Ab einem gewissen Moment, ich würde sagen, es war kurz nach dem 1:2 für Kiel, haben wir uns gestern alle angeschaut und gedacht: „Was ist denn das für ein Freakspiel?“ Ich dachte gar nicht unbedingt an Nürnberg, weil die Spiele gegen die Franken häufig aus der Reihe tanzen und dann auch verloren werden, sondern eher an das torreiche 5:4 gegen Paderborn kurz nach dem Aufstieg 2009. Aber jedes Spiel hat seine eigene Geschichte. Und so auch das 4:3 gegen Kiel.
Es ist die Geschichte einer Unionmannschaft, die in der Offensive vor Kraft nur so strotzt, die mit Wucht über den Gegner kommen wollte und in der ersten Halbzeit die Balance verloren hatte. Es hatte so ein bisschen was von Werder Bremen in seiner Hochzeit. Und vor allem war es das Gegenteil des Spiels gegen Ingolstadt vom Wochenende zuvor. Dabei hatten tatsächlich exakt die gleichen 11 Männer auf dem Spielfeld gestanden wie beim Auswärtssieg zuvor, der mit verbissen und hart geführten Zweikämpfen gewonnen wurde.
Neu in dieser Saison bei Union: Entscheidende Tore sind immer aus der Kategorie “Tor des Monats“. #Trimmel #Skrzybski #fcunion
— Der Carsten (@Zweihalbehahn) August 5, 2017
Aber halten wir uns doch an das Schöne: Wie die Tore für Union entstanden sind, war schon extrem gut (ich gebe zu, dass ich ein paar Mal die Zusammenfassung auf AFTV gesehen habe, weil ich bei den vielen Treffern durcheinander kam). Beim Tor zum 1:1 von Damir Kreilach fand ich zwar Freistoß von Christopher Trimmel und Kopfball von Kreilach toll, aber der beste Move war der von Sebastian Polter, der mit einer Laufbewegung die Gegenspieler von Kreilach abzog und so dem Kroaten überhaupt den Platz verschaffte.
Alle meine Kinder sollen Skrib… Skrzyp… Spyk…. Stevie heißen! #fcunion
— Der Robert (@othertimes) August 4, 2017
Ähnlich auch beim 4:3, das in seiner Ausführung durch Skrzybski extrem Tor-des-Monats-verdächtig war, wo aber auch Simon Hedlund eine gegenläufige Laufbewegung macht und so den Abwehrspieler herauszieht. Diese Spielfreude zu sehen, diese Vertikalpässe und diese Abschlüsse war einfach unglaublich.
Aber ebenso unglaublich war, wie einfach zweite Bälle verloren wurden, Nachrückbewegungen nicht funktioniert haben und wie anfällig die Uniondefensive bei Vertikalbällen war. Das dürfte ein Mittel sein, das wir noch oft sehen werden, dass gegen die Innenverteidigung Pässe direkt in die Spitze gespielt werden, um Stürmer dann in Sprintduelle mit den Abwehrspielern zu schicken. Dem hatte Jens Keller mit der Einwechslung von Stephan Fürstner für Felix Kroos einen Riegel vorgeschoben. Die Qualität von Fürstner, Passwege des Gegners zuzulaufen dürfte gestern tatsächlich den Sieg gebracht haben. Ich hatte eigentlich vermutet, dass Marcel Hartel „geopfert“ wird, doch Keller sagte in der Pressekonferenz (auf AFTV): „Felix war nicht so gut im Spiel und hatte Gelb. Das war mir zu riskant.“
Eine Analyse, wie Kiels radikales Konterspiel durch Unions taktische Umstellung noch befeuert wurde und die schwierige Situation, in der sich Außenverteidiger befinden, gibt es bei Eiserne Ketten.
Union vs. Kiel #fcuhk pic.twitter.com/wjkGx3Zl3A
— Die Eisernen (@DieEisernen) August 4, 2017
Geärgert hat mich, dass der Klärungsversuch von Kristian Pedersen beim 1:2 als Eigentor gewertet wird. Der Ball wäre doch sowieso reingegangen. Hier wird dem Angreifer einfach ein Tor genommen und der Verteidiger, der beim Klären auf der Torlinie den Ball an den Pfosten schießt, von wo aus der Ball wieder zu Pedersen zurück springt und von seinem Bein ins Tor, wird zusätzlich bestraft.
Der Einschätzung „Freakspiel“ folgt übrigens auch Toni Leistner:
Hier sind alle Spielberichte der Berliner Medien:
- Skrzybski-Doppelpack entscheidet Tor-Festival (Bild)
- Spiel, Spaß und ein 7-Tore-Spektakel (Kurier)
- Skrzybski schießt Union an die Tabellenspitze (Morgenpost)
- Union schlägt Kiel nach Torfestival in der ersten Halbzeit (Berliner Zeitung)
- Wilde Stiere im Forsthaus (Tagesspiegel)
- Polter Kein Glück und dann kam noch Pech dazu (Kurier)
- Thanks for the goal fest! (union-berlin.com oder bei turus.net auch auf Deutsch)
Fotos vom Spiel gibt es hier:
Und sonst so?
- Benjamin Köhler hat offiziell seine Karriere beendet (BZ/Bild). Ich wünsche ihm einfach nur Gesundheit! Hier sehen wir ihn gestern beim Spiel mit Sven Felski, Torsten Mattuschka und Karim Benyamina:
- Es gibt neue Bierbecher bei Union. Also auch von der Form her. Keine Ahnung, was den Ausschlag zum Wechsel gegeben hat. Vielleicht werfen die sich einfach schlechter. Da genau so viel reinpasst wie vorher, soll es mir recht sein. Ich würde jetzt ein Foto mit vorher/nachher hier posten, aber ich ich habe alle unsere Becher gestern für den Mellowpark gespendet.
- Ich hatte gestern eine längere Diskussion mit jemanden neben mir, der fand, dass auf der Gegengerade einige nicht beim Support mitmachen oder singen. Das Phänomen bei ausverkauftem Heimbereich ist nicht neu. Mein Vorschlag war, doch die Leute einfach zu animieren, mitzumachen, den Neuen Zeit zu geben, sich einzugewöhnen und sie nicht anzumeckern. Daran musste ich denken, als ich diesen Zettel bei Facebook gesehen habe:
Vielleicht ist das ganz gut, manche Dinge auch einmal aufzuschreiben, auch zur Selbstvergewisserung. Ich persönlich brauche es nicht. Mir klingt es zu dogmatisch und ich lasse mir von niemanden vorschreiben, wie ich ein Spiel sehe (Mein Lieblingsmoment war beim Auswärtsspiel in Fürth, als mir meine Mutter eine Nachricht schrieb, dass meine Oma im Sterben liegt und jemand mich anpflaumte, ich solle das Telefon weglegen). Aber ich verstehe den Gedanken hinter diesen Grundsätzen. Ich finde sie gleichzeitig gut und überflüssig. Versteht ihr, was ich meine?
Update von 13.11 Uhr: Hier die Erläuterung zu den Grundsätzen aus der Waldseite
- Respekt übrigens an die Kieler Fans für den Support nach dem Spiel:
Gewinner des Abends: #HolsteinFans und der #DrehbuchAutor von #FCUKSV 4:3 Nächstes Mal gern mit #HappyEnd #Kopfhoch #2Liga #KielAhoi pic.twitter.com/gtBHX2h8aL
— Holstein Kiel (@Holstein_Kiel) August 4, 2017
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Deine Gedanken zu den Grundsätzen würde ich sofort unterschreiben, ja und nein;) also ja, ich verstehe, was du meinst:)
Ich finde die Diskussion über den Support der Gegengerade auch zwiespältig. Auf der einen Seite freue ich mich, wenn dort wo ich stehe viel los ist. Andererseits sollte jeder für sich selbst entscheiden können, wie er das Spiel verfolgen möchte. Gestern fand ich den Support auf Höhe der Mittellinie ausgezeichnet. Außerdem scheint auch auf der Waldseite nicht immer gleich viel los zu sein.
Gerade den letzten Punkt der Grundsätze finde ich etwas schwierig. Gerade wenn man direkt von der Arbeit kommt, was an einem Freitag ja durchaus passieren kann, ist es schwierig, in kompletter Union-Montur zu erscheinen. Und das sollte akzeptiert werden. Das gehört, meiner Meinung nach, auch zu dem respektvollen Umgang, der unter Punkt 4 gefordert wird. Seit wann definiert man Unioner nach der Farbe ihrer Kleidung?!
Ich fand den Support der Gegengerade auch außergewöhnlich schwach. Gab sicher schon Spiele, bei denen mehr los war, aber ich würde das gestrige als ziemlich durchschnittlich bezeichnen. Generell ist immer etwas mehr los, wenn der Gegner attraktiver ist, so mein Eindruck.
Sorry, „auch NICHT außergewöhnlich schwach“ sollte da stehen ?
[…] einmal zur gestrigen Diskussion zu den “Grundsätzen der Waldseite”: Ich komme schon damit klar und verstehe, dass da jetzt niemand am Eingang zum Block mit einem […]
Ich möchte keine Kleiderordnung oder Spieltagsuniform vorgeschrieben bekommen, wenn ich einer der schönsten Freuden des Alltags nachgehe: ein Heimspiel schauen. Wir alle teilen die Begeisterung für Fußball, Union und den familiären Umgang auf den Rängen. Ich singe gerne und leidenschaftlich, schlürfe manchmal aber nur am Bier und sauge die Stimmung auf; ich schimpfe und bin aufgeregt, lasse mich mitreißen… dazu braucht es keine Vorschriften für den richtigen und den falschen Fan.
Ich liebe die Waldseite, ich liebe die Gegengerade.
Was jedoch richtig und wichtig ist: der Umgang unter Unionen (auf den Rängen und auf dem Rasen). Kein Pfeifen, Respekt und Leidenschaft! Und es ist schön, wenn es mal geschrieben steht! Damit bin ich groß geworden, deshalb bin ich Unioner.