Blog State of the Union

Starker Saisonstart: Gut fürs Selbstbewusstsein, aber es ist noch nicht alles wieder gut

„Ich sehe die Spiele inhaltlich.“ Das war ein Satz von Trainer Bo Svensson in der Pressekonferenz nach dem 2:1 gegen Hoffenheim am Sonnabend, der mir seitdem nicht aus dem Kopf geht.

Bo Svensson sieht Fortschritte, aber auch noch sehr viel Arbeit; Screenshot: AFTV

Natürlich war ich nach der ersten Halbzeit hyped. Natürlich schwebe ich, weil die Männer des 1. FC Union noch unbesiegt sind. Aber ich habe mich auch etwas darüber erschreckt, als es beispielsweise in der Spieltagsbesprechung des Rasenfunks hieß, das Champions-League-Union sei zurück. Nicht, weil ich mir nicht wünschen würde, dass die Bundesliga-Teams wieder abkotzen, wenn sie gegen Union spielen müssen.

Aber ich würde gerne vermeiden, dass wir jetzt erwarten, dass alles wieder so würde wie in den erfolgreichen Spielzeiten unter Urs Fischer. Das wäre nicht nur Quatsch, weil Bo Svensson ein anderer Trainer mit etwas anderen Ideen und einer anderen Art der Führung ist. Es würde die vergangene Saison auch als Ausrutscher darstellen, nach der nur ein bisschen geändert werden muss, damit wieder alles läuft.

Was gut läuft

Deswegen mochte ich diesen Satz von Bo Svensson. Man freut sich über die Punkte weil sie den absoluten Druck etwas minimieren. Jedes Erfolgserlebnis ist gut für das Team um die vielen Misserfolgserlebnisse der vergangenen Spielzeit verblassen zu lassen. Aber in dem Satz steckt auch drin, dass er sich anschaut, wie die Mannschaft spielt.

Die erste Halbzeit gegen Hoffenheim war sehr stark und dominant gegen einen verunsicherten Gegner. Die linke Seite, auch durch Leite verstärkt, war wunderschön anzusehen. Und Jordan hatte eine klare Rolle im Spiel. Dazu machte die Dreierkette mit den Sechsern davor einen enorm sicheren Eindruck.

Das Trainerteam kann sich sehr über die Erfolge freuen, auch wenn noch nicht alles nach Plan läuft, Foto: Matthias Koch

Was noch nicht so gut läuft

Die zweite Halbzeit hat dagegen sehr gut gezeigt, woran es tatsächlich noch hakt bei Union. Wenn Jordan als Zielspieler fehlt, ist man auf hohe Präzision und sehr gute Ballverarbeitung der Offensivspieler angewiesen. Wenn die fehlt, werden die Bälle zu schnell verloren. Der Spielaufbau über den Sechserraum ist bei Union eigentlich nicht existent. Wenn ein Gegner komplett die Flügel zumacht, ist die Mannschaft offensiv aus dem Spiel heraus so gefährlich wie die berühmte Kinderbastelschere.

Nun könnte man jammern, dass ein Spieler wie Tim Kleindienst nicht den Weg zu Union gefunden hat, weil der dem Offensivspiel gut tun würde. Aber weder wir noch irgendjemand in der sportlichen Leitung können das jetzt ändern. Es wird sehr viel Geduld und Training benötigen, um die offensiven Automatismen einzuspielen.

Deshalb bin ich sehr froh, dass Union mit einer extrem stabilen Dreierkette und einem neuen Fokus auf Standards erst einmal zwei Wege für sich gefunden hat, die der Mannschaft auch die Zeit verschaffen, um sich als Team auch spielerisch zu finden.

So sehen Spieler nach einem geglückten Saisonstart aus, Foto: Matthias Koch

„Die zweite Halbzeit war nicht gut. Wir müssen auch ein paar Dinge anders machen. Das Trainerteam, die Jungs. Es ist schwer in dieser Liga zu gewinnen. Dafür muss man akribisch arbeiten“, sagte Bo Svensson auf derselben Pressekonferenz.

„Ich habe ein gutes Gefühl, aber aus dem Alltag“, sagte er weiter mit Bezug auf seine Erfahrungen aus dem Training. Ich kann das für mich bestätigen. Mittlerweile habe ich auch ein gutes Gefühl. Und das ist nach der vergangenen Saison schon sehr viel wert.

Und sonst so?

  • Taktik&Suff haben leider wenig von den Spielen live sehen können, aber schenken uns trotzdem eine neue Podcastepisode über das 2:1 der Männer gegen Hoffenheim und das 2:0 der Frauen in Andernach. Für Freunde italienischer Getränke ein Hochgenuss.
  • Marie-Louise Eta war beim Women in Football Summit in Frankfurt (DFB-Mitteilung) und hat über ihre Erfahrungen als Frau im männerdominierten Fußball, auch im vergangenen Jahr bei den Profis Männer von Union, im Deutschlandfunk Sportgespräch gesprochen

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4 Kommentare zu “Starker Saisonstart: Gut fürs Selbstbewusstsein, aber es ist noch nicht alles wieder gut

  1. Hi Sebastian, das ist eine schöne Momentaufnahme, wie man als Erfolgstrainer sagt. Da du die PK gesehen hast, frage ich mich, ob es eine Info zu Jordans Auswechselung gab. Er hat für mich ein bärenstarkes Spiel gemacht und das fehlte in der zweiten Halbzeit. Lag es an seiner gelben Karte?
    Dank dir und weiter so

    • @philipp Jordan hat der Trainer als einen der besten Spieler der ersten Halbzeit genannt und auch als einen Grund (neben der Umstellung von Hoffenheim), warum es dann einen Bruch im Union-Spiel gab. Zur Auswechslung selbst hat er nicht weiter Stellung genommen, weil meiner Ansicht nach allen Beteiligten klar war, dass es darum ging, eine Gelb-Rote Karte zu vermeiden.

  2. Senfbeilage

    Leite übrigens aus meiner Sicht ein Profiteur vom Gosens-Wechsel. Spielt eine bärenstarke Saison und scheint letzte Saison einfach überfordert gewesen zu sein vom Offensivdrang Gosens. Rothe hat da aus meiner Sicht eine bessere Balance.
    Soll kein nachschießen gegen Gosens sein, fiel mir bisher nur auf. Mochte Gosens sehr und fand ihn auch immer aufrichtig. Aber taktisch hat das Defensiv glaube ich viele Löcher gerissen (die Leite schlecht aussehen lassen haben und scheinbar am Selbstvertrauen genagt haben), offensiv uns dafür manchmal den Arsch gerettet.

  3. Diese Bemerkung mit Bezug auf Championsleague im Rasenfunk fand ich völlig überzogen. Wenn ich sie wohlwollend interpretiere, bedeute es für mich lediglich, dass gesehen wird, dass Union zurückfindet zu Dingen, die in der vorletzten Saison gut funktioniert haben.
    Auch ich sehe uns auf einem guten Weg, aber dass dieser in Europa, gar in der Königsklasse, endet, sehe ich nicht.

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