Blog State of the Union

„Verlängern oder verkaufen“ gilt nicht immer bei Union

Sheraldo Becker ist seit Montag wieder im Training mit dem Union-Team und war gestern im Mediengespräch. Dort sprach er ein bisschen über die Spiele mit Suriname, über seine schwangere Freundin (Kind kommt im Oktober) und über seine Sprunggelenksverletzung, die ihn große Teile der vergangenen Saison kostete. Vor allem aber sagte er: „Das war noch nicht alles, was ich draufhabe.“

Das ist so ein typischer Saisonvorbereitungsspruch. Aber irgendwie passt er bei Sheraldo Becker. In der ersten Saison fehlte ihm die Bindung zum Union-Spiel. In der zweiten Saison sahen wir, was er dem Spiel von Union tatsächlich geben kann. Aber sowohl was Spielzeit betrifft (13 und 18 Einsätze in den ersten beiden Saisons bei Union) als auch was Assists und eigene Tore betrifft (vergangene Saison 3 Vorlagen, 3 Treffer) ist bei Becker noch Luft nach oben. Und zwar sowohl was die eigenen Ansprüche, aber auch die von Union betrifft.

Die Medienberichte über Sheraldo Becker

Union will Werte entwickeln

Wenn noch sein ursprünglicher Vertrag gilt, ist der schnelle Offensivspieler noch 2 Jahre in Köpenick gebunden. Eine vollständige und gute Saison von ihm würde auch in die Strategie passen, dass Union Werte entwickeln will. Auch bei Spielern. Obwohl Dirk Zingler betonte, dass es bei der Spielerentwicklung zuallererst um eine Entwicklung des gesamten Kaders ginge, da damit die Etablierung in der Bundesliga geschafft werden soll.

Dass das ernstgemeint ist, zeigt bei Union die Nichtanwendung der ursprünglich in der Bundesliga etablierten Regel „verlängern oder verkaufen“ ein Jahr vor Ende des Vertrages. Im Zweifel nimmt der Verein lieber einen finanziellen Verlust (im Sinne einer nicht erzielten Ablöse) bei einem Spieler in Kauf, statt ihn für einen niedrigen Betrag ein Jahr vor Vertragsende gehen zu lassen. Die Prämisse ist hier, dass der Spieler so wichtig für den Kader ist, dass mit seinem Weggang das Ziel Klassenerhalt ernsthaft gefährdet ist. Denn dies wäre insgesamt ein deutlich höherer finanzieller Verlust als die entgangene Ablöse.

Robert Andrich im Trainingslager in Oberlängenfeld, Foto: Matze Koch

Das heißt nicht, dass es keine Schmerzgrenzen gibt. Aber es bedeutet, dass sich Union bei seinen aktuellen finanziellen Möglichkeiten in einer Position sieht, die stark genug ist, Schlüsselspieler nicht für einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag abgeben zu müssen. Sollte die Etablierung in der Bundesliga so vorangehen, wie es der Verein erhofft, sind die Investitionen plausibel, die unter anderem auch mit Fremdfinanzierung getätigt werden.

Union ist immer noch in einer nachholenden Entwicklung (Stichwort einziger Club, der in der kommenden Saison mehr Fernsehgeld erhält als in der vergangenen Spielzeit). Das Fernsehgeld wird weiter steigen, weil immer noch Zweitliga-Saisons in die Berechnung einfließen. Die Erlöse aus dem Stadion werden potenziell steigen, wenn der Stadionausbau vollendet ist. Das ist die Perspektive der nächsten 3 bis 4 Jahre bei gleichbleibenden sportlichen Erfolg.

Präsident Dirk Zingler beim Mediengespräch im Teamhotel in Längenfeld, Foto: Matze Koch

Die Sorge, die Felix gestern im State of the Union adressiert hatte beim Wunsch nach Transparenz, und die auch einige Kommentatoren hatten und haben, besteht in der Frage nach der Handlungsfähigkeit von Union, sollten diese sportlichen Erfolge mal ausbleiben. Ist das so sattelfest, dass der Club auch einige Jahre in der Zweiten Liga spielen könnte, ohne unbedingt wieder aufsteigen zu müssen?

Diese Sorge kommt einerseits aus der Erfahrung der Union-Geschichte und andererseits aus den Erfahrungen bei anderen Vereinen, die teilweise mit Einnahmen aus der Zukunft versucht hatten, Erfolge in der Gegenwart zu finanzieren. Mich irritiert durchaus, wie Fragen in diese Richtung manchmal mit Misstrauen in die aktuell handelnden Personen bei Union gleichgesetzt werden. Denn gerade wir als Unionfans sollten mit den gemachten Erfahrungen die kritischen Fragen nie verlernen.

Öztunalis Neuanfang

In der Bild/BZ geht es vor allem um Levin Öztunali, der nach mehreren Jahren in Mainz, noch einmal durchstarten will. „Neustart“ ist auch so ein Saisonvorbereitungswort, das von Spielern in Gesprächen vor dem ersten Pflichtspiel gerne benutzt wird. Ich bin gespannt, auf welcher Position sich der vielseitig einsetzbare Spieler festspielen wird. Was mich beim Blick auf seine bisherigen Daten irritiert: Öztunali hat bereits 170 Bundesliga-Einsätze auf dem Buckel. In meiner Wahrnehmung waren das weniger. So viel zu gefühlten Fakten …

Der RBB setzt Andreas Voglsammer in den Mittelpunkt seiner Berichterstattung.

Ich finde, dass vor allem das Lob von Athletik-Trainer Martin Krüger noch gewürdigt werden sollte.

Und was ist bei Unions Frauen los?

Nach dem Blitzturnier in Erfurt am Samstag gab es am Sonntag das Testspiel gegen Gdansk. Das wurde trotz 1:0-Führung noch 1:2 verloren.  Fotos vom Spiel gibt es hier bei Facebook.

Und sonst so?

Nächste Woche Dienstag wird das Testzentrum des Stadions an der Alten Försterei ein mobiles Impfzentrum (Vereinsmitteilung). Über das Bezirksamt Treptow-Köpenick wird dann eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus angeboten. Das ist ein sehr gut gewählter Ort, denn es geht bei der Impfkampagne auch darum, Personen niedrigschwellig zu erreichen (ohne Terminvergabe, ohne extra Planung oder Reisen). Da ist das Fanhaus ein absolut geeigneter Ort, wenn am gleichen Tag die Lebensmittelverteilung von Laib & Seele stattfindet und die Gulaschkanone des Eisernen Virus angefeuert wird.

Zusätzlich wichtig für das Thema Niedrigschwelligkeit ist, dass hier auch eine Impfung (Johnson&Johnson) angeboten wird, die nur einmal gemacht werden muss. Das hat sich bei vielen Schwerpunkt-Impfaktionen bewährt.


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8 Kommentare zu “„Verlängern oder verkaufen“ gilt nicht immer bei Union

  1. Wir wollen Werte schaffen, verzichten aber auf insg. 10 Mio Euro für Andrich/Friedrich?

    Und wie will man finanziell überleben ohne Transfererlöse, wenn man selbst Jahr für Jahr Ablöse zahlen sollte?

    Da mußt du ja zwangsläufig CL spielen :-)

    Es ist schon verwunderlich wie wir uns rd. 8 Mio Euro Ablöse leisten können ohne Einnahmen. Wenn da mal nicht hinter den Kulissen was verhandelt wurde mit Geldgebern. Wir werden es wohl nicht erfahren.

    Das der BVB bspw.auf 100 Mio verzichtet ist ebenso erstaunlich in heutiger Zeit.
    (Haaland könnten sie jetzt für 175 Mio verkaufen, nächste Saison dann für festgeschriebene 75 Mio.)

    • Gerade der BVB ist ein gutes Beispiel, was es bringt, wenn man Spieler für viel Geld abgibt. Die Folgesaison war immer schwieriger und die „Beschaffung“ von Ersatzspielern wurde teurer, weil alle wissen, dass man Transfererlöse hatte. Klar reden wir beim FCU von max. 10% was ein BVB mit Haarland macht, aber das Prinzip ist ähnlich. Andrich/Friedrich haben einen Stellen- und Leistungswert, da musst du aktuell mehr als 10 Mio pro Spieler ausgeben, um das direkt zu kompensieren. Daher kann ich das schon nachvollziehen.

      Was die Transparenz angeht – ich fände es auch besser zu wissen, wo da plötzlich goldene Eier gelegt wurden oder wie die Dinge zustande kamen, aber auch da würde es bedeuten, dass potenzielle Verkäufer wissen, wie gut man ausgestattet ist und Transfers wie Taiwo sinnlos verteuern.

    • Wer hat denn gesagt das wir auf Ablöse verzichten ? Verzichtet wird auf eine lächerlich geringe Ablöse, und wenn der Spieler, was zu erwarten ist einen nicht unwesentlichen Teil zum Klassenerhalt beiträgt ist das auch finanziell mal deutlich mehr wert als die paar Piepen die da wohl geboten wurden. Im Übrigen ist das Transferfenster noch über einen Monat offen und etliche Vereine machen ja auch kein Geheimnis daraus das erst Transfererlöse generieren müßen um selbst auf dem Transfermarkt aktiv zu werden.

    • Hallo Michael.

      Mir ist nicht klar, wie Du darauf kommst, dass Andrich/Friedrich ablösefrei gehen gelassen werden.
      Einige der Transfers die bisher getätigt wurden, zielen doch klar darauf ab, diese Abgänge kompensieren zu können.
      Soweit ich die Strategie von Union verstehe, möchte man eine Situation schaffen, in der man nicht gezwungen ist, Spieler gehen zu lassen. Vor allem nicht für „Kleingeld“. Wenn die beiden 10 Mios bringen, werden sie sicher schon diese Saison gehen. Wenn nicht, bleiben sie.
      Und die 175 Mios für Haaland zahlt doch derzeit kein Mensch, Vor allen nicht im Gesamtpaket mit sicher 20 Mios pro Jahr für den Spieler und nem 4-5 Jahres Vertrag ;)

  2. Maria Draghi

    „Mich irritiert durchaus, wie Fragen in diese Richtung manchmal mit Misstrauen in die aktuell handelnden Personen bei Union gleichgesetzt werden.“

    Mich irritiert das nicht. Viele nehmen Kritik an Union sehr persönlich und reagieren dementsprechend, als ob man sie persönlich selbst angegriffen hätte. Das muss man einkalkulieren, wenn man Kritik äußert. Ist aber machbar und aushaltbar.

    Inhaltlich greift mir die Überlegung [Union finanziert das aktuelle Transferdefizit mit höheren TV-Einnahmen] zu kurz. Kann sein – man könnte da aber noch mehr dazu sagen. Hat Union z.B. TV-Einnahmen für die Europa-Gruppenphase (!) bereits investiert (obwohl sie noch nicht erreicht wurde). Erhellend wäre auch, ob Union in nennenswertem Umfang Prämien von Sponsoren für das Erreichen von Platz 7 bzw. Europa erhalten hat. Nein, ich will die genaue Höhe und den Absender nicht wissen. Ich will nur verstehen, ob es sowas überhaupt in relevanter Höhe gab.

  3. Jean Ami

    @Maria ich stimme Dir zu. Unser Vorteil ist, daß das Lohngefüge noch im unteren Niveau liegt und bei uns in den letzten beiden Saisons die Corona bedingten Verluste nicht so krass waren wie bei den Etablierten Vereinen. Der Weg der gegangen wird ist plausibel und richtig. Leverkusen wollte uns mit 4 Millionen abfrüchtigen, weil Sie dachten das Wir doch müssten! Nein, für uns bringt er jetzt durch seine Leistung, sein Auftreten und sein Stellenwert für den ganzen Verein mehr, als wenn man für solch eine Beleidigung gehen lassen würde. Man muss ja den Ersatz davon finanzieren können. Lewandowski ist auch zu Bayern Ablösefrei gewechselt, weil er für Dortmund zu wichtig für einen vorzeitigen Wechsel war.
    Wir sind von damals geschädigt, weswegen wir besonders hinschauen. Der Verein wächst stabil auf allen Ebenen, NLZ Bau geht voran, dass Stadion wächst auch. Die Einnahmen steigen auch und die Fehler,die die Bertha, Hoeneß und Preetz gemacht haben, wie auch in unserer ersten Zweitligaphase, begehen Wir nicht. Schaut mal wieviel die Bertha an Windhorst Millionen verbrannt haben.

  4. Robert, dann hast du aber irgendwann einen 30 Mannkader, hoffst auf Angebote (die nicht kommen) und mußt dann entweder unter Wert verkaufen oder die Personalkosten eine Saison lang.

    Und ich habe nirgendwo geschrieben das Andrich und Friedrich ablösefrei gehen. Ich sehe lediglich die Ruhe die von Leverkusen ausgeht, die sich einen Spieler für 20 Mio holten und auch das scheinbar nichts mehr kommt aus Gladbach oder Lille wg. Friedrich.

    Und zu den 175 Mio für Haaland.
    Chelseas Besitzer Abramovitch hat diese Summe freigegeben, es fehlt lediglich das offizielle Angebot vom Verein an den BVB.

  5. Ich verstehe nicht wie man überhaupt drüber nachdenken kann Marv oder Rob für die gebotenen Beträge von den Pillendrehern gehen zu lassen. Beides absolute Stützen der Mannschaft und daran beteiligt daß wir ein weiteres Jahr in der ersten Liga spielen. Falls einer der beiden gehen sollte kann man sie schwer ersetzen. Der Preis der geboten wurde ist so ziemlich genau die Fernsehprämie die wir kassieren wenn wir die Klasse halten.

    In meinen Augen geht es in der Bundesliga eher darum eine konkurrenzfähige Mannschaft zu haben als ein konkurrenzfähiges Bankkonto.

    Die Ablöse für Taiwo halte ich für absolut gerechtfertigt. Man wusste wer da kommt und daß er in die Mannschaft passt und Bock hat bei uns zu spielen. Falls er, wie zu erwarten ist, seinen Wert noch steigern kann ist das eine absolut richtige Investition die sich auszahlen wird in Toren und zukünftiger Ablöse.

    Man darf bei den ganzen Zahlenspielen auch nicht vergessen daß wir aus der letzten Saison durch einen ungewollten Verkauf fast sechs Millionen auf der Habenseite hatten und neue Sponsoren hinzugekommen sind.

    Never change a winning team …

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