Blog State of the Union

Ein gutes Spiel vom Team und ein nicht ganz unbedeutendes Aber von Trainer Urs Fischer

Ein kaum gefährdeter 2:0-Sieg gegen Frankfurt am Ostersonntag bei strahlendem Sonnenschein. Dazu eine erste Halbzeit, die Grischa Prömel als „eine der besten Halbzeiten in dieser Saison“ bezeichnet hatte. Es ist also alles wunderbar kurz vor dem DFB-Pokal-Halbfinale in Leipzig.

Ist wirklich alles wunderbar? Denn während wir uns noch über eine starke Leistung gefreut hatten, sagte Trainer Urs Fischer schon auf der Pressekonferenz nach dem Spiel: „Ich glaube schon auch, dass die erste Hälfte wirklich gut war. Nur, es war nur die erste Hälfte gut, die zweite nicht so. Am Mittwoch brauchen wir ein Spiel über 90 Minuten wie in der ersten Hälfte. Eine Halbzeit gut zu spielen, wird nicht reichen.“

Und damit sprach der Trainer einen Punkt im Spiel an, der Union zum Beispiel gegen Stuttgart den Sieg gekostet hat und von vielen Bundesliga-Mannschaften bestraft werden kann: die Passivität in der zweiten Halbzeit (Kicker).

Union hat die Eintracht in den ersten 45 Minuten tatsächlich gestresst. Am besten war das an Grischa Prömels Aktion vor dem 2:0 zu sehen. Er holte einen verloren geglaubten Ball noch vor dem Aus zurück (der Tagesspiegel schreibt von einer Paolo-Maldini-Gedächtnisgrätsche). Der Ball landet zwar bei der Eintracht, doch im Zusammenspiel mit Haraguchi, der dem ballführenden Frankfurter keine Sekunde zur Orientierung lässt, kommt der Ball wieder zu Prömel, der ihn dann vom linken Strafraumeck ins rechte Toreck schießt.

Diesen Stress spürte die Eintracht in der zweiten Hälfte nicht, aber sie wusste auch wenig mit dem Ballbesitz und den freien Räumen anzufangen außer es mit Flanken zu probieren. Aufgrund eines fehlenden echten Stürmers und der gut gestaffelten Union-Defensive war das ähnlich sinnvoll wie der Versuch, ein Feuer mit einer kleinen Wasserpistole zu löschen.

Es fehlte Frankfurt in der Offensive die individuelle Klasse, um trotz struktureller Probleme zu guten Tormöglichkeiten zu kommen. Leipzig wird da ein anderes Kaliber sein. Und deshalb ist es gut vom Trainer, darauf hinzuweisen. Denn einmal in Passivität gekommen, ist es  nicht so einfach, dann den Schalter als Mannschaft wieder umzulegen.

Awoniyi bekommt einen Zweikampf mal nicht abgepfiffen

Oliver Glasner bezeichnete den Zweikampf zwischen Taiwo Awoniyi und Martin Hinteregger kurz vor dem 1:0 als Foul. Und wäre Fußball ein kontaktloser Sport, würde ich ihm da auch zustimmen. Doch gemessen am Impact, also dem Fallen des Frankfurter Verteidigers war es dann doch nicht so viel. Die Szene zeigt vor allem, dass es so etwas wie einen Bias bei der Zweikampfbewertung gibt, bei der einem Verteidiger deutlich mehr an Körperkontakt zugebilligt wird als einem Angreifer.

Das liegt natürlich auch daran, dass die Folge eines Schiedsrichter-Eingriffs auf die Spielfortsetzung sehr unterschiedlich ist. Ein Stürmerfoul sorgt selten für einen gefährlichen Freistoß, über den danach alle sprechen. Ganz im Gegenteil zu einem gepfiffenen Foulspiel eines Verteidigers. Die Szene überhaupt nicht als Foul zu pfeifen, empfand ich als dem Spiel angemessen. Und vor allem ein bisschen als Genugtuung für die 99 gepfiffenen Stürmerfouls gegen Awoniyi.

Twitter-Diskussion zum „Foul“ von Taiwo Awoniy, Screenshot: Twitter

Hier die weiteren Berichte der Berliner Medien zum Spiel:

Nehmen wir etwas aus dieser Bundesliga-Partie mit für das Halbfinale in Leipzig? Also außer den mahnenden Worten von Urs Fischer? Ich würde sagen, dass es vor allem ein gutes Gefühl ist, das Union mitnehmen kann. Das gute Gefühl, das Ziel Europa nicht alleine über den DFB-Pokal erreichen zu können. Das gute Gefühl, auch mit einer möglichen Niederlage gegen Leipzig im Bundesligaspiel nach dem DFB-Pokal die Europacup-Ränge nicht aus den Augen zu verlieren.

Die Mannschaft hat es mit den drei Siegen in Folge gegen Köln, Hertha und Frankfurt geschafft, dass die nächsten Spielen weniger über Müssen gesprochen wird wie „gegen Leipzig müssen wir gewinnen, wenn wir noch eine Chance auf Europa haben wollen“, sondern es geht um Möglichkeiten, die das Team hat. Eine gute Voraussetzung, um Spiele für sich zu entscheiden, wenn man nicht das Gefühl hat, etwas zu verlieren, sondern etwas gewinnen zu können.

Podcast zum Spiel

Während wir heute erst am frühen Abend gegen 18 Uhr unsere Podcast-Episode zum Spiel live aufnehmen, haben Taktik&Suff wie immer schon vorgelegt. In der aktuellen Episode geht es neben Osterfamilienfeiern auch um die Partie gegen Eintracht Frankfurt.

Angesichts der alten Stadionbecher, die zum Beispiel auch von Taktik&Suff gepostet wurden, werde ich immer etwas nostalgisch und überlege, wie sehr sich Union (das Team und der Verein) seitdem verändert hat und was mein Ich von damals sagen würde, wenn mein heutiges ich ihm kurz mal erzählen würde, was in den vier Jahren seitdem alles passiert ist.


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9 Kommentare zu “Ein gutes Spiel vom Team und ein nicht ganz unbedeutendes Aber von Trainer Urs Fischer

  1. CarstenU

    Was auch mal gesagt werden muss: Die beste Schiedsrichterleistung an der AF in dieser Saison – und das nicht wegen der Situation vor dem 1:0! Frank Willenborg war über das gesamte Spiel so, wie ein Schiri sein sollte – unauffällig und großzügig gegenüber beiden Mannschaften!

  2. Mut macht mir, dass wir dieses Mal offensiv nicht von Sheraldo abhängig waren – der war ungewöhnlich unauffällig. Und die Zweikampfstärke der ersten 30 Minuten war beeindruckend. Danach wurde auch kaum noch eine Chance der Frankfurter zugelassen. Gegen Leipzig muss sicher noch ne Schippe draufgelegt werden – aber unmöglich ist der Sieg nicht.

  3. Jup, der Vergleich des einen Zupfens am Trikot von Hinteregger mit den x „Zupfern“, deren sich z.B. Awoni immer wieder erwehren muß und die sehr häufig nicht abgepfiffen werden, ist ganz gut. Da ist in vielen Spielen ein Ungleichgewicht zwischen gepfiffenem Foul an Verteidigern und Stürmerfoul.
    Ich hab bis jetzt nur die Stadionperspektive. Aber gehe ich konform, dass es eine gute Schirileistung war.

  4. Für mich war die Erkenntnis von gestern auch, dass dadurch weniger „müssen“ in den nächsten spielen, vor allem in der Bundesliga beim Dauerwerbespiel, dran ist.
    @Basti
    Laut Statistik waren wir nicht zweikampfstärker, wirkte aber so. Ich denke, dass das daran liegt, dass Union die Eintracht permanent gestresst hat, sodass die dann eventuell zwar mehr Zweikämpfe gewann, letztlich aber sofort wieder unter Druck stand, so das Zweikampf an Zweikampf gereiht wurde und Union den entscheidenden gewinnen konnte. In der 58. Minute (oder so) gab es eine signifikante Szene, als es 4 Zweikämpfe hintereinander gegen ein und den selben Frankfurter gab, wobei alle hart waren und eben nur der letzte (Ich glaube von Timo) ein Foul war. Das muss für den Frankfurter so frustrierend gewesen sein. Immer, wenn er dachte, er ist durch, kam der nächste… super!

    • Übers ganze Spiel gesehen waren es vielleicht wirklich nur die entscheidenden Zweikämpfe, nicht die Mehrzahl. In den ersten 30 Minuten hatte ich hingegen den Eindruck, dass Frankfurt immer ein Stück zu spät dran war. Und das war halt auch die spielentscheidende Phase.

    • Die Statistik* bezog sich auf den Anfang (wurde zumindest im relive auf AFTV so gesagt) – mein Beispiel war dann zwar aus der zweiten Hälfte, aber nur, weil ich die Szene so gefeiert habe, wie immer noch ein Unioner und noch ein Unioner nachsetzte.

      *zeigt dann aber auch, was eine einzelne Statistik im Fußball so aussagt

  5. zentralesMittelfeld

    Gerade im Stadion hatte ich (und auch einige um mich herum) den Eindruck, dass es ein Foul von Taiwo vor dem 1:0 war, Hinteregger verkauft es halt nach allen Regeln der Kunst. Der allgemeine Jubel war ja auch gefühlt eher verhalten bzw. abwartend.
    Deshalb finde ich auch Glasners Kommentar dazu nicht weiter wild, wenn man die Szene nur in Echtzeit von der Seitenlinie, vielleicht noch so halb aus dem Augenwinkel sieht, wirkt es halt anders.

    In der Wiederholung sieht es dann harmlos aus und ich hätte mich ähnlich wie in Wolfsburg darüber aufgeregt, wenn man es zurückpfeifft.
    Alleine wie Ndicka mit Armen und Oberkörper immer wieder gegen Taiwo gearbeitet hat (übrigens auch im Hinspiel schon) war eine ganz andere Kategorie von Zweikampf.

  6. Ich hoffe, dass die Schiedsrichter-Gilde dies mal als Leerbeispiel nutzt!
    Es war gefühlt der erste Schiedsrichter der dem Spiel auf dem Platz Zeit und Raum gegeben hat!
    Es war echt ungewohnt!!
    Freue mich jetzt auf die „Brausewoche“!
    u.n.v.e.u.

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