Man ist werbestrategisch allerhand gewöhnt und wundert sich daher nur noch selten. Außerdem wohnt man in Berlin, wo wundern generell verboten ist. Wundern ist für Touristen („Kiekedomma Vaddi, die sitzen alle uff de Wiese, dabei is hier ja keen See!“). Das Wort „Pflegecoach“ als Bindeglied der Suchbegriffe „Jogi Löw“ und „Nivea“ bei google verwunderte mich aber dennoch ganz außerordentlich.
Nachdem ein englischer Fußballspieler namens Posh Spice (er hatte den Mädchennamen seiner Frau angenommen) seine Tätigkeit als Männergleichstellungsbauftragter der Kosmetikindustrie über Jahre hinweg aufopferungsvoll wahrgenommen hat, stellt sich die Frage, ob Fußballer Kosmetikprodukte bewerben können, ohne sich dabei lächerlich zu machen, nicht mehr. Sie können nicht, und niemand hat das eindrucksvoller bewiesen als Beckham. Mir klingelt immer noch dieses „metrosexuell“ in den Ohren.
Warum das so ist, lässt sich schwer erklären – denn prinzipiell finden Männlein und Weiblein jedweder sexueller Orientierung gepflegte Menschen gut. Sauber, frisch und duftig sollen sie sein, und rasiert zumindest im Gesicht (Männer und Damenbartträgerinnen), unterm Arm und unterhalb der Knie (jeder, der eine Frau ist oder werden möchte, sowie Radsportler).
Nun hat Kosmetik aber immer auch mit Glamour zu tun, mit Eitelkeit, mit dem Herausstellen der eigenen Person, mit der Betonung von Äußerlichkeiten. Das sind an Fußballern nicht eben die gefragtesten Eigenschaften. (An allen anderen Männern übrigens auch nicht. Ich möchte jedenfalls kein Haus mit einem bauen müssen, der ohne sein Rasierwasser den Tag zu beginnen außer Stande ist.)
(Wo ich grad lese, wie des Bundestrainers Berater heisst … aber neinneinnein, keine Witze mit Namen.)
Wenn man dann, obwohl man das alles weiß, als Fußballer trotzdem Kosmetikwerbung macht, möge man aber wenigstens konsequent sein und auf einheitliche Stilistik achten. Wer solche Oberhemden trägt, riecht doch nicht nach Nivea! (Hoffe ich.)
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