Blog State of the Union

Eine Enttäuschung, aber …

Als perfekte Ablenkung nach dem 3:3 gegen Nürnberg hat sich bei uns ein Kindergeburtstag erwiesen. Neun Fünfjährige lassen nicht viel Zeit, sich über so ein merkwürdiges Spiel Gedanken zu machen. Stattdessen gibt es ein Gewusel und Gerenne, das ich beinahe die Übersicht verloren hätte. So eine Horde Vorschulkinder hat eben einfach keine Grundordnung.

Union hatte diese Grundordnung durchaus. Mit einer Dreierkette. Jedenfalls über weite Strecken des Spiels, wie es das Taktik-Blog Eiserne Ketten beobachtet hat. Und wäre es der Mannschaft wie in Heidenheim gelungen, nach der Führung den Gegner vom eigenen Strafraum wegzuhalten, wir würden alle nur jubeln. Stattdessen lesen wir von der Unwohlheide (Kurier), von Heimschwäche (Tagesspiegel), einem Bußgang vor den eigenen Fans (Berliner Zeitung), von einer Defensivleistung eines Absteigers (Bild). Die Morgenpost setzt noch einen drauf und schreibt: „Aktuell bleibt Union auf Rang 14. Doch die (Nicht-)Entwicklung der vergangenen Wochen lässt Schlimmes befürchten.“

 

Alles nicht falsch, trotzdem ist mir gerade der Schluss der Morgenpost zu negativ. Denn er übersieht eine Entwicklung, die so laut war, dass sie jeder mitbekommen haben muss. Als Sascha Lewandowski den Kapitänswechsel vornahm, zwei Spieler aus dem Trainingsteam strich und die auch das Training anders organisierte, wechselte er auf eine absolute Gegnerorientierung. Seitdem geht es spieltaktisch darum, sich genau auf das Spiel des Gegners einzustellen, dessen Spiel zu zerstören und mit Kontern zu eigenen Erfolgen zu kommen.

Natürlich könnte sich der Trainer hinstellen und die mangelnde individuelle Qualität mancher Spieler im Team bemängeln und die verfehlte Transferpolitik des Vereins im Sommer hervorheben. Aber das hat er ja wohl schon gemacht. Und seine Schlüsse aus dem vorhandenen Kader gezogen. Und die hießen unter anderem: Kontertaktik, wie gefühlt 80 Prozent aller deutschen Profimannschaften sie spielen und schauen, ob zur Winterpause Verstärkungen möglich sind, die einerseits ins Preiskalkül passen und andererseits eben die Qualität in den Kader bringen, die nötig ist, um auch wieder selbst ein Spiel zu machen.

Seitdem Lewandowski diesen Kurswechsel ausgegeben hat, war klar, dass wir bis Winter sicher nicht mehr die höchste Fußballkunst zu sehen bekommen. Alles wird den reinen Punktgewinnen untergeordnet. Ich halte das für richtig. Und es ist das Gegenteil einer Nichtentwicklung. Gewinner dieser taktischen Neuausrichtung ist Steven Skrzybski (BZ), der durch Tempo und Zug zum Tor in diesem System eigentlich immer einen Stammplatz haben muss.

Das Unionspiel war nach der 3:1-Führung eine Enttäuschung. Wieder einmal. Keine Frage. Aber im Moment sind die Handlungsoptionen eingeschränkt. Oder wie es Sascha Lewandowski meiner Meinung nach vollkommen korrekt sagte: „In jeder Grundordnung der Welt muss ich irgendwann mal defensiv Zweikämpfe gewinnen.“

Erster Besuch bei Union

Wie es aussieht, wenn jemand erstmals ein Unionspiel besucht, könnt ihr euch bei I’m Emily ansehen:

https://www.youtube.com/watch?v=dIyHoR8jbDA


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