Blog State of the Union

Union verabschiedet sich nach intensiven englischen Wochen mit einem Punktgewinn in Köln in die verdiente Pause

Drei Spiele, wettbewerbsübergreifend nur ein Punkt. Und der sogar nach Führung bis weit in die Schlussphase. Dazu die kopflose Niederlage im europäischen Wettbewerb vom Donnerstag und die 2:5-Heimklatsche vom letzten Wochenende. Ein normaler Bundesliga-Fußballfan würde wohl von einer katastrophalen Woche sprechen und in der Länderspielpause, vielleicht sogar mal im stillen Kämmerlein die Trainerfrage stellen.

Der gemeine Union-Fan ist aber kein gewöhnlicher Bundesliga-Fan. Daher kann man die Woche auch trefflich anders lesen: Nachdem gegen eine der absolut besten Mannschaften der Welt, viel knapper als es das Ergebnis vermuten lässt, verloren wurde, musste man sich in der Conference League einem Club sehr unglücklich geschlagen geben, der über viel europäische Erfahrung verfügt und sich selbst eher in einem anderen europäischen Wettbewerb verortet. Und auch das gestrige 2:2 in Köln sollte eher in die Kategorie „Glas halbvoll, statt halbleer“ eingeordnet werden.

Auch wenn ich kein Freund davon bin, immer wieder die Underdog-Karte zu spielen. Die drei letzten Gegner des Teams von Urs Fischer sollte man sich trotzdem mal auf der Zunge zergehen lassen, bevor man sich beim Meckern auf die selbige beißt: Bayern München, Feyenoord Rotterdam und der 1. FC Köln. Alles Vereine, die wirklich oder qua ihres Selbstbilds normalerweise in ganz anderen Sphären als der 1. FC Union Berlin unterwegs sind. Mittlerweile hält man gegen die Bayern zumindest phasenweise mit, verliert unglücklich gegen Feyenoord und ärgert sich über einen Punkt beim FC.

Natürlich hätte auch ich gestern Union gerne siegen gesehen. Und völlig klar ist ein Ausgleich so kurz vor Schluss bitter. Aber dass der zweifache Punktverlust eher ein Dämpfer in Richtung Champions League-Platz, statt ein echter Schaden im Kampf um den Klassenerhalts ist, erscheint schon einigermaßen grotesk.

Daher ist es auch angebrachter, das Positive herauszustellen. Denn dafür geben sowohl Spielverlauf als auch die Leistung des Teams von Urs Fischer einiges her. So antwortete Union prompt auf den frühen Führungstreffer von Anthony Modeste, der einen mehrmals die Richtung ändernden Flatterball, der ihm von der Latte direkt vor die Füße fiel, ins Tor bugsierte. Quasi postwendend sorgte Julian Ryerson für den Ausgleich.

Nach einem hohen Ballgewinn in der Kölner Hälfte schob Ryerson, der sich so langsam zum Knipser mausert (zwei Tore innerhalb einer Woche), nach Vorlage von Niko Gießelmann überlegt von außerhalb des Strafraums ein. Danach beruhigte sich das temporeiche und mit allerlei Zweikämpfen geführte Spiel etwas.

Bis auf die Sichtbehinderung von Anthony Modeste beim Stellen der Mauer, auf die Andreas Luthe not amused reagierte und einem Foul an Taiwo Awoniyi (bei dem der VAR nicht eingriff, weil es wohl knapp außerhalb des Strafraums stattfand) passierte bis kurz vor der Pause nicht mehr allzu viel. Köln hatte deutlich mehr Ballbesitz (teilweise über 70 %), wurde aber zu selten ernsthaft gefährlich.

Als die reguläre Spielzeit schon abgelaufen war, zwang Union die Kölner, beim Versuch ruhig und flach vom Torwart aus herauszuspielen, zum Fehler und traf. Grischa Prömel eroberte den Ball, leitete auf Genki Haraguchi weiter und dieser fand wiederum Prömel, der bei seinem Abschluss etwas Glück hatte, dass der Ball leicht abgefälscht ins Tor ging. Um ein Haar wäre Union sogar mit einem 2-Tore-Vorsprung in die Kabine gegangen. Taiwo Awoniyi schirmte den Ball mal wieder in seiner typischen Manier ab, drehte sich um den Gegenspieler, setzte den Abschluss dann aber leider über den Kasten.

Auch wenn die Statistiken am Ende des Spiels immer noch 70% Ballbesitz für Köln aufriefen, gelang es der Truppe von Urs Fischer in der zweiten Hälfte durch aktives nach vorne Schieben, vermehrt die Spielkontrolle zu übernehmen und den FC zu weniger Chancen kommen zu lassen. Bei einem Konter über Haraguchi und Awoniyi hätte sogar die Vorentscheidung gelingen können. So war es Anthony Modeste vorbehalten, nach dem ersten auch das letzte Tor des Abends zu schießen. Nach einer Ecke löste er sich von den Verteidigern und köpfte den leicht abgefälschten Ball an Luthe vorbei zum Endstand.

Zwar hatten beide Mannschaften danach noch Chancen auf den Sieg, letztendlich blieb es aber beim insgesamt wohl gerechten, wenn aus Union-Sicht doch etwas bitteren Unentschieden. Nun heißt es Akkus aufladen, sich vom scheinbar unglaublichen Physio-Team durchkneten zu lassen und nach einigen Tagen Pause – für die Nicht-Länderspielreisenden – so langsam den Fokus auf Hertha und das Derby zu richten.

Die Trainerstimmen: Steffen Baumgart kritisiert die eigenen Fans und Urs Fischer lobt sein Team ausdrücklich

Während sich Urs Fischer und Steffen Baumgart vor dem Spiel innig umarmten und flachsten, waren sie sich bei der Bewertung des Unentschiedens auf Dazn etwas uneins. Für Urs Fischer war es ein absolut verdienter Punktgewinn, für Steffen Baumgart stand „Union mit sieben Mann im eigenen Strafraum“, sodass eigentlich auch mehr drin gewesen wäre. Vielmehr ärgerte sich Steffen Baumgart aber über das eigene Publikum.

 

Urs Fischer unterstrich dagegen noch einmal das unglaubliche Pensum der letzten Wochen „Wenn man sieht, was die Jungs heute wieder an Weg gemacht haben, ist das eindrücklich. Nach sieben Spielen in 21 Tagen nochmal soviel aufzuwenden, gebührt Respekt. Ich glaube, wir sind trotzdem alle froh über die Länderspielpause, dass wir uns regenerieren können.“

Medienberichte zu Unions Spiel in Köln

Da gibts was auf die Ohren

Taktik&Suff haben diesmal quasi schon wieder mit Schlusspfiff geliefert und eine Podcastfolge zum Unentschieden in Köln herausgehauen.

Während der Anfang trotz „in schlechter Witze“-Laune schon unterhaltsam ist, wird es danach analytischer. Die Belastungssteuerung nach den anstrengenden Wochen ist dabei ebenso Thema wie später noch kurz das anstehende Derby, bei dem wir wohl auf Team Taktik verzichten müssen, da es gegen Hertha nur Suff&Suff geben wird.


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14 Kommentare zu “Union verabschiedet sich nach intensiven englischen Wochen mit einem Punktgewinn in Köln in die verdiente Pause

  1. Die phasenweise Stille im Stadion hat mich auch schon sehr gewundert. Da wäre ich als Trainer auch angepisst, dass von den Rängen nur Unterstützung bei einer Führung kommt.

  2. Außerhalb, da haben sie im Keller wohl die Strafräume verwechselt.
    Egal, Spiel gut, Ergebnis ok, kann man mit Leben.

  3. Alles gut! Nun „Luft holen“!!!

    Kurzer Traum: Wo würden wir stehen, wenn wir 2x auswärts…
    „Barcelona wir kommen!“

    Unfassbar super Saison!!!
    Hertha wahrscheinlich ohne Chance bei uns!
    u.n.v.e.u.

    • Barcelona wird sich nicht für den Champions League 2022/2023 qualifizieren :)

  4. Ärgerliches Ergebnis. Klar ist das Meckern auf hohem Niveau,aber da es gegen Stuttgart schon so ähnlich ablief,wurmt es mich umso mehr.
    Die Spieler sehen das ja genauso und wissen,dass sie die Konter besser ausspielen müssen. Die beiden Tore waren aber schon gut gemacht.

    Meiner Meinung nach war das ein Elfmeter.
    Taiwos Schuss kurz vor der Halbzeit habe ich auch schon drin gesehen. Klasse wie er sich da wieder durchsetzt.
    Beim Ausgleich zum 2:2 finde ich,dass Luthe nicht so gut aussieht,da er sich durch den Schritt nach vorn die Chance auf eine Parade nimmt. Kann mich aber auch irren.

    Das Kölner Publikum ist schon merkwürdig. Auch ohne Ultras sind die Unioner besser zu hören gewesen und laut wurde es nur als sie Luthe bei jedem Abstoß verhöhnt haben. Naja wer es braucht.

    • Senfbeilage

      Beim 2:2 ist Luthe nichts anzukreiden. Den Schritt nach „vorne“ in Richtung kurze Ecke machst du automatisch als TW, weil der Ball eher auf den kurzen Pfosten geschlagen wurde. Du willst also den kurzen Weg ins Tor zu machen. Das der Kopfball dann zumal abgefälscht ins lange Ecke geht ist zum einen gut gemacht und zum anderen Pech.

    • @egal
      Auch wenn der Spielverlauf ähnlich war verbietet sich glaube am Ende ein Vergleich mit dem Stuttgart-Spiel. Köln hatte auch etliche gute Torchancen und die Standards waren auch nicht ungefährlich. Irgendwie ist seit der letzten Länderspielpause etwas der Wurm drin und es fehlt ein wenig das Matchglück. In Stuttgart kostet ein unglücklicher Querschläger am Ende den Sieg sonst hatten die keine Torchance.

  5. Klar ist, dass man angesichts der Tabellenplatzierung kaum ernsthaft meckern kann. Andererseits kassieren wir bislang relativ viele Tore – und das, obwohl das Mittelfeld gefühlt immer besser harmoniert und die Abwehr im Großen und Ganzen keinen wackligen Eindruck vermittelt. Woran liegt’s? Müdigkeit in englischen Wochen? Pech? Unvermögen? Zu starke Gegner?

  6. Immer wieder erstaunlich wie Fischer die Spiele sieht und die Truppe lobt.
    Bei Schiri Stieler gestern wäre ich keine Minute ruhig geblieben.

    Blick auf die Tabelle ist schön.
    Jetzt Fokus aufs Derby richten und denen für ihre gestrigen Wiederholungen von „sch*** Union“ die Quittung geben.
    Sich beim eigenen Heimspiel mit dem Rivalen beschäftigen ist auch nicht ohne.
    Also warten wir wieder auf „Bomben auf Köpenick“ oder „Hauptsache Startmeister“-Sprüche aus dem Westendm

  7. Für mich war das Foul an Rani in der 10 Minute eine klare rote Karte. Offene Sohle über Sprunggelenk. Den 11er hätte man aus meiner Sicht auch geben müssen.
    Insgesamt eine sehr schlechte Spielleitung! Stieler ….
    Die Fans der Kölner waren erbärmlich leise.
    Am Ende würde ich unsere Leistung auch nicht so gut einschätzen, wie es Urs tat.
    53 % Passquote. Unterirdisch!

    • Ja, Stieler war definitiv nicht auf unserer Seite gestern. Und dennoch hätten wir das Ding aus eigener Kraft gewinnen können. Einfach die vorhandenen Chancen ordentlich zu Ende spielen.

  8. zentralesMittelfeld

    Übrigens ganz viel Liebe für unser eigenen BaumgartL. Gestern mit einem Cut auf der Stirn geht er trotzdem in jeden Kopfball, sieht man so auch nicht überall. Was der Junge diese Saison schon ein- und weggesteckt hat, ist auch nicht mehr normal.

    Die Teamleistung gestern fand ich eher mittelmäßig bis leicht darunter, trotzdem kontrollierte man auswärts über weite Strecken den Gegner (wenn auch ohne Ball) und hätte mit etwas mehr Frische und Konzentration 3 Punkte mitnehmen können. Da bekommt man ja Angst, wenn es mal gut laufen sollte.

  9. Londonkraut

    Nach all den überdrehten Rotterdamereien, habe ich endlich mal wieder ein „normeles“ Auswärtsspiel genossen, das mir wieder Appetit auf mehr machte. Da kann man auch über kleine Unwegsamkeiten hinweg sehen.

  10. Zum Schiri muss man auch dessen Laufweg beim mehrfach angesprochenen 3gegen2-Konter ansprechen. Der rennt da mit, als würde er für Köln mitverteidigen. Erstens steht er damit dem sprintenden Becker im Weg und zweitens macht er den Passweg auf Taiwo zu… Kann ich nicht nachvollziehen, weshalb er da so präsent sein muss.

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