Blog State of the Union

Danke für dieses Jahr – und auch für dieses Spiel

„Danke für Alles!“ hat gestern die Waldseite der Mannschaft des 1.FC Union Berlin gesagt, in großen Buchstaben auf einem Banner nach dem Spiel, und darüber noch einige der besonderen sportlichen Leistungen aufgezählt, die dieses Team in diesem Jahr gebracht hat. Und nichts könnte treffender sein. Denn diese Mannschaft ist auf einem guten Weg, (schon wieder) die sportlich beste Saison der Vereinsgeschichte abzuliefern. Da ist auch der Umstand, dass gestern Abend gegen Augsburg der mehr als verdiente Siegtreffer nicht fallen wollte, zwar kurz etwas ärgerlich, aber wirklich nicht weiter schlimm. Sondern war es vor allem unfassbar verdient, das erreichte noch einmal zusammen zu feiern.

Union Berlin Waldseite
Die Waldseite verabschiedet die Mannschaft für dieses Jahr aus dem Stadion an der Alten Försterei. Photo: Matze Koch.

Klar, das Team und die Trainer werden trotzdem etwas frustriert über den Ausgang dieses letzten Heimspiels sein, wie man auch Urs Fischer auf der Pressekonferenz nach dem Spiel angemerkt hat. Und das ist sehr gut zu verstehen, schließlich war Union eigentlich das gesamte Spiel über tonangebend, und ging zweimal in Führung. Und viel mehr Chancen als die zu den beiden (jeweils etwas skurrilen, wenngleich im Fall des 2-2 auch sehenswerten) Toren und einem Lattentreffer nach Ecke hatten die Gäste nicht. Dagegen hat Union sich viel mehr Gelegenheiten erspielt und für viel mehr Fluss und Schwung in der Partie gesorgt, als davon im Vorhinein zu erwarten war.

Viele von Unions Aktionen nach vorn zeigten eine sehr gute Version vom direkten Offensivspiel des Teams. Denn ‚direkt‘ heißt eben nicht nur primitive lange Bälle, sondern meint auch solche schönen Pässe wie den Flugball von Paul Seguin vor dem 1-0 durch Sheraldo Becker. Ja, diesem Tor ging ein großer Fehler von Rafa? Gikiewicz voraus:

Aber auch so musste Sheraldo noch vieles gut machen, um daraus unmittelbar ein Tor zu produzieren.

Eins der vielen taktischen Fouls von Augsburg hat Kevin Behrens mit seinem Kopfball nach dem fälligen Freistoß zum 2-1 bestraft. Und fast wäre das Union auch zu Beginn der 2. Halbzeit noch einmal gelungen, als diesmal Behrens gefoult wurde, kurz bevor dafür eine rote Karte fällig gewesen wäre. Wieder trat Niko Gießelmann zum Freistoß an, und schoss den sehr gut – an die Latte. Es sollte nicht der einzige Alu-Treffer für Union in der zweiten Halbzeit bleiben…

In der Schlussphase fehlte dann zwar doch die Frische, um den Druck und Takt von Chancen zuvor aufrecht zu erhalten. Aber auch so gab es bis in die Nachspielzeit hinein Annäherungen an den Siegtreffer.

Den hätte man natürlich sowieso gern gesehen, aber umso mehr gegen diese Truppe aus Augsburg. Ich versuche mich hier zu deren Auftritt kurz und zurück zu halten… aber es könnte sein, dass mir im Stadion so einige Beleidigungen über die Lippen gekommen sind. Ich habe hier gestern schon den Ruf Augsburgs als unfaire, wehleidige und unsympathische Treter- und Ellenbogenschlag-Truppe erwähnt. Und was soll ich sagen, sie haben ihn gestern alles andere als wider-, sich aber umso mehr hingelegt.

Presseschau

Das sind die Spielberichte zur Partie:

Taktik & Suff sind schon mit ihrer Folge zum Spiel online.

Sowieso bemerkenswert ist Unions Heimbilanz in diesem Jahr: Mit dem letzten Heimspiel 2022 gestern stehen in diesem Jahr in 20 Spielen 14 Siege, vier Unentschieden und nur zwei Niederlagen zu Buche (gegen Dortmund im Februar und gegen Union St. Gilloise). Dass es für Gegner schwer ist, im Stadion an der Alten Försterei anzutreten, ist kein Cliché, sondern ein Fakt.

Unions Kapitän Christopher Trimmel war gestern in der Flügelverteidiger-Rotation derjenige, der zunächst auf der Bank saß, während Niko Gießelmann und Julian Ryerson von Beginn an spielten – und vor allem Julian wieder sehr, sehr stark war. Nach seiner Einwechslung hatte aber auch Trimmel noch gute Aktionen – und das in seinem 100. Erstliga-Spiel für Union. Diesen Meilenstein hat ‚Trimbo‘ gestern erreicht, und zumindest, wenn die Daten von Transfermarkt stimmen, könnte das Spiel am Sonntag in Freiburg für ihn noch ein Jubiläum sein: Das 500. Pflichtspiel seiner Karriere beim SK Rapid und bei Union.

Notarzt-Einsatz während des Spiels

Überschattet wurde ein großer Teil der Schlussphase davon, dass es auf der Haupttribüne zu einem Notarzt-Einsatz kam. Aus der Entfernung der anderen Stadionteile wirkte diese Situation potentiell sehr ernst, und der Einsatz zog sich über einige Minuten hin, bis die Person mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht wurde. Wie der Verein uns mitteilt, lag aber keine akute Lebensgefahr vor.

Beide Fanszenen stellten während des Rettungseinsatzes ihren Support ein. Und durch die Lage des Geschehens auf der Haupttribüne nahe des Gästeblocks war auch aus vielen Stellen im Stadion sichtbar, dass dort etwas möglicherweise ernstes passiert. Dass in dieser Situation trotzdem vereinzelt auf der Gegengerade Schlachtrufe angestimmt werden, kann ich nicht nachvollziehen.

Jordan nicht nominiert

US-Nationaltrainer Gregg Berhalter hat seinen Kader für die Katar-Weltmeisterschaft benannt, und Jordan ist nicht Teil davon. Damit verringert sich die Zahl der möglichen Teilnehmer an dem Event von Union noch weiter…

Auch der Kader des DFB wird benannt, Medienberichte (Bild, Kicker) von heute besagen, dass Rani Khedira nicht darin berücksichtigt wird – woran vor allem bemerkenswert ist, dass das eine Meldung wert ist. Auch Robin Knoche, der wohl im erweiterten Kreis stand, ist nicht Teil des Aufgebots.

WM-Boycott und Union-Alternativprogramm

Zur WM gab es am vergangenen Wochenende ja in vielen Stadien großflächige Protestaufrufe. Gestern hat auch die Waldseite sich dazu positioniert – und dazu aufgerufen, in der Zeit des Turniers das sehr interessante und vielfältige Programm der FUMA wahrzunehmen, und die Veranstaltung in Katar nicht mit der eigenen Aufmerksamkeit zu fördern und zu legitimieren.

Das Union-statt-Qatar Programm der FUMA.

Nicht nur zu diesem Thema lohnt es sich übrigens sehr, sich die Ausgabe des Szene-Zines Wald-Seite zum Spiel gestern durchzulesen. Denn darin gab es auch sehr interessante Texte zum Umgang miteinander im Stadion, den letzten Spielberichten und weiteren Themen. Das Heft wird im Stadion verteilt, online steht es seit einiger Zeit nicht mehr zur Verfügung.

Und sonst so

Der Rand-Berliner Verein Blau-Weiss Hohen Neuendorf, dessen Frauen-Abteilung eine erfolgreiche Tradition hat und aktuell mit Unions Frauen in der Regionalliga spielt, hat ein schönes Video produziert, um zu mehr Unterstützung für den Frauenfußball zu werben – nicht nur, aber gerade jetzt in der anstehenden Profi-Männerfußball-freien Zeit.

In diesem Zusammenhang die Erinnerung: Die Union-Frauen treffen am Sonntag um 14 Uhr im Stadion an der Alten Försterei auf den FC Carl Zeiss Jena.


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21 Kommentare zu “Danke für dieses Jahr – und auch für dieses Spiel

  1. Steffen aus Hessen

    Hallo aus dem hessischen Union-Exil. Ich muss aus gegebenem Anlass kurz die heutige TEVE-Presseschau „ergänzen“. ;-)

    Im Frankfurter Raum kann man u.a. auch das Nachrichtenradio „BR24“ vom Bayerischen Rundfunk empfangen. Dessen Sportnachrichten war heute Morgen das Augsburg-Spiel einen kurzen Beitrag wert.

    Kern-Message zum Abschluss des Berichtes, mehr oder weniger genau zitiert: „Das wichtigste an dem Unentschieden ist, dass Union in der Tabelle auch nach dem nächsten Spieltag, und damit eben auch während der bevorstehenden Spielpause, nicht mehr vor den Münchner Bayern stehen kann! …“.

    Da schlich sich doch glatt ein extra sonniges Lächeln in mein Gesicht, wenn man sogar in München aktuell so ängstlich auf die Union-Ergebnisse schaut… ;-)

    In diesem Sinne: EISERN!

    Steffen

  2. „WM-Boycott“ würde ich eher mit „k“ schreiben. ;-)
    Und nur vom Lesen her (ich war nicht im Stadion) sehe ich es nicht extrem kritisch, wenn ein paar Leute weiter anfeuern trotz eines Notarzteinsatzes. Sie haben doch nicht aktiv den Notarzt behindert oder gestört, oder?

    • Der Einsatz war genau eine Reihe vor mir. Es hat keiner behindert oder gestört. Nachdem ein Ordner aufmerksam wurde hat alles wirklich extrem gut funktioniert. Es waren sofort mehrere Sanitäter da, die Zuschauer in den Reihen um die Stelle wurden ruhig aufgefordert, sich oben hinzustellen und den Gang frei zu machen. Es wurden sofort Planen aufgestellt und alles getan, um die notwendige Hilfe zu leisten. Gefühlt sofort stoppte die Waldseite. Ich hoffe, dass alles gut gegangen ist. Aber da hat Daniel ja offenbar eine Mitteilung bekommen. Alles Gute auf jeden Fall.

    • Gehört sich halt nicht.

  3. Das WS-Infoheft heißt „die Wald-Seite“ ?

  4. „In der Schlussphase fehlte dann zwar doch die Frische“ – ich hatte eher den Eindruck, die Auswechslung von Becker & Behrens hat uns den Schwung genommen.

  5. Lieber Daniel,

    mit der Vehemenz, mit der Du andere Fans disst, die offenbar einfach nicht mitbekommen haben, was passiert ist, solltest Du lieber den DfB dissen, der in solchen Situationen nicht unterbrechen lässt, oder zumindest mal Deinen guten Kontakt zu Christian nutzen, um anzuregen, in solchen Situationen mal das Mikro, oder zumindest den Fan-Ticker der App in die Hand zu nehmen. Kommunikation. Kommunikation! Wer von den Neuen weiß denn nur im Ansatz, was gerade geplant ist? Jetzt wo der Verein so enorm wächst, wird Kommunikation immer wichtiger, ist dass, was sich jahrelang bewährte, nicht unbedingt ausreichend.

    Eisern Mathias

    • In England wurden schon einige Spiele wegen Notarzteinsätzen auf der Tribüne unterbrochen. Warum der DFB sich einen feuchten Dreck darum schert, kann ich nicht verstehen und ich finde es auch unglaublich respektlos der verletzten Person und den Helfern gegenüber.
      Stimme dir auch zu, eine kurze Durchsage von Christian fände ich angemessen. Im Spiel gegen Schalke habe ich und die Leute um mich herum auch nicht mitbekommen, was passiert ist und wer sich gerade verletzt hat und war im Anschluss sehr dankbar für die kurze Mitteilung des Sprechers dort.

      Man kann es dem Verein auch selbst mitteilen, habe es heute morgen über die Spieltagsumfrage der fuma gemacht.

    • @Mathias ich habe niemanden „gedisst“, schon gar nicht „vehement“, sondern einfach mein Empfinden der Situation ausgedrückt. Und das war, dass man durchaus mitbekommen konnte, was war, und sich entsprechend verhalten.

    • Die Leute schauen aufs Spielfeld, manchmal Richtung Waldseite. Viele haben den Notfall schlicht nicht gesehen.
      Zu Beginn des Spiels war auch auf der Gegengerade ein Sani-Einsatz. Das hat auf der Waldseite auch keinen interessiert, obwohl einige gerufen und Handzeichen gegeben haben, worauf in dem Bereich auch einige Zeit Ruhe war.
      Also lieber mal nicht die eigenen Anhänger pesten…

  6. Ich glaube tatsächlich auch, dass die „Schlachtruf-Anstimmer*innen“ schlicht nicht wissen, dass eine stille Waldseite dies nicht ohne ernsten Grund macht. Wenn es anders wäre, also Menschen trotz des Wissens um den Notarzteinsatz Gesänge gegen die Stille anstimmten, wäre das tatsächlich äußerst bedenklich und unangemessen.

    • Ich habe auch erst nach einigen Minuten mitbekommen, dass Notärzte im Einsatz waren. Man guckt ja nicht die ganze Zeit in andere Blöcke. Und die Stimmung war auch nicht schlagartig weg, sondern eher schleichend. Eine kurze Durchsage würde da echt helfen. Die Mannschaft hat sich bestimmt auch gewundert, warum keiner sie mehr anpeitscht, außer Urs ;)

    • Leider weiß ich, dass zumindest einige der Schlachtrufeanstimmer sich sehr wohl bewusst waren, was gerade Phase war und ihnen das Spiel einfach wichtiger war als das Schicksal des Einzelnen. (Gute Besserung an dieser Stelle)
      „Wenn ick hier liege, will ick, dass ihr weiter anfeuert“ – Nee, werde ich auf keinen Fall tun.
      Aber Empathie kann man halt nicht erzwingen. Umso dankbarer bin ich, dass die Fanszene sich da besser verhält.

  7. Wo find ick denn dit Alternativprogramm der FuMA zur Kacke-WM?

  8. Sehr beeindruckend wie Behrens gestern gezeigt hat, dass er mehr als ein Joker oder Unruhestifter für die letzten Minuten sein kann. Ich war fast ein bisschen überrascht wie agil er gestern war und nicht nur als bloßer Wandspieler fungierte.
    Unabhängig von dem Ball zum 1:0 fand ich auch Seguin gestern richtig gut, seine Präsenz und seine Spielintelligenz könnten noch sehr nützlich werden.

    Dass wir eine derart gute Heimbilanz haben, war mir tatsächlich gar nicht bewusst. Fast schon etwas unangenehm, dass man sowas nicht mehr so wahrnimmt sondern es einfach irgendwie so ist.

    Ich find im Übrigen Christians einleitende Worte zu den Gästen (im Block) aus Augsburg sehr gelungen.

  9. Neben den extrem wichtigen VAR-Pausen brauchen wir dringend auch Pausen bei Vorfällen auf den Rängen. Ich finde es gut, wenn der Support auf den Rängen sich daran orientiert. Mit dem Spielgeschehen hat er ja nur selten etwas zu tun. ;)

    Powered by Werbeindustrie

    P.S.: Twitter abschaffen! Jetzt!

  10. Klischee ;-) gibt es auch als deutsches Wort, schon ziemlich lange sogar – sieht natürlich nicht so weltläufig aus …

  11. Nochmal zum Notarzteinsatz:
    Christian Arbeit bekommt doch auch mit, dass es merklich ruhiger wird und dass auch über eine längere Zeit. Es muss also einen Grund haben. Dass er dann aber bei den Einwechselungen trotzdem seinen normalen Stiefel fährt und mittels „und niemals vergessen…“ die Leute zum Schreien animiert, fand ich persönlich sehr unpassend.

    Aus meiner Sicht sollte man da flexibler auf das Geschehen der Ränge reagieren.

  12. Letztendlich sollte man aber auch die elektronischen Werbebanden nutzen um dem geneigten Stadionbesucher karaokemäßig Anweisungen- wer was wann und wie sich zu äußern hat- geben. Es wäre von allen Seiten einsehbar und unmissverständlich.

  13. Chris Schneider

    Danke für das Video zum Frauenfußball! Gerne mehr davon.

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