Blog State of the Union

Der Sieg gegen Werder Bremen war wenig überraschend. Das ist einerseits grotesk und zeigt anderseits, wie schnell Union sich entwickelt hat

Ich bin selbst von mir überrascht. Und in gewisser Weise auch negativ. Denn ich fühle mich ertappt und auch direkt angesprochen, wenn Christian Gentner zum Spiel gegen Bremen folgendes sagt (Printausgabe Kicker):

„Es ist total eindrucksvoll, dass wir gegen Bremen 3:1 gewinnen, und für jeden ist es selbstverständlich.“

Wahrscheinlich ging es vielen Unionerinnen und Unionern ähnlich. Dies zeigt einerseits wie schnell sich Menschen an Sachen gewöhnen und anderseits, welch überragende Entwicklung die Mannschaft in den letzten Jahren – seit dem Amtsantritt von Urs Fischer und Oliver Ruhnert – genommen hat.

Oliver Ruhnert und Urs Fischer bei der Vorstellung des Trainers, Foto: Matze Koch

Gerade Werder war für mich lange ein Team, welches mich aufgrund seiner offensiven Spielweise immer sehr begeistert hat. Mittlerweile hat Union nicht nur das dritte Spiel in Folge gegen Bremen gewonnen, Werder hat sich auch ohne jegliche offensive Idee von der ersten Minute hinten rein-gestellt und auf ein Unentschieden spekuliert. Klar, finde ich auch objektiv betrachtet Unions Kader mittlerweile besser als den von Bremen. Und über die Trainer brauchen wir gar nicht zu reden.

Aber sollte es deswegen nichts Besonderes sein, ein Bundesliga-Spiel gegen einen der wohl fünf erfolgreichsten Vereine seit der Wiedervereinigung zu gewinnen? Souverän zu gewinnen. Doch das sollte es eigentlich. Obwohl Union mit dem Ergebnis auch erstmalig die beste Berliner Mannschaft in einer Saison ist, hat es sich dennoch nicht so angefühlt. Das ist mindestens grotesk, eigentlich verrückt und auf jeden Fall aus sportlicher Perspektive ganz wunderbar.

Glücklicherweise ordnet der Mann, der dafür hauptsächlich verantwortlich ist, das Ganze treffender ein: „Für mich ist das einfach noch nicht Normalität“, sagte Urs Fischer über den komplett ungefährdeten Sieg über Werder Bremen.

Joel Pohjanpalos Hattrick-Vorgänger

Der Hauptgarant für den Sieg war neben einer konzentrierten und teilweise nüchternen Mannschaftsleistung natürlich Joel Pohjanpalo, der als erster Union-Spieler drei Tore in einem Bundesliga-Spiel geschossen hat. Und das in nur 17 Minuten. Völlig zurecht wurde Pohjanpalo dafür vom Kicker zum „Spieler des Spieltags“ gewählt.

Wenn man Nico Patschinskis Dreierpack aus der Drittliga-Saison 2008/09 mitzählt (was ja die erste Saison als offizielle Profi-Liga war), gab es seit der Wiedervereinigung nur vier weitere Spieler, die im Union-Trikot drei Tore in einem Spiel im Profifußball geschossen haben. Allen anderen gelang dieses Kunststück in der 2. Bundesliga.

Sebastian Polter wird nach der Auswechslung von Jens Keller zu seinem Dreierpack beglückwünscht, Foto: Matze Koch

Kostadin Vidolov 2001 gegen den SSV Reutlingen (5:0). Vielleicht sogar einmal per Volleyschuss nach einer Ecke? Das war ja so etwas wie das Spezialgebiet des genialen Spielmachers. Salif Keita nach zweifacher Vorlage von Steffen Baumgart beim 3:0-Sieg gegen Fürth im Jahre 2003. Sebastian Polter erzielte seinen Dreierpack ebenfalls bei einem 5:0-Sieg. 2017 gegen den 1. FC Kaiserslautern.

Weitere Medienberichte

Und sonst so

Im Podcast wurde ja gestern Abend schon ausführlich über Dirk Zinglers Statement zum Thema Super League bzw. Champions League-Reform gesprochen.

Während fast alle Unionerinnen und Unioner wohl mit den meisten Aussagen des Präsidenten einverstanden sind und sie auch so unterschreiben würden, gibt es auch eine Kritik von einem Union-Fan an Zinglers Gastbeitrag. Demnach müsse endlich das eigentliche Problem angegangen werden. Auch wenn ich der generellen Stoßrichtung der Kritik (Strukturzwänge, Marktzwänge, Durchökonomisierung des Profifußballs etc.) zustimme, kann ich die Kritik an Zingler nicht teilen, da er in Rahmen seiner Möglichkeiten (Präsident eines Bundesligisten) schon klare Kante gezeigt hat. Viel mehr ist halt leider aufgrund der im Text angesprochenen Zwänge nicht möglich. Auch wenn ich mir dies anders wünschen würde.

Außerdem wurde im Podcast auch über eine sehr gute Aktion von den Hammerhearts, welche mit einem starken Statement verbunden wurde, gesprochen. Ich für meinen Teil kann mich da nur den Ausführungen im Ebay-Kleinanzeigen-Text anschließen und hoffe, dass Union bei der weiteren Zusammenarbeit mit Adidas einige Gedankengänge aus der Artikelbeschreibung mitaufnimmt.


Entdecke mehr von Textilvergehen

Subscribe to get the latest posts sent to your email.

8 Kommentare zu “Der Sieg gegen Werder Bremen war wenig überraschend. Das ist einerseits grotesk und zeigt anderseits, wie schnell Union sich entwickelt hat

  1. Ist es so das die Mehrzahl es als selbstverständlich ansieht gg. Werder zu gewinnen? Vor dem Spiel war ich mir sicher, weil man in Bremen keine Weiterentwicklung sieht und der Kader für mich eher Durchschnitt ist und vor allem ist es keine Mannschaft. Als es dann zur Pause 0:0 stand und Max rausmußte, hatte ich kurz Zweifel, die nach dem Doppelschlag aber wieder beseitigt waren. Das 3:0 hatte mich dann doch überrascht.

    Zu Adidas: Wir sind im Konzert der Großen halt nur ein kleines Licht und ich kann jetzt allen Jublern über Adidas „Ätsch“ sagen, weil ich von Anfang an nicht einer derjenigen war die es gut fanden, weil mich Macron schon sehr begeistert hatte was Trikots angeht.

    Jetzt sind wir einer von vielen ohne individuellem Heimtrikot. Condivo 20 heißt, glaube ich, das Muster und wenn ich die neue Trikotkollektion der 3 Streifen sehe, werden die Trikots für nächste Saison designmäßig sogar noch schlimmer.
    Und was man an einem Schuh für 125.55€ gut finden muß darf mir gerne einer erklären, die wären mir zu schade zum tragen ;-) aber scheinbar verkauft sich alles mit Unionbezug wie „geschnitten Brot“, vor allem wenn man es limitiert. Kommerz olè :-x

  2. Moinsen

    Danke für die Folge. Da ich mehr in der NFL verankert bin gehe ich davon aus das euer Gedankenspiel mit dem Salary Cap (mit Abänderung) nicht funktioniert. Alle Teams haben gleich viel Geld. Und da würden ja schon die Bayern oä. Nicht mitmachen. Es wäre die Chancengleichheit mehr hergestellt. In der NFL werden bei einem Trade auch der Vertrag vom neuen Team mit übernommen. Aber da es keinen Draft gibt wäre sowas nur bei Spielertausch möglich. Das gesamte Cap muss auch in einem bestimmten Zeitraum einmal komplett aufgebraucht werden.

    Es ist eine nette Idee das man den Capraum halt auf erste und zweite Liga anpasst. Aber schon die großen 4-5 werden da nicht mitspielen.

    Es wäre aber für eventuelle Transfers und Neuverpflichtung spannend wenn man alles vom anderen weiß. Aber durch die Verknüpfung mit dem internationalen Geschäft sehe ich halt auch sowas in keinster Weise möglich. Buli bleibt halt so der mit dem größten Geld scheißt den größten Haufen. Bin froh das wir das System mit Intelligenz und guter Haushaltung ein wenig umgehen können.

    Grüße

    Geilen Folge wie immer

  3. Den Salary-Cup kann man doch mit Prämien umgehen oder?

    Andererseits: Hast du als Obergrenze 5 Mio Jahresgehalt und 24 Leute im Kader biste auch schnell neunstellig im Etat.

    Was hat Union für einen Gehaltsetat? 35 Mio?

  4. silberhacke

    in der nfl geht man absurderweise davon aus, dass der sportliche wettbewerb attraktiver für beteiligte und zuschauer wird, wenn die teams über ähnliche finanzielle mittel verfügen. im europäischen fußball ist man bemüht, die beteiligten und zuschauer nicht mit einem in seinem ausgang offenen kampf um titel und meisterschaften zu irritieren. find ich viel besser. eigentlich. das gibt mir sicherheit.

  5. Martin Behnke

    Erstmal sportlich: Nen Sieg gegen Werder ist KEINE Selbstverständlichkeit ! Wenn die auch nur einen guten IV haben, sowie nen 6er, der bei gegnerischem Ballbesitz auch mal so um den Elferpunkt bis Strafraumgrenze was verhindert, dann geht das Spiel 0:0 aus.

    Union ist in der Besetzung schon ne Wucht. 1-2 Leistungsträger verlieren ? geht schon, dafür wirkt das zu stabil… als dass das komplett kippen könnte.

    Wirtschaftlich: Union ist da ja nu auch nicht gerade auf Rosen gebettet, nutzt aber die vorhandenen Mittel besser als andere. Nen Salary-Cap wäre so ziemlich das „schlimmste“ was Union derzeit passieren kann. Denn der eigene Erfolg ist nicht zuletzt auch der Limitiertheit anderer Clubs geschuldet, die durch Misswirtschaft bereits in vergangenen Jahren etwaige Vorteile aufgezehrt haben. Wer vor Corona auf Kante (oder bereits drüber) genäht war, der hat heute eben Probleme.

    Über 30 Punkte vor Schalke., mehr als 10 vor Werder… ist ja eben kein Zufall !

    Wichtig bleibt eben, dass etwaiges „Solidaritätsgefasel“ unerhört bleibt !

    Denn warum sollten Union, Frankfurt, gar Leipzig für die Matondos und Selkes bluten ?

    Ich kicke lieber BuLi mit den Störchen, Fürth, Heidenheim und Bochum, als dass ich auch nur einen einzigen Cent für ruinöse Geschäftsmodelle mitzutragen habe !

    Ich bin GEGEN einen Salary-Cap, aber eben für einen Ausgleichsmechanismus, der Clubs, die die Schraube eh schon (bewusst) überdreht haben dazu zwingt, ne zusätzliche Abgabe an die dadurch geschädigten Ligamitglieder zu zahlen… jaja… und wenn das auch bedeutet, dass z.B. Werder nebst an Union jeweils 500 000 Euro an Bayern zu zahlen hätte !

    Einfaches, einsilbiges Wort: „Nein“ ! Keiner wird dazu gezwungen, 8-stellige Summen für Spieler mit allenfalls Zweitligatauglichkeit zu zahlen, kein Club ist dazu verdammt, p.a. 15 Mios an Beraterhonoraren rauszuhauen ! Und kein dritter Club ist dazu da, um eben solches Gebahren anderenorts am Ende auszugleichen !

    Wer eben nur ne Million für Spieler zahlen kann, aber eben en masse auf Dauer 2 Mios zahlt, der kriegt eben nen Problem… und zwar unabhängig davon, ob ich ausgliedere, Aktien oder sonstige Anteile verkaufe, oder sonst irgendnen scheiss anstelle, wie Einnahmen auf 20 Jahre vorzuziehen um die im hier und heute rauszuhauen.

    Sich dann im Nachgang hinzustellen, und an die Solidarität anderer zu appelieren… puh… muss man sich auch erstmal trauen !

    • Ja,ja…alles ok.
      Der Sieg gegen Werder, zu diesem Zeitpunkt in der Saison, ist kein Wunder. Persönlich rechnete ich auch eher mit einem Unentschieden, aber hinterher ist man immer schlauer. Das gilt vor allem im Fussball.
      Die Saison wurde aus meiner Sicht früher entschieden.
      Heimsiege gegen BVB oder Leverkusen, Sieg auswärts gegen Freiburg und das eine oder andere Unentschieden, z. Bsp. gegen Bayern, sind für mich die stärkeren Belege des Erfolgs.
      Das hat dann vordergründig wenig mit dem Niedergang von S04 zu tun, sondern eher damit, wie man eine Mannschaft formt.
      Genau das ist der unberechenbare Moment. Es lebe der Sport kann ich da nur rufen…?

  6. Jetzt spitzt die Diskussion sich hier irgendwie zu auf dem Salary Cap. Und dass die fünf großen Vereine ohnehin nicht mitmachen. Aber, erstens: Bayern und andere werden nie mitmachen, wenn sie nicht dazu gezwungen werden. Deswegen müssen Verbände und Regierung dies einfach vorgeben. Denn im Neoliberalismus, also die heutige Version des Kapitalismus, geht es nur um Wachstum. Dies funktioniert im Fußball nicht, wie wir sehen, und es ist was Zingler kritisiert. Auch in Deutschland ist das Problem nicht gelöst. Oder hat jemand verpasst dass Bayern neun mal Meister in Folge wurde?
    Also muss der Neoliberalismus, in der Gesellschaft und im Fußball, ein Ende gesetzt werden. So wie Zingler sagt. Und da reicht ein Salary Cap nicht aus. Auch das Einkommen aus Fernsehen, national UND international, muss umverteilt werden. Werden die Bayern, völlig verständlich, auch nicht mitmachen. Aber sonst sind die bald noch weiter weg, und Dortmund auch. Deswegen: es dreht nicht alles um nur den Salary Cap, aber um eine komplette Umverteilung des Gelds.

  7. Martin Behnke

    Nivellieren ist der Feind der Leistung !

    Am Ende der Diskussion kommen wir an nem Punkt an, an dem Union 20 % des Jahresbudgets an Pakistanische Transexuelle Wasserballetttänzer zu zahlen hat !

    Das Erste kommt ja tendenziell bereits bei den Live-Angeboten in die Richtung.

    Araber und Asiaten brauchen ja im Prinzip nur nen nahezu vereinsunabhängiges (selektiertes) Angebot am Folgetag: „Guckst Du“… da guckt der Fan ggf. auch lieber nen 5:4 von ST. etienne vs. Monaco als nen 1:1 nur weils mal eben Real ist.

    Dann kommen wir auch endlich von den verkackten Anstosszeiten weg !

    Soll die Zielstellung sein, Vereine wie Bielefeld und Wolfsburg auf ne idente finanzielle Basis zu stellen… puh…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert