. Die Aufstockung auch der obersten beiden Profiligen auf 20 Klubs
  3. Den automatischen Aufstieg aller Ligenmeister in die nächsthöhere Liga, auch für die Regionalligen. Weitere Auf- und Absteiger müssen durch Play-off-Spiele ermittelt werden.
  4. Eine Begrenzung der Gehaltsetats und eine Begrenzung von Leihspielern pro Verein.
  5. Eine ligaübergreifende und stufenlose Verteilung der Vermarktungserlöse. So soll vermieden werden, dass ein sportlicher Abstieg zu einer existentiellen Bedrohung der Klubs führe.
  6. Eine drastische Erhöhung der Ausbildungsentschädigungen
  7. Eine Professionalisierung des Schiedsrichterwesens und der Sportgerichtsbarkeit

Für die Integration der beteiligten Gruppen schlägt Union diese 3 Maßnahmen vor:

  1. Alle Interessenguppen sollen in der DFL vertreten sein, also auch der Fangruppen
  2. Eine Fokussierung auf das Stadionerlebnis und damit entsprechend angepasste Anstoßzeiten und die Beachtung von Maximalentfernungen bei Freitags- und Wochentags-Spielen. Montagsspiele sollen entfallen.
  3. Eine Beibehaltung der 50+1-Regel. Der deutsche Fußball solle der „exzessiven finanziellen Entwicklung“ einen eigenen Weg entgegensetzen.

Unabhängig davon wie ich persönlich zu den einzelnen Maßnahmen stehe, kann ich die zwei Thesen als Grundlage absolut nachvollziehen. Und ich bin gespannt, wie mehrheitsfähig diese Thesen sind. Denn der These zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit kann man locker auch die entgegensetzen, dass mehr Geld alle Probleme löst, weil man mit mehr Geld die besten Akteure zu sich lotsen könnte. Und damit wäre man dann auch schnell bei der Auflösung der 50+1-Regel. Ob der deutsche Fußball mit seiner praktizierten Fannähe, den großen und vollen Stadion dann nicht seine Identität verliert, steht auf einem anderen Blatt.

Ich finde die Frage nach der Mehrheitsfähigkeit der Thesen und Vorschläge am interessantesten. Denn bisher waren sich die Vereine beim Thema Geld immer selbst am nächsten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es dauerhaft gut sein kann, wenn Anhänger von etablierten Bundesliga-Vereinen wie Hertha BSC oder Eintracht Frankfurt oder wem auch immer sich sicher sein können, dass sie niemals erleben werden, wie ihr Team um die Deutsche Meisterschaft mitspielen wird.

Die Bundesliga war selten eine Liga, aus der dauerhaft Europapokalsieger kamen. Das Markenzeichen war die Ausgeglichenheit gewesen. Und immer konnte sich die Liga auf einen starken und finanzkräftigen deutschen Markt verlassen. Geht es darum, dass deutsche Europapokal-Teilnehmer regelmäßig wieder um die Titel mitspielen können, wird das nur auf Kosten der Solidarität der Liga gehen können. Eine wie auch immer geartete Top4 bis Top6 macht alle nationalen Titel unter sich aus. Der Rest macht sein eigenes Ding. So wie in Spanien. Oder in England, bis die Investoren die Klubs übernahmen. Meine Vermutung ist, dass nicht alle dasselbe meinen, wenn sie über die „internationale Konkurrenzfähigkeit“ der Bundesliga reden. Vielleicht meinen sie doch auch nur die internationale Vermarktung. Und da wären wir wieder beim Geld.

Es wäre ein Erfolg für Union, wenn diese Thesen und Vorschläge zu einer offenen Debatte führen würden. Bisher hatte ich nicht den Eindruck, dass es eine entsprechende Diskussionskultur gibt. Mir fehlt dazu auch bei der Mehrheit der DFL-Klubs die strategische Weitsicht. Vielleicht auch, weil ihre Rahmenbedingungen das gar nicht mehr erlauben. Auch der DFL fehlt die strategische Weitsicht. Unter anderem deshalb, weil sie von vielen Klubs vor allem als Geldverteilmaschine wahrgenommen wird. Dabei ist ein Ligaverband mehr als das. Theoretisch sollen die Zweitligaklubs am 12. Oktober über die Vorlage von DFL-Vize Peter Peters abstimmen (via Tagesspiegel). Es wäre ein Zwischenerfolg, wenn es nicht zu dieser Abstimmung käme, sondern sich Zeit genommen wird, Grundsätzliches zu diskutieren.

Mir war gar nicht geläufig, dass Andreas Ruhmland für Union gespielt hat, aber über die immer empfehlenswerte Seite immerunioner.de erfahren wir, dass er lange im Nachwuchs aktiv war, aber bis auf 2 Partien im Paul-Rusch-Pokal im Jahr 2001 nicht den Sprung in die Männer-Mannschaft schaffte.

Die Berliner Zeitung schreibt in einem Kommentar, dass der Kampf sinnlos sei und Präsident Dirk Zingler ein Don Quijote, der gegen Windmühlen kämpfe. Ich finde so einen Kommentar grundfalsch. Denn der Grundgedanke dahinter ist, dass der Markt alles regelt, im Guten wie im Schlechten und niemand was dagegen unternehmen könne. Das ist geradezu mutlos und schicksalsgläubig. Und dabei glaube ich durchaus auch, dass die Chancen für Union niedrig bis nicht existent sind, diese Maßnahmen so durchzubekommen. Aber darum geht es ja gar nicht. Hier geht es darum, selbst zu gestalten und nicht gestaltet zu werden.

Das schreiben die Medien sonst so über die Thesen und Vorschläge von Union:

Die meisten überregionalen Medien haben das am Feiertag über einen Agenturtext der dpa begleitet (Beispiel Die Welt). Wenige mit einem eigenen Erklärtext (Beispiel Süddeutsche Zeitung). Was insgesamt fehlt: Einordnende Texte, Resonanz anderer Klubs, Resonanz der Verbände. Aber vielleicht wird das ja noch.

Und sonst so?

Die mit Joshua Mees, Jakob Busk, Julian Ryerson, Lennard Maloney, Berkan Taz und Suleiman Abdullahi aus dem Profiteam verstärkte U21 gewann das Heimspiel im Baltic Sea Cup gegen Halmstad BK mit 3:1 (Tore durch Mees, Ryerson und Taz, Bericht und Fotos auf der Vereinswebsite, noch mehr Fotos gibt es bei Union in English und Highlights bei AFTV).

Eine gute Nachricht für Sebastian Andersson: Unions Stürmer wurde für die schwedische Nationalmannschaft für die Spiele gegen Russland (11. Oktober) und die Slowakei (16. Oktober) nominiert. Dabei profitiert er neben seiner guten Leistung auch von Robin Quaisons Verletzung. Die BZ schreibt über die Nominierung und erinnert an die bislang zwei einzigen Länderspiele Anderssons vor 2 Jahren.

Toni Leistner hat gestern sein erstes Tor für QPR geschossen beim 1:0 gegen Reading. QPR rangiert momentan auf Rang 17 in der Zweiten Liga in England. Sehr schön auch, wie Leistner sich später noch dafür entschuldigt, beim Jubeln von den eigenen Fans weggerannt zu sein: „Sorry, aber ich weiß einfach nicht, wie man nach einem Tor richtig jubelt.“

In einem relativ kurzen Text fasst 11Freunde die aktuellen Querelen bei Dynamo Dresden zusammen. Wer unbedingt wissen will, was da in Dresden los ist, ist mit dem Artikel gut bedient.


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11 Kommentare zu “Unions Vorschläge zur Veränderung des Profifußballs: Wer nicht kämpft, hat schon verloren

  1. Karsten Wachholz

    Juten Morjen!
    ich lese immer wieder mit Begeisterung diese Seite. Hier werde ich immer wieder dazu gebracht meine erste Meinung zu überdenken zu Hinterfragen.
    Das die DFL und auch der DFB sich umstruktuieren muss steht fest. meine Herzensverein will die Veränderungen ins Rollen bringen. Einer muss ja anfangen, warum nicht wir?! Stolz bin ich, dass ich als Mitglied vor der veröffentlichung informiert werde, das zeigt sich immer wieder das wir eingebunden werden. Das ich nicht als selbstverständlich ansehe im deutschen Fußball.
    Für mich als Fan, müssen Monatgsspiele abgeschaft werden. Freitagsspiele finde ich soweit gut, das sollte man sich auf 20 Uhr als Anstoßzeit für alle Profispiele einigen. Die Samstag- und Sonntagspiele der 2.Liga sollten immer um 14 Uhr starten. Die erste Liga an beiden Tagen um 15:30 Uhr. Die 3. Liga Samsatag und Sonntag entweder um 14 Uhr oder gar um 12 Uhr. Bei den festen Anstoßzeiten, sollte man den Amateurfußball nicht vergessen, das dort Zeitfenster nur für Ihre Spiele bereit stehen. Mir fällt hierbei auf, dass der Amateurfußball hierbei keine Rolle spielt. Was ich verkehrt finde, als Verband der Profiligen (1., 2., 3. Liga) trage ich auch Verantwortung gegenüber den Amateuren.

  2. Was die Streuung der Anstoßzeiten angeht, habe ich gemischte Gefühle. An die 13-Uhr-Termine der 2. Liga hab ich mich so sehr gewöhnt, dass es mich nicht stört. Und Abendspiele haben schon wegen des Flutlichts ihren Reiz. Ich kann aber nachvollziehen, dass im Sinne der Auswärtsfahrer andere Rahmenbedingungen wünschenswert sind. Ich glaube nur nicht daran, dass hier Wesentliches passiert, weil es Abstriche beim Fernsehgeld bedeuten würde.

    Gewundert habe ich mich vor allem über die Aufstockungs- sowie Playoff-Vorschläge. Aber das Mehr an Spielen könnte man als Tauschangebot im Gegenzug für andere Anstoßzeiten lesen.

    Insgesamt finde ich in den Vorschlägen viel Sinnvolles, kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich dafür Mehrheiten finden. Und wenn doch, werden die Großclubs vermutlich mit Drohgebärden schnell alle wieder auf ihre Linie bringen.

  3. Sicherlich besteht eine Verantwortung oder zumindest erforderliche Solidarität der Profiligen gegenüber der Amateure. Hier liegt möglicherweise eines der größten Ungleichgewichte: schließlich müsste der DFB (mit seinen viel selbst zitierten 6 Mio Mitgliedern) diese Rechte wahren und gegenüber dem Interessebverband der Proficlubs durchsetzen. Jedoch hat der DFB dieses Thema schon längst nicht mehr als Hauptaufgabe vor Augen. Da wird nur das „Produkt“ Nationalmannschaft gepflegt.

    Die Reformanstöße der DFL und die Bestrebungen der Proficlubs sind eigentlich nur ein schlechtes Zeugnis für den DFB, der Themen wie Schiedsrichterei und Sportgerichtsbarkeit mittelmäßig durchführt. Noch dazu werden die Gemeinnützigkeit und die damit verbundenen gesellschaftlichen Anforderungen durch Schmiergeldaffären (2006), amateurhafte Beiträge zu relevanten Gesellschaftsfragen (Babelsberg, Özil) oder fragwürdige Deals mit der öffentlichen Hand (Grundstückserwerbe für Fußballmuseun Dortmund, DFB-Akademie in Frankfurt) nachhält in Frage gestellt.

    Man kann nicht immer nur an die großen Clubs und deren fehlende Solidarität appellieren, die Versäumnisse liegen auch woanders…

  4. Harry Berg

    Wenn niemand etwas tut und niemand etwas sagt, nur weil es aussichtslos erscheint, darf sich auch niemand wundern oder darüber klagen, dass sich sowieso nichts ändern lässt. Jetzt wäre die Chance für die kleineren Vereine gegeben, aufzustehen, die Stimme zu erheben und damit Union den Rücken zu stärken. Was Dirk Zingler und das gesamte Team vom 1.FC Union Berlin hier in die Runde geworfen haben, hat Hand und Fuß, ist in Summe genau das, was getan werden muss um den Charakter unseres geliebten Fußballs zu erhalten. Es zählt jetzt nicht die einzelnen Punkte zu diskutieren, sich im klein klein zu verfangen und hier jedes einzelne Für und Wider gegenüber zu stellen. Jetzt haben die Fans aller Vereine eine riesige Chance, nicht gemeinsam mit „Scheiß DFB“ ihren Protest auszudrücken, sondern mit „DFL, erhört die Thesen von Union Berlin“ auf Ihren Spruchbändern für eine positive Veränderung zu werben. Lasst uns eine neue Gemeinschaft bilden, zwischen Fans, Funktionären und Sponsoren und dann mit einem positiven Apell in allen Stadien werben.

  5. Hallo Sebastian,

    ich bin seit einigen Wochen Hörer des Podcastes und nun auch Abonnent des E-Mail-Newsletters. Ich finde beides sehr interessant und informativ und – um ein Deinem Duktus zu bleiben – kann man sagen: Ihr macht das schon ganz gut!

    Eine Frage hätte ich: Ihr habt im letzten Podcast über „Eiserne Ketten“ (finde ich super) und irgendetwas wie „Spielplan“ gesprochen. Ist das eine Seite? Wo kann ich die denn finden?

    Eisern!

  6. Radikaloptimist

    Insgesamt gute Vorschläge, hoffe dass sich andere Vereine dem Anschließen (als FCSP fan habe ich da einen besonderen im Kopf). Aber ganz schlüssig wirkt das alles nicht.
    1. Der angesprochene Widerspruch bei internationaler Wettbewerbsfähigkeit
    2. Wenn alle Meister der Regionalligen aufsteigen (sich sonst nichts ändert) würde das fünf Absteiger (also ein Viertel) aus Liga 3 bedeuten. Das kann nicht gewollt sein.
    3. Wenn man die Ligen aufstock, bedeutet das vier zusätzliche Spieltage. Also entweder Saison verlängern (kaum möglich), Winterpause abschaffen (würde dem internationalen Trend widersprechen, England führt sie gerade ein) oder mehr Spiele unter der Woche – wo man selber starke Einschränkungen vornehmen möchte.

  7. Eine ganz wichtige und alles Entscheidende Sache fehlt. Jede Entscheidung der DFL, die mit Abstimmung beschlossen wird muss öffentlich sein. Es muss also klar sein, welcher Verein für was gestimmt hat. Ansonsten könnte zum Beispiel Union einfach gegen die 50+1 stimmen und Niemand würde es merken.
    Außerdem können sich die Vereine nicht mehr mit der DFL rausreden und die DFL nicht mehr mit den Vereinen.

    Ansonsten hätte ich nur kleinere Diskussionspunkte zu den Themen.

  8. Könnt ihr das eSport (eFußball) Thema mal behandeln? Wie steht ihr dazu? In der Schweiz zeigt es ja schon Auswirkungen.

    https://www.dfl.de/de/home/dfl-intensiviert-esport-aktivitaeten-neuer-wettbewerb-fuer-clubs-der-bundesliga-und-2-bundesliga-geplant.html

  9. Tolle Initiative und Positionierung von Union! Es ist richtig, die Vorschläge zur Diskussion zu stellen, auch wenn sie nicht umgesetzt werden sollten, was ich nicht hoffe. Am meisten Gegenwind durch die reichen Clubs dürfte es bei der geforderten Änderung der Verteilung der Fernsehgelder geben, was meines Erachtens mit die wichtigste Maßnahme wäre, um einen ewigen Meister Bayern München zu verhindern.

    „Und wir lieben unseren Club und wir sind stolz auf ihn, FC Union aus Berlin“.

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