Blog State of the Union

Mit Urs durch Europa?

Bei elf Plätzen und elf Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz drängt sich vor allem bei einigen MedienvertreterInnen die Frage auf: Mit Urs durch Europa?

Danke Nadine für diesen sensationellen Screenshot!

Urs Fischer reagierte auf derlei Gedankenspiele für seine Verhältnisse regelrecht emotional oder wie es der Kicker formulierte, ungehalten. Er bezeichnete sie sogar als „doof und dumm“. Die bisher 15 erreichten Punkte dienen laut Fischer einzig und allein der ursprünglichen Zielsetzung. Union möchte auch in der Saison 2021/2022 in der Bundesliga vertreten sein: „Ziel bleibt der Klassenerhalt, das ist das Thema. Wenn wir das erreicht haben, können wir uns über andere Zielsetzungen Gedanken machen.“

Mit dem zweiten Satz ließ sich Fischer zumindest noch eine kleine Hintertür offen. Dass jemand von den Spielern allerdings abheben könnte und schon von Barcelona ohne Messi in der Europa League träumt, halte ich für nahezu ausgeschlossen. Vor allem das Interview von Kapitän Christopher Trimmel nach Schlusspfiff bei Sky am Sonntagabend spricht dafür, dass wir uns darüber keine Gedanken machen brauchen. Auch Trimmel sprach unisono wie der Trainer nur vom Ziel Klassenerhalt.

Zudem gibt es selbst bei uns Fans wahrscheinlich nur sehr wenige, die ernsthaft und im nüchternen Zustand an Europa-Reisen denken. Mir geht es zumindest so wie Daniel im Podcast. Ich könnte gut damit leben, wenn Unions Saison ab jetzt (vermeintlich) enttäuschend verläuft und „wir noch acht oder sieben Plätze verlieren.“

Nicht mehr der kleine Underdog

Dass Union aber trotzdem nicht mehr der komplett chancenlose Underdog im Konzert der Goliaths ist, legt ein Artikel aus der FAZ nahe. Auch wenn ich die Wortwahl im Artikel aufgrund der erzeugten Bilder (übertriebene Metaphern etc.) manchmal etwas gewöhnungsbedürftig finde, so stimmt wohl die Kernaussage: Union als ewigen Außenseiter zu begreifen wird immer schwieriger.

Wirklich neu und interessant ist im ganzen Artikel aber nur ein Punkt, den ich nicht verifizieren kann, der aber sicherlich zu Diskussionen anregt: „Was die Verdienstmöglichkeiten angeht, wird Union laut Aussagen von Spielervermittlern inzwischen dem oberen Mittelfeld der Bundesliga zugerechnet.“

Leider habe ich nur Zahlen für die letzte Saison gefunden. Seitdem müsste Union also entweder einen riesigen Sprung gemacht haben oder aber die Aussage im Artikel stimmt so nicht.

Taiwo Awoniyi

Nicht zu bestreiten ist sicherlich eine Strategie, die im Artikel auch erwähnt wird: Sportchef Oliver Ruhnert versucht möglichst wenig Ablösen zu zahlen und verpflichtet am liebsten ablösefreie Spieler. Zudem leiht Union unter seiner Regie gefühlt noch mehr Spieler als zuvor aus. Einer dieser Leihspieler ist Taiwo Awoniyi.

Die nigerianische Leihgabe vom FC Liverpool hat in Köln sein erstes Tor für Union erzielt und scheint sich auch sonst gut in der Mannschaft und in Berlin zurechtzufinden. Im sympathischen bilingualen AFTV-Interview nach dem Spiel rutschte ihm einmal etwas raus, was für einige wie „ich fic* dich“, für mich aber eher wie „ist wichtig“ klang. Wie auch immer, Awoniyi scheint sich wohlzufühlen. Vielleicht bleibt er somit ja auch über seine Leihe hinaus in Berlin-Köpenick. In den nächsten Wochen dürfte er aufgrund der angespannten Personalsituation im Sturm zumindest gesetzt sein.

Awoniyi wird für sein erstes Union-Tor von den Kollegen beglückwünscht, Foto: Matze Koch

Ob „Zauberer Urs Fischer“ aus ihm direkt einen Star formt, wie es der Kurier mutmaßt, ist erst mal nicht so wichtig. Hauptsache er spielt weiterhin mit soviel Einsatz und baut seine Torstatistik (bisher zwei Bundesliga-Tore) aus.

Weitere Medienberichte:

Heimschwäche durch Corona?

Im Podcast ging es neben der Partie in Köln auch um einen möglichen schwindenden Heimvorteil in Corona-Zeiten. Markus Gisdol hatte dazu in der Pressekonferenz nach dem Union-Sieg schon ein interessante Statistik parat: Keine Heimmannschaft hat am letzten Bundesliga-Spieltag gewonnen. Nun ist eine Studie erschienen (Süddeutsche Zeitung), die nahe legt, dass „vor allem sozialer Druck auf Spieler und Schiedsrichter wirkt – also das Gebrüll, die Unterstützung und die Schmähungen der Fans.“ So zeigen „die Daten einen klaren Leistungsabfall der Heimteams.“ Darüber hinaus entschieden die Schiedsrichter ohne Fans „neutraler und weniger im Sinne der Heimmannschaften.“

Union spielt nach anfänglichen Schwierigkeiten seit dem Re-Start ziemlich konstant und punktet fleißig. Die Mannschaft scheint uns Fans bisher kaum zu vermissen. Sind wir also überflüssig? Bevor sich aufgeregt wird: Auch ich denke, dass sich, gerade gegen stärkere Teams, die Alte Försterei im neuen Jahr hoffentlich noch als wichtiges Faustpfand erweisen wird.

Rassismus

Leider muss ich heute auch auf ein sehr unschönes Thema hinweisen: Rassismus. Auch bei Union gibt es scheinbar immer noch viel zu viele Hohlköppe (jede/r ist eine/r zuviel). Daher vollste Solidarität mit Asanka! Ich hoffe der Verein handelt entsprechend. Vielleicht merken dann auch andere wie rückwärtsgewandt ihr Denken ist und, dass auch das Internet kein rechtsfreier Raum ist. SEON!

Und sonst so

Alles Gute zum runden Geburstag an Ex-Trainer Jens Keller! Auch wenn sein Abschied einige Fragen offen lies, so war Jens Keller doch der erste Trainer mit dem wir das erste Mal so richtig ans Tor zur Bundesliga geklopft haben.

Die Highlights der Union-Spiele gibt es nun scheinbar auch auf Englisch. Have fun!

 

 

 


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15 Kommentare zu “Mit Urs durch Europa?

  1. Oberes Gehaltsmittelfeld: Vermutlich gilt das für einige der Neuverpflichtungen, aber ganz bestimmt nicht fürs Durchschnittsgehalt.

  2. Europaziele? Vergleicht einfach die Ergebnisse der bisherigen Spiele mit denen der letzten Saison gegen dieselben Gegner, statt Bielefeld Paderborn, zählt die Punkte jeweils zusammen und schaut das Restprogramm an, wo eine Wiederholung der Vorjahrespunkte wahrscheinlich wird. Mit aller Gewalt – Klassenerhalt!

  3. Es kann auch sein, dass die Statista Quelle nicht stimmt. Zumindest soll Union schon zu 2. Liga Zeiten sehr gute Gehälter gezahlt haben … wurde zumindest in der Presse kolportiert.

    • @TimoEis Die eigentliche Quelle der Statistik ist Sporting Intelligence. Wo deren Zahlen im einzelnen herkommen, weiß ich wiederum nicht. Aber es kann schon auch gut sein, dass Unions Spieleretat, der letzte Saison am unteren Ende der 1. Liga lag ein Jahr vorher in der zweiten Liga das obere Regal bedeutet hat.

    • „Ich f*** dich“ als überraschende Deutschkenntnisse zu verkaufen ist auch dünnes Eis :-)

      Zu den Gehältern: es hielt sich ja lange das Gerücht das Polter der Großverdiener sei, als einziger mit mind.einer Mio brutto im Jahr.
      So wollte angeblich auch Rafal verdienen und tut es Max Kruse aktuell mit kolportierten 100.000€ im Monat.

    • Felix Morgenstern

      Wahrscheinlich hast du Recht. Ich habs mal geändert!

  4. Volle Unterstützung für und Solidarität mit Asanka Schneider. Da muss auch der Verein klar Stellung beziehen.
    Irritierend allerdings die Werbung unter seinem Beitrag bei eiserne-unioner.de: für Bücher vom Kopp-Verlag (u.a. von AFD-Fraktionschefin Alice Weidel), über den der Rechtsextremismusforscher Matthias Quent sagt:
    „Der Verlag hat klare Bezugspunkte ins rechte und rechtsradikale Milieu. Hinsichtlich seiner Autoren. Hinsichtlich vor allem aber der Themen, die der Verlag bespielt und hinsichtlich der Stimmung, die er erzeugt. “
    Mehr dazu bei https://www.deutschlandfunkkultur.de/kopp-verlag-aufklaerung-mit-hetze-angst-und.1270.de.html?dram:article_id=467322
    Da sollte Asanka Schneider im eigenen und aller Unioner Interesse darauf achten, dass sein mutiger und wichtiger Beitrag nicht durch so eine braune Nachbarschaft beschädigt wird

    • Felix Morgenstern

      Hey Uli, ja der Kopp-Verlag geht gar nicht. Allerdings wird bei mir wenn ich auf die Seite eiserne-unioner.de gehe davon keine Werbung angezeigt… Woran kann das liegen?

    • Felix, vermutlich hast Du Deinen Browser halbwegs ordentlich konfiguriert und/oder bei der Cookie-Freigabe auf „nur eigene“ geklickt ;-)

      Die Werbung wird vermutlich über ein Netzwerk eingespielt und damit gibt der Webseitenbetreiber die Kontrolle über die Werbeinhalte natürlich ab.

  5. Nein wir kommen nicht nach Europa und ich denke das ist auch 99% bewusst.

    Ich finde das leider auch überhaupt nicht erstrebenswert, da wir unsere Heimspiele eh nicht in unserem Stadion spielen könnten.
    Soweit mir bekannt is erlaubt die UEFA keine Stehplätze selbst falls bis dahin die aktuelle Lage den Stadionbesuch ermöglicht.

    Also lasst uns einfach weiter über jeden Erstliga Punkt freuen und die Bundesliga solange es geht genießen :).

  6. Maria Draghi

    Wer Werbung für den Koop-Verlag angezeigt bekommt war zuvor offenbar auf etwas halbseidenen Seiten surfen. :-)

    Die Union-Berichterstattung ist schon lustig. Dumm & doof würde ich natürlich nicht sagen. Eher faul & doof. Ich glaub, da läuft intern ein Wettbewerb: Wer füllt mit dem geringsten Arbeitsaufwand so viele Zeilen wie möglich. Die könnten auch Koch- und Backrezepte abdrucken. Morgen Union-Zimtsterne, übermorgen Union-Kipferl, dann Union-Lebkuchen. Später Union-Dominosteine für die Fortgeschrittenen. Kurz vor Weihnachten Union-Rotkohl, Union-Klöße und schließlich Union-Gans. Jeden Tag Nutzwert für den Leser… revolutionär! Und Stehsatz für die nächsten 20 Jahre im voraus.

  7. Maria Draghi

    PS: Zur Gehaltstabelle. In der aktuellen Saison könnte Union sich auch dadurch relativ „verbessern“, weil es bei anderen Clubs deutlich größere Gehaltskürzungen gab als bei uns. In Köln gab es glaube ich inzwischen schon mindestens 2, eventuell sogar 3 Kürzungsrunden (mit in Summe vielleicht 40% ?Kürzung.)

    Unabhängig davon würde ich nichts darauf geben, was die Spielerberater so alles schwatzen. Die interessieren sich primär für ihren eigenen Geldbeutel und werden immer diejenigen loben, die ihnen am meisten Kohle einbringen. Insofern sehe ich ein (öffentliches) Lob Unions durch Spielerberater nicht als erstrebenswert an. Denn es bedeutet, das wir ordentlich Kohle bei denen lassen. Dass Union antizyklisch in der laufenden Saison investiert – und das sogar eine absolut plausible Strategie war bzw. ist – hatten wir hier ja schon diskutiert.

  8. Naja, ich glaube schon das intern anders geredet wird als extern.
    Letzte Saison kam ziemlich spät heraus das es ein Plakat in der Kabine gab, mit dem Saisonziel „40 Punkte“.

    Der Ehrgeiz sollte schon sein mehr Punkte zu holen. Ob es für EL reicht werden wir sehen und ich bin da zwiegespalten wie vor anderthalb Jahren.
    1.Liga mußte ich nicht haben, kann damit aber sehr gut leben ;-)

    Ich weiß nicht ob die EL uns sportlich und finanziell in der Entwicklung hilft?
    Dann lieber Vierter werden :-)

    Ich hab da zwar drei Träume mit Union in Glasgow, London oder Liverpool anzutreten, aber bitte NUR mit Fans.

    Und überhaupt, kann man in der EL Geld verdienen? Interessiert doch keinen dieser Wettbewerb.

    • WENN ich die Wahl hätte, fände ich die Europa League interessanter als die Hochglanzprodukte in der Champions League.

      Allerdings sind gerade einmal ACHT Spieltage gespielt, also nur ein Viertel der Saison.

  9. Maria Draghi

    „Naja, ich glaube schon das intern anders geredet wird als extern.“

    Ja, wahrscheinlich. DZ hat vermutlich seit vielen Jahren insgeheim immer viel ehrgeizigere Pläne gehabt, als er nach außen kommuniziert hat. Ich würde z.B. mal tippen, dass spätestens seit Sommer 2013 am Aufstieg gefeilt wurde. Die meisten Unioner haben erst ein Jahr später, mit der Entlassung von UN, begonnen zu erahnen, dass die Ziele der Chefetage erstklassig sind. Die geplante Fast-Verdopplung der Stadionkapazität und das kräftige Investieren jetzt, wo viele andere Clubs – durchaus auch Altlasten bedingt (wobei wir selbst ja allerdings keineswegs frei von Altlasten sind) – sparen müssen, deutet alles in diese Richtung.

    Nicht dass mir Investieren Angst macht. Angst macht mir eher, dass unsere ganzes Konstrukt eine Blackbox ist und noch nicht mal die eigenen Mitglieder nachvollziehen können, wie unsere Finanzsituation in Wahrheit aussieht.

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