Das Schöne an Freitagsspielen bei Union ist im Moment, dass wir das ganze Wochenende über lächeln dürfen. Das überstrahlt für mich auch die Tatsache, dass ich die ersten 60 Minuten auf Arbeit gesehen habe und das Tor fiel, als ich der U-Bahn saß. Genau diese Art Spiele wie das 1:0 gegen Bochum macht mir extrem viel Mut für die nächste Saison, wenn die Mannschaft in großen Teilen zusammen bleibt. Denn selbst wenn aus dem Spiel heraus die Chancen nicht zustande kommen oder genutzt werden, bleiben Standards, die von Damir Kreilach, Toni Leistner, Bobby Wood oder eben Benjamin Kessel verwandelt werden.
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— Die Eisernen (@DieEisernen) April 29, 2016
Fürstner als Mittel gegen Terodde
Überraschenderweise bot André Hofschneider in der Innenverteidigung weder Roberto Puncec noch Emanuel Pogatetz auf, sondern zog Stephan Fürstner aus dem defensiven Mittelfeld zurück. Begründet hat der Trainer in der Pressekonferenz nach dem Spiel diesen Schritt so: „Der Gedanke war, dass wir die Anspiele auf Simon Terodde, der wie kein Zweiter in der Liga als Wandspieler fungiert, durch einen offensiver denkenden Abwehrspieler besser antizipieren können und hinten im Spielaufbau den Ballbesitz etwas erhöhen. Ich glaube, dass Stephan Fürstner seine Rolle sehr, sehr gut ausgefüllt hat.“
Damit hat André Hofschneider eine Idee umgesetzt, die Sascha Lewandowski im September/Oktober aus einer großen Personalnot heraus entwickelt hat, um die Abwehr zu stabilisieren. Allerdings hat er sie aus verschiedenen Gründen nie auf dem Feld umgesetzt. Es spricht sehr für André Hofschneider, dass er das jetzt getan hat. Mich hat er damit sehr überrascht, weil ich immer den Eindruck hatte, dass Hofschneider als Trainer eher zu sicheren Aufstellungsvarianten greift. Aber es ist auch wirklich sehr schwer, Hofschneider auszurechnen und zu verstehen. Dafür gibt er zu sehr den spröden Kerl mit trockenem Humor.
Union hat noch Ziele in dieser Saison
„Dieser Sieg führt jetzt dazu, dass das Gerede aufhört, wir könnten nicht gegen Top5-Mannschaften gewinnen. Aber wahrscheinlich sind es dann ab morgen Top4-Teams“, sagte Hofschneider nach der Partie. Ich habe das Gefühl, dass der Trainer ein bisschen angefressen ist, weil das 2:6 in Nürnberg nicht als Freakspiel gewertet wurde, sondern vielleicht als Zeichen für ein zu erwartendes schlimmes Saison-Ende. Überhaupt steht Hofschneider, dem Präsident Dirk Zingler eine „ausgezeichnete Pressearbeit“ bescheinigte, etwas zwischen den Fronten.
Intern geht es darum, Platz 6 vor Fürth zu sichern (allein das macht ein Mehr von über 300.000 Euro bei der Fernsehgeldverteilung aus) und vielleicht auf Platz 5 zu schielen und damit die beste Zweitligaplatzierung für Union überhaupt zu erreichen. Das sind große und auch harte Ziele für den Saisonausklang. Ich glaube aber nicht, dass diese Ziele draußen groß interessieren, wo es vielleicht heißt, dass Union um die goldene Ananas spielt, weil die Mannschaft weder mit Aufstieg noch mit Abstieg noch etwas zu tun hat.
Fußball ist natürlich auch Medientheater
Die Spannung im Team hochzuhalten vor einem extrem schweren Auswärtsspiel in Bielefeld (dort ist vergangene Woche Fürth mit 1:4 untergegangen und Leipzig hat gestern nur 1:1 gegen die Arminia gespielt), ist sicher die schwerste Aufgabe für Hofschneider. Und angesichts der erfolgreichen Spiele, die er als Trainer abgeliefert hat, kann ich verstehen, dass es ihm sauer aufstößt, wenn plötzlich Achim der Eckfahnenaufsteller als Erfolgsgarant präsentiert wird und weniger über den Weg, der zu diesem Erfolg führte.
Vielleicht sollte die Leistung von Hofschneider als Trainer wirklich mehr gewürdigt werden (und zwar jenseits von Plattitüden wie „Der unerschütterliche Glaube an die eigenen Fähigkeiten wurde unter Hofschneider zum Credo“). Aber auch André Hofschneider muss lernen, dass im Profifußball nicht das Geld steckt, weil die sportlichen Leistungen so hervorragend sind. Sondern weil die Geschichten so gut sind, dass täglich über Fußball geredet wird, obwohl gar kein Spiel ist, war oder sein wird.
Dieses Blog hier mit seinem täglichen Blick auf Union ist ein gutes Beispiel dafür. Ansonsten könnte ich es wie die Berliner Zeitung machen und nur einmal vor dem Spiel und nach dem Spiel etwas schreiben. Durch diese Geschichten zieht Fußball sehr erfolgreich das Interesse von anderen Sportarten ab. Und nur dadurch wird Fußball für Sponsoring und TV-Vermarktung interessant.
Hier sind alle Spielberichte zum 1:0 über Bochum:
- Benny erlöst den Hexenkessel (Kurier)
- Unions Heimserie hält dank Benjamin Kessel (BZ)
- Union schafft siebten Heimsieg in Folge – Klubrekord (Morgenpost)
- Union feiert siebten Heimsieg in Folge (Berliner Zeitung)
- Union Berlin schafft siebten Heimsieg in Folge (Tagesspiegel)
Hier die Fotos vom Spiel:
Im Moment des Triumphs Sportsgeist bewahrt
Eine Sache liegt mir noch auf dem Herzen, und das ist die Pressekonferenz nach dem Spiel Paderborn-Freiburg (1:2). Freiburg ist damit aufgestiegen und Paderborn findet sich auf dem letzten Tabellenplatz wieder. Wer Zeit hat, sollte sich die ganze Pressekonferenz ansehen, die ein Zeichen für Sportsgeist ist, wie ich ihn selten gesehen habe (und wie er vielleicht in der Bundesliga auch nicht mehr möglich ist, weil dort die Geschichten längst viel größer als die sportlichen Leistungen sind).
Eine Kurzfassung gibt es in diesen Tweets:
Hier das vollständige Video:
Ich mochte übrigens auch den Gruß, den André Hofschneider an Bochums Patrick Fabian nach dessen 4. Kreuzbandriss (!) geschickt hatte. Beim Spieler kam das auch gut an:
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