Mit einer sehr konzentrierten Leistung hat der 1. FC Union in Bremen seinen zweiten Auswärtssieg in der Bundesliga eingefahren und dabei in einem Spiel gegen einen Abstiegskandidaten viele der Qualitäten gezeigt, die den Klassenerhalt wahrscheinlich machen. Vor allem Unions defensive Geschlossenheit und in diesem Spiel auch Effizienz bei Kontern sind bundesliga-tauglich. Genauso wie Marius Bülter. Unsere Taktik-Analyse.
Von dem Spiel konnte man wieder einmal erwarten, viele Personenorientierungen zu sehen. Schließlich hat Bremen wie Union zuletzt mit einem System mit Dreierkette, Flügelverteidigern und drei Offensiven gespielt. Das ist für Urs Fischer und sein Union geradezu eine Einladung, die Formation des Gegners zu spiegeln und das Spiel mit vielen direkten Duellen und Zweikämpfen für Bremen anstrengend zu machen.
Insgesamt ist das auch eingetreten. Allerdings zeigte Florian Kohfeldts Werder-Mannschaft eine taktische Variante, mit der dieses Schema etwas ausgehebelt werden sollte, und die aus dem 3-4-3 System, das für Werder auf dem Papier stand, in der Praxis eher ein 4-3-3 machte. Denn Leonardo Bittencourt, der Flügelverteidiger auf der rechten Seite, bekam das ‚Verteidiger‘ weitgehend aus seiner Jobbeschreibung gestrichen und spielte in vielen Phasen als relativ offensiver Flügelspieler. Dabei bekam Bittencourt die sprichwörtliche Kreide an die Schuhe hielt während Bremer Ballbesitzphasen sehr konsequent die Breite.
Dafür bewegte sich Yuya Osako, der nominelle rechte Flügelspieler, frei im Raum hinter Selke und spielte de facto als Zehner. In Unions Defensive wurde Osako dabei einerseits von den Halbverteidigern in der Dreierkette gestört, andererseits orientierte sich dann Robert Andrich oft an Osako. Union Doppelsechs passte sich ansonsten an die Raumaufteilung von Bremen an, in der Klaassen etwas tiefer spielte als Maximilian Eggestein. So war Christian Gentner auch oft etwas vor Robert Andrich postiert.
Daraus hätte sich eigentlich für Bremen die Chance ergeben, im rechten Halbraum mit Eggestein und Osako eine Überzahl gegen Andrich herzustellen. Dabei wären Bittencourt und Selke in der Tiefe Anspielstationen gewesen. Gerade mit guten Bewegungen des Mittelstürmers wäre es auch unangenehm für Neven Suboti? gewesen, in den Halbraum herauszurücken und dort Andrich zu helfen.
Union heute wieder maximal kompakt, giftig im Mittelfeld und mit zwei, drei guten Kontern. Dass sie mit solchem Mauerfußball in der Bundesliga Erfolge feiern, sagt letztlich natürlich auch etwas über die Liga aus. Siehe Werders Unfähigkeit, aus 70% Ballbesitz Chancen zu kreieren.
— Tobias Escher (@TobiasEscher) February 8, 2020
Bremen versuchte zwar, ungefähr so seine Angriffe zu strukturieren, schaffte es aber nur selten, sich damit in den Zehnerraum zu spielen (hätte dabei an einem besseren Tag aber auch durchaus Tore erzielen können). Das lag an Unions berühmter Kompaktheit. Denn der theoretisch offene Raum wurde von Union defensiv immer wieder gut gefüllt. Neven Suboti? verteidigte dort eben doch mit gutem Timing. Und vor allem gelang es dem zweifachen Torschützen Marius Bülter, auch defensiv eine Schlüsselrolle einzunehmen.
Marius Bülter mit zwei … Gegenspielern. Und Toren.
Denn Bülter war der Unioner, der am konstantesten zwei Gegenspieler hatte, um die er sich kümmern musste, während fast alle anderen Union-Spieler „nur“ ein direktes Duell zu führen hatten. Bülter war einerseits dafür zuständig, Ömer Toprak in Bremens Dreierkette unter Druck zu setzen, aber andererseits eben auch immer wieder Maxi Eggestein auf den Fersen. So war er ein wesentlicher Faktor dafür, dass Werder zwar viel mehr Ballbesitz, aber wenige gute Offensivszenen hatte.
Umso beeindruckender ist, dass Bülter eben auch offensiv sehr wichtig war, und das auch abgesehen von seinen Toren. Denn Bülter war immer wieder eine Station für die Konter von Union. Deren Ausgangspunkt waren in diesem Spiel oft flache Bälle in Richtung von Sebastian Andersson, die der Stürmer ähnlich gut sicherte wie sonst hoch geschlagene. In solchen Momenten ist es aber eben trotzdem notwendig, dass es möglichst schnell ein Ziel für eine Ablage gibt, um den Schwung des Konters zu bewahren. Dieses Ziel bot Bülter immer wieder.
Union war überhaupt nicht nur in der Verteidigung effizient, sondern auch in den Kontern. Und das weniger im Abschluss, wo durchaus auch noch Gelegenheiten ausgelassen wurden, sondern vor allem in der Qualität der Chancen, zu denen Unions Spiel reichte.
Szene des Spiels
Der Konter zu Unions Führungstor, den Sebastian gerne auf Frühstücksbrettchen verewigen würde. Denn darin zeigte sich einerseits beispielhaft Unions Offensivkonzept. Und andererseits drehte sich damit natürlich der Wind in der Partie: Bremen musste noch offensiver zu spielen versuchen, Union bekam noch mehr Platz zu kontern und nutzte das schließlich zum 2-0.
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Geil.
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Danke Daniel! Ein Rückfrage: wie siehst du die Einbindung von Malli, der mir diesmal durch einige Zuspiele oder Dribblings vor dem Strafraum gefiel? Vielleicht trügt der Eindruck wegen des tollen Passes auf Lenz.