Blog State of the Union

Dieses Spiel wird niemals vergessen

Das war unüberhörbar laut. Es war unwirklich gut. Unwahrscheinlich glücklich, unvergesslich beeindruckend, unbeschreibbar versöhnlich. Einfach unfassbar schön.

Union Berlin Borussia Dortmund
Schöner kann Fußball an der Alten Försterei eigentlich nicht sein. Photo: Roßbach.

Was wir gestern bei Unions Spiel, bei Unions 2–0 Sieg gegen Dortmund erlebt haben, war nicht nur ein weiteres Kapitel in der fantastischen Erfolgsgeschichte von Union in dieser Zeit. Es war ein Höhepunkt in der Geschichte dieses Vereins, ein Abend, an dem alles gestimmt hat. Ich weiß nicht, ob dem noch fabelhaftere Höhepunkte folgen werden, oder doch, wie vielleicht auch von manchen immer noch befürchtet, der Sinkflug der Parabel. Aber für das, was das Ereignis, das sich da im Stadion an der Alten Försterei zugetragen hat, ausmacht, ist das auch egal. Denn das war einfach für sich genommen etwas ganz besonderes und wird niemals vergessen werden.

Union Berlin Dortmund Sieg Tabellenführer
Union: Zwei. Dortmund: Null. Photo: Matze Koch.

Denn dieser Nachmittag in Köpenick hätte eben wirklich nicht schöner sein können, beginnend mit dem Licht, dass die Fahnen der Waldseite besonders hübsch hat strahlen lassen, über eine selbst für seine Verhältnisse besonders gute Stadion-Playlist von Wumme, bis hin natürlich zu diesem sportlichen Auftritt der Mannschaft, der der Stimmung im Stadion angemessen war, und umgekehrt.

Beide, Tribünen und Mannschaft, waren von Anfang da und dominant. Union erspielte und erarbeitete sich so viele Chancen, dass am Ende, trotz fast 90 Minuten in Führung, in denen naturgemäß Dortmund mehr gefordert war, irgendwie zu Chancen zu kommen, mehr Torschüsse für Union zu Buche standen. Die aus dieser Anfangsphase resultierende Führung war so genau das, was Union erlaubte, eine perfekte Blaupause des eigenen Spiels abzuliefern, aber eben auch etwas, was aus der eigenen Qualität resultierte.

Darauf folgten sechzig Spielminuten, in denen (ebenfalls auf dem Feld und in der Stimmung) die Intensität nicht abriss, sondern Union Angriffsversuch um Fehlpass im Aufbauspiel von Dortmund der Bundesliga-Spitzenmannschaft jeden Weg in gefährliche Räume versperrte. Na gut, natürlich nicht jeden Weg: Selbstverständlich ist Dortmund gut genug, sich der ein oder anderen Pressingsituation zu entziehen und immerhin Bälle in die eigene vorderste Linie zu spielen. Aber die wurde von Unions wieder einmal immenser Dreierkette sehr weit weg vom Tor und fast komplett in Schach gehalten. Wieder einmal haben Diogo Leite, Robin Knoche und Timo Baumgartl sich solidarisch helfend und absichernd sehr viele Bälle abgelaufen und Zweikämpfe gewonnen.

Und als dann in der letzten Viertelstunde immer deutlicher wurde, dass das Pensum der letzten Wochen an den Kräften der Mannschaft zehrt, konnte auch Frederik Rønnow noch seinen Teil dazu beitragen, dass der Sieg nie in Gefahr geriet.

Für einen Artikel von Peter Ahrens im Spiegel über das Spiel liefert besagte Playlist Aufhänger, Überschrift und Metaphern – eine sehr schöne Beschreibung dessen, was Union in der Bundesliga aktuell ausmacht. An anderen Stellen in der überregionalen Berichterstattung (etwa hier bei der Zeit) wird immer wieder auf das Glück verwiesen, dass Union etwa beim Führungstor hatte. Dabei greift das eben als Erklärung wirklich viel zu kurz, auch wenn nicht zu leugnen ist, dass Union Glück damit hatte, dass Dortmunds Keeper Gregor Kobel wegrutschte. Aber Janik Haberer hat eben auch recht (Kurier), wenn er betont, dass sich Union und er persönlich auch in dieser Szene erst einmal in die Position bringen mussten, davon zu profitieren.

Und auch wenn dieses Tor schon nach sieben Minuten fiel und Union damit sehr früh in die perfekte Spielsituation gebracht hat, war es auch nicht die erste und längst nicht die einzige Offensiv-Szene der Mannschaft in der Anfangsphase. Schon in der ersten Minute hatte es eine Annäherung gegeben, sodass dieses geschenkte Tor auch ein Beispiel dafür war, dass das Union-Team bekam, „was ihm zusteht“.

Emblematisch für Union in der Bundesliga ist also nicht dieses glückliche erste Tor, sondern das zweite, bei dem Union genauso gut presst, wie es die Mannschaft hundert Mal in jedem Spiel macht, kompromisslos den Ball gewinnt (mal wieder ein sehr starker Zweikampf von András Schäfer) und dann einen Hackentrick humorlos, mit Geschwindigkeit und Klasse bestraft, als Janik Haberer nach Jordan-Ablage sehr schön sein zweites Tor schießt. So wie der auf dem Boden gerutschte Adeyemi, der den Ball gegen Schäfer verlor und gegen Sheraldo nicht zurückholen konnte, fühlt sich aktuell die Bundesliga, wenn sie in der Tabelle nach oben schaut.

Und auch das findet seinen Widerhall in der bundesweiten Presse, etwa in diesem Spielbericht und Kommentar dazu der Süddeutschen Zeitung. Oder auch der internationalen: Zwischen Real – Barcelona, PSG – Marseille und einem fabelhaften Napoli steht unser 1.FC Union Berlin in Überschriften wie hier beim „European football round-up“ des Guardian. Verrückt.

Nun, ungefähr so verrückt wie die Tatsache, dass Union genauso viele Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten FC Bayern München hat (vier), wie der auf Platz 11 in der Tabelle, Mainz 05. (Ja, das heißt auch, dass Tabellenplätze im weiteren Saisonverlauf munter springen können.)

Presseschau

Das sind die Texte der Berliner Medien zum Spiel:

Union Berlin St. Pauli Solidarität Polizeigewalt Fußball
Von der Waldseite gab es ein klares Statement zur Polizeigewalt gegen Fußballfans in Hamburg. Photo: Matze Koch.

Union-Frauen

Die 1. Frauen von Union hat ihr Auswärtsspiel in Leipzig gewonnen und damit die Tabellenführung in der Regionalliga verteidigt (Spielbericht des Vereins). Das Siegtor beim 1-0 schoss Abwehrspielerin Luise Wildner kurz vor der Halbzeit, auch wenn offenbar ein viel höherer Sieg das Kräfteverhältnis im Spiel besser gezeigt hätte.

In der kommenden Woche, wenn die Männer-Mannschaft von Union kein Heimspiel hat, treffen die Union-Frauen im Derby-Spitzenspiel der beiden einzigen ungeschlagenen Teams der Liga auf Türkiyemspor. Anstoß auf dem dem Fritz-Lesch-Sportplatz ist um 14 Uhr, der Eintritt ist frei. Muss man mehr sagen?


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14 Kommentare zu “Dieses Spiel wird niemals vergessen

  1. Musiclover

    Es wäre schön, wenn Union sich dafür einsetzen könnte, dass das Spitzenspiel der Frauen schon auf 13 Uhr vorgezogen wird! Dann hätte man zumindest die Chance, beide Spiele des 1. FC Union am Sonntag live bzw. am TV zu verfolgen.

    • Das wäre für die Interessierten schön, aber glaube, dass das Textilvergehen darauf wenig Einfluss hat. ;)

  2. @Daniel: Im zweiten Satz bei den Frauen fehlt ein „vor“ um die Zeitangabe richtig zu halbieren.

  3. Maria Draghi

    Kleiner Malus des Erfolges: In dessen Angesicht werden noch weniger Unioner bereit sein, Dinge zu thematisieren, die man besser machen kann.

    Kommunikation mit den Mitgliedern verbessern? Wozu – wir kommunizieren doch mit der FuMA. [also mit uns selbst]
    Anträge der Mitglieder? Welche Anträge?
    Hybride Mitgliederversammlung? Wozu?
    Fragen der Mitglieder? Welche Fragen?
    Kritik am Präsidium? Welche Kritik?

    Union wird man wieder so tun als ob es das alles nicht gibt.
    Das Gute ist der Feind des noch Besseren.

  4. Danke an Daniel für diesen SoTu!

    Was Union mit uns macht (und wir mit Union) ist einfach völlig unfassbar. Das zu erleben ist nur wenigen Fanseelen vergönnt und wenn, dann meistens nur einmal im Leben.
    Lasst uns das feiern und geniessen, und vor allem genau so weitermachen.

    Neben dem rein sportlichen, das ja schon irre genug ist, kommt diese ziemlich einzigartige Konstellation im Verbund von Verein, Fans, Stadion, Mannschaft, Stadtteil, und das mit der gegebenen Stadionkultur.

    Das ist alles so sagenhaft besonders und einzigartig, das muss man sich wirklich mal bewusst machen.

  5. waschweiber

    Richtig! schöner kann Fußball nicht sein. Ich finde ein gelungenes Foto.
    Sonne. Hebst (Meister). Grüner Rasen. Wassernebel, für das was noch kommt. Volles Haus.
    Und dann das Ergebnis!
    Weiter so Jungs, lasst uns die Bayern weiter ärgern. Und in den Genen von Paul ist doch verankert das noch mehr geht. Denke gern an 1974 zurück.

  6. Der Polizeieinsatz in Hamburg, wie in dem Video zu sehen, ist so nicht zu akzeptieren.
    Aber nur zur Info : Etwa 150 bis 200 mitunter maskierte St.-Pauli-Fans hatten zuvor versucht, an den HSV-Fanmarsch heranzurücken. Sicher nicht mit friedlichen Absichten.
    Jetzt aber pauschal alle Polizisten als Schweine und Bastarde zu beschimpfen finde ich nicht O.K.
    Mir stellt sich aber auch die Frage, ob unsere Szene, nach all den Vorfällen in letzter Zeit das moralische Recht hat hier die Moralkeule zu schwingen?
    Um mich nicht falsch zu verstehen. Ich finde die genialen Aktionen, wie z.B. die Choreographie im Malmöspiel bei uns fantastisch. Fakt ist aber doch auch leider, dass ohne Polizei kein Fussballspiel in der Bundesliga möglich ist, weil dann der kleine Mob an gewaltbereiten „Fussballfans“ sich gegenseitig die Fresse einschlagen und unbeteiligte wirkliche Fans einer Gefahr aussetzen
    UNVEU

  7. @dHart Es gibt Augenzeugenberichte, die genau dieser Darstellung widersprechen. Siehe MILLERNTON

    Danke, lieber Daniel, für die sehr gute und präzise Einordnung der Gesamtsituation in den ersten Absätzen. Ich bin sehr dankbar, all das miterleben zu dürfen. Wichtig finde ich gerade, jeden Moment in vollen Zügen zu genießen. Auch wenn ich Daniel ebenso zustimme, dass qualitativ ein neues Niveau erreicht wurde, von dem aus schon viel schiefgehen müsste, um wieder in dunkle Zeiten zurückzufallen. Nur eben das aktuelle Schweben über den Dingen werden wir wohl auch in Zukunft nicht noch häufig erleben.

  8. Gibt es die Playlist vom Sonntag auch bei Spotify?

  9. Also ich war nur am Fernseher aber was da abgegangen ist Chapeau…..an Fäns Mannschaft….einfach alle…auch der Schiedsrichter war wirklich gut (ich bin auch einer )grins…..und ich kann nur jedem empfehlen hört info radio den Podcast mit Beecke und Kruse….eine wirklich gute und ich war bzw. bin immer wieder überrascht sehr gute Analysen auch über Charlottenburg…..?…

    Eisern seit 1978…..Biene

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