Blog State of the Union

Eine Doku über die Causa Hopp zeigt, dass der Konflikt zwischen den Fanszenen und dem Milliardär nach der Rückkehr von ZuschauerInnen wieder präsenter werden könnte

In den Wochen bevor der Spielbetrieb im März 2020 aufgrund der Coronapandemie ausgesetzt wurde, hat vor allem ein Thema Fußball-Deutschland beschäftigt: Die Beleidigungen gegen den Mäzen der TSG Hoffenheim, gegen Dietmar Hopp.

Plakate beim Spiel von Union gegen den VfL Wolfsburg, Foto: Matze Koch

Damals hatten sich nahezu alle Ultra-Szenen Deutschlands den Protesten gegen die durch den DFB ausgesprochene Kollektivstrafe, wonach alle Fans von Borussia Dortmund drei Jahre lang keine Auswärtsspiele mehr in Hoffenheim besuchen dürfen, angeschlossen und als Form des Protest insbesondere Dietmar Hopp ins Fadenkreuz genommen. Höhepunkt des Konflikts war, trotz zahlreicher anderer Spielunterbrechungen wie die bei Unions Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg, das Auswärtsspiel des FC Bayern in Sinsheim. Aufgrund von Schmähplakaten der Bayern-Fans wurde das Spiel zweimal unterbrochen und letztendlich mit minutenlangen Ballgeschiebe und Klatschorgien für Dietmar Hopp beendet.

Nun ist eine sehr interessante ZDF-Doku zum Ereignis erschienen, die nochmal die komplette Vorgeschichte aufrollt und in der einige mehr oder weniger direkt Beteiligte zu Wort kommen. Während sich Dietmar Hopp persönlich nicht äußern wollte, übernehmen insbesondere sein Anwalt Christoph Schickardt und Uli Hoeneß dies für ihn. Auf der anderen Seite äußern sich aber auch zwei Ultras der Schickeria München oder der ehemalige Fanvertreter und BVB-Ultra Jan-Henrik Gruszecki.

In der Doku von Sportstudio-Moderator Jochen Breyer, der sich im TAZ-Interview selbstkritisch zu seiner damaligen Berichterstattung zeigt, und Jürn Kruse nehmen alle Interviewten wenig überraschende Positionen ein. Während Hopp-Anwalt Schickardt in Hopp den letzten richtigen Fußballfan sieht, klagt Uli Hoeneß gegenüber den Autoren der Doku: „Ihr macht es euch ein bisschen einfach, ihr versucht hier beide Seiten zu verstehen. Ihr müsst klarmachen, wer die Schuldigen sind und wer das Opfer ist. Das ist ganz einfach.“

Die interessantesten Punkte der Reportage sind wohl der Umstand, dass eigentlich alle Beteiligten im Vorfeld von einem möglich eskalierenden Protest der Münchner Fanszene wussten und daher eine Inszenierung und Dramatisierung der Ereignisse nicht mal konsequent abstreiten.

Zudem wird ein Konflikt zwischen den ehemals zwei mächtigsten Männer im DFB beleuchtet. Während Ex-DFB-Präsident Reihnhard Grindel, der wohl ansonsten in der Sympathieträger-Skala der meisten von uns auch nicht viel nördlicher als andere Funktionäre anzutreffen ist, sich 2017 gegen Kollektivstrafen aussprach, war sein damaliger Vize Rainer Koch komplett gegen die Abschaffung und schlug laut Grindel sogar vor, verdeckte Ermittler in Fan-Blöcke zu schleusen.

Bemerkenswert ist zudem, dass Hopp in einer Kritik des damaligen Mainzer Managers Christian Heidel am Hoffenheimer Projekt eine Diskriminierung gegen seine Person sah und bereits 2007 forderte, dies genauso wie Rassismus zu bestrafen. Zur Anwendung kam der Dreistufenplan des Deutschen Fußball-Bunds der für Diskriminierungen aufgrund von Alter, Behinderung, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, ethnischer Herkunft oder sexueller Identität eingeführt wurde, dann schließlich erstmals am besagten 29. Februar 2020 in Sinsheim.

Wenn wir wirklich alle gemeinsam suchen und ganz tief graben, finden wir vielleicht sogar noch die Verhältnismäßigkeit zum Vorgehen. Ansonsten wird durch die Doku deutlich, dass der Konflikt, auch weil immer noch Fans vor Gericht stehen und die Kollektivstrafe nicht zurückgenommen wurde, mit der Rückkehr von ZuschauerInnen in die Stadien wohl nicht beigelegt sein wird. Ich hoffe ich habe nicht zu viel rezensiert. Schaut euch die Doku einfach selbst an.

Weitere Medienberichte zur Thematik

Derby light

Christian Gentner hat sich zur veränderten Emotionalität des Derbys aufgrund der fehlenden ZuschauerInnen geäußert. Dabei bezieht sich die BZ auf ein Interview, welches Gentner dem RBB gegeben hat.

Dort finde ich allerdings nur ein Interview mit Grischa Prömel bei dem es neben der Niederlage gegen Eintracht Frankfurt auch hauptsächlich über die anstehende Partie gegen Hertha BSC geht.

Union(er) international

Das mit dem Daumendrücken für Julian Ryerson hat nur so semi geklappt. Zwar durfte Ryerson für Norwegen auf der Position auflaufen, auf den wir ihn bei Union trotz der Tatsache, dass er auch alle anderen zehn Positionen bekleiden könnte, am häufigsten gesehen haben.

Gegen die Türkei gab es bei der Niederlage in der WM-Quali im südlichsten Zipfel Norwegens, ähh Spanien, in Malaga, nichts zu holen. Mit 0:3 musste sich Norwegen geschlagen geben. Ryerson, über dessen rechte Abwehrseite zwei Tore vorbereitet wurden, hatte nach 67 Minuten Feierabend und wurde (scheinbar) unverletzt (immerhin!) ausgewechselt.

Nico Schlotterbeck kam mit der deutschen U21-Nationalmannschaft gegen die Niederlande zu einem späten 1:1.

Heute könnten eventuell noch Christopher Trimmel für Österreich und Joel Pohjanpalo für Finnland zum Einsatz kommen.

Die extravaganteste Frisur der derzeitigen Länderspielpause dürfte aber wohl niemand der Genannten haben. Vor allem nicht, wenn Anguillas Aedon Scipio mit in der Verlosung ist. Genützt hat es dem Mittelfeldspieler wenig. Der kleine karibische Inselstaat Anguilla verlor das WM-Qualifikationsspiel gegen die Dominikanische Republik mit 0:6.

 


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9 Kommentare zu “Eine Doku über die Causa Hopp zeigt, dass der Konflikt zwischen den Fanszenen und dem Milliardär nach der Rückkehr von ZuschauerInnen wieder präsenter werden könnte

  1. Der Sepp

    „Ihr macht es euch ein bisschen einfach, ihr versucht hier beide Seiten zu verstehen. Ihr müsst klarmachen, wer die Schuldigen sind und wer das Opfer ist. Das ist ganz einfach.“

    Ulrich Hoeneß – versöhnt Menschen und löst Konflikte seit 1952.

  2. „Wenn wir wirklich alle gemeinsam suchen und ganz tief graben, finden wir vielleicht sogar noch die Verhältnismäßigkeit zum Vorgehen.“

    Nö.

    • Felix Morgenstern

      War komplett ironisch gemeint, ich hoffe das wir deutlich.

  3. Wenn man den Schickardt reden hört, will man direkt die letzte Mahlzeit erbrechen. Wirklich ekelhaft dieser Typ. Die Überheblichkeit dieser alten Männer ist entsetzlich.

    • Schickhardt ist für mich der verkörperte DFB: überheblich, rechthaberisch, konservativ, eindimensional, rückwärtsgewandt, gierig, kritikunfähig und kalt.

  4. herrdoesi

    Die Diskussion kratzt m.E. nach wie vor an der Oberfläche. Der Grundkonflikt ist doch die Kommerzialisierung des Fußballs. Und selbst dieses Problem ist auch nur eine der kleinen Schwestern der Gentrifizierung. Man muss doch mal das Problem bei der Wurzel packen und sich überlegen in was für einer Gesellschaft wir leben möchten. Die Kommerzialisierung des Fußballs ist da nur ein kleines Symptom einer mittlerweile beängstigenden Entwicklung. Die Eliten die das Alles verschulden, stören sich nun daran, das das einfache Volk leider auch denken kann und sich nicht alles gefallen lassen möchte.

  5. Ich fand die Aussagen von Schickhardt grenzwertig und das Hoeneß Hopp als Wohltäter hinstellt weil er für ein 5€-Wasser 20 bis 50€ zahlt, war schon zynisch. Wie muß sich da der Verkäufer vorkommen?

    Entlarvend war auch, das Hopp seit 2007 (C.Heidel) um Anerkennung bettelt und nun höhere Geschütze auffährt und der DFB ihm natürlich zu Kreuze kriecht.

    Aber auch manche Äußerungen von dem Ultra konnte ich nicht nachvollziehen.

    Ein Stadion ist kein rechtsfreier Raum und ein Ticketkauf keine Aufforderung andere zu beleidigen, aber das er manche Sprüche gegen Hopp nicht verurteilte fand ich daneben.
    Auch ich dreh manchmal durch wenn gewisse Spieler sich unsportlich gegen Union(er) verhalten aber ich mache das nicht mit Vorsatz, sondern es passiert aus der Emotionalität heraus. Ist naiv, ich weiß ;-)

    Klar, Leute wie Hopp und Mateschitz machen den Sport kaputt, aber mehr Kreativität in der Auseinandersetzung sähe ich lieber als Beschimpfungen.

  6. Was soll man denn auch machen wenn der Pöbel den Sonnengott partout nicht anbeten will.

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