Blog State of the Union

Ist das unser Union?

Wir mussten in diesem September, in dem Union nach der 0:1-Niederlage gestern in Heidenheim nun jedes Spiel verloren hat, einige Male über frustrierende Spielverläufe sprechen. Die gab es in verschiedenen Schattierungen: als aufopferungsvolle, aber am Ende enttäuschte Underdog-Abwehrschlacht; als kompetitives Spiel, in dem ein bisschen Qualität beim Gegner den Unterschied gemacht hat; und als eigentlich (phasenweise) gute Auftritte, die wegen mangelnder Effizienz und eigener Fehler nicht verwertet werden konnten. Und nun also diese Niederlage bei einem Aufsteiger, der sich bis dato in der Liga gut schlägt, die zwar nicht unverdient war, aber auch sehr unnötig. Und die für mich vielleicht das beunruhigendste dieser fünf verlorenen Spiele ist.

Das liegt nicht daran, dass Heidenheim der am wenigsten prominente und nominell schwächste Gegner in dieser Reihe war. Denn das ist ziemlich irrelevant, und um zu sehen, wie gut die Mannschaft von Frank Schmidt ihre Möglichkeiten ausschöpft, muss man nicht weiter schauen als bis zu Jan-Niklas Bestes sehr, sehr gutem Freistoßtor.

Union Berlin Kevin Behrens Heidenheim
Auch dieser Ball ging nicht rein. Photo: Matze Koch

Tatsächlich muss man da Robin Gosens als Beispiel für das ansprechen, was in Unions Spiel aktuell defensiv nicht komplett funktioniert. Der Angriff vor dem Freistoß war nicht der einzige, in dem er sich in Offensivaktionen eingeschaltet hat (in diesem Fall Becker auf links vorderlaufend, um mit den Strafraum zu besetzen), und dann nicht sofort auf Defensive umgeschaltet hat. Obwohl Heidenheim nicht in Lichtgeschwindigkeit nach vorn kam, war Gosens in der Defensivaktion abwesend. Deshalb verteidigte Diogo Leite etwas einsam auf einer Insel und kam zu spät in den Zweikampf mit Kleindienst, um dann noch unnötig zu foulen.

Wie gesagt, Szenen ungefähr nach diesem Muster gab es einige, und es war deshalb folgerichtig, dass Union irgendwann dafür bestraft wurde, die eigenen defensiven Mannschaftsteile immer wieder zum Hinterherlaufen zu zwingen. Hier stimmt aktuell die Balance nicht. Und ich glaube, dass auch die Rückkehr von Robin Knoche (ohne den Union immer verliert, wenn er fehlt), diese Probleme allein nicht lösen können wird.

Robin Gosens ist Teil der umgebauten Mannschaft von Union, die bisher die Urs Fischer-Fußball-Prinzipien noch nicht verinnerlicht hat. Photo: Matze Koch

Dazu braucht es meiner Wahrnehmung nach weitere Arbeit mit der neu zusammengestellten Mannschaft, um Unions Defensivabläufe wieder in ihr zu verankern. Übrigens sehen wir grade auch, dass es eben alles andere als selbstverständlich war, dass die in den vergangenen Saisons so Metronom-haft auf den Platz gebracht werden konnten.

Zur Wahrheit dieses Spiels gehört aber auch: Union hatte doppelt so viele Abschlüsse wie Heidenheim, einer Quelle nach 2,2 – 0.5 expected Goals, und wieder mehr Ballbesitz und eine bessere Passquote als der Gegner. Das war auch schon bei den letzten Liga-Niederlagen so, es ist aber wirklich eine Grundlage für Urs Fischer nach dem Spiel zu sagen, dass er ein gutes Spiel seiner Mannschaft gesehen habe. Union hat bei weitem gut genug gespielt, diese Partie gewinnen zu können, es aber freilich nicht getan.

Zu den Elementen, die bei Union zu Chancen, aber eben nicht zu Toren geführt haben, gehörte vor allem Sheraldo Becker. Er ist immer wieder in Dribblings gegangen und hat am Ende elf Flanken geschlagen (dazu kamen, einschließlich seiner Ecken, zwölf von Christopher Trimmel) und selbst drei Schüsse abgegeben. Es gehört zu Unions aktuell glückloser Phase, dass nichts davon in Toren resultierte – auch nicht Sheraldos Hacken-Ablage für David Datro Fofana, die mir für zwei Momente den Mund offen stehen ließ. Einen für das Zustandekommen dieses Angriffs, und einen dafür, dass daraus kein Tor fiel.

Unser Union ist das also auf jeden Fall. Urs Fischers Team sehen wir aktuell auf dem Platz trotzdem nicht in der Art und Weise, wie wir es gewohnt sind.

Das schreiben die Berliner Medien über das Spiel in Heidenheim:

Union-Nachwuchs

Unions U19-Junioren haben gestern nach Rückstand noch 1:1 in Meppen gespielt. Damit stehen die A-Junioren in ihrer Bundesliga-Staffel nach sieben Spielen auf Platz drei hinter Hertha und Wolfsburg.

Die U17-Junioren haben gegen Viktoria mit einem Tennisergebnis von 6:0 gewonnen und stehen damit im Mittelfeld der Tabelle mit je vier Siegen und Niederlagen.

Trauer um Günter Mielis

Am Freitag ist Günter Mielis gestorben. Er war einer der Mitgründer des 1.FC Union Berlin im Jahr 1966 und von 1975 bis 1982 der Vorsitzende des Vereins, vor Dirk Zingler mit der mit Abstand längsten und wohl auch einflussreichsten Amtszeit. Zingler wird in Unions Nachruf auf Mielis ausführlich zu seiner Beziehung zu ihm und zu Mielis Bedeutung für Union zitiert.

Das Union-Archiv Immerunioner beschreibt diese so: „Einer der wichtigsten Männer in der Geschichte des 1.FC Union Berlin. Mit der Amtszeit des späteren Ehrenvorsitzenden ist der Aufschwung der 70er Jahre verbunden, der den Klub aus dem Schatten der Historie von Union Oberschöneweide herauslöste und ein eigenständiges, Begeisterung erzeugendes Konstrukt erzeugte. Nicht zuletzt wurde unter Mielis die Alte Försterei ausgebaut, die dann in dieser Form den Verein bis in das nächste Jahrtausend begleiten sollte.“

Ich hatte vor ein paar Jahren die Gelegenheit, für unseren Union-Geschichtspodcast Und niemals vergessen mit Günter Mielis, natürlich schon da weit über 90-jährig, zu sprechen. Unser Beileid gilt der Familie von Günter Mielis.

Der nächste State of the Union erscheint am Mittwoch.


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10 Kommentare zu “Ist das unser Union?

  1. Du fragst: „Ist das unser Union?“
    Kurze Antwort: „Ja.“ :-)

    Vielleicht folgt ja dem Schwarzen September mit fünf Niederlagen in Folge jetzt ein Goldener Oktober… Vielleicht auch nicht. Genau dit is Union!

  2. Sagicknich

    Ditt is wieder mein Union, in dem es keine Sündenböcke gibt und ganz viel Liebe und das „Wir sind an eurer Seite“. Wie schnell wir ein mentales Siegerabo abgeschossen haben erschreckt mich manchmal etwas, man braucht ein dickes Fell, um die Häme in social media, die Ungeduld eigener „Fans“ (is ditt noch mein Union?) und die Schonungslosigkeit von Medien zu verarbeiten. Unser Trainerstab wird die Antwort auf diesen September wissen, davon bin ich überzeugt. Ein gut geölte Maschine neu zusammenzusetzen und auf eine relativ homogene Leistungsfähigkeit zu bringen braucht aus sportlicher aber auch aus gruppenpsychologischer Sicht Zeit. Seien wir gelassen und stolz auf unser Team, seien wir einfach UNION, so helfen wir uns am besten durch diese Phase.

  3. Vielleicht Rauschen wir auch über die Zweite direkt in die Dritte!? Auch das wäre Union. Einfach immer weiter Kämpfen und irgendwann auch wieder Siegen!!! Es gibt immer ein nächstes Spiel!!! Ick freu ma uff Dienstag!!! EISERN BLEIBEN

  4. Das Ziel 40 Punkte ist auf jeden Fall nicht unrealistisch. Fühlt sich ein bisschen an, als hätten wir in den ersten beiden Saisonspielen sämtliches Glück aufgebraucht. Jetzt müssen wir es neu erzwingen. Schönreden darf man sich das alles nicht, sonst endet es wie bei Hertha. Zum Glück gibt’s bis jetzt noch keine Anzeichen dafür.
    Heidenheim hat uns nun wirklich genug Räume angeboten, trotzdem hatte ich bereits nach den vergebenen Chancen der ersten 20 min das Gefühl, das Spiel kann nur durch einen Beste-Standard entschieden werden. Schnatterer-Vibes. Oh Mann …

    • Wuhleblut

      Der beste sieht nicht nur aus wie der schnatterer, der schießt auch die gleichen (schöne) kack Tore gegen uns.
      War ja klar, das dann genau so ein Tor gegen uns fallen muss und auch noch zum Sieg reicht.

      Zurzeit ist irgendwie der Wurm drinne. Chancen gabs mal wieder ohne Ende.

  5. Zur Wahrheit gehört auch. Das Tor fiel kurz nachdem unser Block in Brand gesetzt wurde. Ich empfinde es als peinlich, wenn über ein Stunde im TV erhebliche Teile unserer Anhänger rote Sturmhauben tragen bis sie dann losschlagen. Sind wir im Krieg? Wem Bengalos so wichtig sind, der soll Gesicht zeigen oder es lassen. Der Verein hat offenbar nichts aus Malmö gelernt und duldet so was weiter. Das einzige was daran ultra ist … ist ultrapubertär. Wenn in einem rappelvollen Block solche Feuer gezündet werden. Macht es mit Absprache wieder bei uns auf dem Dach der AF und lasst es ansonsten. Das wäre ultra.

    Zum Spiel: ich sehe auf dem Platz leider kein 100%iges Team mehr. Das Mannschaftsgefüge scheint mir nicht ganz intakt zu sein. Wer führt das Team im Spiel? Trimmi scheint es mir nicht mehr zu sein. Gosens ist es noch nicht. Khedira fehlt.

  6. Bernd vermisst einen Führer und erkennt vor dem TV hockend mal wieder als Einziger die Wahrheit: Pyro führte zum Gegentor. Danke für diese Erleuchtung und die Anweisung was, wer, wann und wo ultra zu sein hat.

    • Lieber Rob, hast du auch was Konkretes anzumerken, ohne denjenigen der offenbar eine andere Meinung hat als du, abwerten zu müssen?

  7. Ich persönlich teile Daniels Meinung. Er hat die Frage ja extra provokant gestellt.

    Und nur weil der Hypetrain den Bremsfallschirm gezündet hat, hat sich nichts, aber auch gar nichts für uns geändert. Diejenigen, die uns in den letzten Jahren ein permanentes Überperformen zugeschrieben haben, sehen jetzt plötzlich eine Krise. Wie absurd.

    Das wir uns aktuell für unser stark verbessertes Spiel nicht belohnen ist offensichtlich. Um das zu sehen, muss man keinen Trainerschein haben. Aber das wird. Definitiv!
    Kein Absturz in Liga 3!
    Das Vertrauen ist aufgrund des intensiven Wirkens der Akteure, die uns dahin gebracht haben, wo wir jetzt sind (Scheiße, wir spielen CL ;-) ungebrochen.
    #DZUFOR! Fussballgott!

    Ein Gedanke zum Support (inkl Pyro- seit einiger Zeit wohl mal wieder).
    Ich persönlich habe den Eindruck, dass unsere Mannschaft in Teilen dieser bedingungslosen Liebe und der fast unkritischen Unterstützung im Stadion etwas hilflos gegenüber steht. Einige Spieler wirken übermotiviert und auch blockiert in ihrem Versuch, uns gerecht zu werden. Was absurd wäre, aber wer das so nicht kennt, braucht Zeit, um die Lockerheit zu entwickeln, seine Leistung in so einem Umfeld abrufen zu können. Bin nicht Sigmund PsychoDoc Freud, aber mir ginge es als Mensch auf dem Platz so;-)

  8. Oliver Arndt

    Krise? Seh ich nicht. Es ist auch immer gut, wenn man weiß was aktuell nicht passt. Dann kann man dran arbeiten. Ich bin auch sehr gelassen und freue mich einfach drauf, wenn die Mannschaft weiter zusammenwächst und weiter so ackert.

    Pyro-Kritik? Kann man machen, habe ich dennoch kein Verständnis für. Gehört zum Fußball einfach dazu und schafft Atmosphäre. Nicht mehr und nicht weniger.

    Eisern!

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