Blog State of the Union

„Ein Bild muss etwas auslösen.“

Es gibt diese Momente, da sind wir uns überhaupt nicht bewusst, dass wir vor Personen stehen, die Geschichten in Menschen auslösen können, mit Legenden. Für mich war Peter Ducke zum Beispiel einfach nur mein Sportlehrer gewesen. Hans Meyer hingegen bezeichnete ihn als Weltstar, den er trainieren durfte.

Als Torsten Mattuschka ins Kinderzimmer unseres damals noch recht kleinen Kindes trat und fragte: „Weißt du, wer ich bin?“, antwortete es so ehrlich und brutal wie vor allem Kinder es können: „Nein.“ Dabei wurde erst vergangene Woche in Gütersloh, 10 Jahre nach seinem letzten Spiel für Union, Torsten Mattuschka als bester Mann besungen, als Athanasia Moraitou zum Freistoß trat und ihn anschließend direkt versenkte.

Und es gibt Momente, da sind wir uns vollkommen bewusst, dass wir vor solchen Menschen stehen. Der Mittwochabend bei der Eröffnung der Foto-Ausstellung „Vom Waldweg in die Republik“ war solch ein Moment. Harald Hauswald, Mitbegründer der Ostkreuz-Agentur, steht wenige Meter vor uns. Er hat Bilder fotografiert, die unser Bild von Union in der Zeit Ende der 80er Jahre prägen. Wie das von den Fans, die gerade nach dem dramatischen Klassenerhalt in Karl-Marx-Stadt über den Zaun auf den Rasen stürmen. Oder Bilder von Fans auf Auswärtsfahrt mit der Reichsbahn.

Harald Hauswald (links) im Gespräch mit Dirk Fischer (Mitte), während Annekathrin Hendel fotografiert (rechts), Foto: Sebastian Fiebrig

Harald Hauswald stand also vor uns und sprach mit Dirk Fischer vom Union-Wirtschaftsrat darüber, wie er Fotograf geworden ist und vor allem, wie er zum Setfotografen des Dokumentarfilm „Und freitags in die Grüne Hölle“ wurde. Dieser gewollte Zufall gab ihm überhaupt erst die Möglichkeit, Fans im Stadion zu fotografieren.

Denn das war in der DDR-Welt unmöglich, in der sich Sportnachrichten nur mit dem Geschehen auf dem Platz, aber nicht daneben, befassten. In einer DDR-Welt, die durch Kontrolle dafür sorgen wollte, nur ein bestimmtes Bild öffentlich zu transportieren. Grölende, betrunkene und marodierende Fußballfans gehörten nicht dazu. Auch wenn ihre Leidenschaft den Fußball damals trug.

Ausstellung „Vom Waldweg in die Republik“, Foto: Sebastian Fiebrig

Als Harald Hauswald sagt, dass ein gutes Bild eines ist, dass etwas in den Betrachtern auslöst, fühle ich, was er sagt. Denn die Ausstellung schafft genau das. Jedes einzelne Bild löst etwas in mir aus. Und es ist nicht Nostalgie oder Erinnerung, weil ich dabei war. Ich habe Union in den 80ern nicht erlebt. Ich rieche bei den Bilder den Kneipenrauch, ich höre die Schlachtrufe und blöden Sprüche, ich spüre die Anspannung beim Blick von den Rängen auf das Spielgeschehen und ich fühle die tiefe Verbundenheit, die die Menschen auf den Bilder zu Union haben.

Die Ausstellung ist keine Harald-Hauswald-Ausstellung. Sie zeigt auch Fotos von Werner Mahler von Anfang der 80er Jahre und Bilder von Sebastian Wells aus den vergangenen Jahren. Alle drei fotografieren sehr unterschiedlich, aber alle drei berühren mit ihren Bildern und bringen Leute dazu, Geschichten zu erzählen oder zu verstehen.

Das Foto von Felix Kroos am Abend des Aufstieges ist ein starkes Beispiel dafür. Er steht ungläubig in den Katakomben, pustet durch. Auf dem Display seines Telefons sieht man seine Frau und seinen Hund. Und er trägt nicht seine Hose, sondern die mit der Nummer 32. Es ist die Hose von Robert Zulj.

Ausstellung „Vom Waldweg in die Republik“, Foto: Sebastian Fiebrig

Die Ausstellung wurde von Jan Hollants kuratiert und ist ganz oben im Stadion, in der Galeria BallEtage, zu sehen und wird die gesamte Saison dort hängen. Bei Stadionführungen kann sie besichtigt werden und bei extra Terminen, die der Wirtschaftsrat auf seiner Website bekannt geben wird. Und seit vergangener Woche hängen auch 12 Bilder draußen am Waldweg.

Was ist bei den Männern los?

Am Freitagabend steht das erste Bundesliga-Heimspiel der Saison an. Anpfiff gegen den FC. St. Pauli ist 20.30 Uhr. Achtet auf Baustellen im öffentlichen Nahverkehr (Vereinsmitteilung). Und falls euch ein Mittelstürmer begegnet, nehmt ihn mit und gebt ihn an der Stadion-Rezeption zu Händen von Horst Heldt ab. Denn bis Freitagabend sind noch Transfers möglich.

Der Kader von Union wird aus meiner Sicht etwas schlechter gemacht als er ist, auch wenn ich das Gefühl habe, dass in zwei Mannschaftsteilen jeweils ein Abgang nicht schlecht und ein echter Mittelstürmer prima wären. Ansonsten sollte das Thema nicht die Zusammensetzung des Kaders, sondern das Zusammenspielen sein. Es wird wohl noch einige Zeit benötigen, bis das Team die Vorstellungen von Trainer Bo Svensson so verinnerlicht hat, wie er es sich vorstellt. Und es wird noch einige Zeit dauern, bis wir alle die Erlebnisse der vergangenen Saison aus unseren Knochen geschüttelt haben.

Ich freue mich übrigens sehr, dass @fhainkind auf Instagram wieder seine Spieltags-Klebezettel kritzelt.

Was ist bei den Frauen los?

Zwei Dinge haben mich diese Woche beeindruckt. Als erstes die größe des blauen Flecks auf dem Oberarm, den Dina Orschmann aus dem Heimspiel gegen den Hamburger SV mitgenommen hat. Oder wie Nadi meinte: „Oh, ein schönes Tattoo.“

Dina Orschmann zeigt auf Instagram ihr neues Zweitliga-Tattoo, Foto: @dina.ors/Instagram
Dina Orschmann zeigt auf Instagram ihr neues Zweitliga-Tattoo, Foto: @dina.ors/Instagram

Außerdem stolperte ich beim Blättern durch das Kicker-Sonderheft zur Frauen-Bundesliga über den Fakt, dass der VfL Wolfsburg es beeindruckend findet, 2.100 Dauerkarten für die Heimspiele seiner Frauen verkauft zu haben. Wohlgemerkt, dieses Team hat gerade zehn Mal hintereinander den DFB-Pokal gewonnen. Union hat diese Marke bereits überschritten. Diese Information muss man einmal sacken lassen.

Und dann möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Union danken, die es ermöglichen, dass die Spiele im Stadion an der Alten Försterei stattfinden können. Ich glaube immer noch, dass dies der ausschlaggebende Punkt ist. Die Alte Försterei ist unsere Heimspielstätte. Hier ist Union zu Hause. Natürlich spielen unsere Profis hier. Alle unsere Profis.

Ich werde tatsächlich das machen, was wir vor vielen Jahren bei den Männern gemacht haben, nämlich versuchen zu jedem Spiel eine andere Person mitzunehmen und den Union-Virus zu übertragen. Nächste Möglichkeit ist das DFB-Pokal-Spiel gegen Leipzig. Karten gibt es hier.

Union in Podcasts

Team Taktik ist in Italien im Urlaub und klingt in der neuesten Ausgabe von Taktik&Suff deshalb so, als würde er aus einem Aquarium heraus telefonieren. Aber er stellt die richtigen Fragen nach dem ersten Bundesliga-Spiel, dem 1:1 in Mainz. Wir fragen uns aber: Kommt Team Taktik pünktlich zum Anpfiff am Freitag ins Stadion, wenn das Flugzeug erst gegen 19 Uhr in Berlin landet?

Außerdem zum Spiel in Mainz, aber auch zu den Spielen der Frauen (auch Taktik&Suff haben die Frauen-Partien im Podcast-Menü) ist auch eine Episode von Kiek an veröffentlicht worden. Mit dabei wieder als Gast: Inga Hofmann vom Tagesspiegel, die als Sportreporterin die Union-Frauen schon einige Zeit begleitet.

Ebenfalls hörenswert: Nadine aus unserem Podcast war vor der Partie gegen St. Pauli beim Millernton zu Gast und hat über Union gesprochen. Außerdem war Jennifer Zietz bei Die 45 zu Gast, einem Podcast zum Frauenfußball.


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3 Kommentare zu “„Ein Bild muss etwas auslösen.“

  1. Servus, werde Sonntag mal nach Nürnberg tukken. Sind ja nur 350 km von mir hier in NÖ. Hoffe sind ein paar Eiserne da. Mal einen ganz riesigen Dank an Euch Textilvergeher fürs gute Lesen und Hören für mich besonders an Steffi und Nadi. ( Ihr berlinert so schön )
    Einfach ein regelmäßiges Stück Heimat.

    Eisern, aus Sonntagsberg Niederösterreich

  2. Was ist (…“u.a.“…) bei den Frauen los?
    Am Sonntag, 1.9.24, 13 Uhr in Adlershof:
    Unsere U-23 Damen gegen die 1.Damen von Hertha!

    Nur mal so zur Info!
    u.n.v.e.u.

  3. „Die Alte Försterei ist unsere Heimspielstätte. Hier ist Union zu Hause. Natürlich spielen unsere Profis hier. Alle unsere Profis.“

    …sehr richtige Sätze!!! Hätte ich auch gerne am sportlichen Höhepunkt unseres Profitums so gelesen. Aber dit Jeld, dit schöne Jeld…

    Na vielleicht haben wir drauß gelernt. Auf in eine neue wilde Saison in der Wunderschönenimmergrünen!

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