Blog State of the Union

Ein Spagat in ungeahnten Höhen – Die kommende Transferperiode wird ein Drahtseilakt für Oliver R.

Das Leben ein Fußball-Managers, eines Kaderplaners könnte sicherlich entspannter sein. Wenn mehr als der halbe Verein Urlaub macht, wenn der Großteil der Belegschaft, inklusive Spieler irgendwo in der Sonne rumliegt und einfach die Sommerpause genießt, findet zumeist die ganz heiße Phase dieser dann recht einsamen Berufsgruppe statt. Scouting-Berichte müssen zusammengetragen werden, Berater*innen kontaktiert werden, Angebote platziert werden. Heißer als die sommerlichen Temperaturen und die Gerüchteküche, wird nur das glühende Telefon. An den Ohren eines Sportdirektors, Managers oder wie bei Union, beim Geschäftsführer Profifußball. Bei Oliver Ruhnert.

Eigentlich beginnt die Arbeit aber natürlich schon viel früher. Oliver Ruhnert hat vermutlich sogar schon den ein oder anderen Transfer für die Saison 2023/24 eingetütet, ohne, dass wir davon wissen. Wieder einmal kommt ihm dabei ein Umstand zugute, den wir alle gemeinsam ein weiteres Mal genießen, wie er gegenüber dem Kurier verrät: „Wir erreichen das dritte Jahr in Folge eine wirklich gute Bundesligaplatzierung.“ Im dritten Jahr in Folge wird der 1. FC Union Berlin international spielen, soweit können wir uns alle gemeinsam mittlerweile aus dem Fenster lehnen, ohne uns zu verkühlen.

Die Planungssicherheit ist also da, aber irgendwie halt auch nicht. Ob die Endplatzierung nämlich nun für die Königsklasse, für die C-League reicht oder doch „nur“ einer der beiden kleineren europäischen Wettbewerbe erreicht wird, spielt gerade in Sachen Kaderplanung eine entscheidende Rolle. Angesichts der monetären Diskrepanz zwischen den Wettbewerben ist Oliver Ruhnerts folgende Einschätzung absolut nachvollziehbar:

„Ich glaube, die kommende Transferperiode wird die schwierigste, seitdem wir aufgestiegen sind.“

Wieder einmal wird es also eine Oliver Ruhnert Masterclass brauchen. Diesmal ist allerdings ein Spagat in ungeahnten Höhen, geradezu ein Drahtseilakt nötig. Ähnlich wie bei Abstiegskandidaten muss Union fast zweigleisig planen. Einen Kader zusammenzustellen, der mit der möglichen Herausforderung Champions League nicht überfordert ist, breit genug für diese Art der Doppelbelastung ist und zugleich nicht soweit aufgebläht ist, dass zu viele unzufriedene Spieler unter Vertrag sind (obwohl ich bei diesem Punkt angesichts des Teamgeists die wenigsten Probleme sehe) ist schwer genug.

Bei Union kommt neben der Unklarheit hinsichtlich des Wettbewerbs ein weiterer relevanter Faktor hinzu, den Klubs wie Bayern München, Borussia Dortmund und Co in diesem Ausmaße so naturgemäß nicht (mehr) haben: Der finanzielle. Sich für die einmalige Teilnahme zu verheben, die Kader- und Gehaltsstruktur zu drastisch zu verändern und langfristig sogar negativ von einer Champions League Teilnahme betroffen zu sein, wie es der HSV, Werder Bremen oder der VfB Stuttgart in unterschiedlicher Form waren, ist kein zu unterschätzendes Risiko. Glücklicherweise sieht Oliver Ruhnert dies genauso:

„Es war ja auch die letzten Jahre immer ein Drahtseilakt. Dahingehend, dass wir sportlich unglaublich performen, aber trotzdem immer kalkulieren müssen, was passiert, wenn es mal nicht so sportlich erfolgreich ist. Wir haben hier immer ein sehr, sehr striktes und gradliniges Vorgehen dahingehend, dass wir uns als Klub immer entwickeln, aber nicht prinzipiell verändern. Weil wir nur Dinge machen, von denen wir überzeugt sind. Und nur Dinge machen, die wir rechtfertigen können. Und das wird so bleiben, unabhängig von der Endplatzierung.“

Komplett verrückte Sachen können wohl ausgeschlossen werden, wie auch der letztendlich geplatzte Isco-Transfer im Winter verdeutlicht. Dennoch soll der Kader, soll die Mannschaft natürlich weiter verbessert werden. Aber auch hier wird die Luft immer dünner. Eine Mannschaft, die aufgrund einer Vielzahl von Faktoren etwas überraschend und vielleicht auch nicht unglücklich aber halt auch absolut verdient auf Platz drei der Bundesliga-Tabelle steht, kann nicht so „einfach“ verbessert werden wie ein Mittelfeld-Team. Neben einigen unbekannten Variablen wie die exakte Endplatzierung und mögliche Angebote anderer Vereine an Union-Spieler, werden die Dimensionen für signifikante Aufwertungen des Kaders immer kleiner:

„Wir haben jetzt eine Konstellation, wo es immer schwieriger wird, dieser Mannschaft weiteren Spielraum zu verschaffen. Die Überlegungen, wie du den Kader für die neue Saison siehst, ist komplexer als je zuvor.“

Oliver Ruhnert und Urs Fischer sind im kontinuierlichen Austausch, Foto: Matze Koch

Sind all diese Punkte beachtet und verbunden worden, muss noch keine Symmetrie im Gesamtgebilde vorhanden sein. Schließlich gibt es im Fußball wie im Leben auch weiche Faktoren, die einfach stimmen müssen und manchmal entscheidender sind als Laktat – oder Passwerte. Ein neuer Spieler muss zum Verein, zur Mannschaft und zum Trainer passen. Nicht nur fußballerisch sondern auch menschlich. Ein neuer Spieler muss „mit den Stärken des Trainers umgehen“ können. Aber auch mit „diesem Teamgeist, dieser Disziplin, dem unbedingten Willen“, welches der Kader seit dem Amtsantritt von Urs Fischer aber eben vor allem auch seit dem von Oliver Ruhnert selbst, verkörpert.

Dies alles zu beachten, ist sicherlich eine Mammutaufgabe, der erwähnte Drahtseilakt, viele mit Telefonieren verbundene Stunden inklusive. Also eine Herausforderung wie gemacht für einen Manager der Marke Ruhnert.

Presseschau

In der BZ geht es um die nach dem letzten Spieltag nun beste Abwehr der Bundesliga, um Unions defensive Statistiken. Und um Vereins-interne Bestmarken, die das Team von Union-Trainer Urs Fischer bis zum Ende der laufenden Spielzeit noch aufstellen bzw. einstellen kann.

Und sonst so

Um den Union-Frauen langfristig die Möglichkeit zu eröffnen in die Bundesliga aufzusteigen, wurden in den letzten Monaten verschiedene Umstrukturierungen vorgenommen, die zu einem höhreren Grad an Professionalisierung führen sollen. Nun wird die im Februar verpflichtete Jennifer Zietz neben ihren ursprünglichen Aufgaben noch die Leitung der Frauen- und Mädchenabteilung von Ailien Poese übernehmen, die sich vollkommen auf ihre Position als Cheftrainerin der ersten Frauen-Mannschaft konzentrieren soll.

Während Union im Verbund mit Adidas und Iriedaily ein Sondertrikot herausbringt, welches den Bau eines neuen Skateparks im Mellowpark finanzieren soll, engagieren sich Teile der Szene Köpenick als Betreiber in einem Jugendclub in Treptow-Köpenick.

Außerdem können nächste Woche wieder Spenden für Geflüchtete zum Fanhaus nahe des Stadions gebracht werden.

Fortuna Düsseldorf plant zukünftig allen Zuschauer*innen, inklusive Gästefans, freien Eintritt zu Heimspielen zu gewähren. Das Vorhaben ist als Pilotprojekt angelegt und birgt auch Gefahren wie Fan-Sprecher verdeutlichen.


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7 Kommentare zu “Ein Spagat in ungeahnten Höhen – Die kommende Transferperiode wird ein Drahtseilakt für Oliver R.

  1. GrischasErbe

    „Komplett verrückte Sachen können wohl ausgeschlossen werden“ -> ist sicherlich auslegungssache, aber in meinem Buch ist eine Transferverhandlung mit dem (finanziell angeschlagenen) FC Barcelona (wenn wahr) schon etwas, was unter die Rubrik „verrückte Sachen“ zu zählen ist. Und das ganz unabhängig von irgendwelchen Fragen, welcher Europapokal-Wettbewerb es werden könnte…

    https://www.fussballeuropa.com/news/bundesliga-hollywoodreifer-deal-fur-union-berlin-gesprache-mit-barcas-sergino-dest-vor-abschluss-2023-04

    • ich finde dazu passend, dass der spieler laut artikel sagt, er wolle barça ja nicht verlassen (aber an AC Mailand ausgeliehen wurde) und due bundesliga findet er auch nicht so spannend.
      ehm… warum würden wir den dann leihen wollen?
      Naja, egal, in Oli we trust :-)

      und wenn wir schon absurde transfers aus spanien bekommen, dann doch lieber athletico, die unserem spiel eher „ähnlich“ wären…?

  2. Oliver Arndt

    Urs bekommt den schon in die Spur :) Und wenn nicht, wird er einfach nicht viele Einsätze bekommen. So ziemlich alle bisherigen Transfers in der letzten Periode, waren sehr erfolgreich. Vielleicht klappt dann auch mal einer nicht so gut. Sicherlich kann man das dem Olli dann auch mal verzeihen. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, das es wieder ein genialer Coup wird.

  3. Daniel vom Schlachthofviertel

    fussballeuropa.com schreibt:
    „Nach Informationen des spanischen Portals todofichajes.com sind die Gespräche zwischen Union und dem FC Barcelona bezüglich Sergino Dest praktisch abgeschlossen.“
    Eine Plattform zitiert eine andere Plattform, ohne eigene Informationen und ohne die Quellen zu nennen. Darauf sollte man nicht viel geben.

  4. Maria Draghi

    Was bei der Beschreibung des Spagat fast zu kurz kommt ist die wirtschaftliche Komponente. Siehe Beispiel BMG. Nachdem die sich für die CL qualifiziert hatten wuchsen allseits die Forderungen (Spieler, Berater,…). Plötzlich hatte man viele hochdotierte Verträge, die BMG auch bedienen musste, als sie nicht mehr CL spielten. Obendrein wurde man die Hochdotierten nicht wieder los und so kann man sich sehr leicht aus der CL in eine Abwärtsspirale hineinmanövrieren (in Gladbach wird teil für die kommende Saison Abstiegskampf erwartet).

  5. mario christen

    Wie viele Beraterinnen kennt denn der Autor?

  6. Torsten Viedt

    Super Sportdirektor Oli(gibt es einen Besseren-NEIN)hat definitiv einen Masterplan.
    Super Trainer Urs(gibt es einen Besseren-NEIN)macht Alles möglich,aber Spieler wie Dest(ist ja ein Guter,keine Frage)brauchen wir nicht,wenn sie keinen Bock haben Bundesliga zu spielen.
    Das ist einfach Mal unser Tagesgeschäft,alles Andere ist Bonus

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