Blog State of the Union

Unbesiegbar, unfassbar, Union!

Es ist wirklich passiert.

Ja, auch nach dem Heimspiel gegen den Rekordmeister, Branchenprimus, Budget- bzw. Marktwertkönig und Fernrohr-Verteiler Bayern München ist der 1. FC Union Berlin in dieser Saison noch ungeschlagen und Spielzeit-übergreifend seit zwölf Partien unbesiegt.

Obwohl ich im Verlauf der Woche recht positiv gestimmt war, dass auch gegen den übermächtig erscheinenden Goliath aus München was gehen könnte, erwischte ich mich selbst dabei wie ich etwas erschrak, als ich sah wer da von Böni vor dem Anpfiff warm gemacht wurde. Beziehungsweise wer eben nicht. Kein Jordan, kein Haberer und auch kein Diogo Leite?

Natürlich weiß ich, dass es für Urs Fischer nahezu irrelevant ist, wen er letztendlich aufstellt solange alle ihre Aufgaben kennen. Und natürlich hat uns Urs seit seinem Dienstbeginn vor nun mehr über vier Jahren unzählige Male bewiesen, dass Union unter ihm ein perfekt funktionierendes System, ein Motor bei dem es egal ist ob man Benzin, Diesel, Gas, Elektrostrom oder sonst irgendetwas hineingibt, ist. Es läuft, egal welche Spieler auflaufen. Dennoch, mein vorangegangener Optimismus auf die Überraschung, auf die Sensation wurde kleiner.

Als dann nach dem Spiel „Keiner wird es wagen, keiner wird es wagen unsern FC U zu schlagen“ durch das Stadionrund peitschte, konnte man festhalten, dass die Überraschung ja dann auch irgendwie ausgeblieben ist. Nicht weil Union das Spiel nicht gewann, sondern „nur“ Unentschieden spielte. Nein, sondern weil Union wieder genau so spielte wie wir alle Union kennen, wie wir alle uns das gewünscht haben und dennoch immer wieder überrascht sind, wenn es gelingt. Auch wenn der Gegner Bayern München hieß, war es eben keine wirkliche Überraschung was wir auf dem Spielfeld sahen.

Nämlich ein Union-Team was von Sekunde eins an jeden Quadratzentimeter des Spielfelds beackerte, sich geradezu lustvoll in Zweikämpfe stürzte aber dabei eben nicht übermotiviert und irrational spielte, sondern einen klaren Plan verfolgte.

Eine Urs Fischer-masterclass eben. Eine von mittlerweile unzähligen.

„Wir haben die Defensivleistung für ein Topspiel gezeigt. Obwohl Bayern 70 Prozent Ballbesitz hatte, wurden wir nie passiv. Die Ketten haben heute sehr, sehr gut zusammengearbeitet.“ (Urs Fischer)

Dass dies wieder einmal so gut gelang, lag auch an der Atmosphäre in der Alten Försterei. Alleine die Choreo vor Anpfiff („Wir werden siegen oder verlieren, das ist egal. Wir stehen zu dir. Wir sind vor lauter Liebe so krank, dem Fußballclub Union Berlin sei Dank.“) kann den Spielern nur noch mehr Selbstvertrauen und Sicherheit geben.

Sie brachte gut auf den Punkt worum es geht, wenn wir zu Union gehen. Um vieles, ums Miteinander, um die Liebe zum Verein, aber eben nicht primär darum ob es einen Sieg oder eine Niederlage gibt. Treffend brachte diesen Umstand dann auch der sehr lesenswerte NTV-Artikel auf den Punkt:

Es sind diese Variationen der Geschlossenheit, die auch die Bayern stolpern ließen. Wer nichts zu verlieren hat, kann alles gewinnen.

So ähnlich hatte ich es auch am Dienstag im SotU formuliert. So ähnlich formulierte es auch der überragende Julian Ryerson, der Kingsley Coman – immerhin einer der größten Titelsammler im Weltfußball – völlig abmeldete und entnervte:

„Die Atmosphäre drumherum, wie wir füreinander kämpfen, das macht was mit uns. Dann kann man das auch ein bisschen genießen.“

Exemplarisch waren dafür für mich die letzten Minuten des Spiels. Nachdem zu Beginn der zweiten Halbzeit vom neu installierten Capo-Podest berechtigte Ansagen bzgl. der zu diesem (kurzen) Zeitpunkt mauen Stimmung kamen, erreichte die Alte Försterei insbesondere in den letzten zehn Minuten dann volle Betriebstemperatur und mehr. Höhepunkt war dabei das Solo von Jamie Leweling, was in meinen Augen bzw. Ohren von einen der brachialsten Versionen von „Hey FC Union, ole ole FC Union“ überhaupt, untermalt wurde.

Diese Szene vereinte alles, was Union an diesem Nachmittag, was dieses Team, was diesen Verein, ausmacht. Kämpfen bis zum Umfallen und direkt wieder Aufstehen. Unbändiger Wille auch gegen aussichtslos erscheinende Widerstände wie ein zigfach so teures Fußballteam immer weiterzumachen. Und dann dafür einen Applaus zu ernten, der eher nach einem Derbysiegtor in der 90. Minute oder nach einem Pokalsieg klang. Jedoch ein herausgeholter Einwurf war. Pure Gänsehaut.

Für Jamie Leweling freut es mich besonders, da in dieser Szene – genau wie einige Minuten vorher bei seiner Großchance – eine positive Enwicklung sichtbar wurde. Bei seinen ersten Einsätzen wirkte er noch etwas nervös und nicht ganz bereit für Unions Spielweise. Davon war gestern aber mal gar nichts zu sehen.

Im Gegenteil, die Eingewechselten fügten sich ebenso nahtlos ins System ein, wie die vielleicht etwas überraschend startenden Kevin Behrens, Paul Jaeckel oder András Schäfer. Egal wer letztendlich bei Union auf dem Rasen steht, es funktioniert. So gut, dass die Süddeutsche festhält, dass „es gar nicht so viele Mannschaften gibt, die in der Lage sind, die Bayern in Hinterhof-Scharmützel zu verwickeln wie dieser immer noch erstaunliche 1. FC Union.“

Während Manuel Neuer über Union konstatieren musste – „Sie waren der schwierigste Gegner bisher.“ – konnten wir nicht nur „niemand wird es wagen…“ anstimmen sondern auch vollkommen unironisch unionisch die Meisterplanungen beginnen („Deutscher Meister wird nur der FC U“). Ich konnte es von der Waldseite leider nicht sehen, aber ich denke schon, dass gerade im Gästeblock das Zittern spätestens bei diesen Tönen anfing.

Weitere Medienberichte zu Unions Spiel gegen Bayern

Beim RBB gibt es die Überschrift, die ich eigentlich für das heutige SotU nehmen wollte. Naja, muss ich wohl beim nächsten Mal früher aufstehen.

Eine ganz lustige Übersicht über einige Tweets zum gestrigen Spiel gibt es bei 11Freunde.

Zudem hat Union-Präsident Dirk Zingler der Berliner Zeitung ein Interview gegeben in dem er u.a. über seine eigene Union-Sozialisation, Unions Mitgliederwachstum und -struktur, aber auch über so Begriffe wie Freiheit oder Humanismus spricht. In dem Interview trifft Zingler einige schöne Aussagen wie diese hier:

„Wir können nicht die Welt verändern. Aber wir können immer dort, wo wir sind, humanistisch handeln. Es ist entscheidend: Was tun wir konkret, dort wo wir zu Hause sind? Aber zuerst müssen wir erfolgreich Fußball spielen, um in der Lage zu sein, Schwächeren zu helfen. Der Starke hilft dem Schwachen, das ist unser humanistisches und unternehmerisches Motto zugleich. Denn ich kann nur helfen, wenn ich selber stark genug bin dazu.“

Solange solche Werte und auch Taten durch Dirk Zingler angestoßen werden, kann es trotz aller berechtigten Kritik an manchen Aussagen von ihm, wohl keinen besseren Union-Präsidenten geben.

Union-Frauen

In diesen Minuten steigt das zweite Spiel der Union-Damen in der neuen Regionalliga Nordost-Saison. Es geht gegen den FSV Babelsberg 74. Im Tagesspiegel gibt es einen ausführlichen und sehr informativen Artikel zum Saisonauftakt der Unionerinnen.

Und sonst so?

Bevor Union aus Belgien am Donnerstag anreist, gab es gestern Besuch aus Argentinien. Von Unión de Santa Fe.

 

 


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4 Kommentare zu “Unbesiegbar, unfassbar, Union!

  1. Also ich bin ja auch ganz begeistert, dass wir ein unentschieden gegen den großen FCB abgeliefert haben…aber dies gab es vor 2 Jahren auch schon…2x in einer Saison. Dieser ganze Hehl um dieses Bayern Team ist für mich echt anstrengend. Die Typen sind nicht unbesiegbar. Das ist aber ja nur mein Gefühl und meine Meinung. u.n.v.e.u.

  2. Eisern_13156

    Es gibt Unentschieden, da sagt man hinterher: „1:1 verloren“. Das gestrige gehört für mich eindeutig in die Kategorie „1:1 gewonnen“. Großartiger Auftritt!

    Und das Beste kam ja noch nach Abpfiff, als der Gästeblock gesungen hat: „In Europa kennt euch keine Sau!“ Dass der Anhang des großen, ruhmreichen, den Niederungen der Bundesliga (in der sie ja schon lange keine Konkurrenz mehr haben) entrücken FC Bayern München seiner Angepissheit und Genervtheit über uns so Ausdruck verleihen muss, war mir ein innerer Vorbeimarsch. Wir sind eben nicht mehr der kleine niedliche „Kultklub“, den man mal gnädigerweise mit seiner Anwesenheit beehrt und dem man einmal im Jahr zeigen kann, wie richtiger Fußball geht. Die waren richtig sauer, und das freut mich. Wie Steffi in ihrem Tweet schon schrieb: wir sind die, die allen auf den Sack gehen. Genauso muss das sein!

  3. Danke Union Berlin,

    Ich schwebe noch immer. Ist es nicht wunder wunderschön Unioner*in zu sein.
    Auf diesem Wege eine Frage, berufsbedingt kann ich mein Ticket zu Hause gegen Braga leider nicht nutzen. Würde jemand mit mir gegen ein Ticket zu Hause gegen Malmö tauschen?
    U.n.v.e.u

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