Während Fürth gestern in der zweiten Halbzeit mit einem aggressiveren Pressing Union nicht mehr ganz so locker den Ball hat hinten heraus spielen lassen und sich somit auch der eine oder andere Abspielfehler einschlich, dachte ich an Daniels Worte, die er hier vor dem Spiel schrieb: „Allerdings hat auch Fürth Probleme damit, sich aussichtsreiche Chancen zu erarbeiten und dem Gegner ebensolche zu verwehren. Ein genauerer Blick auf Fürths Spiele zeigt, dass man viel zu oft in Situationen schiesst, in denen die Chancen schlecht stehen, tatsächlich zu treffen.“
Sollen sie doch schießen, dachte ich. Sie treffen ja sowieso nicht aus 25 Metern. Als Wittek aber mit seinem Sonntagsschuss aus genau dieser Distanz traf, war die Zuversicht aus mir raus. Und ich hatte ebenso wie wohl die Spieler auf dem Platz etwas Angst vor dem Ausgleichstreffer. Das lockere Herunterspielen einer Führung hatte doch nicht vollständig so geklappt, wie ich mir das erhofft hatte. Die Abwehr musste wirklich mit allen Körperteilen den Ball blocken (Sorry, Toni Leistner, das tat schon beim Zuschauen weh). Dafür gelang aber das Herunterspielen nach dem 3:1 durch Simon Hedlund.
#eisern ? 3 Punkte ??#TL37 #union #unveu #berlin pic.twitter.com/cs6rDqrJLt
— Toni Leistner (@ToniLeistner) October 21, 2017
Worüber ich mich besonders gefreut habe: Über Simon Hedlund, der sich weiterhin so aktiv zeigt, dass es für Kenny Prince Redondo wirklich sehr schwer werden wird, an ihm vorbeizukommen. Über Akaki Gogia, der bewiesen hat, dass er Spielpraxis benötigt, um wertvoll zu werden und sich in Unions Spiel zu integrieren. Manchmal fehlt ihm die Klarheit im Spiel nach vorne und er versucht an der Außenlinie sich am Gegner vorbeizutanzen statt den klaren Pass zu spielen (im Zweifel nach hinten). Aber dafür bringt er auch eine spielerische Qualität mit wie beim 2:0 oder beim Assist zum 1:0 zu sehen war. Ich glaube, dass wir alle noch viel Spaß an ihm haben werden.
Für Fabian Schönheim habe ich mich gefreut, dass sein Luftloch beim Befreiungsschlag keine Konsequenzen hatte und Jakob Busk den Ball gerade noch wegfausten konnte. Und jedes Kopfballduell, das Toni Leistner geführt hatte, war ein Beweis für Dominanz und Selbstbewusstsein. Selbst gegen zwei Gegenspieler gewann er die Duelle in der Luft. Unglaublich. Aus der Sicht absolut verständlich, dass er keine Eile mit einer Vertragsverlängerung hat (Bild vor knapp zwei Wochen).
Über Peter Kurzweg, der wegen muskulären Problemen bei Kristian Pedersen erstmals in der Startelf stand und gleich in der 3. Minute das 1:0 schoss, haben auch die Berliner Medien geschrieben:
- Erster Sieg seit 14 Jahren: Union setzt Siegesserie gegen Fürth fort (Kurier)
- Von der Tribüne zum Torschützen: Unions Kurzweg ins Glück (Morgenpost)
- Union besiegt Fürth 3:1 (Tagesspiegel)
- Another must-win challenge completed: Union defeat Fürth 3:1 (2:0)! (union-berlin.com)
- Vierter Sieg in Folge: Union Berlin vergrößert Fürther Misere (turus.net)
Fotos vom Spiel gibt es hier:
Angesichts der Tatsache, dass Jens Keller mit Felix Kroos und Peter Kurzweg zwei Spieler gegen Fürth schon auswechseln musste, die von sich aus körperlich nicht die vollen 90 Minuten gehen konnte, halte ich den Blick auf die mögliche Aufstellung für das Pokalspiel gegen Leverkusen für spannend. Meine Vermutung ist, dass die erst in diesem Spiel nach ihrem Dragoball-Jubel zu Gotel fusionierten Akaki Gogia und Marcel Hartel auseinandergerissen werden. Gerade Hartel hat so viele Spiele gemacht, dass er eine Pause verdient hat. Und das könnte angesichts der Spieler auf der Bank (Skrzybski, Hosiner, Kreilach) noch einige andere in der Offensive treffen. Daniel Mesenhöler ist der einzige, der bereits weiß, dass er spielen wird.
Der Kurier schreibt in einem Kommentar, dass die Brillanz im Unionspiel noch fehlen würde. Dem stimme ich zu und widerspreche ich gleichzeitig. Ja, es gab in allen Spielen, die in Union zuletzt gewonnen hat, Phasen, in denen die Mannschaft nicht so souverän war, wie wir uns das vielleicht ausmalen. Das ist absolut zutreffend. Aber es ist auch so, dass im Gegensatz zur Bundesliga kein riesiger Klassenunterschied zwischen dem oberen Tabellendrittel und dem Rest existiert. Fürth spielt beispielsweise einen gefälligen Fußball, kommt halt nur nicht gefährlich genug ins letzte Angriffsdrittel. Es geht also vor allem um das Ergebnis. Gewinnen ist wichtig.
So wie Düsseldorf beim 1:0 gegen Darmstadt auch nicht voll überzeugt hat. Aber hinten heraus zählen die Punkte. Ich habe mit Hertha in der Zweiten Liga mal ein 1:0 in Aalen gesehen. Ein Spiel zum Vergessen mit einem 1:0 in der 76. Minute. Solche Spiele muss man einfach gewinnen. Egal, ob es gut aussieht oder nicht. Und wenn es demnächst für Union gegen Darmstadt oder St. Pauli geht, geht es vor allem um das Gewinnen. Und sollte das nicht klappen, darf man zumindest nicht verlieren. Das haben (leider) sowohl Nürnberg als auch Düsseldorf gegen Union befolgt. Zumindest Torchancen spielt sich Union genug gute heraus (wir vergessen das Spiel in Sandhausen mal), dass sie jedes Spiel bisher für sich hätten entscheiden können. Und das ist mir viel wichtiger, als ein Spektakel in jeder Partie. Obwohl ich so etwas auch gerne mitnehme.
Europapokal, Europapokal, Europapokal, Europapo! #fcunion
— ?enni (@schrippe) October 22, 2017
Eine Tapete für einen neuen Mitarbeiter
Apropos Hertha. Es gab dieses Banner gestern auf der Waldseite zu sehen, dass sich mit der Verpflichtung von Andreas Lorenz (ehemaliger Sportchef des Berliner Kuriers) als Leiter Medienstrategie bei Union befasst*:
Dazu gab es im Kurvenflyer „Die Waldseite“ (leider nicht online, sonst würde ich den gesamten Flyer verlinken) folgende Auseinandersetzung mit dem Thema zu lesen:
Ich schätze das sehr, dass wir bei Union solche Auseinandersetzungen führen können. Die Kernkritik an Andreas Lorenz lässt sich in dem Text auf drei Punkte reduzieren: Er sei bekennender Herthaner, hätte Kontakte zum BFC Dynamo gehabt und außerdem Christian Arbeit mal als „Clown am Mikrofon“ beschrieben. Dazu muss ich sagen: Das alles ist wahr. Und noch etwas: Es ist vor allem kein Geheimnis.
Fangen wir mit dem letzten Punkt an, der aus dem Jahr 2009 stammt. Es geht um diesen Kommentar im Kurier zum Eröffnungsspiel nach dem Stadionumbau, bei dem Hertha zu Gast war. Christian Arbeit hat als Stadionsprecher wirklich ein Talent dafür, die richtigen Worte zu finden. Aber ich bin mir sicher, dass auch er dieses Spiel nicht als Beispiel dafür anführen würde. Und wenn man sich als Stadionsprecher und Vereinsmitarbeiter in der Öffentlichkeit befindet, muss man auch damit umgehen können, dass man auch für Dinge kritisiert wird, die nicht gelingen. Es spricht aus meiner Sicht eher für Christian Arbeit und Andreas Lorenz, dass so ein Kommentar nicht das professionelle Verhältnis beeinträchtigt.
Nächster Punkt: Andreas ist bekennender Herthaner. Na und? Mir fällt dazu echt nichts weiter ein. Dass diese Zuneigung zu Hertha sein Verhältnis zu Union nicht beeinflusst hat, beweist seine Tätigkeit als Sportchef beim Kurier, in dem Union immer seinen Platz hatte. Auch als Union noch nicht Zweitligist war. Eine Zeit, in der andere Berliner Medien höchstens mal einen Fünfzeiler in der Nachrichtenspalte für Union übrig und kaum mal einen Fuß nach Köpenick gesetzt hatten. Das Unionmagazin „unveu“ vom Kurier ist im Prinzip Andreas‘ Baby. Dazu kommt, dass das Verhältnis zwischen Hertha und Union bei weitem nicht so düster ist, wie es gerne mal dargestellt wird. Ich schaue mir auch gerne mal Hertha an und wünsche ihnen nichts schlechtes (außer in Spielen gegen Union). Ich würde glatt mal vermuten, dass Andreas nicht der erste bei Union ist, der auch einen anderen Verein im Herzen trägt. Dass das keinen Einfluss auf den aktuellen Arbeitgeber hat, nennt man Professionalität.
Letzter Punkt: Der Kontakt zum BFC. Journalisten vorzuwerfen, dass sie sich mit allen Themen beschäftigen, halte ich prinzipiell schon für schwierig. Auch ich habe damals beim Kurier über den BFC geschrieben, mich mit BFC-Fans unterhalten, mit Spielern, mit dem Trainer. Das gehört dazu. Ob ich persönlich den BFC mag oder nicht, spielte für mich keine Rolle. Als ich das erste Mal mit BFC-Fans zusammensaß, sagte Andreas gleich: „Sebastian ist übrigens Unioner.“ Das kam so ohne Vorwarnung, dass ich nicht wusste, ob ich gleich meine Sachen packen muss. Aber es war gut so. Somit war das geklärt und wir konnten normal weiterreden. Ich habe beispielsweise auch meine Unionmitgliedschaft behalten, als ich für den Kurier über Union berichtet habe. Und ich war zeitgleich Herthamitglied (schon allein dafür, dass sie mich nicht rauswerfen können, falls mal ein Antrag auf Ausschluss der Medien von der Mitgliederversammlung erfolgreich wäre).
Wir können doch nicht so tun, als wären Journalisten gefühllose Wesen, die als einzige objektiv sind. Das ist Quatsch. Aber als Journalisten können wir transparent sein und uns bemühen, alle Seiten zu betrachten. Das hat Andreas aus meiner Sicht getan und dabei auch immer eine Haltung vertreten. Das muss nicht allen gefallen. Aber ein Geheimnis hat er daraus auch nicht gemacht.
Was mich am Kommentar in der „Waldseite“ am meisten irritiert: Es geht weder um den tatsächlichen Job, den Andreas Lorenz jetzt für Union macht, noch um seine fachliche Eignung. Genau so war es schon bei Henrik Pedersens Verpflichtung als Co-Trainer, der auch im Kommentar in der „Waldseite“ noch einmal erwähnt wird. Es gibt nämlich aus meiner Sicht keinen Zweifel daran, dass Pedersen einen hervorragenden Job macht.
20. Todestag von Reinhard Mecky Lauck
Heute vor 20 Jahren starb Mecky Lauck. Die Umstände seines Todes sind nie aufgeklärt worden. Das Programmheft widmete ihm gestern drei Seiten. Zur Weltmeisterschaft 2014 habe ich für die Berliner Morgenpost einen längeren Text über ihn geschrieben, weil er 1974 beim 1:0 der DDR über die Bundesrepublik eine herausragende Rolle gespielt hat. Das meiste, was wir über ihn nach der Wende lesen konnten, verdanken wir Alexander Osang, der ihn mehr als einmal vor seinem Tod begleitet hat. Sehr berührend sein Porträt „Ick bin doch Mecky, kennste ma nicht?“ im Buch „Die stumpfe Ecke“, das beschreibt wie er mit Lauck zur Wiederauflage des Spiels DDR gegen BRD fuhr (hier ein Ausschnitt in Google Books).
Beim Spiel konnten wir gestern dieses Banner sehen, das an Mecky erinnerte:
Sein Grab auf dem St. Petri Friedhof im Friedrichshain kann jederzeit besucht werden. Die Familie verlängerte den in diesem Jahr auslaufenden Vertrag zur Grabpflege. Ich saß dort vor 3 Jahren eine ganze Zeit lang davor und habe überlegt, ob das alles ist, was bleibt. Ein Grabstein und ein paar Zahlen. Am Ende bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es an uns liegt, dass Mecky Lauck nicht vergessen wird. So lange wir seine Geschichte weitererzählen, wird er nie für immer weg sein.
*Klarstellung: Andreas Lorenz hat mich 2011 als Volontär zum Kurier geholt und war der Chef, von dem ich in meiner Zeit beim Kurier am meisten gelernt habe und der mich am meisten gefördert hat.
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Ich weiß ja auch erst kurzem, dass es „Mecky“ heißt, schade, dass es in der Überschrift funktioniert, aber im Text nicht.
@KoGo Oh man, da bin ich wieder in die alte Schreibweise verrutscht. Ist korrigiert. Danke für den Hinweis.
Lieber Sebastian, ich schätze deinen Blog und deine Texte sehr aber Neutralität zu dem Thema Lorenz wird dir wohl keiner zusprechen…