Blog State of the Union

Führungsspielerdiskussion reloaded

André Hofschneider hat gestern wahrscheinlich sehr bewusst diesen Satz zum 0:2 in Bielefeld gesagt: „Da vermisse ich einfach Führungsspieler.“ Nachzulesen sind die Statements des Trainers hier:

Ich weiß ehrlich gesagt nie, was ich mit solch einer Aussage anfangen kann. Sie kann wahr sein oder auch nicht. Denn das Gegenteil lässt sich nicht beweisen. Doch was ist daraus zu schließen? Dass der Klub in der Transferzeit um das Regal „Führungsspieler“ einen Bogen gemacht hat? Dass der Klub einfach das nächste Mal diese Sorte Spieler kauft und dann ist alles gut?

André Hofschneider am 30. Spieltag gegen Heidenheim, Foto: Matze Koch

Es kann doch beispielsweise sein, dass einfach die Spieltaktik nicht aufgegangen ist oder die Mannschaft sie nicht umsetzen konnte. Passiert das, sieht das gewöhnlich für uns so aus, als wollten die Spieler nicht. Als würden sie dem Gegner nur hinterherlaufen und passiv sein.

Vor allem muss sich André Hofschneider auch an seinen früheren Aussagen messen lassen. Vor dem Spiel sprach er noch vom „stärksten Kader“, mit dem er je gearbeitet habe. Jetzt vermisst er Führungsspieler.

Hierarchien bilden

Ich habe mir mal den Spaß gemacht und beim DFB nachgelesen, welche Tipps er Trainern bei der Entwicklung von Führungsspielern gibt. Der Verband nennt das „Hierarchien bilden“ und verweist dabei auf ein paar Binsenweisheiten, die wir alle von unserem Alltag auf Arbeit kennen. Führungsspieler sollten Leute sein, die Leistung bringen, Verantwortung übernehmen und selbständig Entscheidungen treffen können. Alles Anforderungen, die genau so in einer Beschreibung für mittleres Management stehen könnten.

Das ist insofern richtig, als dass ein Team auf dem Platz autonom agiert und relativ resistent für Anweisungen des Trainers ist (außer bei Unterbrechungen). Da ist es wichtig, entsprechende Spieler zu haben, die handeln können. Worauf ich hinaus will: Es ist die Aufgabe des Trainers diese Spieler zu fördern. Und deshalb klingt es für mich merkwürdig, wenn sich der Trainer einen Spieltag vor Saisonende über das Fehlen solcher Spieler beschwert.

„Das haben wir auch schon beobachtet“

Sascha Lewandowski verkündet Maßnahmen nach dem Paderborn-Spiel, Foto: AFTV

Ich erinnere mich, dass Sascha Lewandowski sehr nachdenklich war nach der Niederlage gegen Paderborn in der Hinrunde. In der denkwürdigen Pressekonferenz kurz nach diesem Spiel (gibt es hier auf AFTV) hatte Lewandowski die Hierarchie der Mannschaft geändert. Und er erzählte, wie in Gesprächen mit Mitarbeitern aus dem Verein immer wieder der Satz fiel: „Das haben wir auch schon beobachtet.“ Konkret ging es darum, dass die Mannschaft zu brav sei und nicht ans Limit ihrer Leistungsfähigkeit gehen könne. Zu viele Mitläufer. Und da sind wir wieder beim Thema „Führungsspieler“.

Ich sehe das nicht mehr so negativ wie damals und finde, dass sich eine Achse an Spielern gebildet hat, die mehr Verantwortung übernehmen. Das fängt bei Jakob Busk im Tor an, geht über Benjamin Kessel und Toni Leistner in der Defensive bis zu Damir Kreilach im offensiven Mittelfeld. Eine Lücke ist und bleibt im defensiven Mittelfeld, wo eigentlich Stephan Fürstner für diese Rolle vorgesehen war. Aber ich bin aktuell nicht unzufrieden mit Dennis Daube und/oder Felix Kroos.

Ein letzter Punkt noch und der ist auf Union bezogen rein spekulativ. Wenn es um leistungsfördernde Atmosphäre geht, wird meist gefordert, dass Verantwortung übernommen werden soll. Man muss die Leute aber auch Verantwortung übernehmen lassen und darf dann nicht über die Maßen alles kontrollieren wollen. Ideen, Wünsche und Forderungen müssen auch angenommen und dürfen nicht abgetan werden. Denn wenn Initiative bestraft wird, fördert man nur Konformität. Und genau das will man ja eigentlich nicht, wenn man Hierarchien für wichtig erachtet.

Interview mit André Hofschneider

Wenn ich das bei Snapchat richtig gesehen habe, gibt es bald ein längeres Interview mit André Hofschneider. Ich freue mich schon darauf, ihn mal außerhalb des Spieltagsrhythmus zu hören.

Und ein Nachtrag von gestern: Der Kurier berichtet vom Fantreffen in Altenbeken und fasst ein paar Aussagen von Dirk Zingler zusammen. Bobby Wood würden bei einem Wechselwunsch keine Steine in den Weg gelegt. Angesichts der Ausstiegsklausel, über die schon lange berichtet wird, ist das aber auch kaum verwunderlich.

Zum Thema Podcast: Wir schaffen es diese Woche einfach nicht, eine Episode aufzunehmen. Sorry. Aber dafür gibt es nächste Woche den großen Saisonabschlusspodcast. Auch Gero ist wieder dabei, der uns vom Spiel Bangkok United vs. Bangkok Glass berichten wird.


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1 Kommentar zu “Führungsspielerdiskussion reloaded

  1. Flipsen

    Hey Basti,

    vielen Dank für diesen längeren Blogeintrag, der sehr gut zu lesen ist. Einer der wenigen Einträge, wo ich deine Meinung vielleicht nicht ganz teile.

    Ich glaube nicht, dass Hofi meinte, es gäbe keine Führungsspieler. Gerade mit Kessel, Leistner und Brandy haben wir in meinen Augen Spieler, die vorneweg gehen können. Ich glaube, dass Hofi dieses „Vorne-weg-gehen“ in Bielefeld einfach vermisst hat. Die Spieler, die auch Fehler von den jungen Spielern ausbügeln oder auch in Phasen, wo es mal nicht so läuft taktische Anpassungen vornehmen können. Ich glaube damit hat Hofi auch Recht. Ich interpretiere es nur nicht als Kritik am Kader, sondern als Kritik an seinen Spielern, sich gerade in solchen Spielen hervortun könnten, es dann aber nicht immer machen.

    Und daraus resultiert dann auch mal dieses sich im Kollektiv verstecken, was SL damals angesprochen hat. Ich denke, dass ist ein Mentalitätsproblem, welches man möglicherweise in einem Saisonverlauf, in dem alles super läuft, gar nicht hat, aber wenn dann Schwierigkeiten auftreten, tritt es umso stärker zu Tage.

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