Blog State of the Union

Was zählt ist der Verein: Kein Isco, kein Problem – Union steht im Pokalviertelfinale

Es waren aufreibende Stunden. Für manche vielleicht sogar die spannendsten ihres Union-Fanlebens, die nicht im direkten Zusammenhang mit einem Union-Spiel standen. Aber genau das ist der Punkt. Wir haben sie vor allem auf unseren Smartphones, durch Twitter-Meldungen oder andere Medienberichte erlebt. Zwar war der Austausch über die sozialen Netzwerke zwischen vielen Unionerinnen und Unionern enorm, mit einem Stadionbesuch, mit dem direkten Kontakt zueinander, mit dem was Union dann eigentlich ausmacht, hatte es aber dann doch nicht viel gemein.

Union, das waren nicht die seit dem Wochenende immer mehr aufkommenden Berichte über die vermeintliche Verpflichtung eines Weltstars. Union, das ist nicht das Warten auf eine Pushnachricht bezüglich eines bestätigten Transfers. Union ist auch nicht die fast kindliche Vorfreude auf einen Spieler, der eventuell für Union auflaufen könnte. Bei Union zählt vielmehr das Team und nicht der Einzelne.

Union, das ist der gemeinsame Stadionbesuch, eine in Flutlicht getränkte Alte Försterei, es ist ein Ort an dem jeder Fußballer, der sich das Union-Trikot überstreift ein Fußballgott wird. Was zählt ist aber immer der Verein und nicht der Einzelne.

Denn auch wenn die gescheiterte „Transfer-Saga“ wirklich unterhaltsam war (und sich viele, mich eingeschlossen, vom Hype anstecken haben lassen), stand für diesen Verein gestern nach all der Aufregung ja auch noch das eigentliche Kerngeschäft an: In einem ziemlich wichtigen, in einem KO.-Spiel, in einem Pokal-Achtelfinale wurde Fußball gespielt.

Union gewinnt das Pokal-Achtelfinale gegen Wolfsburg

Natürlich sind fast alle Union-Spieler Profis, die schon mehrere Transferperioden, Vertragsverhandlungen und ähnliches mitgemacht haben. Die Mannschaft optimal auf ein solch entscheidendes Spiel optimal einzustellen, war für das Trainerteam um Urs Fischer angesichts der Umstände wahrscheinlich dennoch eine große Herausforderung. Doch was soll man sagen? Dieses Team stellt sich nicht nur immer wieder äußeren Widrigkeiten und Herausforderungen, es meistert sie auch Spiel für Spiel, Woche für Woche. Immer wieder. So auch gestern.

Im vierten Pflichtspiel 2023 geriet die Mannschaft von Urs Fischer gegen den VfL Wolfsburg, der gerade eines der Form-stärksten Teams (neben Union natürlich!) im deutschen Profifußball ist, zum dritten Mal in Rückstand. Und wieder, zum nun dritten Mal in diesem Jahr, bog Union die Partie verdientermaßen um und steht damit, auch schon wieder (!) im Pokal-Viertelfinale.

Dabei begann das Spiel bei strömenden Regen denkbar unglücklich für Union. Janik Haberer hob das Abseits gerade wieder das Spielfeld betretend auf und Wolfsburg konnte in Person von Luca Waldschmidt zum 1:0 einschieben.

Die Befürchtung Union könnte nun nervös werden und sich schwer tun den frühen Gegentreffer wegzustecken, löste sich nach gut zehn Minuten Spielzeit insofern auf, da Urs Fischers Team sich immer mehr aus der Wolfsburger Umklammerung löste und sich spielerisch dem hohen Anlaufen widersetzte. Nach einer einstudierten Eckenvariante brachte Neuzugang Josip Juranovic eine perfekte Flanke auf Robin Knoche, der in Mittelstürmer-Manier einschob. Auch wenn bis zur Pause nicht mehr allzu viel passierte, hatte Union durch Jordan noch die beste Chance, als der Angreifer seine Durststrecke leider nicht beenden konnte und mit einem Kopfball an der Latte scheiterte.

In der zweiten Halbzeit gab es ebenfalls nicht unbedingt ein Chancen-Festival zu bestaunen. Union kontrollierte die Partie größtenteils. Zudem verhalf Urs Fischer nach gut einer Stunde Aïssa Bilal Laïdouni zum Debüt im Union-Trikot, der sich mit guten Balleroberungen und klugen Pässen direkt ansprechend einfügte. Alles im allen ein guter Einstand für den tunesischen WM-Fahrer. Der andere Neuzugang mit WM-Einsatzzeiten, Juranovic, hatte beim 2:1-Siegtreffer wiederum seine Füße mit im Spiel. Durch einen schönen Steilpass auf die rechte Seite nahm er gleich mehrere Wolfsburger aus der Aktion.

Paul Seguin, der sich immer besser einfügt und mittlerweile in jedem Spiel eine klare Option für die Anfangsformation ist, zog daraufhin eine schöne Flanke auf den langen Pfosten wo Becker den Ball auf Kevin Behrens ablegte und dieser den Ball über die Linie drückte. Nachdem kurz zuvor eine BB(Behrens/Becker)-Kombination noch von der Wolfsburger Hintermannschaft gestoppt worden war, hatte sich nun auch das Spielergebnis komplett gedreht.

Trotz einer sehr fragwürdigen gelb-roten Karte aufgrund einer angeblichen Schwalbe von Niko Gießelmann hatte Union in der Nachspielzeit noch die große Chance wie gegen Hoffenheim auf 3:1 zu stellen. Jerome Roussillon schaffte es jedoch nicht einen langen Ball von Juranovic im verwaisten Tor unterzubringen.

Nach der vergebenden Großchance von Roussillon wird dieser nach dem Schlusspfiff direkt von seinen Teamkollegen unter sich begraben, Viertelfinale! Foto: Matze Koch

Doch mit dem Abpfiff Sekunden später war das vollkommen egal. Vielmehr stürzte sich die halbe Mannschaft auf Roussillon und feierte gemeinsam. Union eben. Und noch etwas war vollkommen egal: Ein gescheiterter Transfer und die Aufruhr darum. An Isco dachte in diesen Momenten keine Unionerin und kein Unioner mehr.

Der geplatzte Isco-Deal

Ohne sich jetzt zu sehr an den Spekulationen zu beteiligen, wer sich nun genau nicht mehr an welche Absprachen gehalten hat, bleibt einiges an Erkenntnisgewinn zum in quasi letzter Minute doch noch gescheiterten Wechsel von Isco zu Union.

Zunächst ist Unions Strategie wirklich erst etwas zu verkünden oder zu kommunizieren wenn alle Verträge unterschrieben und die Tinte auf ihnen auch schon getrocknet ist, absolut richtig und bewahrt den Verein vor einer selbstverursachten Erklärungsnot. Im Endeffekt mussten nur die Medien und damit auch Textilvergehen und somit ich, zurückrudern. Union kann in Person von Oliver Ruhnert dagegen ruhig und sachlich erklären, warum der Transfer aus ihrer Perspektive doch nicht zustande gekommen ist. Und auch das ist eine Erkenntnis. Während sich viele Klubs auch aufgrund des medialen Drucks wohl dazu breitschlagen gelassen hätten, vielleicht doch nochmal das eigentlich ausgehandelte Angebot nachzubessern, bleibt Union sich den eigens aufgelegten Prinzipien der Vernunft treu und steigt lieber aus dem Poker aus.

Angesichts der durch viele Medien schon als perfekt gemeldeten Transfers und dem daraus entstandenden Trubel, brachte Urs Fischer eine sehr sinnvolle Überlegung ein, bei der aber wohl klar ist, dass sich kein Fußball-Funktionär wirklich ernsthaft damit beschäftigen wird.

Für uns Fans bleiben es einfach unterhaltsame Stunden – inklusive eines kleinen Battles mit Salzburg Nord – die ja mal ganz nett waren aber wie eingangs erwähnt halt auch nicht der Grund sind, warum wir zu Union gehen. Ich persönlich habe zudem gelernt, dass man auch wenn alle Berichte dafür sprechen lieber erstmal ein bisschen auf die Bremse tritt und noch mehr den Konjunktiv verwendet. Im Endeffekt hat Sebastian dann nämlich doch Recht behalten, die Isco-Causa war nur ein Luftschloss.

Sportlich wäre das „Projekt“ Isco zudem eine Wette mit ungewissem Ausgang gewesen. Gerade die ersten Spiele nach dem Kruse-Abgang im letzten Jahr haben gezeigt, dass es für die Weiterentwicklung der Mannschaft nicht immer gut ist einen sehr dominanten Spieler zu haben. Damals brauchte das Team einige Zeit um sich von Kruse zu emanzipieren, spielt seitdem aber im Teamverbund einen noch gepflegteren und anspruchsvolleren Ball als zuvor.

Bei Union gab es selten einen immens herausstechenden Star, Isco wäre dies in einer Form gewesen wie sie es nie zuvor bei Union gab. Ein interessant zu beobachtendes Risiko, welches wir nun eben nicht erleben werden. Stattdessen wurde die Qualität im Kader im nun endlich geschlossenem Transfer-Fenster (Sheraldo bleibt, yippie!!!) trotz des Abgangs von Julian Ryerson zu Borussia Dortmund mit den Transfers von Juranovic aber vermutlich auch durch Laïdouni und Roussillon deutlich erhöht. Alles in allem also eine weitere Oliver Ruhnert masterclass-Transferperiode: Ob nun mit oder ohne Isco. Unions Zukunft sieht mehr als vielversprechend aus.

Weitere Medienberichte zu Isco-Union-Sage

Und sonst so?

Union erweitert sein Nachhaltigkeitsteam und möchte der gewachsenen gesellschaftlichen Verantwortung des Fußballs in Zukunft noch konsequenter nachkommen.

Da gibts was auf die Ohren

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3 Kommentare zu “Was zählt ist der Verein: Kein Isco, kein Problem – Union steht im Pokalviertelfinale

  1. Isco brauchte (vertragsfrei) und wollte uns (war ja schon da). Wir aber nicht ihn. Und DAS ist eigentlich viel krasser als der angedachte Wechsel.
    Da sind mir die neuen Arbeitstiere wie Aïssa (Alter was ist der gelaufen, hat gekämpft und sich angeboten. Respekt!) lieber.
    Ich hoffe aber, dass Thorsby in der Zentrale als Kreativanker noch in Eracheinung treten kann.

  2. Union, das ist der gemeinsame Stadionbesuch, eine in Flutlicht getränkte Alte Försterei, es ist ein Ort an dem jeder Fußballer, der sich das Union-Trikot überstreift ein Fußballgott wird. Was zählt ist aber immer der Verein und nicht der Einzelne.

    Dem ist nichts hinzuzufügen…

  3. Regeltechnisch hatte sich Haberer bzgl. Abseits nie im Toraus befunden. Ein Spieler hebt auch hinter der Linie das Abseits auf (sonst könnte man ja vor der Linie stehend mal schnell über die Linie hüpfen und der Gegner wäre im Abseits). Beim Angreifer ist es anders, der kann hüpfen, um nicht im Abseits zu stehen.

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