Blog State of the Union

Joel Pohjanpalo nutzt Bremens Fehler

Wenn man über eine Fußball-Partie sagt, dass sie ein „Spiel von zwei Halbzeiten“ war, meint man damit meistens, dass sich das Kräfteverhältnis zwischen den beiden Mannschaften stark verschoben hat. Das war gestern beim 3-1-Sieg von Union gegen Werder Bremen nicht der Fall, aber trotzdem gaben beide Halbzeiten ein sehr unterschiedliches Bild ab.

Union Berlin Joel Pohjanpalo Hattrick Bremen
Mit Joel Pohjanpalo gelang zum ersten Mal einem Union-Spieler in der Bundesliga ein Hattrick. Photo: Matze Koch.

Das betraf aber eben nicht, welche Mannschaft die bessere war – das war das ganze Spiel über Union. Nur kam dabei in der ersten Halbzeit sehr wenig bei raus, bevor Joel Pohjanpalo das Spiel in der zweiten Halbzeit mit einem schnellen Hattrick entschieden hat.

In der ersten Halbzeit war Union ebenfalls spielbestimmend gewesen, fand aber keinen Weg um zu Torchancen zu kommen. Das lag sicher auch daran, dass Bremen das Spiel sehr tiefstehend und defensiv anging, wie es Urs Fischer und einige Spieler von Union nach dem Spiel beschrieben haben. Aber weil Bremen in seiner Verteidigungshaltung nicht besonders fehlerfrei, intensiv oder geschlossen spielte, lag die Ursache für die fehlenden Chancen in der ersten Halbzeit durchaus auch in der (fehlenden) Präzision in Unions Spiel. Dabei war durchaus klar, nach welchem Muster Union die Defensive von Werder aushebeln wollte: Vor allem mit überlappenden Läufen der Flügelverteidiger. Diese Position gab es mit der Rückkehr zum 352 wieder, und sie wurde diesmal von Christopher Lenz und Julian Ryerson besetzt.

Aber Union gelang es eben zu selten, schnell und fehlerlos genug zu spielen, um die beiden öfter in gefährliche Positionen zu bringen. Dazu kam, dass Urs Fischer und seine Mannschaft dabei keine zu großen defensiven Risiken eingehen wollte, wie Till Oppermann in seiner Analyse des Spiels für den RBB beschreibt.

Allerdings profitierte Union dabei auch von eklatanten Fehlern einer Bremer Mannschaft, bei der ziemlich unklar war, wie sie dieses Spiel gewinnen wollte (oder wie sie in der Bundesliga sieben Spiele gewonnen hat). Ja, Bremen hatte in der ersten Halbzeit zwei gefährliche Szenen, aber sowohl bei Rashicas abgefälschtem Schuss als auch Andrichs kurzem Kopfball zu Andreas Luthe war viel Zufall und Zutun des Gegners für die Entstehung der Chancen verantwortlich. Eine Spielanlage für die Offensive war ansonsten bei Bremen nicht zu sehen. Und angesichts der Weise, in der Bremen die Ecke verteidigt hat, die Jolle Pohjanpalo zum 1-0 nutzte, ist die große Frage des Spiels, warum aus den anderen zehn Ecken für Union nicht mehr gefährliche Szenen entstanden sind. Ähnliches gilt für das 3-0, als einer der gar nicht so häufigen Versuche hohen Pressings von Union einen Ballgewinn und das Tor brachte.

In der Analyse beim RBB kommt aber auch noch ein weiterer Grund dafür vor, dass sich das Bild nach der Halbzeit änderte: Die Einwechslung von Petar Musa für den angeschlagenen Max Kruse brachte Union etwas mehr Durchsetzungsfähigkeit mit relativ einfachen Mitteln. Musa machte nach seiner Einwechslung ein sehr gutes Spiel und Bremen mit seiner Kantigkeit und guten Laufwegen große Probleme. Dass dabei sogar zwei Vorlagen heraussprangen, von denen die zweite auch ein guter Pass auf Pohjanpalo war, deutet an, dass der kroatische Stürmer vielleicht doch größeres und vielseitigeres Potential hat, als in seinen ersten Spielen für Union zu sehen war.

Nach den drei Toren musste Bremen sich dann insgesamt so fühlen wie Marco Friedl in dieser Situation. Das Spiel war als Wettbewerb vorbei, daran änderte auch das späte verkürzende Tor von Theodor Gebre Selassie nichts mehr.

Allerdings endete das Spiel für Union noch sehr bitter, als sich Cedric Teuchert auf sehr unnötige Weise unmittelbar vor dem Schlusspfiff am Knie verletzte – nach der Verletzung von Max Kruse gegen Hertha schon die zweite solche Szene in dieser Saison. Noch gibt es keine Diagnose für Teuchert, die Zeichen deuten aber auf eine schwere Bänderverletzung hin…

Auch das kommt in den Spielberichten der Berliner Medien vor:

Mit dem Sieg gegen Bremen hat Union nicht nur rechnerisch sichergestellt, in der Abschluss-Tabelle der Saison vor Hertha zu landen. Sondern auch die Punktzahl der (zur Erinnerung, ebenfalls phantastischen) letzten Saison überholt und damit natürlich die laufende Saison zur in dieser Hinsicht besten der Vereinsgeschichte gemacht. Ich bin mir nicht sicher, was die richtige Umrechnungsmatrix zwischen Bundesliga und DDR-Oberliga ist, aber vermutlich ist es nicht falsch, dieses Prädikat auch auf die gesamte Geschichte des 1. FC Union Berlin auszudehnen und vor etwa der Saison 1985/86 einzusortieren.

Und sonst so

Etwas zu spät, um am Samstag in State of the Union vorzukommen, hat Unions Präsident Dirk Zingler gestern auf Unions Webseite und in Kurier/Berliner Zeitung einen Beitrag zum Scheitern der Super League und der Entwicklung des Spitzenfußballs hinaus veröffentlicht. Die Ideen für eine Umgestaltung des Fußballbetriebs, die im Wesentlichen in einer Begrenzung der Ausgaben von Clubs und damit weniger Notwendigkeit, weiter an der Einnahmen-Schraube zu drehen, bestehen, bringen Union und Dirk Zingler aber auch nicht zum ersten Mal vor.


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5 Kommentare zu “Joel Pohjanpalo nutzt Bremens Fehler

  1. silberhacke

    hab ich es falsch gesehen oder war es eher musa, der teuchert „auf sehr unnötige weise“ schwer verletzte? in der szene sieht es aus, als ober er mit tunnelblick und auf automatik gestellt mit warp drei alles wegcheckt, das sich ihm in den weg stellt. dass an der stelle noch gras wächst, ist ein wunder der botanik.

    • Das habe ich anfangs auch gedacht, mir das aber noch mal in Zeitlupe angeschaut. Ich denke, Teuchert wollte nach seiner Kopfballablage auf Musa Richtung Strafraum (Doppelpassversuch?). Die Ablage geriet etwas zu kurz, woraufhin Musa den Turbo Richtung Ball zündete. Teuchert drehte ebenfalls um und orientierte sich zum Ball, worauf Musa mit ihm halb zusammenstieß. Ich schätze, er erwischte Teucherts Knie mit seinem so unglücklich, dass bei Teuchert was kaputtgegangen ist. Glaube nicht, dass da sooo viel Power drin war. Wohl eher an ner ganz blöden Stelle getroffen. Also ich würde Musa da keine große Rücksichtslosigkeit vorwerfen. Das war auf engem Raum und äußerst unglücklich.

    • silberhacke

      alles klar. sah übel aus. glatt rot in einer anderen konstellation. großes pech für teuchert. riesige scheiße.

  2. Gute Besserung für Cedric, das war ein unglücklicher Zusammenprall, niemand verletzt seinen Mitspieler absichtlich.
    Was Europa angeht, glaube ich leider nicht, dass bei dem Restprogramm reichen wird.
    Dennoch bereits jetzt Glückwunsch und ein fettes Dankeschön für eine sagenhafte Saison.

  3. […] nur von der Bank kommen dürfte, könnten Joel Pohjanpalo und Petar Musa wie schon in der sehr erfolgreichen zweiten Halbzeit gegen Bremen das Sturmduo für die finalen Spielen bilden. Wenn ihr nochmal eine ausführliche Taktikanalyse zum Spiel vom Samstag lesen wollt, sei euch der […]

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