Blog State of the Union

Das Brenden-Aaronson-Spiel

In unserer Bezugsgruppe hat gestern nach Unions 2-1 Sieg gegen Werder Bremen jemand geschrieben: „Das war seit langer langer Zeit das erste Mal, dass mir Union rundheraus Spaß gemacht hat und ich kein einziges Mal die Hände überm Kopf zusammengeschlagen habe. Das war sehr schön.“ Das ist schon eine ziemlich gute Zusammenfassung des Auftritts, den die Mannschaft gestern geliefert hat. Denn der Sieg war komplett verdient, und Union von Beginn an in allen Aspekten die bessere Mannschaft. Und es gab einen herausragenden Spieler: Brenden Aaronson, der mit Abstand sein stärkstes Spiel für Union gezeigt hat.

Union Bremen
Mannschaft und Fans feiern den Sieg gegen Bremen. Photo: Matze Koch.

Aber Union war eben auch mannschaftlich sofort gut im Spiel. Die Grundlage dafür war ein aktives, engagiertes und aggressives Pressing, das wie zum Beispiel beim Spiel gegen Gladbach dafür gesorgt hat, dass Union sofort das Spiel dominiert hat. Und Bremen erwies sich als anfällig dafür, wie etwa bei einem Ballgewinn von Rani Khedira nach wenigen Minuten, nachdem Mikkel Kaufmann, der von Beginn an spielen durfte, die erste Chance des Spiels hatte. Danach machte Bremen weitere Fehler, teils auch ohne unmittelbar unter Druck zu stehen, während Union auf Grundlage der Arbeit im Pressing auch schönes Zusammenspiel am gegnerischen Strafraum zeigte. Darin konnte man fast so etwas wie eine Blaupause für ein neues tragendes Konzept für die Mannschaft sehen.

In der ersten Halbzeit blieben die dabei erspielten klaren Chancen aber noch nicht ganz so zahlreich und soweit vorhanden ungenutzt. Das änderte sich dann innerhalb weniger Sekunden am Beginn der zweiten Halbzeit, als erst Yorbe Vertessen einen freien Ball im Strafraum sehr schön in den Winkel knallte. Und dann Union direkt von Bremens Anstoß den Ball eroberte, sich an den Elfmeterpunkt kombinierte und Aaronson das zweite Tor machte.

Bevor diese beiden Tore aber auch als Grundlage für einen Sieg gefeiert werden konnten, kam Bremen durch Mitchell Weiser noch einmal heran, weil es (wie bei Weisers Chance nach 24 Minuten) einen Moment gab, in dem Union den Zugriff verloren hat. Beim Tor nach Ecke geschah das, als Weisers Verteidiger in der Szene an einem Block hängen blieb, und er deshalb ungehindert vor einem scheinbar auch überraschten Frederik Rønnow an den Ball kommen konnte. Das leichte Zittern, das danach für eine halbe Stunde bis zur 90. Minute und eine gefühlte halbe Stunde Nachspielzeit bestand, hätte früher beendet werden können, hätte man eine von etlichen Konterchancen zum 3-1 genutzt. Aber dabei fehlte dann nochmal die Präzision.

Das 2-0 für Union hat Brenden Aaronson selbst geschossen, aber das war nicht mal sein bester Beitrag zu diesem Tor. Denn das war vielmehr, wie er den im Pressing kollektiv eroberten und von Vertessen abgelegten Ball verarbeitet und ihn sich mit dem Angreifer in einem doppelten Doppelpass zugespielt hat. In seiner Dynamik und Klasse direkt im Anschluss an das erste Tor war das einer der schöneren Treffer für Union, die mir spontan einfallen.

Besonders wertvoll an Aaronsons Beteiligung an der Entstehung des 1-0 war, dass er in dieser Szene im Dribbling einem Schultertackling standgehalten hat und in Ballbesitz blieb. Das waren bisher in dieser Saison Saison allzu oft Momente, in denen Aaronson Zweikämpfe und mit ihnen Wert für Unions Spiel verloren hat. Doch in diesem Moment zeigte er, was er im Gespräch mit Jacob Sweetman bei AFTV vor dem Spiel (gutes Timing) seine ‚man strength‘ genannt hat. Die habe er sich mehr und mehr angeeignet, nachdem er in seiner Jugend stets der Kleinste und etwas schmächtig gewesen sei, und das mit Technik kompensiert habe.

Brenden Aaronson Union Berlin
Brenden Aaronson flogen gestern die Herzen zu. Photo: Matze Koch.

Diese Technik und Agilität war gegen Werder sowieso auch zu sehen, etwa bei dem Solo nach einer halben Stunde, bei dem er drei Angriffen elegant auswich, und am Ende nur dem Pass auf Yorbe Vertessen die Präzision fehlte. Und es gab eben noch etliche starke Aktionen von Aaronson mehr, zum Beispiel seinen Schuss nach einer Ecke kurz vor der Halbzeit, der bis dahin Unions gefährlichste Szene war (und das alles, obwohl er mit Irritation in den Augen zu kämpfen hatte, MOZ). Dieses Spiel hat wirklich gezeigt, wie gut und wichtig Brenden Aaronson für Union sein kann (das schreibt auch Till Oppermann für den RBB). Und es war hoffentlich auch der Durchbruch dafür, dass noch konstanter zu sehen (auch wenn offen sein dürfte, ob es eine Chance gibt, ihn nach seiner Leihe aus Leeds längerfristig zu halten).

Klassenerhalt?

In der Tabelle bedeutet dieser Sieg weiter neun Punkte und jetzt drei Plätze Vorsprung auf den Relegationsplatz. Das reicht noch nicht, um sich was den Abstieg betrifft komplett in den Urlaub zu verabschieden. Es ist aber ein weiterer wichtiger Schritt weg von diesem Abgrund (um schamlos Metaphern zu mixen). Im letzten Viertel der Liga-Saison gibt es noch Spiele gegen die Tabellenspitze (München und Leverkusen), Abstiegskandidaten (Köln und Bochum) und Mittelfeldmischmasch (die anderen Spiele). Auf jeden Fall hat die Mannschaft jetzt beste Chancen, den Klassenerhalt vielleicht sogar ziemlich souverän zu schaffen, was angesichts der historischen Niederlagenserie der Hinrunde schon bemerkenswert ist.

Presseschau

Das sind die Spielberichte:

In den Tagen vor dem Spiel gab es eine Kontroverse zwischen Bremens Fanszene und dem 1.FC Union. Die Bremer Fanhilfe warf Union vor, nach dem Spiel im letzten Mai überzogene Sanktionen dafür ausgesprochen zu haben, dass viele Bremer Fans sich während des Spiels auf dem Zaun vor dem Gästeblock aufhielten. Union entgegnete dem, die Bremer hätten sich eben nicht (wie behauptet) so verhalten, wie das typisch und toleriert ist, indem sich statt zwei bis vier Fans mehr als 15 auf dem Zaun befunden hätten. Auch habe man während des Spiels zunächst darauf hingewiesen, das nicht dulden zu können, bevor man nach Nichtbeachtung Sanktionen ausgesprochen hätte. Und schließlich sei diese Sanktion nicht die härtest mögliche gewesen, weil Union kein bundesweites Stadionverbot beantragt habe, sondern nur ein Hausverbot für das eigene Stadion ausgesprochen habe (Bericht BZ). Allerdings berichtet die Bremer Fanhilfe auch von Strafanträgen wegen Hausfriedensbruchs, die in den meisten Fällen vor Gericht jedoch keinen Bestand gehabt hätten.

Bremen Pyro Union
Bremen zündete nicht nur Pyrotechnik, sondern schoss auch Rakten über das Spielfeld. Photo: Matze Koch

Die Waldseite hat sich während des Spiels mit Bannern und Transparenten klar mit der Kritik am Verein aus Bremen solidarisiert.

Dieser Konflikt dürfte auch der Anlass oder Grund dafür gewesen sein, dass aus dem Bremer Block am Samstag wiederholt Raketen über das Feld geschossen wurden – was nun wieder definitiv den Grundkonsens für den Support verletzt.


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