Donnerstag. 21:44. Haifa. Samy Ofer Stadion. Julian Ryerson sitzt auf einer roten TV-Equipment Box. Vor ihm 600 verrückte Unioner:innen, die den Sommerhit 2022 singen.
union spielt in europa, die hertha liegt im bett #fcunion pic.twitter.com/uxK1eegtlv
— Dennis (@gglnx) November 25, 2021
Hinter Julian liegt kein wirklich schönes Spiel. Wahrscheinlich nicht mal ein besonders gutes. Hinter mir liegt die bis heute schönste Auswärtsfahrt meines Lebens. Ich bin mir sicher, das nahezu alle Unioner:innen, die nach Israel geflogen sind, ähnlich viele positive Erinnerungen und Erlebnisse sammeln durften. Ein paar möchte ich hier mit Euch teilen.
Der Hinflug am Mittwoch war vollkommen unkompliziert. Auf dem BER gibt es eine Sicherheitskontrolle mehr als gewöhnlich. Auf dem Ben Gurion Flughafen in Tel Aviv
dauert es keine Stunde von der Landung bis zum Einstieg in den Zug nach Haifa. In dieser Zeit liegen unkomplizierte Passkontrollen sowie ein PCR Test, dessen Ergebnis für mich 5,5h später da ist (und negativ ausfällt). Die Züge der israelischen Bahn stammen zum großen Teil aus Deutschland und von außen gesehen Ty „Regionalexpress in Brandenburg“. Innen gibt es an jedem Platz Steckdosen für Ladegeräte und alle paar Minuten läuft ein junger Israeli in Uniform durch den Gang. Dass es nicht alle schaffen, ihre Masken richtig aufzusetzen eint jedoch Israel und den Regio zuhause. Ignorante Nasenbären gibt es dann doch weltweit.
Am Hauptbahnhof Haifa angekommen knallt mir die Sonne ins Gesicht. Es ist schwül. Das Meer ist zu riechen. Zu sagen, Haifa sei eine schöne Stadt, ist wahrscheinlich sachlich nicht richtig. Schön wie Rom, Paris oder auch Barcelona ist die Hafenstadt im Norden Israels sicher nicht. Die Straßen sind verwinkelt, die meisten Häuser recht klein und fast alle im gleichen sandfarbenen Farbton. Vieles hier wirkt irgendwie provisorisch, an einigen Stellen liegt Bauschutt und Müll. Die vielen kleinen Läden haben hebräische, arabische oder russische Beschriftungen. Es ist immer recht laut. Musik aus den Läden, das konstante Hupen vieler Autofahrer:innen.
Aber die Stadt ist einfach unfassbar charmant. Dieses Wort trifft es vor allem für das Schönste in Haifa: Die Menschen. Egal ob im Hotel, im Bus, im Imbiss oder im Restaurant: Jeder ist interessiert an uns, an Berlin und ab und an sogar an Union. Wirklich ausnahmslos alle Kontakte , die ich hatte waren, hilfsbereit und offen. Es fühlt sich wirklich gut an, willkommen zu sein. Eine Frage wurde dabei immer gestellt: Wie gefällt dir Haifa? Gefühlt wollte jede:r dass es uns in seiner/ihrer Stadt gefällt.
Der für mich zweitschönste Aspekt dieser Reise war das Essen. Hummus mit Pilzen, Hummus mit Kichererbsen, Hummus mit Hummus. Immer mit Öl. Oft mit Knoblauch. Immer extrem lecker. Falafel in Haifa ist mindestens drei Klassen besser als in Berlin und mein persönliches Food Highlight. Der einzige (kleine) Nachteil beim Essen ist das elf Euro Bier. Aber was tut man nicht alles für seinen Verein.
Am Spieltag selber dürfen wir (tolle Unioner:innen aus der TeVe Bezugsgruppe und ich) uns teilweise wie Promis aus der Big City fühlen. Wir wurden im Bus fotografiert, von Kiddies beobachtet und immer wieder und wieder angesprochen. Auf Hin- und Rückweg hatten wir lokale Führer, die uns den besten Weg zum Stadion bzw. zur Haltestelle gezeigt haben.
Die lustigste Begegnung dann im Bus nach dem Spiel: wir fanden uns urplötzlich umringt von 10-15 jungen Maccabi-Fans aus einem kleinen Vorort von Haifa. Keiner von denen war älter als 16. Und Sie hatten Fragen. Fragen über Fragen. Über Union, über Berlin, über unsere Eindrücke von Israel. Das alles total respektvoll und offen.
Vor Maccabis Stadion, dem neuesten und modernsten Israels, steht eine dem Weltfrieden gewidmete Statue. Innen ist die „Maccabi Haifa Waldseite“ eine Stunde vor Anpfiff voll besetzt, irgendwann geht die Musik aus und das Aufwärmen der Mannschaft wird besungen. Wirklich sehr beeindruckend und schwer mit anderen europäischen Kurven zu vergleichen. Alles war irgendwie melodischer, rhythmischer und vollkommen neu. Einlass können’se in Haifa übrigens auch. Kein Stress. Alle freundlich.
hey feyenoord, fußball und einlass gehen auch in nicht scheiße. #fcunion #macfcu pic.twitter.com/mkGIln419m
— keano (@keanofcu) November 25, 2021
Essen und Trinken im Stadion jedoch nicht. Umgerechnet 8,57€ für ein kleines! alkoholfreies! Bier ist eine Ansage. Nach dem Spiel gab es dieses „Bier“ jedoch geschenkt. Zum Spiel selber kann ich dann gar nicht so viel sagen. Ich empfand uns vor allem in Halbzeit 1 sehr ungenau, fahrig und nervös. Glücklicherweise war Maccabi wie im Hinspiel harmlos und noch einen Tick ungenauer als wir. Und glücklicherweise ging dann in der 2. Halbzeit ein Ruck durch die Mannschaft.
Irgendwie war das alles wie im Film. Und auf einmal dann vorbei. Erleichterung ist noch untertrieben für das Gefühl, nach dem Abpfiff. Wirklich ausgelassen und entspannt war es in meinen Augen und Ohren im Gästeblock erst nach dem Abpfiff. Vor allem als wir erfahren, dass in Prag noch der Ausgleich gefallen ist.
Aber der schönste Moment dieses Auswärtstrips, der Moment für den es alles wert war, das war für mich das Lachen, die Erleichterung und dann der Blick auf Julian. Er war abgekämpft, bandagiert, aber einfach nur glücklich. Sein Happyend nach einem ekligen Spiel. Ihm tat, wie er auf AFTV sagte, „ein bisschen alles weh“. Und wenn ich mir die letzten 7 Spiele in Europa anschaue, gab es da auch Momente wo auch für uns alles ein bisschen weh getan hat. Und am Ende brauchen wir nicht viel. Gestern war es für mich einfach nur ein Lächeln.
Resümee: alle schlechten Erlebnisse von Rotterdam wurden überschrieben. Danke Israel, für deine Gastfreundschaft! ??#macfcu #UECL #fcunion
— grumpyoldgirl (@AnyaK_official) November 25, 2021
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Wahnsinnig schöner Text. Danke für deine Eindrücke!
Danke für diesen eindrucksvollen Text!
… und ich Idiot bin nach Rotterdam gefahren und habe dort noch nicht Mal das Spiel gesehen. Danke für den schönen Beitrag.
Super Text!
Sehr schöner Text. Schon beim lesen kommt einem ein Lächeln ins Gesicht. Es ist doch super schön das es so etwas bei einem Auswärtsspiel gibt.
Danke für den klasse Bericht.
Oliver! Vielen Dank und viele Grüße. Kneift mich ma eena?
Jetzt doch mit dabei gewesen. Und ick war schon überall, aber Haifa (November 2015 mit ähnlichen Eindrücken besucht, aber ohne Ahnung, dass wir irgendwann, irgendwann 1mal in die damals noch frisch-güldene Sammy-Arena müssen) musstick leider erstmals in der UECL kneifen. Ick veneije mich! EISERN!
Schöner Artikel…Danke
Selten bin ich über einen Text mit solcher Leichtigkeit und wiederholt nachlesen geflogen. Schön Eure Eindrücke so emotional positiv mit- bzw. nachleben zu dürfen. Krasser Kontrast nach Rotterdam. EISERN
Solche Zeilen trauen viele Fußballfans gar nicht zu. Danke.
So unfassbar schön erlebt und niedergeschrieben, dass ich die Tränen kaum zurückhalten kann. Eine Auswärtsfahrt der Extraklasse, wie mir scheint! Danke für den tollen Text und dass Du diese Emotionen mit uns teilst. Eine große Bereicherung für alle Unioner, die gerne dabei gewesen wären…
Habt ihr nicht was vergessen wie den Angriff von Haifa Fans auf normale union Fan mit Pfeffer spray und der Steinhagel Videos gibt es zu genug
Wir haben von Berichten von soetwas gehört, aber bis jetzt keine direkten Schilderungen oder Darstellungen davon gesehen und konnten das daher nicht bestätigen. Solange das so ist, haben wir es hier nicht erwähnt, gehen dem aber durchaus nach. Dieser Text hier ist aber ja sowieso ein persönlicher Bericht von Olivers Eindrücken, in denen sowas eben nicht vorkam.
Wunderbar! [Habe meine seit 35 Jahren in Haifa lebende Schwester – hat mal in Berlin studiert – zum Support abdelegiert. Heute sagt sie: „Ich weiß nicht, wann zuletzt ich einen so wunderbaren, schönen Abend hatte!“] Union wirkt!! ?? Alles Gute gegen Prag und in der Liga u.n.v.E.U.!!
Was ist eigentlich mit diesen Videos auf YouTube, in denen zu sehen ist, wie hools/Fans unioner jagen und „scheiß union“ Brüllen?
Steine sollen wohl geflogen sein.
Hat da irgendwer mehr Infos?
Aus Haifa herzliche Grüße nach Berlin. Schade, daß nicht noch mehr Union-Fans da waren, hätte für eine ausgeglichenere Geräuschkulisse im Stadion gesorgt. Ich fand es schön, so viel Berlinerisch in Haifa zu hören. Freue mich, daß es so viele positive Erlebnisse gab!
Julians Strahlen auf dieser TV Box auch für mich das schönste an diesen Szenen!
Ich kann das alles so bestätigen!
Vor Ort haben wir kurz vor dem Spiel von Stress auf dem Vorplatz gehört. Laut einem deutschen Augenzeugen Angriff von Maccabi Ultras auf Union-Fans.
Wir selbst haben nichts davon mitbekommen, stattdessen vor und nach dem Spiel Kennenlernen ohne Ende. Selbst direkt am einzigen Bierstand am Stadion mit vielen Grünen geredet und gegenseitig Glück gewünscht.
Alle was Oliver schrieb und noch so viel mehr….
Niemals habe ich mich so ohne Argwohn in einer fremden Stadt bewegt ( okay, eine Ausnahme: Wolfsburg!?)