Blog State of the Union

Marvin Friedrich geht: Ein bitterer Abgang, aber keine Bitterkeit

Marvin Friedrich verlässt den 1. FC Union. Und das sofort, mit einem Wechsel in der Winterpause zu Borussia Mönchengladbach. Diese Nachricht ging gestern schnell von übereinstimmenden Medienberichten zur offiziellen Bestätigung über, und ist natürlich sehr bitter.

Denn Marvin Friedrich hat in dreieinhalb Saisons für Union unfassbar stabil und gut gespielt, war der Grundstein, auf den Urs Fischer Unions sehr verlässliche Defensive gebaut hat und hat für unvergessliche Momente gesorgt – allen voran natürlich sein Tor zum Ausgleich im Relegations-Hinspiel in Stuttgart. Und ich muss zugeben: Emotional fand ich es gestern durchaus schwer, die Nachricht nur bitter zu finden, und nicht auch selbst bitter darüber zu sein. Denn dass Friedrich Union in der laufenden Saison verlässt und seinen „nächsten Schritt“ zu einem Verein macht, der fünf Plätze und sechs Punkte hinter Union steht, tut natürlich weh.

Rational betrachtet war es aber nach Friedrichs Leistungen in den letzten Jahren nicht überraschend, dass andere Vereine ihm schwer abzulehnende Angebote machen. Nüchtern muss man auch zugestehen, dass Gladbach als Verein, der sich in den vergangenen zehn Jahren vier Mal für die Champions League qualifiziert hat und immer auf einem einstelligen Tabellenplatz einlief natürlich noch ein höheres sportliches Standing hat.

Auch aus Vereinsperspektive ist der Transfer zum jetzigen Zeitpunkt zumindest nachvollziehbar. Wenn Friedrichs Vertrag am Saisonende ausgelaufen wäre und dann ein ablösefreier Wechsel angestanden hätte, hat man so – verglichen mit einem Abgang schon im vergangenen Sommer – gewissermaßen noch den maximalen Beitrag von Friedrich bekommen, und hat er eben auch mit Union im Europapokal gespielt.

Etwas irritierend ist da aber der Bericht des Kickers, Friedrichs Vertrag hätte sich abhängig von seinen Einsätzen in dieser Saison noch verlängern können. Wenn das tatsächlich möglich war – und wir wissen nicht, wie die Klauseln tatsächlich aussehen – ist der Wechsel jetzt etwas schwerer zu erklären.

Marvin Friedrich
Marvin Friedrich verlässt den 1. FC Union Berlin – und bleibt einer der Aufstiegshelden. Photo: Matze Koch.

Darüber, wie viel Ablöse Union erhält, gehen die Medienberichte auseinander: Während Sky von sechs Millionen Ablöse berichtet und der Kurier von einer mittleren einstelligen Millionensumme schreibt, berichtet die Bild von nur 2,5 Millionen Euro Ablöse.

Das sind die weiteren Medienberichte zum Wechsel und Union:

Eine große Frage nach dem Abgang ist natürlich, wie gut Union diesen kompensieren kann oder ob er die restliche Saison kompromittiert. Mit Dominique Heintz hat Union einen Innenverteidiger für die linke Seite der Dreierkette verpflichtet, und neben Robin Knoche haben in dieser Saison Timo Baumgartl und Paul Jaeckel viele Einsatzzeiten erhalten – auch wenn beide vorzugsweise rechts in der Dreierkette spielen. Als weitere Option steht Rick van Drongelen im Kader, der bisher aber noch gar nicht zum Einsatz kam.

Das ist zahlenmäßig also eine einigermaßen vollständige Ausstattung des Kaders. Wichtiger ist aber natürlich, auf welchem Niveau das Team so funktionieren kann. Und da bin ich tatsächlich relativ optimistisch. Denn so wichtig Marvin Friedrich dafür war, Union die Stabilität zu geben, die das Team in den letzten Jahren ausgezeichnet hat, ist es inzwischen durchaus gelungen, das System so gut in der Mannschaft zu etablieren, dass davon auch die einzelnen Spieler profitieren. Und nach der vergangenen Saison waren sich Beobachter der Liga (wie hier im Rasenfunk) nicht einmal unbedingt einig, welcher Innenverteidiger von Union die beste Saison gespielt hat und am Ehesten etwa für ein Team der Saison in Frage kam. Es gibt also durchaus Hoffnung dafür, dass die Abwehr auch ohne Friedrich auf ähnlichem Niveau agieren kann.

Und sonst so

Taiwo Awoniyi hat mit Nigeria das erste Spiel beim Afrika-Cup gewonnen und dabei auch gut gespielt, auch wenn er das 1-0 für sein Team nicht selbst erzielt hat.


Entdecke mehr von Textilvergehen

Subscribe to get the latest posts sent to your email.

14 Kommentare zu “Marvin Friedrich geht: Ein bitterer Abgang, aber keine Bitterkeit

  1. Dauerleser

    Bitterer Abgang ja, für mich ist Knoche aber mittlerweile der wichtigere/bessere IV.

  2. Sebastian

    Unsere IV hat viel Potential auch ohne Marvin Friedrich. Der Wechsel ist trotzdem bitter weil er menschlich absolut top ist und vorallem unvergessen sein Tor in Stuttgart und auch dem Ausgleich am 34. Spieltag gegen RB was der Grundstein für Europa wurde.

  3. Sehr bitter. Ich hab noch beim Spiel gegen Lev erfreut gesagt, dass es ja fast schon merkwürdig sei, dass zu Friedrich noch kein Angebot bekannt war. Insofern kam der Wechsel spät aber nicht überraschend.

    Bzgl der Vertragsoption kann ich nur hoffen, dass diese Option erfüllt und beidseitig war – und somit die Transfersumme höher lag als bei einem Kauf kurz vor Ablauf eines Vertrags.
    5+ Mio € wäre viel Ablöse für einen Spieler dessen Marktwert laut Transfermarkt auf 10Mio € geschätzt wird und der in 5 Monaten ablösefrei zu haben wäre. Ich befürchte daher, dass es nur eine relativ kleine Ablösesumme war.

  4. Das ist letztendlich der Preis für die Vereinsphilosophie, Spieler über Begeisterung fürs Spiel und familiäres, statt mittels Geld zu locken: Irgendwann kommen für alle Spieler die schwer abzulehnende Angebote. Nett wäre es, würde man offener über Geld sprechen, aber okay. Und wirklich schlecht fährt Union mit dieser Stragegie ja nicht.

    • Bitter schmeckt anders, wenn es tatsächlich noch ca. 6mio für Marv gab. Versüßt haben mir hingegen seine stabile Hinrunde mit Europapokal/ DFB-Pokal/ Bundesliga und seine Bereitschaft, per Klause den Vertrag zu verlängern, sollte ein Transfer im Winter nicht zustande kommen. Das zeigt mir das er unbedingt noch mit uns Europapokal spielen wollte und den Verein nicht ohne marktgerechte Entlohnung für beide Seiten verlassen wollte. Wenn das so zutrifft, rechne ich ihm das hoch an! Das unsere besten Spieler zu B04,SGE oder eben BMG gehen ist kein Grund Bitterkeit walten zu lassen, sondern ein logischer Schritt im Mechanismus von Angebot und Nachfrage und sollte uns Stolz machen, da es zeigt, dass wir Spieler besser und Interessant für die Abteilung ‚Oberklasse‘ machen. Ich vermute im Falle Friedrich gab es eine Absprache zwischen OR und dem Schlitzohr Eberle, die an der Personalien Ginter gebunden war. Ich sehe in diesem Transfer keinen Verlierer. Viel Erfolg Marv! Eisern bleiben Unioner Abwehrverbund!

  5. Zitat: Friedrichs Vertrag hätte sich abhängig von seinen Einsätzen in dieser Saison noch verlängern können. Wenn das tatsächlich möglich war – und wir wissen nicht, wie die Klauseln tatsächlich aussehen – ist der Wechsel jetzt etwas schwerer zu erklären.

    Nicht unbedingt, es besteht ja immer eine Verletzungsgefahr und bei so einer kurzen Vertragslaufzeit wäre es dann bei einer etwas längeren Verletzung und oder Sperre auch möglich das eine entsprechende Klausel nicht mehr greift. Also nimmt man eventuell einen Abschlag bei der Ablöse hin als am Ende und Umständen mit leeren Händen dazustehen.

  6. Danke, Marv ! Das Video auf AFTV sagt alles – sorgt bei vielen Unionern bestimmt für „Pipi in den Augen“
    Im Übrigen heute in der Zeitung mit den vier Buchstaben und in der BZ.
    „Mit Dominique Heintz (28/Freiburg) haben die Eisernen gerade einen neuen Verteidiger unter Vertrag genommen, der nun mit Timo Baumgartl (25) um den frei gewordenen Platz rechts in der Abwehrkette kämpft.“
    Fachlich kompetent, wie immer. Da habe ich alter Mann den neuen Trend, einen Linksfuß auf die rechte Seite zu stellen, wohl verpasst.

  7. zentralesMittelfeld

    Der Abgang war zu befürchten und wird aus meiner Sicht noch bitterer, weil ihm eine gebührende Verabschiedung von Club und Fans durch Corona verwehrt bleibt. Wenn wir diese Saison irgendwann vielleicht doch mal wieder ins Stadion dürfen sollten, ist Friedrich nicht mehr da. Einfach so. Und das tut weh. Ob der qualitative Verlust (was dieser Transfer definitiv ist) spürbar sein wird, werden wir sehen.

    Vermutlich war der Wechsel schon im Sommer sehr weit angedacht, hat sich dann aber aus welchen Gründen auch immer nicht manifestiert. Bevor Gladbach jetzt irgendwas dazwischen kommt, wollten sie es auch durchziehen.

  8. Großen Dank Mav, für dein sportliches Auftreten auf und neben dem Platz. Du warst eine wichtige tragende Säule in unsere Spiel., ohne die die vielen kleinen und großen Fußball Wunder an der AF und auswärts nicht möglich gewesen wären. All das werden wir Unioner niemals vergessen. Dass Du jetzt zu einem Verein wechselst, der über so viel mehr Bundesliga-DNA verfügt als Union, ist erfolgreiche. Ich wünsche Dir viel Erfolg (außer gegen Union). Vielleicht öffnet sich für Dich bei Deinem neuen Verein das Tor zur Nationalmannschaft, dass würde mich für Dich freuen. In meinem Herzen bleibst Du ein Eiserner.

  9. „und … NOCH ein höheres sportliches Standing hat.“ – I like :)

  10. Alles unter 5 Mio Ablöse wäre enttäuschend.

  11. Musiclover

    Vor 2 Wochen sagt OR, dass sich der Vertrag bereits verlängert haben könnte. Davon gehe ich also aus. 2,5 Mio. wären wirklich sehr wenig Entschädigung. ?

    https://www.morgenpost.de/sport/union/article234202243/Unions-Friedrich-Frage-Koennte-auch-naechste-Saison-bleiben.html

  12. Ein paar Gedanken zu Friedrich:

    Union hat einen sehr guten Ruf bei Spielern und Beratern, weil Union niemanden, der gehen möchte, Steine in den Weg legt. Ich nehme an, die Basisablöse liegt bei 2,5-3 Millionen und kann mit Boni (bspw. Gladbach qualifiziert sich in den nächsten Jahren für EL/CL) auf bis zu 6 Millionen anwachsen. Daher die divergierenden Zahlen.

    Auch wenn es schmerzt, ist es schön zu sehen das Friedrich zu einem echten Traditionsverein wechselt, er bleibt sich damit treu. Eberl hat sich lange offensiv um ihn bemüht, also fühlt er sich dort wertgeschätzt (zu Recht) – das ist für Friedrich auch ein Faktor (von Augsburg, damals Bundesligist, wollte er genau deswegen weg).

    Ich habe zuletzt den Eindruck dass Friedrich auch gerne irgendwann in der Nationalmannschaft spielen will, und Fakt ist: da hat er bei etablierteren Bundesligisten wie Gladbach bessere Karten, weil die Wahrnehmung und Sichtbarkeit dort besser gegeben ist (so albern mir das als Unioner auch vorkommt).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert