Blog State of the Union

Eine falsche Antwort auf die Frage, wer ins Stadion darf

Wir alle wissen noch nicht, wann überhaupt wieder Publikum Bundesliga-Spiele im Stadion sehen wird. Geschweige denn unter welchen Bedingungen wie viele Menschen in welche Stadien werden gehen können. Aber trotzdem machen sich die Vereine natürlich jetzt Gedanken darüber – und einige kommen auf eher dumme Ideen. So wie der 1. FC Köln, der Fans mit Dauerkarten bei der Platzzuteilung bevorzugen möchte, wenn diese im Vorhinein auf ihr Rückerstattungsrecht verzichten für den Fall, dass Zuschauer doch nicht zugelassen werden.

Viele Fans nennen das nicht zu Unrecht Erpressung, und so sollte man nicht mit der Situation umgehen. Denn leichter Geld ausgeben oder auf Geld verzichten zu können, macht natürlich niemanden zu einem besseren Fan als irgendjemand anders, und deswegen sollten daran gerade in dieser Krise auch keine solchen Vorteile geknüpft sein.

Ähnlich verhält es sich überhaupt damit, Dauerkarteninhaber zu sein: Dass man die in einer so unsicheren Situation wie jetzt nicht verlängert, sollte nicht dazu führen, dass ein Anspruch darauf verloren geht – das betrifft natürlich vor allem Vereine wie Union, bei denen mehr Menschen eine Dauerkarte haben wollen als zur Verfügung stehen.

Wenn Spiele mit stark verringerter Kapazität stattfinden, ist die Frage zwar vor allem, ob man daran wirklich teilnehmen will – sowohl, weil das ein sehr seltsames Stadionerlebnis sein dürfte, als auch aus Infektionsschutz-Gründen. Aber die Verteilung dieser wenigen Tickets würde auch immer suboptimale Entscheidungen der Vereine mit sich bringen. Das alles zu vermeiden ist sicher auch ein Teil der Motivation für Unions Bestrebungen für Spiele mit der normalen Kapazität.

In Berlin meldet sich der Geschäftsführer der Eisbären mit Unterstützung für Unions Vorstoß zu Wort (Bild/RBB).

Dagegen sagt der Virologe Ulf Dittmer der Presseagentur dpa, Unions Pläne seien epidemiologisch unverantwortlich, weil das Risiko von Ansteckungen zu groß sei, weil Tests falsch durchgeführt werden können, oder das Risiko an einem Tag noch negativ getestet, am anderen aber schon infektiös zu sein, zu groß ist (Morgenpost). Quantifiziert wird dieses Risiko dabei aber nicht.

Neues von Union?

Aktuelle sportliche Meldungen zu Union gibt es in den Berliner Medien nicht. Aber der Kurier kommentiert das Urteil des Sportgerichts CAS, das die Strafe der UEFA für Manchester City revidiert hat. Dass das Financial Fair Play mit diesem Urteil endgültig nicht mehr als ernstzunehmende Regulierung erscheint, sei schlecht für Vereine wie Union, die auf ihre eigenen wirtschaftlichen Mittel angewiesen sind, und gut für Investoren-Vereine wie Hertha.

Welches dieser Modelle langfristig besser trägt, ist damit nicht gesagt. Auf kurze Sicht verstärkt diese Entwicklung aber natürlich die Ungleichgewichte.

Einmal Unioner, immer Unioner

In einem Kurzinterview mit Bild/BZ sagt Toni Leistner, dass Union ihn in dieser Saison beeindruckt hat und er die Art und Weise von Sebastian Polters Abschied bei Union schade findet.

Und Lennart Czyborra, der im Nachwuchs auch bei Union gespielt hat, kam gestern zu seinem ersten Einsatz in der Liga für Atalanta Bergamo, die aktuell vielleicht beste, aber auf jeden Fall unterhaltsamste Mannschaft in Europa.

Und sonst so

Union gratuliert Sebastian Andersson zum Geburtstag:

Über einen möglichen Wechsel von Andersson hat man übrigens, nachdem es erste Gerüchte darüber gab, nichts Neues gehört. Das heißt natürlich noch lange nicht, dass es tatsächlich keinen Transfer von Andersson geben wird, ist aber schon mal besser als die Alternative.


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5 Kommentare zu “Eine falsche Antwort auf die Frage, wer ins Stadion darf

  1. So als juristischer Laie könnte ich mir auch vorstellen das ein Dauerkartenverkauf derzeit auch rechtlich Probleme bereiten könnte da man ja nicht weiß ob man überhaupt in der Lage sein wird die angebotene Leistung zu erbringen.

  2. Um einmal die Blickwinkel in der Aussage von Köln zu wechseln: Besteht denn nicht die Gefahr, wenn Köln die, die auf eine Rückerstattung verzichten, nicht besser stellt als die anderen, dass bei begrenzten Kapazitäten der Verein erst einmal die ins Stadion lässt, die nicht auf eine Rückerstattung verzichtet haben, um mehr Geld im Verein zu halten? Wenn ich die Aussage aus dieser Perspektive lese, würde ich das am Ende nicht mehr als Erpressung deuten wollen, da der Verein dadurch ja auch automatisch auf Einnahmen verzichtet.

  3. Anaximander

    Liebe Textilvergeher, liebe Freunde,

    als Unioner und als Hygiene-Wissenschaftler möchte ich nun nach all den Monaten und wegen der Diskussion zum Stadionbesuch auch meine 5 Cents beisteuern.
    Als Exil-Unioner, der auch bei normalem Betrieb nur selten zu einem Spiel kann, möchte ich erstmal sagen, dass ich die Situation auch nur schwer ertrage. Fußball ohne Fans im Stadion ist s******. Das haben uns die letzten Wochen gezeigt. Ich wünschte die Pandemie wäre morgen vorbei und wenigstens ihr alle könntet dann wieder für uns Schreien und Antreiben, Singen und Fluchen. Und ich bin dabei am Schirm oder Radio. Für das restliche „normale“ Leben wäre es natürlich auch besser.

    Zum Stadionbesuch:
    Bin ich dafür.
    Die aktuelle epidemiologische Entwicklung in Deutschland ist gut. Wir alle sollten Schritt für Schritt wieder eine Normalität anstreben, allein schon aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen. Jedoch sollte dies vernünftig und mit Vorsicht geschehen. SARS-CoV-2 kann leider sehr ansteckend sein, je nach verschiedenen Faktoren. Über Krankheitsverlauf und -Schwere sowie Folgeschäden können wir ein anderes Mal schreiben. Ich sage es nur so: Während ich am Anfang es hinter mir haben wollte, möchte ich jetzt auf gar keinen Fall infiziert werden.
    Eine „unkontrollierte“ Veranstaltung mit einer infektiösen Person kann leider zu einem Super-Spreading-Event führen (Beispiel Ischgl, Clubbesuche etc.). Dann wird aus einer Party ein Infektionsherd. Das wäre in einer Großstadt wie Berlin unschön. Familien, Freunde, Kollegen und Nachbarn wären alle von den Maßnahmen betroffen.
    Veranstaltungen sind aber machbar.
    Die Anzahl der Menschen ist aber entscheidend und zwar aus verschiedenen Gründen.
    Organisatorisch sehe ich einige Probleme bei dem grundsätzlichen Vorschlag. Nehmen wir mal die ca. 22000 Menschen als Stadiongänger an:
    Es wären höchstwahrscheinlich hauptsächlich Fans aus der SüdOst-/ Osthälfte Berlins. Diese würden höchstwahrscheinlich also Kliniken und Praxen in diesen Bereichen ansteuern, um sich testen zu lassen.
    Stand heute wird üblicherweise dann ein Abstrich für einen RT-qPCR-Test gemacht. Der Test prüft vereinfacht gesagt das Vorkommen von Virus-Erbsubstanz. Der Test braucht seine Zeit.
    Das wären also an einem Freitagmittag/-nachmittag mal 22000 mehr Proben, die zum Tagesgeschäft dazu kommen. Bitte bedenkt zum Beispiel den noch steigenden Bedarf durch den Start des Schuljahres, Kitaöffnung und bestimmt verschiedener anderer Dinge.
    Ich kenne nicht die Anzahl, der durch die Berliner Praxen und Kliniken benutzten Labore oder deren Ausstattung und Kapazitäten aber gehen wir mal von 40 aus: Das wären dann für jedes Labor 550 zusätzliche Proben an einem Freitagnachmittag, wobei dann noch schriftliche Diagnosen rechtzeitig verschickt werden müssen.
    Ich bezweifle, dass dieser Mehraufwand in den nächsten Wochen organisiert werden kann. Ins Besondere wenn es nicht nur Union so handhaben möchte und weil es eben so punktuell ist. Sollten wirklich bessere Test-Methoden in Berlin eingeführt werden, würde das natürlich die Überlegungen verändern. Im Übrigen, ich kenne auch nur die Test-Kosten zwischen 40 und 60€.

    Kommen wir zur Zuverlässigkeit des Tests. Man unterteilt hierbei in Spezifität und Sensitivität. Die Sensitivität sagt uns wie zuverlässig der Test negative Ergebnisse, also „kein Corona“, liefert.
    Ich schreibe aus meiner Mittagspause, also habe ich nicht die aktuellen Versionen der aktuell am häufigsten genutzten PCR-Tests für SARS-CoV-2 nachgeschaut. Aber für gewöhnlich liegt die Zuverlässigkeit hier zwischen 90% bis 100%. Es kommt zum Beispiel auf die richtige Technik beim Abstrich an oder wieviel Flüssigkeit erwischt wurde. Aber auch Material oder andere Bioreste können Fehler erzeugen.
    Ihr merkt spätestens hier, dass wir in der Wissenschaft oft nur mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten können.
    Nehmen wir für alle Abstrich-Tests aller Unioner eine Zuverlässigkeit von guten A) 99,5% oder sehr guten B) 99,9% an.
    A) 99,5% von 22000= 21890 -> es könnten 110 Tests ein falsch-negatives Ergebnis haben.
    Das heißt demjenigen wird gesagt „alles okay, Corona negativ“ und kriegt seine schriftliche Diagnose und geht zum Spiel, ist aber vielleicht doch infiziert. Deswegen werden oft gleich zwei Abstriche gemacht (siehe abgelaufene Saison, führt aber zu doppelter Anzahl und Kosten).
    B) 99,9% von 22000=21978 -> es könnten 22 ein falsch-negatives Ergebnis haben.
    Aber wie hoch ist nun das Risiko, dass einer von den 110 oder 22 wirklich Corona hat?
    Nun das können wir Stand heute natürlich nicht mit Gewissheit sagen. Das ist alles Risiko-Wahrscheinlichkeitsrechnung.
    Berlin hatte in den letzten 7 Tagen 168 Fälle, 4,5 pro 100.000 Einwohner, und ca. 3,6 Millionen Einwohner. 168/3,6= 46,7 Fälle pro Million Einwohner.
    Je nach Berechnungs-Modell schwankt da das Risiko und ich schaue jetzt auch nur auf eine Wahrscheinlichkeitskurve:
    Wenn es ca. 50 Infizierte pro 1 Million Einwohner gibt, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Infizierter unter 10.000 Menschen ist ca. 40% hoch und ein Infizierter unter 100 kleiner als 1%.
    Ihr seht, es ist nicht leicht eine 100%-garantierte Aussage zu tätigen, wie riskant jenes oder dieses Szenario ist. Ein infizierter Unioner würde höchstwahrscheinlich durch die Tests erkannt werden. ABER da dies 18-mal wiederholt wird, würde man diesen Risiko-Würfel halt ein paar Mal hintereinander werfen. Nehmen wir bei unserem Szenario also mal kurz an, dass das Risiko bei einem 1% liegt. Dann würde ein Infizierter bei einem von 100 Heimspielen vor Ort-sein. Das ist relativ gering.
    Wie ihr aber vom Würfeln wisst (Chance 1 zu 6) kommt die 6 manchmal nie oder ständig. Das hat was mit Wahrscheinlichkeitsverteilung zu tun.
    Das Risiko nimmt halt nur weiter ab wenn man 1. weniger Infizierte in der Bevölkerung hat, 2. die Anzahl an Menschen an einem Ort gering hält und 3. andere Maßnahmen ergreift (Abstand, draußen, Masken).
    Sollten die Zahlen zum Start der nächsten Saison also ungefähr wie jetzt sein, schlage ich Folgendes vor:
    Fangt mit ca. 25% an. 5000 Unioner.
    Das wäre mit Abstrich-Tests vielleicht sogar machbar. Zusätzlich könnte man noch andere Maßnahmen ergreifen: unterschiedliche Eingänge bzw. Anfahrten. Abstand auf den Rängen. Das wäre besonders wichtig, wenn wir singen wollen. Ein paar musikalische Vorfälle haben ja gezeigt, dass man nicht allzu nahe beim Singen stehen sollte. Früher waren wir auch oft nur 6000 und haben mächtig Bambule gemacht.
    Je nachdem wie die Berliner und Bundesweite Situation ist, könnte man das hochfahren.
    Die Entscheidung obliegt aber den Gesundheitsämtern und Amtsträgern, die sicherlich noch viel mehr Aspekte als ich hier kurz betrachten.

    Also bleibt alle gesund und Eisern!

    Euer Anaximander

    PS:
    Ich schreibe euch anonym, weil ich nicht in das öffentliche Kreuzfeuer möchte.

  4. @Sven Ich habe den Satz 3x gelesen und noch nicht verstanden. Du bist wohl in Daniels Schreibschule gegangen (na gut, es fehlen noch ein paar Fremdwörter) ;-)

    Ansonsten ist das schwierig einzuschätzen. So wie es der FC jedenfalls kommuniziert, ist es aus meiner Sicht recht unglücklich. Aber man muss sich die Frage natürlich stellen, auf welcher Grundlage ein Verein Zuschauer ins Stadion lassen möchte, wenn die Zuschauerzahl stark eingeschränkt wird. Ich denke, Köln möchte hier auch einen Diskussionsbeitrag leisten. Fair enough, es sollten erstmal alle Vorschläge auf den Tisch und dann sehen wir weiter.

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