Blog State of the Union

Das Pokalspiel in Gütersloh hat Union einen Vorgeschmack auf die Zweite Liga gegeben

„Der 1. FC Union Berlin gewinnt im DFB-Pokal der Frauen in Gütersloh und zieht in die zweite Runde ein.“ Das wäre die Überschrift einer sehr unaufgeregten Nachricht. In Wirklichkeit hat das Team von Trainerin Ailien Poese Drama pur geboten. Erst im Elfmeterschießen wurden die Gastgeber bezwungen, weil alle Unionerinnen trafen und Torhüterin Cara Bösl zwei Versuche von Gütersloh parierte, den letzten sehr artistisch.

Cara Bösl pariert den zweiten Elfmeter spektakulär, Foto: 1. FC Union Berlin Frauen/Instagram
Cara Bösl pariert den zweiten Elfmeter spektakulär, Foto: 1. FC Union Berlin Frauen/Instagram

Mich begleitete das ganze Spiel auf meiner Fahrt nach Hause, die wegen der erneuten Bahnbaustelle in Oranienburg so sehr verlängert wurde, dass ich auf dem gesamten Heimweg etwas davon hatte, in der S-Bahn, im Regional-Express und am Ende auf dem Rad. Denn über die gehaltenen Elfmeter jubelte ich, als ich gerade durch das Weihnachtsmanndorf Himmelpfort fuhr.

Schieben wir das erfolgreiche Ergebnis einmal beiseite, so können wir festhalten, dass Union gegen Gütersloh einen Vorgeschmack darauf bekommen hat, was in der Zweiten Liga für Fußball gespielt wird. Er ist viel körperlicher und auch wenn andere Mannschaften möglicherweise kein so starkes Pressing wie Gütersloh spielen, so werden die Union-Spielerinnen deutlich weniger Zeit zur Ballverarbeitung bekommen als noch in der Regionalliga.

Union hatte wirklich große Probleme in der ersten Halbzeit und das eigene Spiel wirkte dadurch hektisch und fehlerbehaftet. Denn Gütersloh lief konsequent und mit viel Aufwand die letzte Kette an und lauerte auf zweite Bälle. Nicht nur einmal unterlief den Unionerinnen dabei ein Fehler, so dass Gütersloh in aussichtsreiche Abschlusspositionen kam. Cara Bösl im Uniontor verhinderte Schlimmeres. Das 1:0 für Gütersloh war ein Konter, bei dem die Angreiferin mit Ball schneller als ihre Gegnerin war und die Abläufe bei der Verteidigung des Tores nicht griffen.

Ab der zweiten Halbzeit konnte Union das Spiel offener gestalten und sich über längere Ballbesitzphasen die dringend benötigte Sicherheit holen. Cara Bösl freute sich nach dem Spiel über die „griechischen Freistöße“ von Union, denn erst verwandelte Athanasia Moraitou einen ruhenden Ball direkt und danach köpfte Eleni Markou einen Freistoß von ihr ins Tor. Der Ausgleich kurz vor Schluss kam etwas überraschend, weil sich Cara Bösl bei einem Freistoß verschätzte, der ans Lattenkreuz ging und dann nicht mehr gut zum Ball stand, als Gütersloh den Abpraller ins lange Eck köpfte.

Wenn sich Athanasia Moraitou den Ball für einen Freistoß zurechtlegt, herrscht Alarm, Screenshot: @fcunion_en
Wenn sich Athanasia Moraitou den Ball für einen Freistoß zurechtlegt, herrscht Alarm, Screenshot: @fcunion_en

Interessant fand ich die Wechselstrategien beider Teams. Während Ailien Poese kurz nach der 60. Minute mit Lisa Heiseler das Zentrum verstärkte und bis zur 83. Minute alle 5 Wechsel vornahm, startete Gütersloh-Coach Daniel Fröhlich erst ab der 82. Minute mit den Wechseln und konnte in der Verlängerung noch nachlegen. Hier hatte ich aufgrund sehr vieler Krämpfe auf beiden Seiten die Befürchtung, dass Union hinten heraus die Puste ausgehen könnte und man die Partie vielleicht in Unterzahl beenden muss.

Viele Krämpfe, aber das Spiel war kein Krampf, Screenshot: @fcunion_en
Viele Krämpfe, aber das Spiel war kein Krampf, Screenshot: @fcunion_en

Mehr zum Spiel gibt es beim RBB, Kurier, Berliner Zeitung und einen Spielbericht auf der Union-Website.

Union traut sich den Bundesliga-Durchmarsch zu

Es war tatsächlich der angekündigte Pokalfight, in den Union erst hineinfinden musste. Ich bin sehr gespannt, wie sich das in der Zweiten Liga fortsetzt. Mit dem Hamburger SV wartet am Sonnabend auf jeden Fall schon ein Team, das ebenfalls den Aufstiegsanspruch hat wie Union. In der Fußballwoche sagte Sportgeschäftsführerin Jennifer Zietz nämlich auf die Frage, ob der Durchmarsch in die Bundesliga möglich sei: „Ja, auf jeden Fall. Ich habe so viel Vertrauen in den Kader und das Trainerteam.“

Ich wünsche dem Team einen erholsamen Mittwoch in der Eistonne nach der langen Rückfahrt mit dem Bus heute Nacht. Wir sehen uns am Sonnabend um 13 Uhr im Stadion an der Alten Försterei.

2.30 Uhr am Morgen irgendwo auf einer Rastsstätte auf dem Weg nach Berlin, Foto: Dina Orschmann/Instagram
2.30 Uhr am Morgen irgendwo auf einer Rastsstätte auf dem Weg nach Berlin, Foto: Dina Orschmann/Instagram

Ach ja: Gegner in der zweiten Pokalrunde ist Rasenballsport Leipzig. Nun ja.

Dirk Zingler im Sky-Interview zur Union-Strategie

Vielleicht noch ein Wort zur Sky-Übertragung: Präsident Dirk Zingler war in der Halbzeit zu Gast und sagte im Interview nicht die Worte, die man vielleicht von so einem Wohlfühl-Interview erwarten würde, sondern brachte Unions Strategie der vergangenen 20 Jahre auf den Punkt mit Botschaften, die wir alle schon im Schlaf aufsagen können, weil wir die Umsetzung dieser Strategie sehen.

In Kurzform: Es gibt jetzt nicht einfach Geld für den Frauenfußball bei Union. Das sei überhaupt kein Blickwinkel, aus dem man die Sache betrachten könne. Zuerst würde es darum gehen, dass der Verein in eine Position der Stärke kommen würde, also selbstbestimmt Entscheidungen treffen könne. Dann ginge es darum Voraussetzungen für Erfolg zu schaffen.

Und auf die Frage, ob durch die Europapokalteilnahmen der Männer nun Geld für Frauenfußball da sei, wurde Dirk Zingler sehr grundsätzlich und meinte, dass es egal sei, wie viel Geld da sei, ob 1 Milliarde Umsatz bei Real, 500 Millionen beim BVB oder gut 190 Millionen bei Union, es stehe unabhängig vom Budget jedem Club frei, wie er sein Geld verteilen würde.

Und damit hat er wenig verklausuliert dem DFB noch eine mitgegeben, der gerade bei den Investitionen sehr häufig auch als Deutscher Männerfußball-Bund firmieren könnte. Der Frauenfußball in Deutschland könnte schon längst viel weiter sein, schloss Zingler. Mit Blick auf die Weltspitze, zu der Deutschland aktuell etwas den Anschluss verloren hat, dürfte er recht haben.

Was ist bei den Männern los?

Chris Bedia darf wechseln und wurde für die Vereinssuche vom Training freigestellt (Bild). Es geisterte schon ein paar Tage durch die Unionkreise die Aussage von Dirk Zingler beim Sponsorentreffen in der vergangenen Woche, dass man wohl bis Ende des Jahres ohne Brustsponsor bei den Männern auflaufen werde. Die Bild schreibt das noch einmal auf. Hintergrund sind wohl bereits verplante Jahresbudgets bei potenziellen Sponsoren.

Das dürfte vielleicht auch erklären, warum Union möglicherweise einen kurzfristigen Deal über eine Saison mit Kleinanzeigen hat platzen lassen: Sie haben vielleicht ein längerfristiges Angebot ab 1. Januar 2025. Nehmen wir es mal als positives Zeichen, dass Union kurzfristig das Geld nicht soooooo dringend nötig hat, und stattdessen einen längerfristig lukrativeren Deal annehmen kann.

Aber wie immer gilt: Warten wir mit der Bewertung ab, bis die Tinte der Unterschriften trocken und alles bekannt ist. Insgesamt bleibt trotzdem der Fakt festzuhalten, dass es Union trotz langer Vorlaufzeit nicht geschafft hat, eine Nachfolge für Paramount rechtzeitig unter Vertrag zu nehmen. Egal wie der Verein das gerade nach außen darstellt und uns mit dem Berlin-Schriftzug (und im Herbst vielleicht noch mit einer anderen Botschaft) wie die Lemminge ins Zeughaus lockt.

Zum Schluss noch einige Worte des Kapitäns, der bei Sky etwas länger spricht, auch darüber wie es um den Teamzusammenhalt in der vergangenen Saison stand und was das neue Trainerteam jetzt anders macht bei der Entwicklung einzelner Spieler. Wenn das keine Nonmention von Nenad Bjelica ist, weiß ich auch nicht.


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4 Kommentare zu “Das Pokalspiel in Gütersloh hat Union einen Vorgeschmack auf die Zweite Liga gegeben

  1. Hi Ho,

    schoen euch wieder zu lesen! Toller Artikel :-)

    Meinst du was bestimmtes mit „und im Herbst vielleicht noch mit einer anderen Botschaft“?

    Eisern,
    Marian

    • Würde mich auch interessieren

    • @marian @zemmi Ich weiß inhaltlich nicht mehr als im Artikel der Bild steht. Dort schreiben sie: “ Zudem habe sich Union bewusst entschieden, die Fläche des Trikots im Laufe des Herbstes noch für eine eigene Botschaft zu nutzen.“ Nun kann man natürlich spekulieren, ob zwischen Mitgliederversammlung am 3.10. und Botschaft im Herbst ein Zusammenhang besteht, der vielleicht was mit dem Thema Aktien und Stadion zu tun hat.

      Im Morgenpost-Interview vom Juli hieß es:

      Was sehen Sie neben den infrastrukturellen Maßnahmen noch als ihre Hauptaufgabe für die nächsten Jahre?
      Ich möchte, dass das Stadion den Unionern, den Menschen hier in der Region gehört. Und die Familie ist in den letzten Jahren bedeutend größer geworden.

      Das klingt nach einer zweiten Stadionaktie.
      Ja, aber aus einer anderen Motivation heraus. Die Menschen, die den Klub lieben und hier zu Hause sind, denen sollen Klub und Stadion gehören. Einen erfolgreichen Bundesligisten inklusive modernem Stadion in den Besitz der Menschen zu geben, das ist das, was ich möchte. Wir werden jetzt keine Kommune daraus machen, denn Klub und Stadion müssen immer selbstbestimmt und unternehmerisch zu führen sein. Aber stellen Sie sich vor: Klub und Stadion sind im Besitz von 100.000 Unionern und handeln in einer zukunftsfähigen, gemeinnützigen und Mitbestimmung ermöglichenden Rechtsform.

  2. danke fürs kopieren und einfügen. diese Sachen sind ganz an mir vorbei gegangen. vermutlich paywall geschuldet ;)

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