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Zum Angriff bereit.

Das gewonnene Testspiel gegen Pogon Szczecin (1:0 durch Neuzugang Markus Karl) wollte Trainer Uwe Neuhaus nutzen, um langsam seine Stammelf zu formen. Die Aufmerksamkeit zog allerdings nicht das Spiel auf sich. Die polnischen Fans stellten sich selbst in den Mittelpunkt und ließen erahnen, wie der Schwerpunkt der Berichterstattung vor der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine aussehen wird.

Extra für die verspäteten Fans aus Szczecin wurde der Anpfiff um 30 Minuten nach hinten verschoben. Kurz nach Anpfiff gab es Probleme, als die nachrückenden polnischen Fans den Eintritt nicht zahlen wollten. Teilweise wurde in Zloty bezahlt, am Ende wurden sie ohne Eintritt durchgelassen. Die Situation eskalierte in einem Pfefferspray-Einsatz, der sowohl Polizei als auch Fans traf. Eltern mit Kindern, die den Fanblock verlassen wollten, durften auf die Sitzplatztribüne. Ein erschreckendes Bild des Gewaltexzess: Bei einer Schlägerei unter den polnischen Fans wird der bereits zu Boden gegangene Gegner noch mehrfach mit dem Fuß gegen den Kopf getreten.

Die Situation beruhight sich erst zur Hälfte der ersten Halbzeit. Die Fans hängen Zaunfahnen auf. Auf einer steht: „Elite Wyjazdow – Na atakcje gotow!“ (Elite Reisen – Zum Angriff bereit!) Der Eindruck, dass sich hier das hässliche Gesicht der deutschen Fanszene der 80er und 90er Jahre zu Gast ist, bleibt. Zumal der glücklose John-Jairo Mosquera noch mit Affenrufen verunglimpft wird.

Als Markus Karl nach einer hübschen Freistoßvariante von Mattuschka das 1:0 köpft, gibt es kein Halten mehr. Allerdings wieder im polnischen Block. Neben den üblichen bengalischen Feuern, werden mehrere starke Böller auf das Spielfeld geworfen. Die Ordner bringen sich in Sicherheit. Bundesligaschiedsrichter Felix Zwayer unterbricht die Partie. Unverständlich, dass die Ultras von Union in dem Moment rufen: „Pyrotechnik ist kein Verbrechen!“ Der Initiative „Pyrotechnik legalisieren“ erweist sie damit keinen Dienst. Denn diese ächtet aufgrund der Verletzungsgefahr Böllerwürfe im Stadion und setzt sich bei DFB und DFL für kontrolliertes Abbrennen von Pyrotechnik ein.

Während in deutschen Stadien in solchen Momenten Spieler und Verantwortliche auf die Fans zugehen, um sie zu beruhigen, ist hier der Schiedsrichter das Ziel der Spieler. Alles sei nicht so schlimm. Zwayer ist allerdings nicht gewillt, sich in Verhandlungen zu begeben. Als Szczecins Trainer Marun Sasal seinen Spieler Blazej Radler nach der Auswechslung zur Halbzeit in der Mitte der zweite Hälfte wieder einwechseln will, bricht es aus ihm heraus. Er schreit den Trainer an: „Do you understand, what I say? If you don’t accept my decisions, you won’t play here anymore!“

Lust auf die Europameisterschaft im nächsten Jahr kommt nicht auf. Die Fans in Polen sehen sich massiven Repressionen ausgesetzt. Ob das die jeweils richtigen Antworten auf die Probleme in den Stadien in Polen sind, sei dahingestellt. Argumente für eine Lockerung der Maßnahmen lieferten die Fans aus Szczecin jedenfalls nicht. Uwe Neuhaus gab sich im Gespräch nach dem Spiel sehr unaufgeregt: „Ich finde es nicht so schlimm. Wenn man sich in Europa umguckt, ist das fast Gang und Gebe. Die Fans haben in jedem Spiel eine solche Phase, in denen zwei Minuten auf sie geachtet wird. Und diese Zeit sollen sie bekommen.“ So kann man das sicher sehen. Allerdings grenzen solche Vorfälle diejenigen aus, die Fußball in einer Atmosphäre sehen wollen, die sich nicht in den Extremen Hooliganismus oder Langnese-Familienblock bewegt.

Update: Ein Video, dass die polnische Sicht zeigt. Ohne die ganzen negativen Erscheinungen, die im Text beschrieben wurden. Dafür ist sichtbar, wie die Böllerwürfe auf die Person wirkten, die die Kamera hielt. (Danke für den Hinweis an @mycrsoft)


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4 Kommentare zu “Zum Angriff bereit.

  1. „Fuck Euro“ ist gut.

  2. Das ist leider nicht der erste Artikel über die polnischen Fans, der nicht wirklich Lust auf die kommende Europameisterschaft macht. Ich hoffe aber, dass die Politiker und die Polizei dieses Problem noch in den Griff bekommen und es dann nicht zum Standard wird, dass man über immer neue Ausschreitungen informiert wird, wenn die Europameisterschaft dann läuft.

  3. @sven Ich glaube nicht, dass es während der Europameisterschaft in und um die Stadien zu solchen Szenen kommen wird. Allerdings, und das ist meine persönliche Erfahrung aus Amsterdam bei der EM 2000, ist es nicht unwahrscheinlich, dass es in den Städten unruhig werden kann. Ein ähnliches Fazit ziehen auch seriöse Sicherheitsanalysen zum Gefährdungspotential bei Bundesligaspielen. In und um die Stadien passiert fast gar nichts. Das sind Räume, die zu kontrollieren sind.
    Ob die stark repressiven Maßnahmen in Polen zu einem Erfolg führen, ist meiner Meinung nach davon abhängig, was als Erfolg gewertet wird. Wenn es Ziel ist, Ausschreitungen zu vermeiden bzw. das gewaltbereite Lager ruhig zu halten, kann es funktionieren. Wenn allerdings so etwas wie Fanarbeit gemacht werden soll, so dass auf einen absehbaren Zeitraum die Maßnahmen überflüssig werden, dann habe ich bei der Wahl der Mittel so meine Zweifel.
    In einem hast Du Recht: Lust auf die EM bekomme ich auch nicht.

  4. Lust auf die EM vielleicht noch nicht, aber nach dem Auftritt von Pogon, Lust auf die Eintracht, St. Pauli, Dresden … endlich wieder volle Gästeblöcke – endlich wieder Stimmung in der Bude ;-)

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