Blog State of the Union

Sebastian Andersson sagt, dass die Höhe des Gehaltsverzichts noch unklar sei

„Haste schon gehört?“, fragte mich gestern einer meiner Nachbarn, als wir im Garten auf unserem Hof zusammensaßen und Bier tranken (natürlich wegen des Coronavirus mit Abstand). „Was denn?“, war ich neugierig. „Union hat gegen Gladbach gewonnen. War legendär. Schon wieder.“ Er grinste und nahm einen Schluck aus der Flasche. Dieses Wochenende hätte es zu einem der Auswärtsspiele kommen sollen, das für viele Unionfans besonders ist. Für die Alten, weil Gladbach vielleicht ihre zweite Mannschaft war, die sie beobachteten. Damals in der DDR. Für die Jungschen gibt es vielfältige Verbindungen zur Szene von Gladbach. Und nach dem Hinspiel wurde schon gefeiert.


Ich hatte das Spiel schon vergessen. So wie ich in der Coronakrise vergessen habe, welcher Wochentag gerade ist. Für mich ist sowieso jeder Tag irgendwie gleich. Aber nur, weil die Struktur des Alltags fehlt. Früh aufstehen, „State of the Union“ schreiben, den Kindern Frühstück machen, sie antreiben, damit sie in die Schule gehen und selbst zur Arbeit gehen und so weiter. Den meisten von euch geht es sicher ähnlich.

Und ich vermisse das Zusammensein. Ich vermisse das Abklatschen im Stadion. Ich vermisse das Hallosagen. Der kleine Schwatz mit Malermario vor dem Spieltag, in dem es nicht darum geht, ob Union gewinnt, sondern nur darum, wie hoch der Sieg dieses Mal  ausfällt. Ich vermisse es, Gudrun am Grillstand zu grüßen. Ich vermisse es, dem kleinen Unioner aus unserem Haushalt ein Fischbrötchen zu holen und zu sehen, wie beim ersten Biss die Remoulade aus dem Brötchen tropft. Wie ich meinem großen Kind einen Zehner für Bier und Bratwurst in die Hand drücke und er sich auf die Waldseite verabschiedet.

Stehen an der alten Anzeigetafel, Foto: Sebastian Fiebrig
Stehen an der alten Anzeigetafel, Foto: Sebastian Fiebrig

Und immer wieder dasselbe Dilemma: Ich stehe vor dem Ordner an unserem Aufgang, habe schon den Kurvenflyer und das Programmheft hinten in der Jeans, muss aber trotzdem Getränk und Brezel für das kleine Kind abstellen, um noch einmal die Karten rauszukramen und vorzuzeigen. 90 Minuten vor Anpfiff stehen wir an der alten Anzeigetafel, atmen durch und sagen allen hallo. Wir diskutieren durch, was die Woche über passiert ist. Entweder bei Union oder zu Hause. Es geht mal um Stress mit den eigenen pubertierenden Kindern, mal geht es um Sebastian Polter oder Robert Andrich. All diese Gemeinschaft vermisse ich.

Mir war nie so deutlich, wie sehr Union meine Freizeit und mein Leben strukturiert. Jetzt da diese Struktur fehlt, wird es offensichtlich. Habe ich Langeweile? Auf keinen Fall. Aber ich vermisse meine Bezugsgruppe. Das Ausdiskutieren des Spiels nach Abpfiff am Stadionbauerdenkmal, wenn sich zufällig fast alle vom Podcast-Team treffen und wir eine immer größere Traube werden. Ich vermisse die Nähe. Die Umarmungen. Das Herumalbern.

Bier trinken und miteinander reden, Foto: Sebastian Fiebrig
Bier trinken und miteinander reden, Foto: Sebastian Fiebrig

Sebastian Andersson sagt, dass die Art des Gehaltsverzichts noch nicht komplett klar ist

Unser schwedischer Korrespondent Erik hat das aktuelle Interview von Sebastian Andersson in Fotbollskanalen gelesen und kurz für uns zusammengefasst.

Sebastian Andersson beim Gang aus dem Spielertunnel, Foto: Stefanie Fiebrig
Sebastian Andersson beim Gang aus dem Spielertunnel, Foto: Stefanie Fiebrig

Sebastian Andersson über:

… die letzte Woche: ”Wir haben diese Woche mit dem Training angefangen. Am Anfang in Vierergruppen, jetzt in Gruppen um die sieben Spieler. Wir halten Abstand auf dem Feld und in der Umkleidekabine. Im Fitnessraum tragen wir Masken und Handschuhe.”

Über die Stimmung in der Mannschaft: ”Ich weiß nicht so genau, ich treffe mich ja kaum mit jemandem, nur drei, vier Spielern am Tag. Es gibt viele Fragezeichen über alles – ob die Spiele gespielt werden, was passiert falls nicht, Verträge, Löhne … Man spürt keine größeren Sorgen um das Virus, wie gefährlich es sein könnte und so. Es geht eher um den Fußball.”

Über Geistesspiele im Frühling/Sommer: ”Ohne Zuschauer zu spielen, ist zur Zeit die beste Alternative. Mit Zuschauern würde es nicht funktionieren, es wäre es absolut nicht wert. Gleichzeitig ist es ein ganz anderer Sport, ohne Publikum zu spielen. Gar nicht zu spielen, ist für mich überhaupt keine Option. Ich hoffe, wir können die Partien absolvieren.”

Über den Gehaltsverzicht der Spieler: ”Ganz ehrlich, wir sind uns bis jetzt noch nicht einig mit wie viel. Wir haben vereinbart, dass wir helfen sollen, aber wie das aussehen wird, ist nicht 100 Prozent geklärt. Ich weiß nicht, wie es herauskam, dass die Sache klar ist, denn es ist noch nicht klar.”

Über die Verantwortung der Fußballprofis in dieser besonderen Situation auf der Welt: ”Ich finde, dass alle eine Verantwortung haben, nicht nur Fußballspieler. Es gibt viele Menschen, die viel Geld verdienen, aber keine Verantwortung übernehmen. Ich finde, dass Fußballspieler immerhin zeigen, dass sie ziemlich viel Verantwortung übernehmen, durch Spenden und Mithilfe.”

Sebastian Andersson wie er in dieser Saison schon öfter jubelte, Foto: Matze Koch

Die Aussage zum Gehaltsverzicht finde ich einigermaßen witzig, denn der Verein selbst hatte am 25. März bekanntgegeben, dass die Spieler auf Teile ihres Gehalts verzichten. Selbst wenn ich davon ausgehe, dass Sebastian Anderssons Deutsch nicht perfekt ist, gab es diese Mitteilung auch auf Englisch. Und da mit dem Mannschaftsrat verhandelt wurde, gehe ich auch davon aus, dass das Team von diesem informiert wurde (auf welchem Weg auch immer in der aktuellen Situation).

Man kann es aber auch so verstehen, dass sich Sebastian Andersson darüber wundert, dass schon darüber gesprochen wird, auf wieviel Geld die Spieler verzichten (wie hier bei Sheraldo Beckers Aussage, dass es 20 Prozent weniger seien).

Denn es scheint noch gar nicht klar zu sein, auf wieviel Geld die Spieler verzichten werden. Und ich glaube das gerne. Denn ich kann mir ohne weiteres vorstellen, dass sich der Verein mit dem Mannschaftsrat über verschiedene Szenarien unterhalten und für alle Optionen etwas abgemacht hat. Christopher Trimmel hatte im Podcast bei Ewald Lienen bereits gesagt, dass sie mit dem schlimmsten Szenario Saisonabbruch auch gerechnet haben.

Das schreiben die Berliner Medien heute:

Zuletzt noch der Hinweis: Schaut euch auf AFTV den Film „Das Rudel“ über die Union-Ultraszene von 2009 an. So oft gibt es die Gelegenheit nicht dazu, denn der Film ist nie offiziell verkauft worden und es gibt ihn nicht zum Leihen.


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1 Kommentar zu “Sebastian Andersson sagt, dass die Höhe des Gehaltsverzichts noch unklar sei

  1. maria draghi

    „Denn es scheint noch gar nicht klar zu sein, auf wieviel Geld die Spieler verzichten werden“

    Das überrascht nicht wirklich. Ein Teil des Gehaltes sind Punktprämien; die vertraglich auch dann gültig sein dürften, wenn die Spiele nachgeholt werden. Verzichtet wird dagegen wohl eher auf monatliches Grundgehalt.

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