Blog State of the Union

„Wenn ein Fatbike BMX-Tricks machen will.“

Das Schönste am Spiel gegen Aue waren tatsächlich die Photos davon. Einerseits die schönen Bilder von Micha Parensen, Steven Skrzybski und Philipp Hosiner, die Steffi gemacht hat.

https://twitter.com/ChGrunert/status/973325169040220160

Und andererseits dieses phantastische Bild von Marc Torrejon (von Birgit und Stefan Hupe, union-foto.de), das dieser ebenso schön kommentiert: „Wenn ein Fatbike BMX-Tricks machen will.“

In der aktuellen Ausgabe des Spiegel hat Per Mertesacker ein Interview gegeben, in dem sich der frühere Nationalspieler, der sich bei Arsenal in der letzten Saison seiner Karriere befindet, sehr offen über den Druck äußert, unter dem Profifußballer stehen. Mertesackers Beschreibung der Verhältnisse in der Branche, aufgeschrieben im englischen Stil von Interviews als Fließtext ohne die gestellten Fragen, macht deutlich, dass sich Spieler wie er der Privilegien ihres Berufs bewusst sein und dessen gute Seiten genießen können. Aber sie leiden trotzdem gleichzeitig darunter, für ihr ganzes Leben – von Jugend bis Kariereende und in jedem Moment in der Öffentlichkeit – absolutem, super-kurzfristigem Leistungsdruck ausgesetzt zu sein.

Neben den bereits viel zitierten Eingeständnissen Mertesackers, dass ihm vor jedem Spiel körperlich schlecht sei und er am Ende seiner Laufbahn lieber nicht spielt, als auf dem Platz zu stehen, fand ich vor allem bemerkenswert, was er über Verletzungen sagt. Sie werden oft nicht so behandelt, dass die langfristige Leistungsfähigkeit des Spielers oder die Gesundheit des Menschen auch über die Spanne, in der er Leistungssport ausüben kann, im Zentrum steht. Das wird klar, wenn man liest, wie Mertesacker für seine Einsatzfähigkeit im Abstiegskampf und die Teilnahme an der WM 2006 in Kauf nimmt, dass sich sein Knöchel in Anpassung an eine nicht ausgeheilte Verletzung verformt. Verletzt und nicht einsatzfähig zu sein, beschreibt Mertesacker als den einen Status, der temporär von dem Leistungsdruck befreit und erlaubt, Distanz zum Spiel zu gewinnen. Aber gerade auch dieser Status wird erst zugestanden, wenn es wirklich nicht mehr geht. Und längst nicht bei jeder Verletzung, die eigentlich signalisiert, dass Belastungsgrenzen erreicht sind.

Dass jemand wie Lothar Matthäus mit populistischen Reaktionen Mertesacker für sein gerade nicht weinerliches Portrait kritisiert, ist frustrierend mit Blick auf den Stand der Debatte über diese Dinge. Eine gute Antwort darauf gibt es ebenfalls im Spiegel: „Empathie ist kein französischer Innenverteidiger.“

Update: Danke an den Hinweis in den Kommentaren – der frühere Bundesliga-Spieler Ralph Gunesch hat Mertesackers Ausführungen bei den Rocket Beans interessant unterfüttert.

Tagesgeschehen

Zur Überleitung zum Tagesgeschehen bei Union noch ein Satz Mertesackers: „Wenn die Fans dich feiern, ist das unbeschreiblich. Pfeifen sie dich aus, puh, ich versinke da vor Scham.“

Darüber, wie bei Union mit Pfiffen umgegangen werden sollte und warum sie nicht zum Repertoire im Stadion gehören sollten, haben wir gestern im Podcast gesprochen.

Kurier und Tagesspiegel nehmen sich indessen Felix Kroos und seine Einschätzung des Spiels gegen Aue und des Mannschaftsgebildes an. Die B.Z. dagegen fragt, warum Toni Leistner nicht mehr spielt. Die Analyse, die der Artikel zur Antwort auf diese Frage bietet, greift aber etwas zu kurz, indem lediglich ‚Zweikampf-Werte‘ und der Anteil langer Bälle im Spiel von Leistner und seinem aktuellen Mitbewerber Marvin Friedrich erwähnt wird. Schaut man auf mehr Leistungsdaten, zeigt sich, dass beide statistisch unterschiedliche, wenig überraschende Stärken haben. Bei Leistner sind das vor allem Kopfballduelle, Tacklings, abgeblockte Schüsse sowie Durchsetzungsfähigkeit bei eigenen Standards. Friedrich dagegen steuert mehr abgefangene Bälle, weniger Ballverluste in der Ballverarbeitung und sichereres Pass-Spiel bei. Ob wirklich aktuelle Leistungsfähigkeit oder langfristige Planung im Moment den Ausschlag geben, geht aus den Kennzahlen nicht hervor.

Nachwuchs

Um – noch einmal der Rückgriff auf Per Mertesackers Ausführungen – zumindest den öffentlichen Teil des Druck im Profifußballs nicht zu früh beginnen zu lassen, sollte man vorsichtig in der Berichterstattung über Nachwuchsmannschaften und -spieler sein. Das hindert uns aber nicht daran, zu erwähnen dass es für Unions A-Junioren in der Bundesliga nach einer suboptimalen und unglücklichen Hinrunde inzwischen deutlich besser läuft. Am Wochenende schaffte die Mannschaft ein 2-2 gegen Tabellenführer Hamburg und liegt nun an der Spitze einer Gruppe von Mannschaften im hinteren Tabellendrittel. Die Tore aus diesem Spiel kann man sich hier (ab 3:30 Minute) ansehen.

https://www.instagram.com/p/BgPJ4nWnYWP/


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4 Kommentare zu “„Wenn ein Fatbike BMX-Tricks machen will.“

  1. Christian

    Im Zuge dessen möchte ich euch auch sehr die Worte von Ralph Gunesch ( langjähriger Innenverteidiger bei Pauli & Ingolstadt, aktuell dazn Kommentator & vieles mehr) zu Mertesacker &dem Druck den auch Zweitligaspieler haben ,ans Herz legen.
    Bei der gestrigen Fussballsendung Bohndesliga( auf youtube nachschaubar) ca ab min 20.

  2. micha774

    Ich finde es immer merkwürdig wenn sich Spieler erst zum Ende der Karriere hin so äußern, Ehrlichkeit hin oder her.

    Hat nicht jeder berufstätige Druck? Vorallem wenn er für andere Menschen mitverantwortlich ist. Deshalb wird der Fussballer auch fürstlich entlohnt.

    Warum er (nicht Mertesacker, sondern allgemein) sich dann aber unnötig unter Druck setzt durch (tlw. unglückliche) öffentliche Postings steht auf einem anderen Papier.

  3. Und wer hat nochmal die A-Jugend in der „suboptimalen und unglücklichen Hinrunde“ trainiert und seit wann spielen sie erfolgreicher?

  4. Zum Mertesacker-Interview: erstmal müssten das alle lesen bevor sie urteilen (das ist anscheinend bei vielen, die sich dazu äußern, nicht passiert, auch Loddar nicht und andere sogenannte Experten). Bei Künstlern nennt man es Lampenfieber. Dieser Druck, auf den Punkt abzuliefern, ist dort auch da und das schon vor 30 Zuschauern. Es ist aber auch ein Druck, den man sich selbst macht. Ärzte, die Not-OPs machen usw. Die haben theoretisch noch mehr Druck, aber es gibt nicht tausende Zuschauer. Es ist aber gut, dass drüber geredet wird, da die Diskussion über Fußballer ja oft nur noch zum Thema Geld geführt wird.

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