Als Avatar 2009 in die Kinos kam, galt er als Vorreiter eines neuartigen Filmerlebnisses. Das 3D-Kino war neu auferstanden. Neu war die Idee nicht, doch mit Avatar zum ersten Mal gut genug umgesetzt. Kein Film eines großen Studios kann es sich seitdem erlauben, nicht zumindest mit einer 3D-Version auf den Markt zu kommen.
Früher als gedacht, nämlich am letzten Wochenende, zog diese 3D Technologie nun auch in die Wohnzimmer der Fußballfans Deutschlands ein. Sky und Liga Total übertrugen das erste Fußballspiel in der dritten Dimension und, entsprechendes Equipment vorausgesetzt, jeder Abonnent konnte das „Fernsehen der Zukunft“ schon jetzt zu Hause erleben. Soweit die Theorie. Hans-Martin und ich waren von der Telekom am Sonntag ins Berliner Hotel „Andels“ eingeladen, um uns selbst ein Bild davon zu machen, wie das Ganze in der Praxis aussieht.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich war enttäuscht. Nicht so sehr von der Technik – die hielt was sie versprach. Bei 600Hz Fernsehern und reichlich futuristisch anmutenden 3D-Shutterbrillen eigentlich aber auch kein Wunder. Meine Enttäuschung liegt eher in der Erfahrung. Sicherlich wirken die 3D-Bilder beeindruckend. Die Tiefe, mit der die Bilder hier künstlich versehen wurden, wirkte plastisch und alles, was man aus dem Kino kennt, geht jetzt, ca. 2.500€ Materialeinsatz vorausgesetzt, auch zu Hause.
(Trommelwirbel für das unvermeidliche „Aber“….)
Aber leider ist genau diese Tiefe ziemlich nutzlos, wenn, wie bei einer Fußballübertragung üblich, die Mehrheit aller Einstellungen eine Totale des Fußballfelds ist. Das hatte wohl auch die Regie der Übertragung des Spiels Kaiserslautern gegen Köln gedacht und spielte auffallend oft Nahaufnahmen von den Seitenlinien bzw. der Hintertorkamera. So gut gemeint das sicherlich auch war, so bescheiden war der Effekt, der damit erzielt wurde. Nicht nur brach die Regie damit mit der gewohnten TV-Fußballerfahrung, wir verpassten als Zuschauer auch entscheidende Dinge, da zu unmöglichen Zeiten wie z.B. einer Ecke in diese Nahaufnahmen geschaltet wurde, um die Spieler in 3D in relativer Ruhe zeigen zu können.
Neben diesen Problemchen, die sich sämtlichst auf die Übertragung beziehen, ist ein nicht zu vernachlässigender Faktor an dieser ganzen Geschichte sicherlich die 3D-Brille an sich. Als Brillenträger, der seit seinem siebten Lebensjahr mit einer Brille durch die Welt läuft, hätte ich nie für möglich gehalten, wie arg eingeschränkt ich mich durch eine Brille fühlen würde. Die leichte Abdunklung, bedingt durch die Shuttertechnologie und der doch ziemlich wuchtige Rahmen führten zu einer Art Tunnelblick, der sämtliche Interaktion mit den Umsitzenden unmöglich macht. Und sind wir mal ehrlich: Wer schaut schon Fußball alleine? Ein signifikanter Anteil daran, Fußball im Fernsehen zu gucken, ist es doch, dies mit Freunden zusammen zu tun.
Als es vor ca. einem Jahr hieß, dass die 3D-Technologie den Weg aus dem Kino, wo ich persönlich sie schon sehr kritisch sehe, ins Wohnzimmer finden sollte, gab es für mich nur drei wirklich sinnvolle Anwendungsgebiete: Sport, Spiele und Pornos. Leider war die Premiere von 3D-Sport für mich gespickt mit all den Dingen, die mich den 3D-Wahn im Kino mit so tiefer Inbrunst hassen lassen: Unnötige Kameraeinstellungen, die nur für den 3D Effekt existieren, teils unwirklich wirkende Tiefe und eine Abschottung von meinen Mitmenschen. Spätestens Avatar sollte doch eigentlich gezeigt haben, dass all die schöne Blendtechnik nichts bringt, wenn der Inhalt nicht stimmt. Bis 3D ohne Brille funktioniert und eine normale Sportübertragung mit den bewährten Kameraperspektiven in 3D möglich ist, muss ich Sport wohl von meiner Liste streichen. Bleibt zu hoffen, dass sich wenigstens Spiele und Pornos in 3D im heimischen Wohnzimmer bewähren.
Bis dahin schaue ich mir meinen 3D Fußball lieber im Stadion an.
Wer mehr zu den technischen Details wissen möchte, liest drüben bei www.allesaussersport.de weiter!
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Wir machen alle die gleichen Erfahrungen.
Würde mich mal interessieren, ob die Hersteller des Signals darauf Rücksicht nehmen. ich denke mal: nein.
Muhaaa, ich stelle mir gerade eine Sky-Kneipe vor, in der alle Gäste eine Shutterbrille tragen.
bei pornos sind ja unmögliche kamera-einstellungen gang und gäbe…also ick glob da macht 3d „spass“
aber in einer kneipe die ganze zeit son ding auf der nase was mich schon immer irgendwie gestresst hat (fing schon an mit den micky mouse und yps heftchen wo irgendwas 3d mässiges drin war) kann ich mir nicht so richtig sexy vorstellen
[…] Da hier gerade nicht allzuviel los ist, was man sehen kann*, habe ich drüben bei den netten Menschen vom Textilvergehen mal meine Erfahrungen in Sachen 3D-Fußball aufgeschrieben. […]
Danke an Steffi fürs Korrigieren meiner schlafgebeutelten Zeilen.
@nedfuller: Dazu müssten Sie ja neben der Einladung an Blogs auch die Reaktionen verarbeiten. Das halte ich für äußerst unwahrscheinlich.
@Musiclover: Das hätte aber einen sehr eigenen Charme für Aussenstehende, dieses Bild.
@BimmelBammel: Geht mir ähnlich – also dass mich diese Brillen stressen.
Ich habe bisher nur Kino 3 D Erfahrungen. Aber die waren eigentlich immer eher „na ja“ .Fußball mit Brille in 3D könnte ich mir höchst amüsant vorstellen aus der Sicht des Ball.
Hui, dass wäre lustig. Überlege mal, du saust so schön durch Luft und plötzlich ptaucht das Gesicht von Peitz in 3D vor dir auf und Köpft dich in die entgegen gesetzte Richtung. Oder Tusche knallt dir seinen Schlappen direkt zwischen die Augen und du fliegst mit einem schönem Drall links oben ins Eck. Aaaaaaaaaargh was für ein Spass. Besser als jeder Actionfilm.
Solange das nicht geht. Nö.
[…] Echte Rückkopplungen gibt es hier: Fritten, Fußball und Bier, Sportmedienblog, probek, allesaussersport, textilvergehen. […]
[…] Betrachtungen zum dreidimensionalen Fußball gibt es hier und hier und hier und hier und hier und hier und … […]
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