Als Denis Prychynenko im Juli 2013 zurück in die Ukraine kam, konnte der junge Deutsche mit ukrainischen Wurzeln nicht ahnen, dass die Stadt seines neuen Vereins acht Monate später von Russland annektiert wird. Es war aber alles andere als überraschend, dass Prychynenko auf die Krim wechselt, denn seine Familie kommt von der mittlerweile umstrittenen Halbinsel. Sein Vater Sergej wurde nicht nur in Simferopol geboren. Er spielte mit seinem Bruder Wladimir zusammen für den bekannten lokalen Verein Tawrija Simferopol – und beide wurden zu Legenden des zukünftigen ukrainischen Meisters.
Wladimir blieb jahrelang der Krim und Tawrija treu. Nach seiner Laufbahn als Spieler betreute er den Verein aus Simferopol in verschiedenen Funktionen als Trainer, sein Sohn Stanislaw spielte auch für Tawrija und ist mittlerweile russischer Staatsbürger. Sergej zog dagegen mit seiner Frau Elena nach Deutschland.
Foto: Matze Koch
Dort kam Denis Prychynenko auf die Welt, der neben der deutschen bis 2010 auch die ukrainische Staatsbürgerschaft besaß. Die hat er nicht zuletzt deswegen aufgegeben, weil er für die deutsche Nationalmannschaft spielen wollte. „Ich habe den deutschen Pass und mein Traum war es immer, für Deutschland spielen zu dürfen“, sagte Prychynenko in einem Interview vom Oktober 2011. Allerdings spielte Denis dreimal für die ukrainische U17, bis er den Pass abgab.
Ausgebildet wurde der gelernte defensiver Mittelfeldspieler bei Energie Cottbus und Tennis Borussia. Prychynenko zeigte schon damals sein Talent und war auf dem DFB-Zettel, doch Berufungen in die deutschen Jugend-Nationalmannschaften kamen nie. 2009 wechselte Prychynenko dann nach Schottland, wo er zunächst für die U19 von Hearts spielte. In seiner zweiten Saison wurde er zum besten Spieler der Saison ernannt – die U19 von Hearts wurde Zweiter hinter Celtic.
Foto: Matze Koch
Wegen vieler Verletzungen konnte sich Prychenenko aber nicht im A-Kader durchsetzen und verließ anschließend Schottland in Richtung Krim. Das Interesse des FC Sewastopol, der gerade in die höchste ukrainische Liga aufstieg, war groß. Auch Denis selbst, der sich mehr und mehr zum Innenverteidiger entwickelte, wollte zurück in die Ukraine – und insbesondere auf die geliebte Halbinsel. Der Wechsel war also von beiden Seiten gewünscht.
Als Mensch konnte sich Prychynenko in Sewastopol gut durchsetzen. Der Potsdamer war sehr kommunikativ und passte ganz gut in das ambitionierte Team, das in der näheren Zukunft fest mit einer Europapokal-Teilnahme rechnete. Doch so einfach war es nicht. Prychynenko wurde wieder vor allem als Innenverteidiger eingesetzt, spielte aber nicht immer fehlerlos und war nicht beweglich genug. Außerdem kämpfte er weiter mit Verletzungen – und dann kam der März 2014, der faktisch das Ende für den FC Sewastopol bedeutete.
Foto: Matze Koch
„Mir haben die ukrainische Liga, der FC Sewastopol und vor allem die Stadt sehr gefallen. Aber die Situation war so, dass das Team nicht mehr existierte. Und ich musste den nächsten Schritt machen“, sagte Prychynenko vor seinem Wechsel nach ZSKA Sofia. In Bulgarien war Denis erfolgreich, auch wenn er nicht viel spielte.
Prychynenko ist mittlerweile 23 und hatte sehr viel Unglück in seiner bisherigen Karriere. Doch am Talent und an der Professionalität wird Denis mit Sicherheit nicht scheitern. Die Position des Innenverteidigers ist ihm momentan viel lieber, es bleibt aber offen, ob sie Prychenenko wirklich mehr liegt als das defensive Mittelfeld. Vielleicht wird die Zeit beim 1.FC Union auch endlich den erhofften Durchbruch bringen, auf den die ganze fußballverrückte Familie von Prychynenko hofft.
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