„Nie mehr Oberliga“ heißt eine Dokumentation über den aktuell in der 2. Bundesliga spielenden Verein Fortuna Düsseldorf. Entstanden im Jahr 2010 mit privatem Videomaterial zahlreicher Fans aus den Jahren 2002 bis 2004, wird der Film zehn Jahre nach dem Abstieg in die viertklassige Oberliga und acht Jahre nach dem Wiederaufstieg in die Regionalliga (zum damaligen Zeitpunkt drittklassig) auf dem 11mm Fußballfilmfestival gezeigt. Der Zeitpunkt der Entstehung und Aufführung wirkt zunächst merkwürdig, nach genauerer Betrachtung könnte man ihn allerdings durchaus auch als „passend“ bezeichnen. Schließlich stehen die Rheinländer, welche zwischen 1971 und 1987 ununterbrochen und zuletzt in der Saison 1996/97 der 1. Bundesliga angehörten, möglicherweise kurz vor der Rückkehr ins Fußball-Oberhaus. Ein guter Zeitpunkt, um sich an das bislang dunkelste Kapitel der Vereinsgeschichte zurückzuerinnern.
Eine kleine Prise Pfeffer bringt die Tatsache mit sich, dass die aktuell praktizierte Spielweise der Düsseldorfer im allgemeinen und einzelner Spieler im speziellen, verbunden mit einer Vielzahl fragwürdiger Elfmeter zu Gunsten der Fortuna, dem Verein im derzeitigen Popularitäts-Ranking der deutschen Profivereine nicht auf einen Spitzenplatz verhilft. Hiervon möchte ich mich bei der Betrachtung der Dokumentation jedoch loslösen, schließlich handelt der Film nicht vom möglichen Aufstieg in die 1. Liga, sondern vom harten Aufschlag eines Traditionsvereins in den Niederungen des Amateurfußballs – und vom harten Kampf, diese Niederungen wieder zu verlassen.
50 Stunden Videomaterial standen Regisseur Philipp Klages und Produzent Mathias Brühl zur Verfügung, 160 Minuten haben es letztlich in den Film geschafft. 160 Minuten Film über eine Mannschaft und ihre Fans, für die man eigentlich keine Emotionen hat, bei der man sozusagen als „neutraler Fan“ im Kino sitzt, könnten ziemlich lang werden. Im vorliegenden Fall kann von Langeweile jedoch nicht die Rede sein. Was dort über die Leinwand des Kinos Babylon flimmert, ist der (nicht zuletzt in diesem Blog) vielzitierte „Fußball pur“. Dass eine Dokumentation über einen Fußballverein für die Fans desselben interessant ist, ist nichts Besonderes. Das Verdienst der Macher von „Nie mehr Oberliga“ ist, dass die Leidenschaft der Fans, die Identifikation mit dem Verein, die Gemeinschaft, die zwischen Fans und Spielern entsteht, die Nähe, die im heutigen Profifußball in dieser Form nicht mehr denkbar ist, transportiert und auf den Zuschauer übertragen wird. Man freut sich als neutraler Zuschauer, wenn in letzter Sekunde ein Spiel zugunsten der Fortuna entschieden wird – und zumindest ich hatte Gänsehaut, nachdem der Stadionsprecher nach langen Sekunden des Wartens auf das Ergebnis des Konkurrenten den Aufstieg in die Regionalliga verkündet. Dabei ist aber auch nicht immer alles eitel Sonnenschein. Gerade in der ersten Saison, welche Fortuna auf einem mittelmäßigen achten Platz beendet, schlagen die Fans in frustrierenden Momenten auch schon mal grenzwertig über die Stränge. Etwa wenn sie es mit dem Zünden von Pyrotechnik etwas zu gut meinen, im Überschwang eines Torjubels den Platz stürmen oder nach einer Niederlage das Kassenhäuschen eines Dorfvereins umkippen. Alles in allem jedoch stehen die im Schnitt ca. 5000 Zuschauer wie eine Wand hinter ihrer Mannschaft. Die Frage, ob Fortuna Düsseldorf etwas im bezahlten Fußball zu suchen hat, stellt sich im Prinzip nicht. Für alle, die dennoch Zweifel hinsichtlich dieser Frage hegen, gibt dieser Film die passende Antwort.
Sicherlich sollten die Fans von Rot-Weiß Essen, dem FC Köln oder Bayer Leverkusen eher einen Bogen um „Nie mehr Oberliga“ machen. Wer jedoch nicht in „inniger Feindschaft“ zu Fortuna Düsseldorf steht, sollte sich nicht auf Grund einer Abneigung zu Sascha Rösler vom Sehen dieses Films abhalten lassen. Hätte Düsseldorf den Sprung zurück in den Profifußball nicht geschafft – Deutschlands Fußball-Landschaft wäre ärmer.
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